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· Fachbeitrag · Wohnraummiete

Insektenalarm in der Wohnung: Wer zahlt?

von Axel Wetekamp, RiAG a. D., München

| Mieter M. wendet sich entsetzt an die Hausverwaltung und teilt mit, dass in seiner Wohnung im dritten Obergeschoss nicht nur einzelne Ameisen aufgetreten seien, sondern diese sich zu einer Ameisenstraße versammelt hätten. Er sei sich hinsichtlich des Auftretens der Ameisen keiner Schuld bewusst. Er habe keine Lebensmittel offen stehen lassen und habe auch keine einzige Ameise über das Treppenhaus mit in seine Wohnung genommen. Nach Besichtigung der Situation meint der Hausmeister, der Ameisenbefall sei erheblich. Da die Wohnung des M. die einzige im Haus sei, die hiervon betroffen sei, spräche dies dafür, dass M. für das Auftreten der Ameisen verantwortlich sei. Wenig später bekommt M. Post von der Hausverwaltung. Sie teilt ihm mit, ein Fachmann sei damit beauftragt, die Ameisen zu beseitigen. Die Kosten würden M. in Rechnung gestellt. Zu Recht? |

1. Verantwortlichkeit für das Auftreten von Ungeziefer

Macht ein Mieter geltend, dass in seiner Wohnung Ungeziefer auftritt, wäre zunächst die Art des Ungeziefers zu klären, was im Fall von Ameisen unproblematisch ist. Die Frage der Verantwortlichkeit für deren Auftreten kann allerdings schwierig zu beantworten sein.

 

Allein die Tatsache, dass Ameisen nur in einer Wohnung auftreten, lässt noch nicht den Schluss zu, dass dieser Mieter für das Auftreten die Verantwortung trägt ‒ selbst wenn der Mieter dafür bekannt ist, dass er Müll in seiner Wohnung anhäuft („Messi“; LG München I WuM 01, 245). Im Fall von Ameisen wurde bereits durch Sachverständige festgestellt, dass die am meisten in Wohnungen auftretende Ameisenart (Pharaoameisen) vor allem in Altbauten die warmen Heizungssteigleitungen benutzt, um auch in höhere Stockwerke zu gelangen. Ein einzelner Mieter ist hier also nicht verantwortlich.

 

Will der Vermieter einen Mieter auf Schadenersatz wegen der Kosten der Schädlingsbekämpfung und ggf. weiterer Kosten in Anspruch nehmen, die etwa in Form der Renovierung von Räumen anfallen können, ist er in vollem Umfang dafür beweispflichtig, dass die Ursache des Auftretens der Schädlinge allein in der Verantwortung dieses Mieters liegt.

2. Minderung der Miete wegen Insektenbefall

Minderung der Miete ist möglich, wenn eine erhebliche Abweichung des Zustands der Mieträume vom vertragsgemäßen Zustand vorliegt, § 536 Abs. 1 BGB. Bei Insektenbefall ist die Erheblichkeitsgrenze insofern besonders von Bedeutung, als mit dem Auftreten einzelner Insekten insbesondere in einer Erdgeschosswohnung zu rechnen und dies ohne Minderungsmöglichkeit vom Mieter hinzunehmen ist (LG Berlin 27.10.00, 63 S 2/00, für den Fall des Auftretens einzelner Ameisen). Das Gleiche gilt für das Auftreten einzelner Silberfische, insbesondere im Feuchtigkeitsbereich einer Wohnung.

 

Der Mieter ist nicht zur Minderung berechtigt, wenn er den Insektenbefall vertreten muss, sei es durch Unsauberkeit und Vermüllung der Wohnung oder durch Einschleppen von Insekten.

 

PRAXISTIPP | Wichtig ist, dass der Mieter nach Auftreten des Befalls den Mangel dem Vermieter anzeigen muss, § 536 c Abs. 1 BGB. Hierdurch ist es dem Vermieter möglich, das Ausmaß des Befalls zu prüfen und ggf. eine geeignete Mängelbeseitigung durchzuführen. Zeigt der Mieter den Mangel nicht an und erfährt der Vermieter auch nicht anderweitig von dem Insektenbefall, verliert der Mieter nach § 536c Abs. 2 BGB für den Zeitraum der Unterlassung der Mängelanzeige sein Minderungsrecht und ist dem Vermieter zum Schadenersatz verpflichtet.

 

Die Rechtsprechung zur Minderungshöhe im Fall des erheblichen Insektenbefalls ist uneinheitlich. Folgende Einzelfälle wurden u. a. entschieden:

 

Checkliste / Minderungswerte der Rechtsprechung

  • 10 Prozent Minderung beim Auftreten von Kakerlaken in einer Wohnung (AG Bonn 8.2.85, 6 C 277/84).
  • 10 Prozent Minderung beim Auftreten von Ratten im Hof eines Wohnanwesens (AG Aachen 19.4.00, 5 C5/00).
  • 15 Prozent Minderung beim erheblichen Befall mit Silberfischen (AG Tiergarten Berlin 14.3.90, 7 C 118/89).
  • 30 Prozent Minderung bei auf dem Fensterbrett nistenden Tauben (AG Pforzheim 9.3.00, 2 C 160/98).
 

3. Ungezieferbeseitigung als Betriebskosten

Nach § 535 BGB trifft den Vermieter hinsichtlich der Mieträume die Instandhaltungspflicht. Diese bezieht sich natürlich auch auf die Ungezieferbeseitigung, soweit die Kosten hierfür nicht eindeutig aufgrund des Verhaltens eines einzelnen Mieters entstanden sind.

 

Sind Betriebskosten auf Mieter vertraglich umgelegt, fragt sich, ob der Vermieter die Kosten der Ungezieferbeseitigung auf die Mieter, bei denen eine solche vertragliche Vereinbarung vorliegt, umlegen kann. Üblicherweise wird bei der Umlagevereinbarung von Betriebskosten Bezug genommen auf § 2 BetrKV, der die häufigsten umlagefähigen Kosten aufführt. § 2 Nr. 9 BetrKV sieht die „Kosten der Gebäudereinigung und Ungezieferbekämpfung“ als umlagefähige Positionen vor. Hierbei ist jedoch zu berücksichtigen, dass Betriebskosten definitionsgemäß laufende wiederkehrende Kosten sind, folglich keine einmalig anfallenden Kosten. Diese Kosten müssen nicht jährlich anfallen, sie können sich auch in größeren Abständen wiederholen. Der Vermieter kann also Kosten der Ungezieferbeseitigung, die er wiederholt in zeitlichen Abständen entweder vorsorglich oder aus gegebenem Anlass durchführt, auf Mieter umlegen, die diese Betriebskosten vertraglich tragen müssen. Entstehen die Kosten nur einmalig, z. B. aufgrund einmalig zu beseitigender Kakerlaken oder Schaben in einem Gebäude, sind die Kosten als Instandhaltungskosten nicht umlagefähig.

 

Beachten Sie | Liegt die Verantwortung für das Auftreten von Ungeziefer bei einem einzelnen Mieter, kann der Vermieter die Kosten, zu denen z. B. Gutachterkosten zur Feststellung der Art des Ungeziefers und der Möglichkeiten seiner Beseitigung gehören, gegenüber diesem Mieter geltend machen.

Quelle: Seite 206 | ID 46892517