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· Fachbeitrag · Unterhaltsberechnung

Die Rolle der Immobilie als Schonvermögen

von RA Dr. Hans Reinold Horst, Hannover/Solingen

| Müssen die Eltern alters- und gesundheitsbedingt ins Pflegeheim umziehen, stellen sich ihre Kinder die bange Frage nach der Rolle ihrer Immobilie bei der Prüfung ihrer Leistungsfähigkeit. |

1. Familienheim: Stand der Rechtsprechung

Für die selbstgenutzte Immobilie in angemessener Größe hat der BGH mehrfach und zuletzt am 18.1.17 (XII ZB 118/16) entschieden, dass sie weder durch Vermietung oder durch Veräußerung verwertet werden muss, noch als dingliche Sicherheit für aufzunehmende Kredite belastet werden braucht. Einkommenserhöhend wird nur der Wohnvorteil berücksichtigt, soweit er die Aufwendungen für das Wohnen in Gestalt von Betriebs- und sonstigen Nebenkosten, Annuitäten für abzuzahlende Hauskredite u. a. übersteigt.

 

a) Immobilie als Altersvorsorge

Übersteigt der Tilgungsanteil den Wohnvorteil, ist er immer noch zugunsten der Kinder aus dem berücksichtigungsfähigen Vermögen auszusondern, obgleich er durch sukzessive Entschuldung des Immobilienvermögens deren Vermögen mehrt. Denn neben der nicht zu berücksichtigenden eigenen selbst genutzten Immobilie angemessener Größe als Vermögenswert wird es den eventuell unterhaltspflichtigen Kindern zugestanden, neben der primären Altersvorsorge auch sekundäre Altersvorsorge durch Kapitalinvestments zu betreiben. Die Kinder dürfen ein Altersvorsorgevermögen bilden, in das die den Wohnwert der selbstgenutzten Immobilie übersteigenden Tilgungsanteile eingegliedert werden können. Insgesamt ist eine Altersvorsorgequote von fünf Prozent des Bruttoeinkommens des elternunterhaltspflichtigen Kindes aus dem Vermögen auszusondern, dass zur Beurteilung der Leistungsfähigkeit grundlegend ist.

 

b) Notgroschen

Schließlich ist für unvorhergesehene Wechselfälle des Lebens ein sog. Notgroschen zuzugestehen, der ebenfalls bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit als Voraussetzung einer Unterhaltspflicht gegenüber den notleidend werdenden Eltern außer Ansatz bleibt.

 

Insgesamt ist dem Kind zumindest während seines eigenen Erwerbslebens so viel Vermögen zu belassen, dass der eigene angemessene Unterhalt und derjenige der eigenen Ehepartner und Kinder oder sonstigen Unterhaltsberechtigten ohne Gefährdung gesichert bleibt. Anders ausgedrückt: Die Sicherung des eigenen angemessenen Unterhalts mit den Mitteln, die grundsätzlich zur angemessenen Deckung des eigenen Lebensbedarfs benötigt werden, geht dem Elternunterhalt vor (§ 1603 Abs. 1, § 1609 Nr. 7 BGB). Der Anspruch auf Elternunterhalt ist deshalb als ein sog. schwacher Unterhaltsanspruch zu verstehen.

 

c) Angemessene Größe

Doch wann ist eine selbstgenutzte Immobilie eine solche angemessenen Zuschnitts, sodass sie aus dem unterhaltsrelevanten Vermögen wegfällt?

 

  • Die Angemessenheit der Größe des Familienheims orientiert sich weiterhin an den Vorgaben des 2. Wohnungsbaugesetzes (Hauß, Elternunterhalt: Grundlagen und Strategien, 5. Aufl., Rn. 175, 668). Die Grenze liegt danach bei 130 m² Wohnfläche im Fall eines Einfamilienhauses und bei 120 m² Wohnfläche bei einer Eigentumswohnung, jeweils für eine vierköpfige Familie. Ist die Haushaltsgemeinschaft kleiner, werden 20 m² pro fehlender Person bei der Bewertung als angemessen abgezogen.

 

  • Die sozialrechtliche Spruchpraxis kommt zu teilweise abweichenden Ergebnissen. Hier ist das „angemessene Hausgrundstück“ definiert in § 90 Abs. 2 Nr. 8 SGB XII. Die sozialgerichtliche Rechtsprechung limitiert aus dieser Formel die maximal zulässige Wohnfläche eines Einfamilienhauses auf 90 m² mit einer Grundstücksgröße von maximal 500 m² (OVG Münster 12.9.11, 12 A 199/11 S), bei Eigentumswohnungen auf 80 m².

