Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

· Fachbeitrag · Verfahrensrecht

Das Zentrale Testamentsregister

von RA Dr. Ernst L. Schwarz, FA Erbrecht und Familienrecht, München

| Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Benachrichtigungswesens in Nachlasssachen durch Schaffung des Zentralen Testamentsregisters bei der Bundesnotarkammer vom 22.12.10 (BGBl I 10, 2255) wurde das Benachrichtigungswesen in Nachlasssachen grundlegend reformiert. Die Tätigkeit des Zentralen Testamentsregisters bei der Bundesnotarkammer begann zum 1.1.12. |

1. Bisheriger Status quo

Das bisherige Benachrichtigungswesen nutzte die modernen Kommunikationsmöglichkeiten nicht und war deshalb zeitaufwendig. Die Verwahrdaten erbfolgerelevanter Unterlagen waren bislang bei den Geburtsstandesämtern (bzw. dem AG Berlin Schöneberg), also überwiegend dezentral auf Karteikarten bei über 5.000 Stellen vermerkt. In einem Erbfall informierte das Sterbestandesamt das Geburtsstandesamt (bzw. die Hauptkartei für Testamente). Dieses benachrichtigte die bei ihm registrierte Verwahrstelle. Die Verwahrstelle wiederum informierte unter Übersendung der Verwahrdokumente das für den Nachlassfall zuständige Nachlassgericht. Unter Nutzung der elektronischen Medien soll die Benachrichtigungskette in Nachlasssachen über das Zentrale Testamentsregister wesentlicher effektiver werden.

2. Registrierung im Zentralen Testamentsregister

In das Zentrale Testamentsregister (ZTR) werden seit dem 1.1.12 Verwahrangaben über alle erbfolgerelevanten Urkunden aufgenommen. Diese Urkunden müssen allerdings entweder notariell beurkundet und / oder in amtliche Verwahrung genommen worden sein (§ 78b Abs. 3 BNotO).

 

Die Registrierung ist zwingend und steht nicht zur Disposition der Beteiligten, weder des Erblassers noch des Notars oder Gerichts.

 

PRAXISHINWEIS | Da im ZTR nur öffentlich beurkundete oder in amtliche Verwahrung genommene Urkunden erfasst werden, sind privat verwahrte, eigenhändige Testamente weiterhin nicht registerfähig. Auch auf freiwilliger Basis kommt eine Registrierung nicht in Betracht. Die Erweiterung des ZTR auf privat verwahrte Urkunden war zwar im Gesetzgebungsverfahren diskutiert, im Ergebnis aber nicht umgesetzt worden (vgl. Dt. Bundestag, 17. Wahlperiode, Plenarprotokoll, S. 6599 und 8660).

Solche privaten Urkunden stehen damit wie bisher außerhalb des staatlichen Benachrichtigungswesens. Es verbleibt bei der bloßen Ablieferungspflicht im Erbfall (§ 2259 BGB).

Weitere Informationen erhalten Sie unter www.testamentsregister.de.

 

Der Notar ist nun für alle erbfolgerelevanten Urkunden, die er beurkundet hat, selbst meldepflichtig. Dies gilt auch für notarielle Verfügungen von Todes wegen, die in die besondere amtliche Verwahrung des AG gegeben wurden. Das AG meldet diese notariellen Urkunden nicht mehr gesondert. Im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage verbleibt bei den AG damit nur noch eine Meldepflicht für die in § 347 FamFG genannten Fälle (dies sind insbesondere die eigenhändigen Testamente, die nach § 2248 BGB der Erblasser freiwillig in die amtliche Verwahrung des Gerichts gegeben hat).

 

Testamente und Erbverträge sind - unabhängig von ihrem Inhalt - stets erbfolgerelevant und müssen daher dem ZTR immer gemeldet werden (formelle Registerpflicht nach § 78b Abs. 2 S. 1 BNotO).

 

Andere Urkunden als Verfügungen von Todes wegen sind erbfolgerelevant und registerpflichtig, wenn sie Erklärungen enthalten, die die Erbfolge beeinflussen können (materielle Registerpflicht). Die wichtigsten Fälle sind der Erbverzichtsvertrag nach § 2346 Abs. 1 BGB sowie der Zuwendungsverzichtsvertrag nach § 2352 BGB. Erbfolgerelevant ist ferner der Rücktritt von einem Erbvertrag sowie jede Anfechtung einer Verfügung von Todes wegen. Ehe- und Lebenspartnerschaftsverträge sind registerpflichtig, wenn Gütertrennung vereinbart oder aufgehoben wurde. Hinsichtlich bloßer Pflichtteilsverzichtsverträge nach § 2346 Abs. 2 BGB besteht mangels Einfluss auf die Erbfolge keine Meldepflicht.

 

Damit die erbfolgerelevanten Urkunden im Erbfall zeitnah aufgefunden werden, sind individualisierende Verwahrangaben erforderlich (§ 78b Abs. 2 S. 2 BNotO). Solche Daten von besonderer Bedeutung sind Geburtsname, Geburtsort und Geburtsdatum, Vornamen, Geschlecht und Staatsangehörigkeit. Auch Geburtenbuch- bzw. Geburtenregisternummer sowie das Geburtsstandesamt sollen erfasst werden. Zu den Verwahrangaben zählt hingegen nicht der Inhalt einer erbfolgerelevanten Urkunde.

