· Fachbeitrag · Werbungskosten
Mit Reisekosten Steuern sparen: Das ist abzugsfähig bzw. kann steuerfrei erstattet werden!
von Dipl.-Finanzwirt, M.A. (Taxation), Daniel Denker, Oldenburg und Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage, www.steuer-webinar.de
| Beruflich veranlasste Reisekosten werden steuerlich besonders begünstigt. Sie können zu hohen Steuererstattungen führen oder vom Arbeitgeber steuer- und sozialversicherungsfrei erstattet werden. SSP hat das jüngste BMF-Schreiben analysiert, stellt die einzelnen abzugsfähigen Positionen sowie Besonderheiten dar und bietet Ihnen abschließend eine Checkliste. |
Reisekosten ‒ Wann liegen sie vor?
Von steuerlich begünstigten Reisekosten ist immer dann die Rede, wenn Sie außerhalb Ihrer Wohnung und ersten Tätigkeitsstätte beruflich tätig werden. Man spricht daher auch von einer „Auswärtstätigkeit“.
So definiert die Finanzverwaltung Reisekosten
Reisekosten ergeben sich also, wenn Sie z. B. Geschäftspartner, Kunden oder Lieferanten aufsuchen bzw. sich auf eine Fortbildung oder Dienstreise begeben und dies weder in Ihrer Wohnung noch an Ihrer ersten Tätigkeitsstätte erfolgt. Entsprechend fallen keine Reisekosten an, wenn Sie Ihre berufliche Tätigkeit von zu Hause aus (z. B. Home-Office) oder an Ihrer ersten Tätigkeitsstätte (z. B. Betrieb des Arbeitgebers) ausüben.
PRAXISTIPP | Bei Tätigkeiten von zu Hause könnte ein häusliches Arbeitszimmer bzw. die neu seit 2020 eingeführte Home-Office-Pauschale zu berücksichtigen sein. Bei Fahrten zu Ihrer ersten Tätigkeitsstätte wären zumindest die Fahrtkosten mit der einfachen Entfernung und je Kilometer 0,30 Euro abzugsfähig (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG). In Ausnahmefällen könnten die Fahrten auch für die Hin- und Rückfahrt mit den tatsächlichen Kosten zu berücksichtigen sein (§ 9 Abs. 2 S. 3 EStG). Dies ist zulässig bei einem Grad der Behinderung von mindestens 70 oder von mindestens 50 kombiniert mit einer erheblichen Einschränkung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr. Werden die Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln getätigt, sind nach § 9 Abs. 2 S. 2 EStG die tatsächlichen Kosten abzugsfähig (z. B. Bahnticket). Ein Wahlrecht zwischen Entfernungspauschale und Home-Office-Pauschale besteht aber nicht. Und soweit Reisekosten für eine Auswärtstätigkeit geltend gemacht werden, scheidet für diesen Kalendertag auch die Home-Office-Pauschale aus. |
Diese Reisekosten sind steuerlich abzugsfähig
Liegen bei Ihnen steuerlich begünstigte Reisekosten vor, können Sie
- Fahrtkosten,
- Verpflegungsmehraufwendungen,
- Unterkunftskosten und
- Reisenebenkosten
pauschal oder per Einzelpositionen steuermindernd geltend machen:
Der Abzugsposten Fahrtkosten
Nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4a EStG sind die tatsächlich entstandenen Fahrtkosten zu berücksichtigen.
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Wichtig | Die tatsächlichen Kosten können Sie nicht den ADAC-Tabellen (ADAC-Autokostenrechner) entnehmen. Die Finanzverwaltung erkennt das nicht an. Allerdings ist es zulässig, einen Teil der Kosten zu schätzen (§ 162 AO). Dabei ist jedoch von den für Sie ungünstigsten Umständen auszugehen.
