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· Fachbeitrag · Unternehmensführung

Kennzahlen im Kfz-Gewerbe: Der Werkstattumsatz ‒ Darf es ein bisschen mehr sein?

von Bernhard Seilz, zukunftsstark, Asbach-Bäumenheim

| In lockerer Folge zeigen wir Ihnen, wie Sie mit Kennzahlen Ihr Autohaus bzw. Ihren Kfz-Betrieb auf Gewinn trimmen. Nachfolgend behandeln wir die erste Kennzahl, den Werkstattumsatz. Und die eher rhetorische Frage „Darf es ein bisschen mehr sein?“, beantworten wir mit „Ja, es kann immer ein bisschen mehr sein.“. Erfahren Sie, wie es geht. |

Das Ziel: Verkauf aller Mechatroniker-Anwesenheitsstunden

Im Werkstattgeschäft muss als Ziel der Verkauf aller Anwesenheitsstunden der Mechatroniker allem anderen untergeordnet werden. Warum? Im Werkstattgeschäft wird einzig und allein durch die Arbeit der Mechatroniker Geld eingenommen. Da kann ein Serviceberater noch so schön beraten, ein Werkstattmeister die tollsten technischen Lösungen kennen und der After-Sales-Leiter die besten Reklamationsgespräche führen. Wenn von 10.000 Anwesenheitsstunden nur 8.000 Stunden verrechnet werden, ist das ein Loch in der Kasse, das nur schwer zu ertragen ist.

 

Wie sieht das bei Ihnen aus? Und wie können Sie ggf. die Ertragssituation in Ihrem Servicebetrieb verbessern?

Was regelmäßig, am besten täglich, erfasst werden muss

Um diese Fragen beantworten zu können, sollten Sie zunächst Ihre Zahlen in folgender Tabelle erfassen:

 

Bezahlte Stunden

Anwesenheitsstunden

Gestempelte Stunden

Verkaufte Stunden

... Stunden

... Stunden

... Stunden

... Stunden

Lohnsumme

Theoretisches Umsatzpotenzial:

Anwesenheitsstunden x durchschnittlicher Stundenverrechnungssatz

Gesamtumsatz (intern/extern/Garantie/Gewährleistung/Kulanz)

... Euro

... Euro

... Euro

 

 

Bezahlte Stunden

Erfassen Sie die bezahlten Stunden aller Ihrer Mechatroniker. Das werden so etwa 2.100 Stunden pro Jahr sein, je nach Bundesland (Feiertage) und Urlaubsregelung. Dazu kommen noch die Überstunden.

 

Lohnsumme

Setzen Sie am besten gleich auch noch die Lohnsumme zusammen mit den Lohnnebenkosten ein.

 

Anwesenheitsstunden

Das ist die Zahl der Stunden zwischen „kommt“ und „geht“. Da werden Sie im Schnitt ca. 1.600 Stunden pro Monteur finden zzgl. der Überstunden.

 

Theoretisches Umsatzpotenzial

Wenn Sie die Anwesenheitsstunden mit dem durchschnittlichen Stundenverrechnungssatz multiplizieren, erhalten Sie das „Theoretische Umsatzpotenzial>“ Ihrer Werkstatt. Der durchschnittliche Verrechnungssatz ergibt sich aus dem Umsatz, geteilt durch die verkauften Stunden.

 

Gestempelte Stunden oder Produktivstunden

Produktivstunden sind Stunden, in denen die Mechatroniker auf Aufträgen gestempelt sein müssen. Nehmen Sie aber nur Stunden, die auf internen, externen oder Garantie-, Gewährleistungs- und Kulanzaufträgen gestempelt wurden. Irgendwelche unproduktive Zeiten zählen hier nicht.

 

PRAXISTIPP | Als unproduktive Stunden ‒ manche nennen sie auch W(arte)-Zeiten ‒ sind zu stempeln: allgemeine Werkstattarbeit, Warten auf Arbeit, Warten auf Teile, Kundenrückfrage (Genehmigung der Auftragserweiterung), Meistervertretung, Nacharbeit, Reparaturen an der Werkstatteinrichtung, Aktualisierung der Diagnosegeräte und interne Fortbildung. Dazu zählen auch immer noch die berühmten Sammelkarten, auf denen irgendwelche Zeiten unter den Teppich gekehrt werden. W-Zeiten bedürfen der Genehmigung durch den Werkstattmeister. Sollten die W-Zeiten mehr als zehn Prozent der Anwesenheit ausmachen, ist das Anlass zum Handeln. Vor allem, wenn auch noch Überstunden bezahlt werden.

