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So lassen sich Vertretungsberechtigungen im Vorstand sinnvoll gestalten (Teil 2)
| Die Vertretungsmacht des Vorstands ist grundsätzlich unbeschränkt. Vereine setzen sich also einem gewissen Risiko aus, dass der Vorstand diese Vertretungsmacht missbraucht oder unangemessen weit auslegt. Im zweiten Teil unseres Beitrags geben wir Empfehlungen zur Ausgestaltung der entsprechenden Vertretungsregelungen. |
Persönliche Vertretungsbeschränkungen
Bei der Ausgestaltung der persönlichen Vertretungsberechtigung ‒ welche Vorstandsmitglieder den Verein also vertreten dürfen ‒ sind beliebige Kombinationen aus einzelner und gemeinsamer Vertretungsberechtigung möglich; wie z. B.:
Satzungsklauseln / Persönliche Vertretungsbeschränkung |
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Handlungsfähigkeit des Vereins ist oberste Maxime
Hier sollte zunächst auf die Handlungsfähigkeit des Vereins geachtet werden, wenn Vorstandsmitglieder ausfallen oder zurücktreten. Der Grundsatz lautet deshalb, dass zumindest beim Ausfall eines Vorstandsmitglieds der Verein weiter vertreten werden kann. Das bedeutet:
- Besteht der Vorstand nur aus zwei Mitgliedern, sollten beide einzelvertretungsberechtigt sein.
- Besteht er aus drei oder mehr Mitgliedern und ist keine Einzelvertretungsberechtigung gewünscht, sollten jeweils zwei Vorstandsmitglieder den Verein gemeinsam vertreten können.
Unpraktikabel ist in der Regel eine Vertretung durch mehr als zwei Vorstandsmitglieder.
PRAXISTIPP | In der Praxis stellt sich die Frage nach der Vertretungsberechtigung ohnehin nur bei größeren und dann meist schriftlich gefassten Geschäften. Theoretisch gelten die Vorgaben der Satzung zwar auch für Bagatellgeschäfte, kein Geschäftspartner wird das aber prüfen. Der Verein könnte aber auch in dem Fall die Zustimmung verweigern und das Vorstandsmitglied damit dem Geschäftspartner persönlich haften bzw. vom Verein in Haftung genommen werden. |
Selbstkontrahierungsverbot als Vertretungsbeschränkung
Eine Beschränkung der Vertretungsmacht besteht auch durch das Verbot von Insichgeschäften nach § 181 BGB. Das betrifft die Fälle, in denen ein Vorstandsmitglied mit dem Verein ein Rechtsgeschäft abschließen will. Dieses Selbstkontrahierungsverbot verlangt die Zustimmung der Mitgliederversammlung bzw. weiterer Vorstandsmitglieder, weil sonst die Gefahr des Missbrauchs der Vertretungsmacht besteht.
Hier gilt: Kann der Verein auch ohne das entsprechende Vorstandsmitglied vertreten werden, können die anderen Vorstandmitglieder den Vertrag mit ihm abschließen. Ist das nicht der Fall, ist die Zustimmung der Mitgliederversammlung erforderlich.
Das Verbot von Insichgeschäften gilt aber nur im Innenverhältnis. Dennoch bietet es einen Schutz davor, dass einzelne Vorstandsmitglieder die Vertretungsmacht missbrauchen.
Keine bedingte Vertretungsberechtigung im Außenverhältnis
Nicht eintragungsfähig ist eine sog. bedingte Vertretungsberechtigung. Das wären insbesondere Regelungen, nach denen ein Vorstandsmitglied nur vertreten darf, wenn ein anderes verhindert ist. Möglich wäre aber, eine solche Regelung im Innenverhältnis zu ergänzen:
Klausel / Bedingte Vertretungsberechtigung im Innenverhältnis |
Der Vorstandsvorsitzende vertritt den Verein allein, die anderen Vorstandsmitglieder jeweils zu zweit gerichtlich und außergerichtlich. Im Innenverhältnis dürfen die anderen Vorstandsmitglieder den Verein nur vertreten, wenn der Vorstandsvorsitzende verhindert ist. |
In diesem Fall wären Geschäfte, die von zwei weiteren Vorstandsmitgliedern abgeschlossen wurden, für den Verein zwar bindend. Die Vorstandsmitglieder, die ohne tatsächliche Verhinderung des Vorsitzenden handeln, machen sich aber dem Verein gegenüber schadenersatzpflichtig.
