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· Fachbeitrag · Wertguthabenkonto/Ehegatten-Arbeitsverhältnis

Auch Rückstellungen für Wertguthaben bei Ehegatten sind steuerlich anzuerkennen

| In einem Ehegatten-Arbeitsverhältnis sind Vereinbarungen zwischen den Eheleuten zur Einrichtung eines Zeitwertkontos steuerlich anzuerkennen. Rückstellungen für den in das Zeitwertguthaben eingezahlten Arbeitslohn sind zu berücksichtigen. So lautet zumindest der Tenor einer Entscheidung des FG Baden-Württemberg. Letztlich entscheiden muss es der BFH. |

Wertguthabenvereinbarung im Ehegatten-Arbeitsverhältnis

Im Urteilsfall ist die Ehefrau im Einzelunternehmen ihres Ehemanns angestellt, wo sie als Bürofachkraft das Büro betreut. Die Eheleute hatten einen schriftlichen Arbeitsvertrag geschlossen. Als Vergütung für die von Montag bis Freitag von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr zu leistende Arbeit vereinbarten die Eheleute 1.410 Euro monatlich.

 

Gleichzeitig schlossen die Eheleute eine schriftliche Ergänzungsvereinbarung zum Arbeitsvertrag über ein Zeitguthaben ab. Darin war u. a. festgelegt, dass die Frau beschließt, 1.000 Euro von Ihrem Gehalt zuzüglich Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung in ein Wertguthabenkonto einzuzahlen. Für die Einzahlungen auf das Wertguthabenkonto bildete der Ehemann eine Rückstellung bei der Ermittlung des Gewinns aus Gewerbebetrieb.

 

Deutsche Rentenversicherung Bund hat Modell abgesegnet

Die deutsche Rentenversicherung Bund hatte das Modell bei einer Betriebsprüfung abgenickt. Sie hatte festgestellt, dass „... die nach § 7b SGB IV geschlossenen Wertguthabenvereinbarungen zum Zeitpunkt der Prüfung Regelungen über einen ausreichenden Insolvenzschutz enthielten, welche die Voraussetzungen des § 7e SGB IV erfüllen.“

 

Finanzamt erkennt Modell nicht an

Der Betriebsprüfer des Finanzamts kam jedoch zu dem Schluss, dass die für das Wertguthaben der Frau gebildeten Rückstellungen steuerlich nicht anzuerkennen seien. Dagegen klagte ihr Mann erfolgreich (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 23.10.2018, Az. 5 K 2061/16, Abruf-Nr. 208455).

FG erkennt Rückstellungen für Wertguthaben an

Das Finanzamt hat nach Ansicht des FG die Rückstellungen des Mannes für den in das Wertguthaben eingezahlten Arbeitslohn der Ehefrau zu Unrecht nicht berücksichtigt. Der Aufwand des Mannes für den Arbeitslohn seiner Frau wirke steuermindernd.

 

Keine Rolle spiele es, ob ein Teil davon auf das Guthabenkonto eingezahlt und deshalb im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG in eine Rückstellung eingestellt wird.

 

Anforderungen an Wertguthaben erfüllt

Im ersten Schritt hat sich das FG mit der Wertguthabenvereinbarung befasst: Der steuerliche Begriff des Zeitwertkontos entspricht dem Begriff der Wertguthabenvereinbarung nach § 7b SGB IV.

 

  • Ein Wertguthaben setzt gemäß § 7b SGB IV eine schriftliche Vereinbarung über den Aufbau des Wertguthabens voraus, in das erzieltes Arbeitsentgelt eingebracht wird, um es für Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung oder der Verringerung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit aus dem Wertguthaben zu entnehmen.

 

  • Nach § 7b Nr. 2 SGB IV fallen dabei nur solche Arbeitszeitvereinbarungen unter die Definition Wertguthaben, die ‒ negativ ausgedrückt ‒ nicht das Ziel der flexiblen Gestaltung der werktäglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit oder den Ausgleich betrieblicher Produktions- und Arbeitszyklen aufgrund tariflicher oder betrieblicher Ausgleichszeiträume zum Inhalt haben.

 

  • Es werden nur solche Arbeitszeitguthaben erfasst, bei denen die normalerweise sofortige Fälligkeit der Beiträge zu den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung auf den Zeitpunkt der Freistellung (sog. echte Freistellungsfälle) verschoben ist.