 

Für Registrierungen im ZTR werden Gebühren erhoben. Die Höhe wird von der Vertreterversammlung der Bundesnotarkammer in einer ZTR-Gebührensatzung bestimmt (§ 78e Abs. 4 S. 1 BNotO). Gegenwärtig ist eine Gebühr von 15 EUR (§ 1 Abs. 2 ZTR-GebS (Testamentsregister-Gebührensatzung)) je Registrierung vorgesehen. Die erhobenen Gebühren unterliegen nicht der Umsatzsteuer (hoheitliche Pflichtaufgabe). Der Notar erhält für die Registermitteilung einer von ihm beurkundeten erbfolgerelevanten Urkunde keine zusätzliche Gebühr (§ 35 KostO).

3. Registerauskünfte

Das ZTR erteilt auf Ersuchen Gerichten und Notaren Auskünfte. Zu Lebzeiten des Erblassers dürfen sie jedoch nur mit dessen Einwilligung eingeholt werden (§ 78d Abs. 1 S. 3 BNotO). Auskunftsersuchen werden protokolliert, um deren Kontrolle im Rahmen der Dienstaufsicht bzw. Geschäftsprüfungen zu ermöglichen (§ 8 Abs. 2 und 3 ZTRV - Testamentsregister-Verordnung). Die Auskunft aus dem ZTR enthält nur Angaben, ob und welche erbfolgerelevanten Urkunden der Erblasser errichtet hat. Angaben zum Inhalt der Urkunde selbst sind nicht Gegenstand der Auskunft. Die Befugnis der Gerichte und Notare zur Einsicht in Registrierungen, die von ihnen verwahrte erbfolgerelevante Urkunden betreffen, bleibt von den Verfahrensregelungen zur Registerauskunft unberührt, 8 Abs. 4 ZTRV.

 

Der Testierende selbst hat zu Lebzeiten jederzeit das Recht, Auskunft über den ihn betreffenden Registerinhalt zu verlangen (§ 19 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)).

4. Benachrichtigungen nach dem Erbfall

Seit dem 1.1.12 wird die Bundesnotarkammer über sämtliche Sterbefälle informiert, die einem inländischen Standesamt bekannt werden. Dies ist der Ausgangspunkt der sich nun in Gang setzenden Benachrichtigungskette. Aufgrund der Sterbefallmitteilung wird anschließend im ZTR geprüft, ob dort entsprechende Verwahrangaben vorliegen. Falls eine Registrierung vorhanden ist, wird die entsprechende Verwahrstelle vom ZTR unter Übermittlung der Sterbefalldaten, registrierten Verwahrangaben und des für den Erbfall zuständigen Nachlassgerichts informiert (§ 7 Abs. 1 S. 1 ZTRV).

 

Neu ist, dass auch das nach § 343 FamFG örtlich zuständige Nachlassgericht (das im Gerichtsverzeichnis der Bundesnotarkammer als örtlich zuständiges Gericht für den letzten angegebenen Wohnsitz des Erblassers angegeben ist) direkt durch das ZTR eine elektronische Sterbefallnachricht erhält, § 7 Abs. 3 S. 1 ZTRV. Dem zuständigen Nachlassgericht wird dabei auch mitgeteilt, welche Verwahrstelle wegen welcher Urkunden vom ZTR informiert wurde. Das zuständige Nachlassgericht wird so in die Lage versetzt, etwaige Ablieferungsverzögerungen zu erkennen.

 

Nach Benachrichtigung durch das ZTR liefert der Notar einen bei ihm verwahrten Erbvertrag nach § 34a Abs. 3 S. 1 BeurkG an das für den Erbfall zuständige Nachlassgericht zur Eröffnung ab.

 

Ist das AG Verwahrstelle, eröffnet es die in seiner Verwahrung befindliche Verfügung von Todes wegen, § 348 Abs. 1 S. 1. FamFG. Ist das Verwahr-/Eröffnungsgericht nicht gleichzeitig das für den Erbfall zuständige Nachlassgericht, übersendet es die Urkunde mit einer beglaubigten Abschrift der Eröffnungsniederschrift an das zuständige Nachlassgericht, § 350 FamFG.

5. Überführung der Testamentsverzeichnisse

Die bei den Geburtsstandesämtern (bzw. beim AG Berlin Schöneberg) vorhandenen Testamentsverzeichnisse werden seit dem 1.1.12 nicht mehr fortgeführt. Sie sind nun in das ZTR zu überführen.

 

Nach § 1 Abs. 1 des Testamentsverzeichnisüberführungsgesetzes (TVÜG) soll sich dies auf einen Zeitraum von höchstens sechs Jahren erstrecken und bis Ende 2016 abgeschlossen sein.

Quelle: Seite 34 | ID 31000530