· Fachbeitrag · Werkvertragsrecht
Urteil verunsichert: Schuldet Architekt generell die Erstellung eines Entwässerungsplans?
| „Die Erstellung eines Entwässerungsplans gehört zur Ausführungsplanung und somit zur Leistung des bauplanenden Architekten“. Dieser Leitsatz des OLG Saarbrücken hat für Aufsehen gesorgt. Nicht zuletzt, weil der BGH die Nichtzulassungsbeschwerde des Architekten zurückgewiesen hat und das Urteil rechtskräftig geworden ist. Für Objektplaner stellt sich die Frage, ob sich jetzt alle Bauherren auf die Entscheidung berufen und die Beauftragung einer Fachplanung für Entwässerung (= Technische Ausrüstung) als nicht notwendig einstufen können. PBP gibt die Antwort. |
Der fachliche Hintergrund der Saarbrücker Entscheidung
Schon die Begründung der Saarbrücker OLG-Richter lässt vermuten, dass bei der Erstellung des Leitsatzes ein größeres Missverständnis vorlag. Die Parteien stritten nämlich über folgende Konstruktionen:
- Bauwerksabdichtung gegen drückendes Wasser bzw. gegen stauendes Sickerwasser
- Planung und Ausführung der Drainage im Bereich der Bauwerksgründung (Ringdrainage oder nur dreiseitige Drainage)
- Einbau einer Sickerschicht im Bereich oberhalb der Drainage
- Anordnung der Kontroll- und Reinigungsöffnungen für die Drainage
- Verschweißung der auf der Bodenplatte des Kellers verlegten Bitumenschweißbahnen mit der Horizontalsperre unter dem Mauerwerk
In Wirklichkeit stand die Bauwerksabdichtung im Streit
Der Streit ging also in Wirklichkeit um die Bauwerksabdichtung und wer verantwortlich dafür war, dass aufgrund von Undichtigkeiten Wasser in die Deponie eindrang und Schäden verursachte. Die vom OLG genannte „Entwässerungsplanung“ hat damit nicht viel zu tun.
Das versteht die Fachwelt unter „Entwässerungsplanung“
Unter einer Entwässerungsplanung versteht man die Planung der Abwasserleitungen von allen in Badezimmern und Küchen, sonstigen Entwässerungsstellen im Gebäude (z. B. Mensa oder Betriebskantine), von Regenfallrohren und außenliegenden Rinnen und Bodeneinläufen (z. B. vor Garagen und bodengleichen Eingängen). Es handelt sich um Fachplanungen, die nicht im Leistungsbild Gebäude oder Ingenieurbauwerke nach HOAI enthalten sind.
Wer muss Drainageleitungen planen?
Allerdings bleibt noch offen, ob die Drainageleitungen (hier: Ringdrainage mit Anschluss an die Regenentwässerung), die im Ergebnis der Entwässerung dienen, zur Fachplanung Entwässerung gehört. Die HOAI ist hier ergebnisoffen. In den meisten Fällen wird die Drainage aber zur Entwässerung zählen.
Wichtig | Der fachliche Inhalt von Planungsverträgen und die fachlichen Schnittstellen zwischen den jeweiligen Planern werden nicht durch die HOAI, sondern durch die Vertragspartner selbst festgelegt (Vertragsautonomie).
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Ein Generalplaner, der die gesamte Planung und damit auch die Technische Ausrüstung erbringt, muss dann auch die Entwässerung inkl. der Drainagerohre außerhalb der Außenwand des Objekts planen. |
Planung der Drainage immer objektbezogen regeln
Da eine Ringdrainage im Wortsinn auch als Entwässerung gilt, und hier Missverständnisse durchaus vorliegen können, ist es wichtig, vorsorglich zu regeln, wer die Drainage plant und überwacht. Das sollte möglichst schon in der Lph 1 oder 2 geschehen. Denn dann können auch die Kostenschätzung und die Kostenberechnung darauf abgestimmt werden.
Gericht stellte Planungsfehler bei der Drainage fest
Im vorliegenden Fall hatte der Architekt die Drainage vereinbarungsgemäß geplant. Er hatte dabei folgende Planungsmängel begangen:
- Es fehlten Planungsangaben zum Abstand zwischen Außenwand und Drainage.
- Es gab keine Angabe zur Höhenlage der Drainageleitungen.
- Die Drainage wurde nur an drei Seiten statt vierseitig als Ringdrainage geplant.
- Es gab keine Angaben zu Reinigungsöffnungen.
Wichtig | Diese Angaben gehören zur Ausführungsplanung in Lph 5 und können nicht als Arbeitsvorbereitung, handwerkliche Selbstverständlichkeit oder Bestandteil von Montage- oder Werkstattplanung des ausführenden Unternehmens angesehen werden.
OLG zieht auch das ausführende Unternehmen zur Verantwortung
Letztlich musste der Planer nur 25 Prozent des Schadens begleichen. Die niedrige Quote hatte ihre Ursache darin, dass das OLG auch dem ausführenden Unternehmen eine Mitschuld aufbürdete. Es hätte erkennen müssen, dass wichtige Ausführungsvorgaben (s. o.) fehlten ‒ und Bedenken anmelden müssen. Weil das Unternehmen das unterlassen hatte, haften Planer und Unternehmen gesamtschuldnerisch, wobei das OLG die Haftungsquote des Planungsbüros auf 25 Prozent festgelegt hat (OLG Saarbrücken, Urteil vom 16.01.2019, Az. 1 U 395/12, Abruf-Nr. 217808, rechtskräftig durch Zurückweisung der NZB, BGH, Beschluss vom 13.05.2020, Az. VII ZR 29/19).
FAZIT | Der Leitsatz des OLG kann von fachlich nicht versierten Projektbeteiligten falsch ausgelegt werden. Um Missverständnissen vorzubeugen, empfiehlt PBP deshalb, die fachlichen Vertragsinhalte auf Vorschlag der Objektplanung spätestens in der Lph 2 festzulegen. Dann wird auch aus der Kostenschätzung ersichtlich, welcher Planungsbeteiligter welche Leistung bei der Entwässerungs- und /oder Drainageplanung erbringt. |