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· Fachbeitrag · Vertragsarztrecht (Teil 1)

Die vertragsärztliche Versorgung: zunehmend relevant für Kliniken und Chefärzte

von RA, FA Arbeits- und Medizinrecht Marc Rumpenhorst, Bochum, klostermann-rae.de

| Die persönliche Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung war für den Chefarzt in der Vergangenheit „obligatorisch“. Wurde sie seinerzeit oft als lästiges Beiwerk empfunden, hat sie für das Krankenhaus im Allgemeinen und den Chefarzt im Besonderen heute einen neuen, nämlich höheren Stellenwert erlangt. Für den CB ChefärzteBrief Anlass genug, die Voraussetzungen für die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung im Rahmen der persönlichen Ermächtigung, der MVZ-Anstellung sowie in der eigenen Praxis in dieser und den folgenden Ausgaben darzustellen. |

Die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung

Die vertragsärztliche Versorgung gewinnt in vielen Fachbereichen ‒ durch die Verlagerung von Diagnostik- und Therapiemaßnahmen vom stationären Sektor in den ambulanten Bereich ‒ zunehmend an Bedeutung. Auch hat die ambulante Behandlung nach der G-BA-Richtlinie über die Verordnung von Krankenhausbehandlung grundsätzlich Vorrang vor der stationären Behandlung, weshalb zur Vermeidung von primärer Fehlbelegung jeweils zu prüfen ist, ob eine vollstationäre Behandlung überhaupt notwendig ist oder das Behandlungsziel nicht auch zweckmäßig, und ohne Nachteil für den Patienten, mit den Mitteln der ambulanten Versorgung erreicht werden kann.

 

Aber auch für die Belegung des stationären Bereichs ist die ambulante Versorgung das Eintrittstor. Die Bindung von Zuweisern ist im Zuge der Antikorruptionsgesetzgebung problematisch geworden, die Teilnahme des Krankenhauses an der vertragsärztlichen Versorgung über ermächtigte oder in Teilzeit niedergelassene/angestellte Ärzte sowie MVZ aber möglich. Schlussendlich ist die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung in eigener Praxis für den Chefarzt auch als weiteres Standbein zur beruflichen/wirtschaftlichen Sicherung und/oder zur Fortsetzung der ärztlichen Tätigkeit auch über das Regelrentenalter hinaus u. U. von Interesse.

Der Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung

Für die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung aufgrund einer persönlichen Ermächtigung oder einer Anstellung im MVZ gelten die gleichen Voraussetzungen an die persönlichen und fachlichen Anforderungen wie bei der Zulassung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung auch. Besonders strenge Maßstäbe werden hierbei an die Einhaltung des Grundsatzes der persönlichen Leistungserbringung angelegt. Dies gilt im Rahmen einer persönlichen Ermächtigung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung gegenüber der regelhaften Teilnahme im Rahmen einer Zulassung noch in gesteigertem Maße. Denn anders als im stationären Krankenhausbereich sind die Möglichkeiten der Übertragung von Untersuchungs- und Behandlungsmaßnahmen auf ärztliche oder nicht ärztliche Mitarbeiter, sei es im Rahmen der Stellvertretung oder der Delegation, erheblich eingeschränkt:

 

  • Stellvertretung: Der zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zugelassene oder persönlich ermächtigte Arzt kann sich ausschließlich bei Krankheit, Urlaub oder Teilnahme an einer ärztlichen Fortbildung oder Wehrübung drei Monate innerhalb von 12 Monaten (nicht innerhalb eines Kalenderjahrs) gemäß §§ 32, 32a Ärzte-ZV vertreten lassen. Dauert die Vertretung länger als eine Woche, so ist sie der KV unter namentlicher Benennung des Vertreters mitzuteilen. Bei kürzeren Vertretungen sind die Vertreterleistungen in der Sammelerklärung/Abrechnung entsprechend kenntlich zu machen.

 

  • Delegation: Bei Anwesenheit des an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arztes dürfen bestimmte Leistungen, die nicht dem Arztvorbehalt unterliegen, an nicht ärztliche Mitarbeiter, als Ausnahme von dieser persönlichen Leistungserbringungspflicht, delegiert werden. Die „Vereinbarung über die Delegation ärztlicher Leistungen an nichtärztliches Personal in der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 28 Abs. 1 S. 3 SGB V“ zwischen der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) und dem GKV-Spitzenverband, Anlage 24 des BMV-Ä, regelt die spezifischen Anforderungen an die Leistungserbringung sowie die persönlichen/fachlichen Voraussetzungen der nicht ärztlichen Mitarbeiter und führt beispielhaft Delegationsmöglichkeiten auf (online unter ogy.de/csy2). Selbstverständlich sind auch hierbei dann die allgemeinen Anforderungen an die Delegation, nämlich die Anleitungspflicht sowie die Überwachungspflicht einschließlich persönlicher Anwesenheit/Erreichbarkeit, zu beachten.