 

  • Bisweilen wird eine Überschreitung der angemessenen Wohnfläche bis zu einem Drittel in Ausnahmefällen als möglich zugestanden, bevor es zu einer Verwertung der Immobilie kommen muss (BSG NJW 16, 429).

 

  • Allerdings zeigt die Rechtsprechung auch vereinzelt eine gegenläufige Tendenz. So meint das OLG Hamm (FamRZ 15, 595), dass schon eine Wohnfläche von 100 m² unangemessen groß sei. Angemessen seien nur 70 m².

 

Richtigerweise kann diese Frage nur unter Berücksichtigung der Bewohneranzahl entschieden werden, die nach dem Umzug eines Elternteils oder beider Eltern im Haus verbleiben. Diesen Ansatz verfolgt auch § 90 Abs. 2 Nr. 8 S. 2 SGB XII, der wörtlich bestimmt: „Die Angemessenheit bestimmt sich nach der Zahl der Bewohner, dem Wohnbedarf (z. B. behinderter, blinder oder pflegebedürftiger Menschen), der Grundstücksgröße, der Hausgröße, dem Zuschnitt und der Ausstattung des Wohngebäudes sowie dem Wert des Grundstücks einschließlich des Wohngebäudesh“. Dem ersten Ansatz ist deshalb zu folgen. Ist der Wohnraum der selbstgenutzten Immobilie danach unangemessen, stellt er ein sozialhilferechtlich zu berücksichtigendes und damit auch zu verwertendes Vermögen dar (BGH NJW 13, 301).

 

Im Ergebnis „zieht“ dagegen auch nicht die Strategie, ein etwa unangemessen großes Eigenheim zu verkaufen, um dann von dem Erlös ein kleineres und als angemessen zu beurteilendes Domizil zu erwerben. Gerechtfertigt und motiviert werden könnte ein solcher Schritt dadurch, dass man zum Beispiel in die Nähe des aufnehmenden Pflegeheims umziehen möchte, um die Eltern als Insassen des Heims schneller und logistisch vereinfachend erreichen zu können. Gleichwohl bewertet die Rechtsprechung solche Überlegungen als unzulässige Gestaltung (BGH FamRZ 08, 250): Danach ist der Verwertungserlös stets sozialhilferechtlich relevant, ohne dass er mit Erfolg in ein als Surrogat neu angeschafftes kleineres Eigenheim fließen könnte (a. A. LSG Hessen 26.1.09, L 9 SO 48/07).

 

d) Erbenhaftung

Sozialhilferechtlich haften die Kinder also mit einem angemessen großen selbstgenutzten Eigenheim nicht. Sterben nun die Heimbewohner, bleibt zu untersuchen, ob die Kinder dann als Erben auch mit diesem Vermögenswert für Verbindlichkeiten einstehen müssen, die durch Heimkosten und Kosten für den täglichen Bedarf der verstorbenen Eltern entstanden sind.

 

Ansatzpunkt für den Sozialhilfeträger bietet die Erbenhaftung in § 102 SGB XII. Zumindest, wenn die verstorbenen Eltern oder ein verstorbener Elternteil zuvor Eigentümer oder Miteigentümer des von den Kindern selbstbewohnten Eigenheims in angemessener Größe waren, verfängt dieser Ansatz. Denn ein sozialhilferechtlich auszusonderndes Schonvermögen am Familienheim kann nur zu Lebzeiten des Pflegebedürftigen bestehen. Stirbt er, haften die Kinder als Erben auch mit dem Miteigentumsanteil oder dem gesamten Hausvermögen (LSG Baden-Württemberg ZEV 11, 662). Schonvermögen kann das Haus in diesem Fall nur weiterhin bleiben, wenn auch der überlebende Ehegatte des verstorbenen (Mit-)Eigentümers Sozialhilfe bezieht.

 

e) Exkurs: Bewertung von Immobilien der hilfebedürftigen Eltern

Bevor Kinder zum Elternunterhalt herangezogen werden können, müssen die pflegebedürftig werdenden Eltern zunächst eigenes Einkommen und eigenes Vermögen verbrauchen (§ 1602 Abs. 1 BGB). Dazu zählt auch das Immobilienvermögen, das in diesem Fall kein Schonvermögen ist (Hauß, a. a. O., Rn. 172 ff.).