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Es ist Ihnen zu aufwendig, die Treibstoffkosten anhand jeden Tankbelegs nachzuweisen. Eine Schätzung ist u. E. zulässig; und zwar anhand der Fahrleistung, des laut Herstellerangaben geringsten Kraftstoffverbrauchs und des durchschnittlichen Benzinpreises. |
PRAXISTIPP | Wenn Sie ein eigenes Fahrzeug nutzen, dürfen Sie pauschale Kilometersätze ansetzen (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4a S. 2 EStG). Bei Pkw erkennt das Finanzamt 0,30 Euro je gefahrenen Kilometer (Hin- und Rückfahrt) an, bei einem anderen motorbetriebenen Fahrzeug (z. B. Motorrad) 0,20 Euro. Die Pauschalen sind insbesondere dann lukrativ, wenn Sie entweder die tatsächlichen Kosten nicht ermitteln möchten oder diese niedriger als die Pauschalen ausfallen. Letzteres ist meist dann der Fall, wenn Sie einen Gebrauchtwagen nutzen, der bereits abgeschrieben ist. Bei Neuwagen gilt das Gegenteil. Hier liegen die tatsächlichen Kosten fast immer deutlich über den Pauschalen. Nutzen Sie ein Fahrzeug Ihres Arbeitgebers, können Sie die Pauschalen nicht anwenden, sondern müssen die Ihnen entstandenen Kosten nachweisen (meist in Höhe von null Euro). |
Ausnahme „Sammelpunkt“
Haben Sie keine erste Tätigkeitsstätte, können Sie bei auswärtigen Fahrten trotzdem nicht immer Reisekosten vollständig geltend machen. Müssen Sie nach den dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie den diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen zur Aufnahme der beruflichen Tätigkeit dauerhaft denselben Ort oder dasselbe weiträumige Tätigkeitsgebiet typischerweise arbeitstäglich aufsuchen, gilt für diese Fahrten lediglich die Entfernungspauschale von 0,30 Euro je Entfernungskilometer (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4a S. 3 EStG).
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Betroffen sind Fahrten
Hier liegen zwar Reisekosten vor. Die Fahrtkosten sind dennoch lediglich beschränkt auf die Entfernungspauschale zu berücksichtigen. Die übrigen Kosten (z. B. Verpflegungsmehraufwendungen) können Sie aber uneingeschränkt geltend machen. |
PRAXISTIPP | Die „Sammelpunktregelung“ gilt nicht bei privat organisierten Fahrgemeinschaften. Ebenso gilt sie nicht, wenn Sie den entsprechenden Ort aufsuchen müssen, um Ihre Tätigkeit zu beenden. |
Ausnahme „weiträumiges Tätigkeitsgebiet“
Üben Sie Ihre Tätigkeit aufgrund der Weisungen Ihres Arbeitgebers typischerweise arbeitstäglich in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet aus, gilt für die Fahrten zum weiträumigen Tätigkeitsgebiet entsprechendes wie bei der Sammelpunktregelung. Sie können als Fahrtkosten lediglich die Entfernungspauschale geltend machen.
Ein weiträumiges Tätigkeitgebiet liegt regelmäßig bei Zustellern oder Forstarbeitern vor, nicht jedoch bei Bezirksleitern, Vertriebsmitarbeitern, mobilen Pflegekräften und Schornsteinfegern. Letztgenannte Berufe arbeiten nicht in einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet. Sie können bei Auswärtstätigkeiten die entstandenen Fahrtkosten vollständig absetzen ‒ z. B. der Vertriebsmitarbeiter die Fahrten zu den jeweiligen (potenziellen) Kunden.
Weitere Besonderheiten hierzu befinden sich im BMF-Schreiben vom 25.11.2020 (IV C 5 ‒ S 2353/19/10011 :006, Abruf-Nr. 219558, Rz. 41 ff.).
Weiterführender Hinweis
- In Teil 2 des Beitrags erfahren Sie alles zu den anderen Abzugsposten „Verpflegungsmehraufwendungen“, „Unterkunftskosten“ und „Reisenebenkosten“.