 

MERKE | In seinem den Arzt zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigenden Beschluss weist der Zulassungsausschuss in der Regel ausdrücklich auf die persönliche Leistungserbringungspflicht hin, ferner bestätigt der Arzt nochmals mit Unterzeichnung der Sammelerklärung für die KV-Abrechnung, die aufgeführten Leistungen persönlich erbracht zu haben.

 

Arzneimittelverordnungen

Auch die Ausstellung von Verordnungen gehört zu der von dem an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arzt persönlich zu erbringenden Leistungspflicht. Appliziert der ermächtigte Arzt durch die Krankenhausapotheke zubereitete Arzneimittel, gilt die Arzneimittelverschreibungsverordnung (AMVV) auch für die über die Krankenhausapotheke bezogenen Arzneien wie auch für alle sonstigen vom ermächtigten Arzt ausgestellten Rezepte. Hiernach ist für die Abgabe von Arzneimitteln eine ärztliche Verschreibung erforderlich, bevor ein Arzneimittel an den Patienten abgegeben oder in der KV-Ambulanz appliziert werden darf. Die Verschreibung muss den Namen, die Berufsbezeichnung und Konzeptdaten des verschreibenden Arztes, also entweder des zugelassenen/ermächtigten Arztes oder ‒ im Rahmen zulässiger Vertretung des Stellvertreters ‒, das Datum der Ausfertigung, den Namen und Geburtsdatum des Patienten, die Bezeichnung des Arzneimittels/Wirkstoffs einschließlich der Stärke oder bei einem durch die Apotheke herzustellenden Arzneimittel die Zusammensetzung nach Art und Menge, die Darreichungsform sowie die abzugebende Menge des verschriebenen Arzneimittels sowie die Gültigkeitsdauer der Verschreibung und schlussendlich die eigenhändige Unterschrift der verschreibenden Person beinhalten.

Wirtschaftlichkeits- und Plausibilitätsprüfung

Häufig in einem Atemzug genannt werden die Wirtschaftlichkeitsprüfung einerseits und die Prüfung der sachlichen rechnerischen Richtigkeit andererseits, hier insbesondere die Plausibilitätsprüfung, obwohl es sich um zwei unterschiedliche Verfahren mit auch unterschiedlichen Prüfgremien handelt.

 

Wirtschaftlichkeitsprüfung: Gemeinsame Prüfungsstelle prüft

Die Wirtschaftlichkeit der Versorgung wird von der von den Landesverbänden der Krankenkassen sowie der Kassenärztlichen Vereinigung gebildeten gemeinsamen Prüfungsstelle durch arztbezogene Prüfung ärztlicher Leistungen und arztbezogene Prüfungen ärztlich verordneter Leistungen geprüft (vgl. § 106 SGB V). Sie bezieht sich auf alle Maßnahmen des Arztes in der vertragsärztlichen Versorgung. Dies gilt für die Wirtschaftlichkeit der Behandlungsweise, die Verordnungen (Arznei- und Heilmittel, Sprechstundenbedarf und Hilfsmittel) sowie die Häufigkeit von Überweisungen, Krankenhauseinweisungen und Feststellungen der Arbeitsunfähigkeit. Die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der erbrachten ärztlichen Leistungen erfolgt grundsätzlich auf begründeten Antrag einer Krankenkasse oder der Kassenärztlichen Vereinigung, arztbezogen durch die jeweilige Prüfungsstelle. Darüber hinaus können die Krankenkassen und die Kassenärztliche Vereinigung auch Prüfungen ärztlicher Leistungen nach Durchschnittswerten (Richtgrößen) oder andere arztbezogenen Prüfungsarten vereinbaren.

 

Plausibilitätsprüfung: Kassenärztliche Vereinigung prüft

Die Plausibilitätsprüfung erstreckt sich auf die Feststellung von Abrechnungsauffälligkeiten durch Überprüfung des Umfangs der abgerechneten Leistungen nach Zeitaufwand. Es wird überprüft, ob der Arzt die abgerechneten Leistungen unter Berücksichtigung des dem EBM zu entnehmenden Zeitaufwands überhaupt ‒ mit dem vollständigen obligaten Leistungsinhalt ‒ erbracht haben kann. Aus der Addition aller Prüfzeiten für Leistungen, die der Vertragsarzt abgerechnet hat, errechnen sich das Tages- und das Quartalsprofil. Liegt der Arzt mit diesen Profilen über bestimmten Zeitobergrenzen, gilt er als „auffällig“. Dies ist der Fall bei

  • einem Tagesprofil von mehr als 12 Stunden für voll zugelassene Ärzte oder
  • einem Quartalszeitprofil
    • von 156 Stunden für ermächtigte Ärzte und
    • 780 Stunden für voll zugelassene Ärzte

 

Fortsetzung folgt

  • Weitere Einzelheiten und Beispiele folgen in den nächsten Ausgaben bezogen auf die persönliche Ermächtigung, die Zulassung sowie die Anstellung im MVZ.
Quelle: Seite 12 | ID 46934855