Sachliche Vertretungsbeschränkungen
Auch sachliche Vertretungsbeschränkungen können ins Vereinsregister eingetragen werden und haben dann Wirkung gegen Dritte. Die Beschränkung muss sich aber aus der Eintragung selbst erkennen lassen. Ein Verweis auf die Satzung genügt dazu nicht. Damit eine Vertretungsbeschränkung eingetragen werden kann, muss die entsprechende Satzungsbestimmung eindeutig erkennen lassen, dass eine Beschränkung der Vertretungsmacht gewollt ist und nicht nur vereinsintern gelten soll.
Wichtig | Hier kommt es regelmäßig zu Rückfragen der Registergerichte. Evtl. sollte die Satzung deswegen zusätzlich klarstellen, dass die Beschränkung gegenüber Dritten (nicht) gelten soll.
Wofür kann die Vertretungsmacht sachlich beschränkt werden?
Mögliche sachliche Beschränkungen der Vertretungsmacht können
- das Verbot bestimmter Geschäfte (z. B. Erwerb von Beteiligungen oder Belastung von Grundstücken),
- eine betragsmäßige Begrenzung der Geschäfte,
- die Geschäfte von der Zustimmung der Mitgliederversammlung, aller Vorstandsmitglieder oder anderer Vereinsorgane (z. B. Beirat) abhängig zu machen oder
- Formvorschriften für bestimmte Geschäfte (z. B. dass der Vorstand mit eigenen Namen und dem des Vereins zeichnen muss) sein.
Empfehlungen für sachliche Vertretungsbeschränkungen
Vertretungsbeschränkungen sollen den Verein vor einem Missbrauch durch den Vorstand schützen. Zugleich sollten sie die laufende Vorstandsarbeit nicht unnötig erschweren. Drei Empfehlungen haben sich bewährt:
- Betragsmäßige Beschränkungen sollten nicht zu niedrig sein. Das liegt daran, dass sich das Finanzvolumen eines Vereins mit den Jahren ändern kann und dann eine Satzungsanpassung erforderlich wäre.
- Ein Zustimmungserfordernis durch die Mitgliederversammlung sollte vermieden werden oder auf Sonderfälle beschränkt bleiben. Sonst müssen regelmäßig außerordentliche Mitgliederversammlungen einberufen werden.
- Im Mehrpersonenvorstand sollte sich ein Zustimmungserfordernis regelmäßig auf die anderen Vorstandsmitglieder beschränken. Die Mitgliederversammlung sollte nur für den Fall einbezogen werden müssen, dass sich der Vorstand nicht einigen kann.
Kombination aus sachlicher und persönlicher Beschränkung
Sachliche und persönliche Vertretungsbeschränkungen können kombiniert werden. Denkbar ist z. B., dass
- bestimmte Rechtsgeschäfte nur von allen Vorstandsmitgliedern gemeinsam durchgeführt werden können, oder
- die Vorstandsmitglieder nur bis zu Geschäften mit einem bestimmten Volumen alleinvertretungsberechtigt sind. Darüber hinaus müssen alle oder mehrere Vorstandsmitglieder den Verein vertreten.
Betragsmäßige Vertretungsbeschränkungen
Am häufigsten sind sicher betragsmäßige Beschränkungen der Vertretungsmacht. Die entsprechenden Obergrenzen sollten nicht zu niedrig gewählt werden, weil das die laufende Finanzverwaltung sehr erschweren kann.
Bedenken sollte der Verein dabei, dass auch Banken diese Vertretungsbeschränkungen beachten. Der Zahlungsverkehr kann dadurch erschwert werden. In der Regel wird eine sachliche Beschränkung der Einzelvertretungsberechtigung ausreichen. Die Zustimmung der Mitgliederversammlung einholen zu müssen, ist aufwändig und sollte nur in besonderen Fällen erforderlich sein.
Klausel / Generelle betragsmäßige Vertretungsbeschränkung |
Bei Rechtsgeschäften, die den Verein bis zu einem Betrag von 5.000 Euro verpflichten, wird der Verein vom Vorsitzenden des Vorstands alleine vertreten. Bei Rechtsgeschäften über einem Betrag von 5.000 Euro wird der Verein von allen Vorstandsmitgliedern gemeinsam vertreten. |
Denkbar ist eine unterschiedliche Begrenzung bei Verpflichtungs- und Erfüllungsgeschäften. So können z. B. schuldrechtliche Verpflichtungen ab einer bestimmten Betragshöhe von der Zustimmung aller Vorstandsmitglieder abhängig gemacht werden. Die Begleichung der Verbindlichkeit kann dagegen in unbeschränkter Höhe erlaubt werden.