 

Dabei bleibt ohne Belang, ob das vor dem Umzug ins Pflegeheim bewohnte Haus sozialhilferechtlich betrachtet von angemessener Größe ist oder darüber hinaus reicht. Es ist immer für eigene Unterhaltszwecke einzusetzen. Entweder ist zu vermieten oder zu verkaufen. Erscheint dies ausnahmsweise unzumutbar oder sonst nicht geboten, wird Sozialhilfe darlehensweise gewährt und die Immobilie zur Absicherung dinglich belastet (§ 91 S. 2 SGB XII).

 

Zu hinterfragen ist dies, wenn z. B. nur ein Elternteil ins Heim muss und der andere Elternteil wohnen bleibt. In diesem Fall liegt die Annahme nahe, dass die bisherige Ehewohnung dann für den verbleibenden Ehegatten aus sozialhilferechtlicher Sicht zu großräumig wird. Eine Verwertung könnte deshalb schon aus diesem Anlass geboten sein. Aber auch dann, wenn die Dimension trotzdem noch als angemessen angesehen werden kann, verbleibt es bei dem Gebot vorrangiger Verwertung des Familienheims auf Elternseite. Denn der Verlust des zu verwertenden Hauses soll für den verbleibenden Ehegatten keine Härte im Sinne der sozialhilferechtlichen Vorschriften bedeuten. Denn geschützt werden soll nur der hilfebedürftige voll stationär untergebrachte Ehegatte, nicht aber das Wohnbedürfnis oder die soziale Verwurzelung eines noch „fitten“ und eigenständig wohnenden Ehepartners auf Elternseite.

 

f) Sonderfall: Vorweggenommene Erbfolge

Haben die Eltern den Kindern das bewohnte Familienheim im Wege vorweggenommener Erbfolge geschenkt, müssen sie nun ins Heim und können die Kosten nicht mehr decken, verarmen sie. Dann haben sie einen Rückforderungsanspruch gegen die Kinder wegen Verarmung des Schenkers (§ 528 Abs. 1 BGB), wenn die Schenkung noch nicht zehn Jahre zurückliegt (§ 529 Abs. 1 BGB). Auch diesen Anspruch kann der Sozialhilfeträger auf sich überleiten und gegen die Kinder geltend machen (§ 529 Abs. 1 BGB, § 93 SGB XII), ohne dass es auf die Angemessenheit des oder auf die Eigenschaft als selbstbewohntes Eigenheim noch ankommt (BGH NJW 95, 2287). Hier zeigt sich also ein Einfallstor.

 

Allerdings können die Kinder selbst einwenden, dass sie zur Aufrechterhaltung ihres weiteren eigenen Unterhalts inklusive des Bedürfnisses weiterhin in der Immobilie wohnen müssen. Vor allem können sie einen eigenen Notbedarf geltend machen (§ 529 Abs. 2 BGB; dazu OLG Köln 2.12.16, 1 U 21/16).

 

Vor allem können die Kinder einwenden, dass die Schenkung länger als zehn Jahre zurückliegt mit der Konsequenz, dass dann ihre Rückforderung ausscheidet (§ 529 Abs. 1 BGB). Scheidet aber ihre Rückforderung aus, dann kann ein entsprechender Anspruch auch mangels Existenz nicht mehr auf den Sozialhilfeträger übergehen. Einen Grenzbereich betrifft dabei der folgende Fall:

 

  • Beispielsfall

Vater V schenkt Tochter T 50.000 EUR. Acht Jahre später muss er altersbedingt ins Pflegeheim umziehen. Durch die hohe Kostenlast verarmt er. T übernimmt den ungedeckten Teil der Heimkosten und zahlt V zusätzlich ein Taschengeld von 100 EUR pro Monat. Zwei Jahre seit der Einweisung des V ins Heim, also zehn Jahre nach dessen Geldschenkung an T, verbleiben der Tochter immerhin noch 25.000 EUR. Jetzt stellt sie die Zahlungen ein in der Annahme, eine Rückforderung könne sie nicht mehr treffen. Der Sozialhilfeträger tritt im Regresswege an T heran - und hat damit Erfolg. Denn der Vater ist innerhalb der Zehnjahresfrist verarmt. Seine Verarmung besteht auch aktuell. Deshalb bleibt die Möglichkeit zur Rückforderung der noch vorhandenen 25.000 EUR auch nach Ablauf von zehn Jahren seit der Schenkung des insgesamten Betrags bestehen. Konsequenz: Die Tochter muss zahlen, bis das Geldgeschenk „verfrühstückt“ ist.