 

Wichtig | In Ihrer Liste sollten jetzt etwa 1.500 gestempelte Stunden pro Mechatroniker stehen. Oder etwa 90 Prozent der Anwesenheitsstunden. Dann ist das in Ordnung!

 

Verkaufte Stunden

Verkaufte Stunden sind abgerechnete Stunden. Diese sind an externe Kunden wie Fahrzeugbesitzer, Fuhrparkmanager oder Leasinggesellschaften verrechnet worden. Oder es sind interne Stunden, die an den Verkauf weiterberechnet wurden. Oder Stunden, die an die Garantieabteilung des Herstellers verrechnet wurden.

 

Wichtig | Das sollten nun im Durchschnitt 100 Prozent der gestempelten Produktivstunden sein.

 

Wenn Sie nun darunter den gesamten Lohnumsatz der Mechatroniker Ihrer Werkstatt schreiben und mit dem theoretischen Umsatzpotenzial abgleichen, dann haben Sie die Basis dafür, woran Sie nun arbeiten müssen.

 

  • Beispiel

Bezahlte Stunden

Anwesenheitsstunden

Gestempelte Stunden

Verkaufte Stunden

2.300 Stunden (Ist)

2.100 Stunden (Soll)

1.700 Stunden (Ist)

1.300 Stunden (Ist)

1.700 Stunden (Soll)

1.200 Stunden (Ist)

1.700 Stunden (Soll)

Lohnsumme

Theoretisches Umsatzpotenzial:

Anwesenheitsstunden x 60 Euro durchschnittlicher Stundenverrechnungssatz

Gesamtumsatz (intern/extern/Garantie/Gewährleistung/Kulanz)

72.000 Euro (Ist)

102.000 Euro (Soll)

 

Ergebnis analysieren und gegensteuern

Weichen Ihre Ist- von den Sollzahlen ab, sollten Sie analysieren, worauf das zurückzuführen ist. Haben Ihre Prozesse Mängel? Sind Ihre Mitarbeiter zu schlecht ausgebildet? Mangelt es am Auftragsnachschub? Investieren Sie genug ins Marketing? Motivieren Sie Ihre Mitarbeiter entsprechend?

 

Prozessmängel

Nicht selten haben sich im Laufe der Zeit Prozessmängel eingeschlichen. Decken Sie diese auf, indem Sie sich folgende Fragen stellen:

 

Werden alle Rechnungen zeitnah, umfassend und vollständig geschrieben? Prüfen Sie den erzielten Stundenverrechnungssatz (SVS): Teilen Sie den Lohnumsatz durch die verkauften/fakturierten Stunden. Das machen Sie für alle Preisgruppen. Dann vergleichen Sie Ihren geforderten SVS mit dem erzielten SVS.

 

Lohnumsatz

Gestempelte Stunden

Verkaufte Stunden

Erzielter SVS

Geforderter SVS

Extern

Intern

Gewährleistung

 

 

Sollte es hier zu Abweichungen kommen, müssen Sie in die einzelnen Aufträge einsteigen und das Abrechnungsverhalten der Verantwortlichen prüfen:

 

  • Werden versteckte Rabatte gewährt, indem Arbeiten nicht abgerechnet werden?
  • Werden nicht alle zusätzlichen Arbeiten auf dem Auftrag vom Monteur notiert?
  • Werden bei Unfallschäden alle Leistungen abgerechnet, sei es gegenüber dem Kunden, sei es im Fall der Abtretung gegenüber dem Versicherer? Werden Hilfsleistungen an Sachverständige, z. B. die Nutzung der Hebebühne, in Rechnung gestellt?

 

Ausbildungsmängel

Wichtige Fragen sind auch die nach der Leistungsfähigkeit des Mechatronikers und nach den Führungsqualitäten des Werkstattleiters.

 

Wir nehmen das Verhältnis der gestempelten Stunden (produktiv) und setzen Sie ins Verhältnis mit den verkauften Stunden. Wenn Abrechnungsfehler ausgeschlossen sind, könnte es sein, dass der Ausbildungsstand der Mechatroniker und die Anleitung des Werkstattleiters es nicht erlauben, die Arbeiten in den dafür vorgesehenen Zeiten zu erledigen.

 

Wir nennen das den Leistungsgrad. Verkaufte Stunden geteilt durch die produktiven Stunden mal 100. Der Zielwert muss 100 Prozent sein, denn soweit es Vorgabezeiten gibt, müssen diese auch eingehalten werden.

 

Nur bei Diagnosen und bei Garantiearbeiten können hier Abweichungen nach unten vorkommen.