Klausel / Betragsmäßige Beschränkung nach Art des Geschäfts |
Bei Rechtsgeschäften, die den Verein bis zu einem Betrag von 5.000 Euro verpflichten, wird der Verein vom Vorsitzenden des Vorstands alleine vertreten. Bei Rechtsgeschäften über einem Betrag von 5.000 Euro wird der Verein von allen Vorstandsmitgliedern gemeinsam vertreten. Diese Beschränkung gilt nicht für Geschäfte, die in der bloßen Erfüllung einer Verbindlichkeit bestehen. |
Beschränkungen bei bestimmten Rechtsgeschäften
Eine Beschränkung der Vertretungsberechtigung ist auch bei Rechtsgeschäften sinnvoll, die den Verein dauerhaft binden oder sein Vermögen belasten. Hier kann auch eine Zustimmung der Mitgliederversammlung sinnvoll sein. Da der Vorstand dabei meist seinen „gewöhnlichen Geschäftskreis“ überschreitet, sollte er diese Zustimmung ohnehin einholen, um eine In-haftungnahme durch den Verein auszuschließen.
Klausel / Rechtsgeschäftbezogene Vertretungsbeschränkung |
Für die folgenden Rechtsgeschäfte ist die Zustimmung der Mitgliederversammlung erforderlich:
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Vertretungsregelungen bei Bankgeschäften
Die sachlichen und persönlichen Vertretungsbeschränkungen gelten auch bei Bankgeschäften. Banken lassen sich bei der Kontoeröffnung grundsätzlich den Registerauszug vorlegen.
Eine gemeinsame Vertretung mehrerer Vorstandsmitglieder bedeutet, dass Überweisungsbelege jeweils gemeinsam unterschrieben werden müssen. Im Onlinebanking ist das in vergleichbarer Weise nicht möglich. Um daran teilzunehmen, muss der vertretungsberechtigte Vorstand einem Vorstandsmitglied deswegen eine Vollmacht erteilen.
Um Bankgeschäfte auf die heute übliche Weise abzuwickeln, muss der Vorstand die Vertretungsbeschränkung damit faktisch unterlaufen. Insbesondere beim Zugriff auf die Finanzmittel zeigt sich also, dass die Schutzwirkung, die mit einer gemeinsamen Vertretung erreicht werden soll, vielfach nicht praktikabel ist. Alle Bankgeschäfte belegbasiert durchzuführen, ist nicht nur aufwändig, sondern auch mit hohen Gebühren verbunden.
PRAXISTIPP | Ein gewisser Schutz entsteht aber durch die üblicherweise eingerichteten Überweisungslimits pro Tag und die Begrenzung der täglichen Verfügung an Bankautomaten. Allerdings ist dann eine laufende Kontrolle der Kontoumsätze durch die anderen Vorstandsmitglieder erforderlich, um einen Missbrauch auszuschließen. |
Vertretungsbeschränkungen im Innenverhältnis regeln
Die dargestellten Fälle zeigen, dass eng gefasste Vertretungsbeschränkungen die Arbeit des Vorstands erheblich erschweren können. Vielfach wird es deshalb sinnvoll sein, Vertretungsbeschränkungen nur im Innenverhältnis zu regeln. Das muss dann auch nicht per Satzung erfolgen. Ein entsprechender Beschluss der Mitgliederversammlung genügt, um dem Vorstand verbindliche Vorgaben zu machen, die eine Inhaftungnahme bei Verstößen ermöglichen.
Will die Mitgliederversammlung dem Vorstand detaillierte Vorgaben machen, wird sich meist eine entsprechenden Vereinsordnung (Finanzordnung) empfehlen. Die dort zu treffenden Regelungen entsprechen den oben dargestellten, gelten dann aber automatisch nur im Innenverhältnis.
FAZIT | Eng gefasste Vertretungsregelungen entstehen oft nicht nur, um den Vorstand zu kontrollieren. Vielfach will der Vorstand dadurch auch das Vertrauen der Mitglieder sicherstellen. In der Praxis erschweren solche Regelungen aber oft die Arbeit und sollten deswegen mit Bedacht eingeführt werden. Die Empfehlung wird deshalb vielfach lauten, dem Vorstand relativ freie Hand zu geben. Im Gegenzug kann er Vertrauen schaffen, indem er große Transparenz herstellt. Denkbar wären dazu z. B. laufende Berichte an die Mitglieder auch außerhalb der Mitgliederversammlung. |
Weiterführender Hinweis
- Beitrag „Die Risiken der Vertretungsmacht (Teil 1): Wo setzt man Grenzen und wie kann man als Verein gestalten?“, VB 5/2022, Seite 14 → Abruf-Nr. 48256573