· Fachbeitrag · Umsatzsteuer
Platzierungs-Preisgelder unterliegen nicht mehr der Umsatzsteuer ‒ Erfolgsvergütungen aber schon
von Georg Nieskoven, Troisdorf
| Manche Erlöse fließen nur in Abhängigkeit eines bestimmten Erfolgs zu. Dies hatte die Finanzverwaltung aber bislang nicht davon abgehalten, auch erfolgsabhängige Prämien der Umsatzsteuer zu unterwerfen. Den jüngst durch die EuGH-Rechtsprechung eingetretenen Systemwechsel hat die Finanzverwaltung nun (bedingt) nachvollzogen (BMF 27.5.19, III C 2 - S 7100/19/10001 :005, Abruf-Nr. 209402 ). |
1. Ausgangsproblematik
Nach bisheriger Sichtweise ging die Finanzverwaltung auch bei Wettbewerbs-Prämien (z. B. bei tierzüchterischen Leistungsprüfungen oder Wettbewerbspreisen) von einer umsatzsteuerlichen Leistungsvergütung aus (vgl. A 12.2 Abs. 5 UStAE). In diesem Sinne hatte auch die Rechtsprechung bislang entschieden (BFH 9.3.72, V R 32/69: Pferderennpreis eines Rennstallbesitzers; BFH 26.8.93, V R 20/91: Geldgewinne eines Berufskartenspielers).
Demgegenüber ist der EuGH (10.11.16, C-432/15, Baštová) zu dem Ergebnis gelangt, dass der durch Teilnahme an einem Pferderennen durch Erstplatzierung gewonnene Geldpreis kein umsatzsteuerliches Leistungsentgelt sein kann. Denn der Rennteilnehmer hat dem Veranstalter mit seiner Platzierung keine verwertbare Leistung zugewandt. Im Zuge dieser EuGH-Entscheidung hat auch der BFH seine Rechtsprechung modifiziert und dabei platzierungsabhängige Preisgelder mangels Leistungsaustausch von der Umsatzbesteuerung ausgenommen (BFH 30.8.17, XI R 37/14 zu Spielgewinnen beim Poker-Turnier; BFH 25.7.18, XI B 103/17 zu den Gewinnerlösen eines Fernseh-Spielshow-Kandidaten; BFH 2.8.18, V R 21/16 zum Platzierungspreis beim Pferderennen).
2. BMF-Reaktion: Schreiben vom 27.5.19
Wegen der geänderten Rechtsprechung hat das BMF den UStAE nun angepasst. Danach unterliegen platzierungsabhängige Preisgelder des Veranstalters bei Pferderennen, Pokerturnieren, sportlichen Wettbewerben, Schönheitskonkurrenzen, Ausscheidungsspielen und Ähnlichem nicht mehr der Umsatzsteuer.
2.1 Abgrenzung zu unverändert steuerpflichtigen Sachverhalten
Zugleich hat das BMF aber auch klargestellt, dass die EuGH-Rechtsprechung keine Relevanz hat für die Leistungen der Geldspielautomatenaufsteller oder Spielbankbetreiber. Denn deren Leistung gegenüber dem Spieler besteht in der Zulassung zum Spiel mit Gewinnchance gegen Entgelt (Spieleinsatz). Zudem sind die platzierungsabhängigen Preisgelder abzugrenzen von Zahlungen, die ein Wettbewerbsteilnehmer vom Veranstalter bereits für die schlichte Teilnahme erhält.
MERKE | Nach dem neuen A 1.1 Abs. 24 UStAE stellt die Teilnahme an einem Wettbewerb dann eine gegen Entgelt erbrachte Dienstleistung dar, wenn der Veranstalter für sie eine von der Platzierung unabhängige Vergütung zahlt (z. B. Antrittsgelder oder platzierungsunabhängige Preisgelder). Eine Staffelung der Vergütung ist insoweit unschädlich. |
2.2 Erfolgsabhängige Vergütungsvereinbarungen
Infolge der EuGH-Rechtsprechung war in der Besteuerungspraxis diskutiert worden, ob auch die Umsatzbesteuerung sonstiger erfolgsabhängiger Vergütungen auf der Kippe steht. Hierzu stellt das BMF-Schreiben nun ausführlich klar, dass die Rechtsprechung nicht auf alle Arten von Leistungen zu übertragen ist. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Richtlinie 2006/112/EG Bestimmungen zu Vermittlungsleistungen enthält, deren Gegenleistung typischerweise erfolgsabhängig ist.
Im Regelfall wird daher auch eine erfolgsabhängige Vergütung als Gegenleistung für eine steuerbare Leistung (z. B. Vermittlung, Verkaufsförderung, Versteigerung, Währungsumtausch o. Ä.) gezahlt. Die Ungewissheit der Zahlung des Entgelts beseitigt den unmittelbaren Zusammenhang mithin nicht ausnahmslos.
MERKE | Bei der Prüfung, ob bei erfolgsabhängigen Vergütungen ein Leistungsaustausch vorliegt, ist danach zu differenzieren,
|
3. Anwendungsregelungen und offene Fragen
Die neue BMF-Sichtweise ist in allen offenen Fällen anzuwenden. Bei platzierungsabhängigen Preisgeldern beanstandet es das BMF jedoch nicht, wenn die Beteiligten bei vor dem 1.7.19 stattfindenden Wettbewerben/Tierleistungsprüfungen einvernehmlich (auch für Vorsteuerabzugszwecke) von steuerpflichtigen Entgelten ausgehen.
Es ist damit zu rechnen, dass die vom BMF verfügte enge Abgrenzung der Platzierungsprämien von den sonstigen Erfolgsvergütungen noch in diversen Sachverhalten durch die Rechtsprechung überprüft werden wird.
Beachten Sie | Zu den Vorsteuerfolgen aus der Nichtsteuerbarkeit von Platzierungspreisgeldern bezieht die Finanzverwaltung keine Stellung. M. E. kann aber aus der Entscheidung des EuGH (10.11.16, C-432/15, Baštová, Rz. 46 - 54) hergeleitet werden, dass die Nichtsteuerbarkeit dem Vorsteuerabzug nicht entgegensteht, soweit der Unternehmer den engen wirtschaftlichen Zusammenhang zwischen Rennteilnahme und unternehmerischer Pferdezucht darlegen kann.