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· Fachbeitrag · Umzugskosten

Neue Pauschalen und neue Rechtsprechung: So machen Sie Umzugskosten steuerlich geltend

von Annika Haucke, Rechtsanwältin und Journalistin (FJS), Berlin

| Umziehen und das Finanzamt an den Kosten beteiligen? Das geht. Jedenfalls dann, wenn der Umzug beruflich veranlasst ist. Viele Kosten sind in diesem Fall als Werbungskosten oder Betriebsausgaben direkt abziehbar. Doch dank der Umzugskostenpauschalen lässt sich immer noch ein bisschen mehr herausholen. Was viele nicht wissen: Hier hat sich ganz aktuell zum 01.06.2020 etwas geändert. Entscheidend ist im Jahr 2020, wann genau Sie umgezogen sind. SSP stellt Ihnen die Abzugsregeln in einer kleinen Beitragsreihe vor und hilft, Ihre Umzugskosten steuerlich zu optimieren. |

Schritt 1: Ist der Umzug beruflich veranlasst?

Den Abzug gibt es nur, wenn der Umzug beruflich veranlasst ist. Wann das der Fall ist, entscheiden Finanzbeamte auf Grundlage der Lohnsteuer-Richtlinien (LStH 9.9) ‒ nämlich, wenn Sie aus einem dieser Gründe umziehen:

 

  • 1. Durch den Umzug verkürzt sich die Entfernung zwischen Ihrer Wohnung und Ihrer Arbeitsstätte erheblich. Davon wird ausgegangen, wenn sich die Dauer der täglichen Hin- und Rückfahrt insgesamt zeitweise um mindestens eine Stunde ermäßigt. Hier kommt es auf das Verkehrsmittel an, das Sie benutzen, sowie auf die durchschnittlichen Werte. Ermitteln können Sie diese z. B. mit einem Routenplaner (FG Hamburg, Urteil vom 09.10.2008, Az. 5 K 33/08, Abruf-Nr. 090369).

 

  • 2. Ihr Arbeitgeber hat ein ganz überwiegendes betriebliches Interesse am Umzug. Beispiel: Sie ziehen in eine Dienstwohnung, die bestimmten Arbeitnehmern vorbehalten ist.

 

  • 3. Sie treten erstmals eine berufliche Tätigkeit an, wechseln Ihren Arbeitsplatz oder wurden versetzt. Beispiel: Der Umzug kann notwendig sein, weil Sie z. B. Ihre Dienstwohnung räumen mussten oder sich die Fahrzeit erheblich verkürzt hat.

 

  • 4. Sie bewohnen bereits eine Zweitwohnung an Ihrem Arbeitsort. Sie bzw. Ihre Familie ziehen jetzt endgültig an Ihren Arbeitsort und beenden damit die doppelte Haushaltsführung.

 

PRAXISTIPP | Liegt einer dieser Gründe vor, dürfen daneben auch private Motive vorliegen (BFH, Urteil vom 23.03.2001, Az. VI R 189/97, Abruf-Nr. 011555). Für die berufliche Veranlassung wäre es also z. B. unschädlich, wenn

  • die neue Wohnung größer ist als die alte,
  • Ihre Familie am neuen Wohnort wohnt oder
  • Sie kurz nach der Heirat mit Ihrem Ehepartner zusammenziehen.
 

Wichtig | Fehlt es an der beruflichen Veranlassung, können Sie die Umzugskosten immerhin noch als haushaltsnahe Dienstleistungen geltend machen. So ermäßigt sich Ihre Steuer dann in Höhe von 20 Prozent der jeweiligen Kosten ‒ etwa für das Umzugsunternehmen ‒ bis maximal 4.000 Euro pro Jahr.

Schritt 2: Sammeln Sie Belege für abziehbare Kosten

Ein Umzug kostet. Vieles davon ist abziehbar. Für dienstliche Umzüge eines Beamten sind im Einzelnen Umzugskostenvergütungen im Bundesumzugskostengesetz (BUKG) festgelegt. Das ist mit Wirkung zum 01.06.2020 geändert worden. Die Verwaltung wendet die Grundsätze aus dem BUKG auf den Werbungskostenabzug aller beruflich veranlassten Umzüge an. Weisen Sie höhere Umzugskosten im Einzelfall nach, darf der Finanzbeamte aber auch hier im Einzelfall den Werbungskostenabzug prüfen (LStR 9.9 Abs. 2).

