· Fachbeitrag · Verein als Arbeitgeber
Vergütungen im Verein: Was im Amateursport erlaubt ist und wie es steuerlich behandelt wird
| Corona stellt Sportvereine nicht nur für finanzielle und organisatorische Herausforderungen. Nach dem Lockdown zeigt sich jetzt auch, dass Corona vor allem im Freizeit- und Amateursport sogar die Zweckausübung gefährdet. Viele aktive Sportler haben sich zurückgezogen und kommen nicht wieder. Wie den Rest bei der Stange halten? Eine Möglichkeit ist, den Sportlern Aufwandsentschädigungen und andere Vergütungen zu gewähren. VB erklärt Ihnen, was möglich ist und wann Sie lohnsteuerliche oder sozialversicherungsrechtliche Folgen beachten müssen. |
Wie sind Zahlungen an Sportler einzuordnen?
Grundsätzlich können Zahlungen an Sportler steuerlich und sozialversicherungsrechtlich folgendermaßen eingeordnet werden:
- Als Aufwandsersatz mit Einzelnachweisen
- Als pauschaler Aufwandsersatz ohne Einzelnachweis
- Als Vergütungen für Arbeitszeit und -kraft
Aufwandsersatz mit Einzelnachweisen
Erstattet der Verein seinen Sportlern Auslagen nur aufgrund von Einzelnachweisen, entstehen keine steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Folgen, solange die erstatteten Aufwendungen durch die Vereinstätigkeit veranlasst sind. Solche Aufwendungen sind insbesondere
- Reisekosten (nach den allgemeinen Regelungen des Reisekostenrechts) und
- Kosten für Sportkleidung und -geräte.
Nicht dazu gehören regelmäßig Kosten für besondere Ernährung, weil diese der „privaten Lebensführung“ zugeordnet werden und nicht der Vereinstätigkeit.
Pauschaler Aufwandsersatz
Schwieriger ist die Bewertung, wenn ein Aufwandsersatz nicht aufgrund von Einzelnachweisen, sondern pauschal bezahlt wird. In dem Fall enthält der Sportler also einen festen monatlichen Betrag, mit dem all seine Aufwendungen für die Vereinstätigkeit abgegolten werden sollen. Hier kommt es auf die Höhe der Pauschale und die rechtlichen Rahmenbedingungen des Einsatzes für den Verein an, ob die Vergütungen abgabenfrei bleiben.
Vergütungen für Arbeitszeit und -kraft
Gehen die Zahlungen über einen (pauschalen) Aufwandsersatz hinaus, liegen regelmäßig Vergütungen für Arbeitszeit und Arbeitskraft vor. Die steuerlichen Folgen, die hier entstehen, hängen davon ab, ob die Sportler als abhängig Beschäftigte gelten oder als Selbstständige.
Die Einordnung erfolgt nach den allgemeinen lohnsteuer- und sozialversicherungsrechtlichen Vorgaben. Die Faustregel lautet hier: Mannschaftsportler sind in der Regel abhängig Beschäftigte, weil sie organisatorisch stärker in den Verein eingebunden sind und umfänglicheren Weisungen unterliegen als Sportler in Einzelsportarten. Der Verein hat hier alle Pflichten eines Arbeitgebers, insbesondere die Pflicht zur Anmeldung und Abführung von Lohnsteuer sowie Sozialversicherungsbeiträgen.
Einzelsportler können grundsätzlich selbstständig tätig sein. Sie haben dann ‒ wenn eine Gewinnerzielungsabsicht besteht ‒ gewerbliche Einkünfte. Sie sind bei diesen selbst für die Abführung der Einkommensteuer zuständig. Aufwendungen für ihren Sport sind „Betriebsausgaben“.
Übungsleiter- und Ehrenamtsfreibetrag nicht nutzbar
Die besonderen Befreiungsregelungen in gemeinnützigen Vereinen gelten für Sportler nicht. Der Übungsleiterfreibetrag (§ 3 Nr. 26 EStG) greift nur bei pädagogischen, pflegerischen und künstlerischen Tätigkeiten. Er kommt also für Sportler nicht in Frage. Begünstigt wären höchstens Tätigkeiten als Trainer oder Übungsleiter, die der Sportler zusätzlich ausübt.
