· Fachbeitrag · Urlaub/Provision
Provisionsansprüche müssen bei der Berechnung des Urlaubsentgelts berücksichtigt werden
| Erhalten Ihre Mitarbeiter in der Versicherungsagentur neben einem festen Gehalt auch Provisionen, so müssen diese in die Berechnung des Urlaubsentgelts einfließen. Beherzigen Sie die Regeln. Dann erwarten Sie keine bösen Überraschungen bei der Betriebsprüfung der Deutschen Rentenversicherung (DRV). |
„Entstehungsprinzip“ in der Sozialversicherung
In der Sozialversicherung gilt bei der Berechnung von Beiträgen aus laufendem Arbeitsentgelt das Entstehungsprinzip (§ 22 SGB IV). Danach sind die Beiträge aus dem Arbeitsentgelt zu berechnen, auf das der Arbeitnehmer einen Rechtsanspruch hat. Keine Rolle spielt, ob der Lohn gezahlt wurde. Anders ist es bei der Lohnsteuer. Hier gilt: Nur aus dem tatsächlich zugeflossenen Arbeitsentgelt ist Lohnsteuer zu entrichten (Zuflussprinzip).
Entgeltfortzahlungsanspruch bei Urlaub
Nach den Vorschriften des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG) haben Arbeitnehmer für Feiertage und im Krankheitsfall für eine Arbeitszeit, die ausfällt, einen Anspruch auf Fortzahlung des Lohnes. Nach § 1 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) hat jeder Arbeitnehmer pro Kalenderjahr einen Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub.
Umfang und Höhe des Urlaubsentgelts
Das Urlaubsentgelt bemisst sich danach, was der Arbeitnehmer in den letzten 13 Wochen durchschnittlich pro Tag verdient hat (§ 11 BUrlG). Beim Gesamtverdienst berücksichtigt werden, insbesondere neben dem Arbeitsentgelt, auch Provisionen. Die Rechtsprechung hat das konkretisiert.
- Für die Berechnung des Verdienstes sind laut BAG alle Provisionen zu berücksichtigen, die ein Handlungsgehilfe für die Vermittlung oder den Abschluss von Geschäften vertragsgemäß erhält (BAG, Urteil vom 19.09.1985, Az. 6 AZR 460/83).
- Ist vereinbart, dass der Arbeitgeber auf die erwarteten Provisionen monatliche Vorschüsse leistet und später abrechnet, sind entsprechend der Vereinbarung die in den letzten drei vollen Kalendermonaten vor Urlaubsbeginn nach § 87a Abs. 1 S. 1 HGB fällig gewordenen Provisionsansprüche zugrunde zu legen (BAG, Urteil vom 11.04.2000, Az. 9 AZR 266/99).
- Bezirks- oder Gebietsprovisionen sind aus der Durchschnittsberechnung des § 11 Abs. 1 S. 1 BUrlG herauszunehmen. Diese Provisionen dürften für Angestellte in den Agenturen selten sein (BAG, Urteil vom 11.04.2000, Az. 9 AZR 266/99).
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Ihr angestellter Außendienstmitarbeiter A geht im März für sechs Tage in Urlaub. Seine regelmäßige Arbeitszeit beträgt fünf Tage pro Woche. Sein Grundlohn beträgt 600 Euro pro Woche. Die Provisionen für von ihm selbst vermittelte Versicherungsverträge schwanken. Im Schnitt betragen sie 150 Euro pro Woche. Sie als Agenturinhaber berechnen das Urlaubsentgelt wie folgt:
Ergebnis: Sie müssen die SV-Beiträge auf Basis der 900 Euro berechnen. |
Arbeits- und tarifvertragliche Besonderheiten
- Arbeitsvertragliche Regelungen zum Urlaubsentgelt gehen vor, wenn sie für den einzelnen Arbeitnehmer günstiger sind.
- Beim Urlaubsentgelt (§ 13 Abs. 1 BUrlG) kann die Fortzahlung der Provisionen tarifvertraglich nicht ausgeschlossen werden (BAG, Urteil vom 22.01.2002, Az. 9 AZR 601/00, Abruf-Nr. 202762).
Phantomlohn-Problem bei der Betriebsprüfung
Bei Betriebsprüfungen der DRV werden aus Provisionen, die nicht in die Berechnung des Urlaubsentgelts eingeflossen sind, Sozialversicherungsbeiträge nachgefordert. Aus dem Phantomlohn werden die Beiträge fällig.
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Der Agenturinhaber zahlt für die sechs Urlaubstage im März 720 Euro auf Basis des Grundlohns (13 x 600 Euro : 65 x 6) als Urlaubsentgelt aus. Der Außendienstmitarbeiter A verlangt die anteiligen Provisionen nicht nach. Hat der Agenturinhaber die SV-Beiträge nicht auf Basis der 900 Euro berechnet, fordert der DRV-Prüfer Beiträge aus der Differenz von 180 Euro (900 Euro ./. 720 Euro) nach. |
Kein Verzicht durch die Beschäftigten zulässig
Es hilft Ihnen nicht weiter, wenn Ihr Mitarbeiter auf seinen Anspruch verzichtet. Denn der Anspruch auf das Urlaubsentgelt ergibt sich aus § 13 BUrlG. Davon kann nicht zu Ungunsten des Mitarbeiters abgewichen werden.
Summenbeitragsbescheid der DRV und Reaktion der Gerichte
Die DRV einigt sich häufig mit den Agenturen auf eine pauschale Berechnung und fordert Beiträge im Rahmen eines Summenbeitragsbescheids nach. So müssen die Agenturen für die rückwirkenden Jahre die Sozialversicherungsmeldungen nicht berichtigen. Landet der Fall vor dem Sozialgericht, weil eine Agentur die Nachforderung der Beiträge angreift, rügen die Richter in den meisten Fällen den Summenbeitragsbescheid. Dann muss ein neuer Bescheid erteilt werden, mit einer personenbezogenen Nachberechnung.