 

  • In das Wertguthaben kann ausschließlich Arbeitsentgelt eingebracht werden, das mit einer vor oder nach der Freistellung von der Arbeitsleistung oder der Verringerung der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit erbrachten Arbeitsleistung erzielt wird.

 

  • Schließlich muss die Wertguthabenvereinbarung vorsehen, dass das fällige Arbeitsentgelt insgesamt 450 Euro monatlich übersteigt.

 

  • Hinsichtlich des aus dem Wertguthaben zu entnehmenden Arbeitsentgelts formuliert das Gesetz keine Obergrenze, sondern normiert in § 7 Abs. 1a Nr. 2 SGB IV eine Angemessenheitsregelung. Hiernach gilt das Arbeitsentgelt während der Freistellungsphase dann noch als angemessen, wenn es im Monat mindestens 70 Prozent und maximal 130 Prozent des durchschnittlich gezahlten Arbeitsentgelts der unmittelbar vorausgegangenen zwölf Kalendermonate der Arbeitsphase beträgt.

 

  • Zudem muss das Wertguthaben nach § 7e SGB IV durch entsprechende vertraglich vereinbarte Vorkehrungen gegen das Risiko der Insolvenz des Arbeitgebers vollständig abgesichert werden (Insolvenzschutz).

 

Das FG stellt fest, dass zwischen den Eheleuten eine schriftliche Vereinbarung über die Einrichtung eines Wertguthabens gemäß § 7b SGB IV vorliegt. Diese erfüllt auch die übrigen genannten Voraussetzungen, so das FG.

 

Die Finanzverwaltung erkennt im Übrigen Zeitwertkonten-Modelle gemäß § 7b SGB IV grundsätzlich an; steuerlich mit der Rechtsfolge, dass weder die Vereinbarung eines Zeitwertkontos noch die Gutschrift auf diesem Konto zum Zufluss von Arbeitslohn führen, sofern die Vereinbarung den im BMF-Schreiben vom 17.06.2009 (Az. IV C 5 ‒ S 2332/07/0004, Abruf-Nr. 092102) näher beschriebenen Voraussetzungen entspricht.

 

Grundsätze bei Verträgen zwischen nahen Angehörigen gewahrt

Das FG hat die Rechtsgrundsätze über die Anerkennung von Verträgen zwischen nahen Angehörigen auf das Ehegattenarbeitsverhältnis angewendet. Es kam zum Ergebnis, dass kein Raum besteht, die steuermindernde Berücksichtigung des in das Wertguthaben eingezahlten Arbeitslohns der Ehefrau in Form der Rückstellung zu versagen.

 

  • Das Finanzamt selbst hat im Streitfall ausdrücklich klargestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Eheleuten steuerlich anzuerkennen ist.

 

  • Im Rahmen eines fremdüblich durchgeführten Ehegattenarbeitsverhältnisses ist der Aufwand des Arbeitgebers für den Arbeitslohn des Ehegatten steuermindernd zu berücksichtigen. Dies gilt unabhängig davon, ob ein Teil des Arbeitslohns auf ein den Kriterien des § 7b SGB IV entsprechendes Zeitwertkonto eingezahlt und deshalb in eine Rückstellung eingestellt wird.

 

FG hält auch Wertguthabenvereinbarung für fremdüblich

Das FG hat sich die Frage gestellt, ob die Wertguthabenvereinbarung als Nebenabrede zum Arbeitsvertrag selbstständig der Prüfung unter dem Gesichtspunkt des Fremdvergleichs unterzogen werden kann. Es kam zum Schluss, dass die Frage ‒ soweit ersichtlich ‒ noch nicht höchstrichterlich entschieden worden sei.

 

Nach Ansicht des FG ist die Wertguthabenvereinbarung rechtlich wirksam vereinbart und tatsächlich durchgeführt worden. Gründe, die für die Nichtanerkennung der rechtlich wirksam vereinbarten und tatsächlich durchgeführten Wertguthabenvereinbarung nach den Grundsätzen des Fremdvergleichs sprechen, liegen nicht vor.

 

PRAXISTIPP | Der BFH ist jetzt am Zug. Er muss klären, ob ein Arbeitsverhältnis wie unter fremden Dritten durchgeführt wird, wenn ein Großteil des erdienten Arbeitslohns in eine Rückstellung für Wertguthaben eingestellt und weniger als ein Drittel des erdienten Arbeitslohns an den Arbeitnehmer-Ehegatten ausgezahlt wird (Az. beim BFH: X R 1/19).

 
Quelle: Seite 17 | ID 46079973