Für den Ehrenamtsfreibetrag (§ 3 Nr. 26a EStG) gilt das gleiche wie für den Übungsleiterfreibetrag. Die Befreiungsregelung kann auf Amateursportler nicht angewendet werden (BMF, Schreiben vom 25.11.2008, Az. IV C 4 ‒ S 2121/07/0010, Abruf-Nr. 084045).
Die 450-Euro-Grenze
Die Grenze von 450 Euro spielt nur gemeinnützigkeitsrechtlich eine Rolle. Hier geht darum, ob der Verein bereits über „bezahlte Sportler“ (Profisportler) verfügt. Damit ist nur die Zuordnung zum Zweckbetrieb oder steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb verbunden.
Mit der steuer- und sozialversicherungsrechtlichen Seite der Zahlung an den Sportler hat das nichts zu tun. Der Verein muss also auch bei Beträgen von 450 Euro und weniger prüfen, ob seine Zahlungen steuer- oder sozialversicherungspflichtig sind.
Die sozialversicherungsrechtliche Bewertung
Amateursportler sind in der Regel als normale Vereinsmitglieder ohne schriftliche vertragliche Vereinbarung im Verein tätig. Sie üben den Sport nicht aus wirtschaftlichen Interessen, sondern zum Ausgleich oder zur Erholung aus. Entscheidend ist dabei, dass sich Art und Umfang der Tätigkeit aus dem Mitgliedschaftsverhältnis und der in der Regel freizeitorientierten sportlichen Motivation ergibt.
Einzelvertragliche Regelungen, auch mündliche, die mit entsprechenden Zahlungen verbunden sind, gehen in der Regel darüber hinaus und führen zu einem sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis.
Vertrags- und Lizenzspieler
Vertrags- und Lizenzspieler werden aufgrund eines mit dem Verein abgeschlossenen Vertrags tätig. Sie erhalten laufende Vergütungen und stehen in einem Dienstverhältnis zum Verein. Ihre Leistungen gehen über das hinaus, was sich durch eine bloß mitgliedschaftliche Bindung an den Verein ergibt. Das folgt schon daraus, dass neben der rechtlichen Einordnung als Mitglied ‒ die sich aus dem bloßen Beitritt zum Verein ergibt ‒ ein eigenes einzelvertragliches Rechtsverhältnis besteht.
Diese Sportler stehen in einem entgeltlichen Beschäftigungsverhältnis zum Verein und unterliegen deswegen grundsätzlich der Lohnsteuer- und Sozialversicherungspflicht.
Vertragsamateure
Das gilt auch für sogenannte Vertragsamateure. Das sind Sportler, deren Tätigkeit für den Verein einzelvertraglich geregelt ist und die eine meist nur geringe Vergütung erhalten. Sie nehmen eine Mischposition zwischen Amateur- und Berufssportler ein. Anders als Profisportler können sie aus diesen Einkünften ihren Lebensunterhalt nicht bestreiten.
Auch bei Vertragsamateuren wird grundsätzlich ein sozialversicherungsrechtlich relevantes Beschäftigungsverhältnis unterstellt, weil sie regelmäßig abhängig Beschäftigte sind. Die Weisungsgebundenheit ergibt sich aus der vertraglich übernommenen Verpflichtung zur intensiven ‒ über rein mitgliedschaftliche Bindungen hinausgehenden ‒ Mitarbeit nach den Anordnungen des Vereins. Daran ändert sich auch nichts, wenn der Sportler von Dritten (z. B. Sponsoren) bezahlt wird.
Die Höhe der Zahlung spielt keine Rolle. Ebenso wenig, wie der Verein diese Zahlungen deklariert. Auch Tor-, Auflauf-, Sieg- oder Nichtabstiegsprämien, die als Leistungsanreize gezahlt werden, sind Vergütungen.