 

Kosten der Wohnungssuche

Wer eine Wohnung sucht, sollte dies gut planen: Denn das Finanzamt erkennt nur zwei Reisen für eine Person an. Soll jemand mitkommen, sind sogar nur die Kosten für eine Reise abziehbar. Berücksichtigt werden dann jeweils höchstens zwei Reisetage (Hin- und Rückfahrt) und zwei Tage Aufenthalt: Fahrtkosten, Verpflegungsmehraufwand und Übernachtungskosten dürfen Sie hier ansetzen. Im Einzelnen:

 

  • Bei der Fahrt mit dem eigenen Pkw können Sie für jeden gefahrenen Kilometer die Reisekostenpauschale von 0,30 Euro ansetzen oder die tatsächlichen Kilometer-Kosten Ihres Fahrzeugs.
  • Verpflegungsmehraufwendungen können Sie am An- und Abreisetag in Höhe von 14 Euro und am Aufenthaltstag in Höhe von 28 Euro ansetzen.
  • Nachgewiesene Übernachtungskosten erkennt das Finanzamt ebenfalls an.
  • Ferner können Sie die Kosten von Zeitungsinseraten, Telefon und Porto geltend machen.

 

Wichtig | Maklerprovisionen können Sie geltend machen, wenn Sie eine Immobilie mieten. Kaufen Sie die Immobilie, zählt die Maklerprovision dagegen zu den Anschaffungskosten (BFH, Urteil vom 24.05.2000, Az. VI R 188/97, Abruf-Nr. 001141). Das Gleiche gilt für Maklergebühren beim Verkauf der eigenen Immobilie am bisherigen Wohnort. Diese gehören zu den Veräußerungskosten (BFH, Urteil vom 24.05.2000, Az. VI R 147/99, Abruf-Nr. 000952).

 

Transport des Umzugsguts

Haben Sie ein Umzugsunternehmen beauftragt? Dann bewahren Sie die Rechnung auf. Denn die Kosten für das Ein- und Auspacken der Kartons, das Material, die Fahrten, die Montage von Möbeln und die Versicherungskosten sind voll abziehbar.

 

Das gilt natürlich auch für das Umzugsgut Ihrer mitbewohnenden Kinder, Eltern und Hausangestellten. Müssen Sie Gebühren für ein Halteverbotsschild zahlen, können Sie auch diese ansetzen.

 

Wichtig | Auch bei einem Umzug auf eigene Faust müssen Sie alle Belege sammeln (z. B. Mietwagenrechnung, Benzinquittungen, Parkgebühren, Gebühren für Halteverbotsschilder, Kauf oder Miete von Verpackungsmaterial und Verpflegung). Wenn Sie mit dem eigenen Pkw umziehen, können Sie die Reiskostenpauschale ansetzen. Haben Sie auch noch einen eigenen Anhänger, dürfen Sie zusätzlich 0,06 Euro pro gefahrenem Kilometer geltend machen. Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln dürfen Sie gegen einen entsprechenden Nachweis voll geltend machen. Geht bei dem Umzug etwas zu Bruch, können Sie diejenigen Wiederbeschaffungs- bzw. Reparaturkosten als Werbungskosten ansetzen, die nicht von einer eventuellen Transportversicherung gedeckt sind.

 

Sie können außerdem Verpflegungsmehraufwendungen ansetzen: bei einer Umzugsdauer von mehr als acht bis unter 24 Stunden 14 Euro, von 24 Stunden 28 Euro und bei einem Umzug mit Übernachtung unterwegs 14 Euro am Anreisetag (bis 2019: 12 bzw. 24 Euro).

 

PRAXISTIPP | Haben Ihnen Freunde beim Umzug geholfen? Haben Sie Ihnen für die Hilfe etwas gezahlt, lassen Sie sich den Betrag von ihnen quittieren. Denn dieser Lohn bleibt bei Ihren Freunden steuerfrei, solange deren „Sonstigen Einkünfte“ (§ 22 Nr. 3 EStG) nicht mehr als 256 Euro im Jahr betragen.

 

Kosten für die alte und neue Wohnung

Bei den Kosten rund um die alte und die neue Wohnung unterscheidet das Finanzamt zwischen Miete und Eigentum.

