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· Fachbeitrag · Schonvermögen

Keine Berücksichtigung der selbstgenutzten Immobilie beim Elternunterhalt

von RA Dr. Boris Mattes, FA Miet- und WEG-Recht

  • 1.Der Wert einer selbstgenutzten Immobilie bleibt bei der Bemessung des Altersvorsorgevermögens eines auf Elternunterhalt in Anspruch genommenen Unterhaltspflichtigen grundsätzlich unberücksichtigt.
  • 2.Sonstiges Vermögen in einer Höhe, wie es sich aus der Anlage von 5 Prozent des Jahresbruttoeinkommens ergibt, braucht vor dem Bezug der Altersversorgung regelmäßig nicht zur Zahlung von Elternunterhalt eingesetzt zu werden.
  • 3.Zum sogenannten Notgroschen, der einem Unterhaltspflichtigen gegenüber der Inanspruchnahme auf Elternunterhalt zusätzlich zusteht.

(BGH 7.8.13, XII ZB 269/12, Abruf-Nr. 132721)

 

Sachverhalt

Die Mutter M des unterhaltspflichtigen Sohns S konnte die Kosten der Unterbringung im Pflegeheim nicht in Gänze tragen, weshalb ihr das Sozialamt T Sozialhilfe gewährte. Das Einkommen des S liegt, selbst unter Berücksichtigung eines Wohnvorteils, unterhalb des Selbstbehalts. T fordert deshalb Unterhaltsleistungen aus dessen Vermögen, das im Wesentlichen aus einer Eigentumswohnung, Sparguthaben, drei Lebensversicherungen sowie dem Miteigentum an einem Haus in Italien besteht. Während erstinstanzlich der S (teilweise) verpflichtet wurde, Unterhalt zu bezahlen, wies das OLG die Beschwerde des T zurück. Auf die Beschwerde des S wies der BGH den Antrag insgesamt ab.

Entscheidungsgründe

Bei der Ermittlung der unterhaltsrechtlichen Einkünfte und der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen ist - bei vorhandenem Wohneigentum - die Differenz zwischen Nutzungswert und Aufwand für eine selbstgenutzte Immobilie zu berücksichtigen, wenn und soweit die ersparten Wohnkosten die Belastungen übersteigen. Grundlage für den Wohnwert ist dabei nicht die bei Fremdvermietung objektiv erzielbare Marktmiete, sondern die nach den persönlichen Verhältnissen des Unterhaltspflichtigen ersparte Miete.

 

Selbstgenutzte Immobilie

Eine selbstgenutzte Immobilie bleibt beim Elternunterhalt zwar nicht insgesamt unberücksichtigt (siehe oben), muss aber nicht verwertet werden, wenn nach den individuellen Verhältnissen das Wohneigentum angemessen ist. Eine weitere Altersvorsorge steht dem Verwertungsvorbehalt nicht entgegen, denn erst mit Rentenbeginn zeigt sich, ob das Altersvorsorgevermögen für den Unterhalt eines (eventuell vorhandenen) Berechtigten zur Verfügung steht oder vom Pflichtigen für die Beibehaltung des eigenen Lebensstandards benötigt wird.

 

Sonstiges Vermögen

Grundsätzlich muss der Unterhaltspflichtige auch den sogenannten Stamm seines Vermögens für den Unterhalt einsetzen, sofern nicht der eigene angemessene Unterhalt gefährdet wird. Der BGH hält an seiner Rechtsprechung zur Abzugsfähigkeit der Kosten einer zusätzlichen Altersversorgung bis zu einer Höhe von 5 Prozent des Jahresbruttoeinkommens des Unterhaltspflichtigen fest (BGH 17.10.12, XII ZR 17/11, Abruf-Nr. 131274). Im konkreten Fall hält der BGH bei der Berechnung des angemessenen Altersvorsorgevermögens an einer jährlichen Kapitalverzinsung von 4 Prozent fest, unter Verweis darauf, dass der Antragsgegner seit 1971 ununterbrochen berufstätig und die Durchschnittsverzinsung erst in den vergangenen Jahren zurückgegangen sei.

 

Notgroschen

Der sogenannte Notgroschen bemisst sich beim Unterhaltsberechtigten mindestens in Höhe des Schonbetrags nach § 88 BSHG. Für den Unterhaltspflichtigen gilt laut BGH nichts anderes, wobei kein Pauschalbetrag, sondern einzelfallbezogen Einkommen und sonstige Unterhaltsverpflichtungen bei der Berechnung zu berücksichtigen sind. Im vorliegenden Einzelfall wurden 10.000 EUR als angemessener Freibetrag berücksichtigt.

Praxishinweis

Die verbleibende (Wohnwert-)Differenz einer selbstgenutzten Immobilie kann unterhaltsrechtlich beim Einkommen zu berücksichtigen sein, wenn der Nutzungswert den Aufwand übersteigt. Eine selbstgenutzte Immobilie muss jedoch grundsätzlich nicht für den Elternunterhalt verwertet werden.

 

Die Abzugsfähigkeit von Geldstrafen und Geldbußen ist je nach Einzelfall möglich, insbesondere wenn die Strafzahlung im direkten Zusammenhang mit dem unterhaltsrechtlich zu berücksichtigendem Vermögen steht und keine Kriminalstrafe ist. Steuern und Abgaben für Immobilien sind bei der Berechnung des Vermögenswerts zu berücksichtigen.

 

Weiterführende Hinweise

  • Zu den Grundsätzen des Elternunterhalts, Thoennissen, SR 13, 9
  • Zum Einsatz von Taschengeld für den Elternunterhalt, BGH SR 13, 3, Abruf-Nr. 130308 
  • Zur Berechnung des Taschengeldanspruchs (in dieser Ausgabe), OLG Braunschweig 
SR 13, 22, Abruf-Nr. 133406  
Quelle: Ausgabe 02 / 2013 | Seite 20 | ID 42337766