Wichtig | Umgekehrt lässt eine als Gehalt, Lohn o. ä. bezeichnete Zahlung noch nicht auf ein Arbeitsverhältnis schließen. Für die rechtliche Qualifizierung einer Tätigkeit kommt es nicht auf die Benennung der Geldleistung an, sondern auf den mit ihr verfolgten Zweck (BSG, Urteil vom 27.10.2009, Az. B 2 U 26/08 R, Abruf-Nr. 093899).
Sozialversicherungsfrei sind die Zahlungen nur, wenn die vertragliche Vereinbarung keine Entgeltzahlung ‒ also eine Vergütung für Arbeitszeit und Arbeitskraft ‒ vorsieht, sondern bloßen Aufwandsersatz.
Besteht ein Beschäftigungsverhältnis?
Ein Beschäftigungsverhältnis besteht nicht, wenn zwischen Sportler und Sportverein lediglich mitgliedschaftsrechtliche Bindungen bestehen (BSG, Urteil vom 27.10.2009, Az. B 2 U 26/08 R, Abruf-Nr. 093899). Eine weisungsgebundene Eingliederung ist danach nur gegeben, wenn sich der Sportler gegenüber dem Sportverein zur Erbringung sportlicher Tätigkeiten nach Weisung des Vereins verpflichtet ‒ typischerweise gegen Zahlung eines Arbeitsentgelts.
Diese Indizien sprechen gegen ein Beschäftigungsverhältnis
Keine weisungsgebundene Eingliederung ist danach gegeben, wenn der Sportler nur Rechte und Pflichten hat, die sich aus seiner Vereinsmitgliedschaft ergeben. Dass dabei feste Trainings- und Spielzeiten eingehalten werden müssen, spricht noch nicht für ein Beschäftigungsverhältnis. Hier steht regelmäßig nur die ‒ freizeitbezogene ‒ sportliche Motivation im Vordergrund, nicht der wirtschaftliche Aspekt einer Vergütung.
Eine Beschäftigung kann auch nicht daraus abgeleitet werden, dass die Spielorte vorgegeben sind und der Sportler die Anordnungen des Trainers befolgen muss. Diese Umstände sind nach Auffassung des BSG typisch für den Mannschaftssport ‒ auch wenn die Beteiligten lediglich in einem Mitgliedschaftsverhältnis zum Verein stehen. Selbst eine Sanktionsbefugnis des Trainers bei einer nicht genehmigten Abwesenheit ändert daran nichts.
PRAXISTIPP | Für ein fehlendes Beschäftigungsverhältnis spricht zudem, dass der Verein die Zahlungen leistet, um
Materielle Anreize zur Förderung der Leistungsbereitschaft und zur Erreichung sportlicher Erfolge lassen nicht zwingend auf ein Arbeitsentgelt schließen. |
Wichtig | Die Rechtsprechung hat weitere Kriterien für ein fehlendes Beschäftigungsverhältnis genannt. Dazu gehören, dass
- über die sportlichen Aktivitäten hinaus keine intensive Mitarbeit nach Anordnung des Vereins erfolgt. Insbesondere die detaillierte Regelung von Pflichten, die für einfache Mitglieder untypisch sind, wie z. B. zur Teilnahme an Training und Spielbetrieb, sprechen gegen eine bloß mitgliedschaftliche Bindung (SG Stade, Urteil vom 08.11.2016, Az. S 1 KR 167/13, Abruf-Nr. 192863).
- die Zahlungen nicht nennenswert zur Sicherung des Lebensunterhalts beitragen (SG Düsseldorf, Beschluss vom 05.06.2014, Az. S 44 R 967/14 ER, Abruf-Nr. 142268).
- es sich um Breitensport und nicht um Leistungssport handelt.
- es keine Pflicht zur Teilnahme an Fernseh-, Rundfunk-, Presse- und Werbeveranstaltungen des Vereins und seiner Sponsoren gibt, und keine Übertragung und Verwertung der Persönlichkeitsrechte vereinbart wurde.