 

  • Miete: Es ist in heutigen Zeiten Gang und Gäbe ‒ man schaut sich eine Wohnung an und muss sofort zuschlagen. Dann kündigt man die alte Wohnung, aber die Kündigungsfrist läuft noch Monate weiter. Ärgerlich, wenn man nach dem Umzug in die neue Wohnung noch doppelt Miete zahlen muss. Aber das Finanzamt hat einen Trost: Die doppelte Miete (inkl. Nebenkosten) können Sie ab dem Tag des Umzugs zeitlich unbegrenzt geltend machen (BFH, Urteil vom 01.12.1993, Az. I R 61/93). Der Clou: Obwohl für Beamte die Erstattungen nach dem BUKG auf sechs Monate begrenzt sind, können Sie Werbungskosten unbegrenzt geltend machen (BFH, Urteil vom 13.07.2011, Az. VI R 2/11, Abruf-Nr. 113270). Der BFH begründet das damit, dass Erstattungen nach dem BUKG zwar ein Indiz für abziehbare Umzugskosten sind, sich die steuerliche Abzugsfähigkeit aber allein nach dem allgemeinen Werbungskostenbegriff (§ 9 Abs. 1 EStG) richtet.
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  • Wenn Sie die neue Wohnung noch nicht beziehen können, aber schon gemietet haben, dürfen Sie auch die neue Miete als Werbungskosten geltend machen. Auch hier ist der Abzug als Werbungskosten unbegrenzt möglich, während die Erstattung für Beamte nach dem BUKG nur für maximal drei Monate gezahlt wird.
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  • Wo das Finanzamt dagegen nicht mit sich reden lässt, sind höhere Mietzahlungen für die neue Wohnung (BFH, Urteil vom 17.01.1974, Az. IV R 100/70, BStBl. 1974 II S. 449). Gleiches gilt für Hauseigentümer, die für das Haus nicht sofort einen Mieter finden: Die entgangene Miete dürfen Sie nicht geltend machen (BFH, Urteil vom 19.04.2012, Az. VI R 25/10, Abruf-Nr. 122456). Kündigen Sie dagegen den Mietvertrag, und verursacht dies Anwalts- und Prozesskosten oder eine Mietausfallentschädigung, dürfen Sie diese Kosten als Werbungskosten ansetzen.

 

  • Eigentum: Wollen Sie Ihre bisherige Eigentumswohnung bzw. das Eigenheim vermieten, können Sie zwölf Monate die ortsübliche Miete für die leerstehende Wohnung geltend machen. Auch hier gilt die Sechs-Monate-Grenze des beamtenrechtlichen Umzugskostenrechts nicht. Möchten Sie die Immobilie verkaufen, können Sie die tatsächlichen Kosten absetzen. Darunter fallen Schuldzinsen, Grundsteuer, Stromkosten, Wasser- und Abwasserkosten, Schornsteinfegergebühren und Hausversicherungen. Das FG Rheinland-Pfalz hat diese Aufwendungen für einen Zeitraum von zehn Monaten anerkannt (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 16.04.1996, Az. 3 K 2795/94, EFG 1996, 975).

 

Anschaffung von Kochherd und Öfen

Achtung: Seit dem 01.06.2020 können Sie die Aufwendungen für den Kauf eines Kochherds nicht mehr steuerlich geltend machen. Diese alte Regelung wurde mit dem neuen BUKG ersatzlos gestrichen. Hat Ihr Umzug vorher stattgefunden, bleibt der Kochherd abziehbar.

 

Nachhilfeunterricht für Kinder

Ihr Kind musste durch den Umzug die Schule wechseln und kann das Leistungsniveau der neuen Klasse nicht erreichen? Dann hilft es Ihnen sicherlich, dass das Finanzamt die Kosten für den dann erforderlichen Nachhilfeunterricht als Werbungkosten anerkennt.

 

Wichtig | Hier gelten für Umzüge ab dem 01.06.2020 neue Regeln (BUKG und BMF-Schreiben vom 20.05.2020, Az. IV C 5 ‒ S 2353/20/10004 :001, Abruf-Nr. 215828): Die tatsächlichen Aufwendungen können Sie geltend machen, aber pro Kind höchstens 20 Prozent des am Tag vor dem Einladen des Umzugguts maßgeblichen Endgrundgehalts der Besoldungsgruppe A13. Dieser Betrag liegt derzeit bei 1.146 Euro.

 

Dies war vorher anders: Die Aufwendungen waren bis zu 40 Prozent des zum Zeitpunkt der Beendigung des Umzugs geltenden Endgrundgehalts der Besoldungsgruppe A12 abziehbar (2.066 Euro). Jetzt wurde es komplizierter: Die Kosten sind bis zu 50 Prozent in voller Höhe und darüber hinaus nur bis dreiviertel abziehbar.

 

Weiterführender Hinweis

  • Der Beitrag wird in der November-Ausgabe fortgesetzt. Dort erfahren Sie, wie Sie zusätzlich zu den genannten Kosten auch Umzugskostenpauschalen ansetzen können, Sie profitieren von einem Berechnungsbeispiel bei einem „Musterumzug“ und Sie erhalten eine Arbeitshilfe in Word, in die Sie Ihre Umzugskosten eintragen können (Berechnungsbogen).
Quelle: Seite 6 | ID 46808818