 

Monteur

Bezahlte Stunden

Anwesenheitsstunden

Produktive Stunden

Verkaufte Stunden

1

2

3

 

 

Mangelnder Auftragsnachschub

Vielleicht haben Sie aber das Problem, dass es Ihrem Betrieb an aktiven Kunden mangelt.

 

  • Die vier „P“ des Marketing nutzen: Die erste Lösung ist es immer, dass man sich mit Marketing beschäftigt und für eine Steigerung des Umsatzes den möglichen Marketingmix überlegt. Die Idee der vier „P“ (Produkt, Platzierung, Preis, Promotion) ist dabei hilfreich.

 

    • Preis: Reduzieren Sie nicht den Stundenverrechnungssatz. Bilden Sie Paketpreise oder machen Sie Angebote für zeitwertgerechte Reparaturen, indem Sie Original-Teile aus Teilebörsen zu reduzierten Preisen einkaufen.
  •  
    • Produkt: Bieten Sie Nischenprodukte an: Z. B. den altersgerechten Umbau von Fahrzeugen. Sprechen Sie in einer Zeit älter werdender Kunden diejenigen an, die in mehr Bequemlichkeit investieren würden, z. B. in einen ausdrehbaren Fahrersitz?
  •  
  • Kunde

    Möglicher Bedarf

     
  •  
    • Platzierung: Dass man über einen gut gepflegten Shop Zusatzumsätze generieren kann, ist kein Geheimnis. Platzieren Sie aktuelle Angebote auch in der Direktannahme. Über die Direktannahme erhöht sich bei ernsthafter Durchführung der Annahme der Umsatz um bis zu 20 Prozent. Das zeigt die Erfahrung.
  •  
  • Wenn keine Direktannahme durchgeführt wurde (und ohne Unfallschäden)

    Wenn eine Direktannahmedurchgeführt wurde

    Durchschnittlicher Auftragswert

     
  •  
    • Promotion: Paketpreise, Festpreise oder Aktionspreise bilden oft das zentrale Element der Promotion. Bekannt in der Werkstatt sind die Räderwechseltage, saisonale Checks und Lichteinstelltage. Auch HU/AU-Anschreiben zählen dazu.
  •  
  • Monat

    Januar

    Februar

    März

    April

    Mai

    Juni

    Juli

    Kunden mit fälliger AU/HU

    Kunden, die AU/HU durchführen haben lassen

     
  •  
    • Messen Sie den Anteil der älteren Fahrzeuge in Ihrem Kundenbestand und sprechen Sie gezielt Kunden an, die länger nicht mehr bei Ihnen waren.
  •  
  • Kunden gesamt

    Segment 1 (1-3 Jahre)

    Segment 2 (4-7 Jahre)

    Segment 3 (8-10 Jahre)

    Segment 4 (> 10Jahre)

     
  •  
  • Das fünfte „P“ ‒ Personal: Marketingfachleute kennen zusätzliche „P“. Das wichtigste davon ist das für Personal. Haben Ihre Mitarbeiter keinen Grund sich für eine Umsatzsteigerung einzusetzen, nutzen auch die besten Schulungen nicht.

 

  • Wer den Umsatz steigern möchte, muss daher auch darüber nachdenken, wie man das Personal dazu bewegt, mehr Umsatz machen zu wollen.

 

  • Untersuchen Sie doch einmal die unterschiedlichen Serviceberater. Wer macht mehr, wer weniger Umsatz? Und warum? Wie kann man das steigern? Hier sind oft Bonus- und Prämiensysteme hilfreich.
  •  
  • Monat

    Januar

    Februar

    März

    April

    Mai

    Juni

    Juli

    Umsatz Serviceberater 1

    Umsatz Serviceberater 2

     
  •  
  • Sicher gibt es noch weitere Möglichkeiten nach Potenzialen zu forschen, auf einige werden wir noch bei anderen Kennzahlen stoßen.

 

FAZIT | Nutzen Sie die Stellschrauben für mehr Werkstattumsatz. Beginnen Sie damit, alle Anwesenheitsstunden Ihrer Mechatroniker abrechenbar zu machen.

 

Weiterführende Hinweise

  • Die Beitragsserie wird in einer der nächsten ASR-Ausgaben mit der Kennzahl „Kontakte ‒ Verkäuferzeit ist Kontaktzeit“ fortgesetzt.
  • Sie haben Fragen oder Anregungen zu den Kennzahlen oder möchten eine Schulung in Ihrem Autohaus oder Kfz-Betrieb vereinbaren: Dann schreiben Sie an Bernhard Seilz, den Autor der Beitragsserie, E-Mail: info@bernhardseilz.de.
Quelle: Seite 11 | ID 45688734