- der Sportbetrieb des Vereins nicht wirtschaftlich ausgerichtet ist (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 13.12.2013, Az. L 8 U 1324/13, Abruf-Nr. 141339).
Die sagenumwobene 200-Euro-Grenze
Die Sozialversicherungsträger haben die Rechtsprechung des BSG aufgegriffen und eine pauschale Nichtaufgriffsgrenze festgelegt (Besprechung des GKV-Spitzenverbandes, der Deutschen Rentenversicherung Bund und der Bundesagentur für Arbeit über Fragen des gemeinsamen Beitragseinzugs vom 13.03.2013). Danach wird bei monatlichen Zahlungen bis 200 Euro keine sozialversicherungsrechtlich relevante Beschäftigung ausgeübt. Voraussetzung ist, dass
- keine gesonderte schriftliche Vertragsvereinbarung besteht und
- die Sportler allein aufgrund ihrer mitgliedschaftsrechtlichen Bindungen tätig werden.
In die 200-Euro-Grenze müssen auch Leistungsprämien für besondere sportliche Erfolge eingerechnet werden.
Bei den 200 Euro handelt es sich um einen pauschalen Aufwandsersatz. Werden Einzelnachweise vorgelegt, die einen höheren Aufwand belegen, kann auch bei höheren Zahlungen eine sozialversicherungsrechtlich relevante Beschäftigung verneint werden. Umgekehrt können Zahlungen bis zu dieser Grenze sozialversicherungspflichtig sein, wenn der wirkliche Aufwand offensichtlich geringer ist und die Vergütung nicht lediglich zur sportlichen Motivation oder zur Vereinsbindung gewährt wird. Die Sozialversicherungsträger behalten sich also eine Einzelfallprüfung vor. Die 200-Euro-Grenze ist als Freigrenze, nicht als Freibetrag zu verstehen. Wird der Grenzwert von 200 Euro im Monat überschritten, ist der gesamte Betrag sozialversicherungspflichtig.
Wichtig | Lohnsteuerrechtlich gibt es keine derartige Befreiung von Vergütungen an Amateursportler. Die Finanzverwaltung betrachtet lediglich weniger als 256 Euro im Jahr als steuerlich unwesentliche Vergütung.
Sind auch höhere Zahlungen sozialversicherungsfrei?
Das LSG Niedersachsen-Bremen hat sogar Zahlungen an Amateurfußballer bis 350 Euro pro Monat als sozialversicherungsfrei bewertet. Es argumentierte dabei im konkreten Fall, dass die Sportler bis zu 100 Stunden pro Monat im Einsatz waren. Daraus ergaben sich Stundenvergütungen, bei denen von keinen eigenen wirtschaftlichen Interessen der Fußballspieler auszugehen war oder zumindest von keiner auch nur partiellen Sicherung des Lebensunterhalts. Dabei ging es um keine Fahrtkostenerstattungen bzw. anderen Aufwandsersatz, sondern um sonstige Zahlungen des Vereins (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 12.11.2013, Az. L 4 KR 383/13 B ER, Abruf-Nr. 142582).
PRAXISTIPP | Das LSG hat dabei klargestellt, dass die 200-Euro-Grenze der Sozialversicherungsträger nur eine Verwaltungsregelung ist. Sie ist rechtlich nicht bindend. Es gibt also keine bestimmte Betragsgrenze, um sozialversicherungsfreie Zahlungen von Vergütungen abzugrenzen, die im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses geleistet werden. Das LSG hat im behandelten Fall zudem moniert, dass die Prüfer der Deutschen Rentenversicherung Bund Fahrkostenerstattungen nicht von den sonstigen Zahlungen abgegrenzt hatten: Auch wenn der Verein die Fahrtkosten nicht separat ausgewiesen habe, müsse bei der Frage nach der Sozialversicherungspflicht berücksichtigt werden, dass die Zahlungen zumindest zum Teil als pauschaler Aufwandsersatz zu werten seien. |
Weiterführender Hinweis
- Im zweiten Teil des Beitrags erfahren Sie, wann Zahlungen an Amateursportler lohnsteuerpflichtig sind.