 

Wer solche Risiken minimieren will, schenkt nicht, sondern überträgt entgeltlich oder zumindest teilentgeltlich z. B., indem man ein lebenslanges Wohnrechten für beide Elternteile, lebenslange häusliche Pflegeleistungen (ggf. zeitlich und sachlich beschränkt), Kostenübernahme der Bestattung und Grabpflege, vertraglich einräumt. Diese Rechte können genauso kapitalisiert werden wie Arbeits- oder Bauleistungen des Kindes am Objekt. Insgesamt mindern alle Komponenten den Wert einer Schenkung und gelten als „entgeltlich,“ auch ohne dass ein Kaufpreis vereinbart wurde.

2. Beruflich genutzte Immobilie neben Familienheim

Auch mehrere selbstgenutzte Immobilien, im Fall eines berufsbedingt notwendigen Umzugs angeschafft, müssen der von der Rechtsprechung entwickelten Privilegierung unterfallen. Dies muss auch gelten, wenn zum Beispiel der berufsbedingt umziehende Ehemann eine zur berufsbedingt notwendigen doppelten Haushaltsführung notwendige zweite Immobilie finanziert und die Ehefrau aus steuerlichen Gründen erwirbt. Wird so verfahren, kann der Ehemann Mietaufwendungen als Kosten doppelter Haushaltsführung steuerlich absetzen, die Ehefrau als Vermieterin Werbungskosten insbesondere in Form von Kreditfinanzierungskosten und sonstigen Instandhaltungs- und Reparaturaufwendungen sowie in Form sonstiger Nebenkosten, die nicht als Betriebskosten innerhalb des Mietverhältnisses mit dem Ehemann abgewälzt werden, ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gegenüberstellen.

 

Ein solches Vorgehen kann weiterhin auch als eine Versorgung für die Ehefrau verstanden und privilegierend gerechtfertigt werden. Denn im Fall des Todes des Ehemanns bekommt sie nur 60 Prozent von dessen Rente als Witwenrente. Es ist allgemein bekannt, dass dieses Rentenniveau unzureichend bleibt, da die laufenden Kosten des Lebensalltags identisch und unvermindert zu Buche schlagen und der „Bierkonsum“ des verstorbenen Ehemannes keinesfalls 40 Prozent des Rentenniveaus erreichen wird. Auch mit dieser Überlegung handelt es sich zwar innerhalb der Eheleute um eine Schenkung, jedoch nicht zulasten der unterhaltsberechtigten Eltern oder des Sozialhilfeträgers. Ein Schenkungswiderruf, der als Rückforderungsanspruch auf den Sozialhilfeträger übergeleitet werden könnte, kommt in diesem Verhältnis der Ehegatten zueinander ebenfalls nicht in Betracht.

 

Zum Dritten lässt sich dieses Konstrukt auch mit den steigenden Mobilitätsanforderungen im Berufsleben rechtfertigen, die der Gesetzgeber selbst betont und zum Anlass für gesetzgeberische Aktivitäten zur Steigerung der Mobilität zum Beispiel von Mietern nimmt (so ausdrücklich die Motive zur verkürzten Kündigungsfrist für den Wohnungsmieter im Vergleich zur Kündigungsfirst des Vermieters (§ 573c BGB): Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Neugliederung, Vereinfachung und Reform des Mietrechts, BT-Drucksache 14/4553 vom 9.11.00, S. 2, 67).

 

Gibt es abgesehen davon aus reinen Kapitalanlagengesichtspunkten mehrere Immobilien im Vermögen des Unterhaltspflichtigen, kommt es darauf an, ob sie - wenn auch nicht dauernd - so zumindest doch regelmäßig selbst genutzt werden und dem Lebensbedarf des Kindes dient. Ist das wie zum Beispiel für Wochenendimmobilien zu bejahen, greift die Privilegierung (Hauß, a.a.O., Rn. 683) - zumal, wenn der Status berufsbedingt begründet werden musste.

 

Liegt keine regelmäßige Selbstnutzung vor, erfolgt sie nur wie bei Ferien- und Auslandsimmobilien sporadisch, greift die von der Rechtsprechung entwickelte Privilegierung selbstgenutzten Immobilieneigentums grundsätzlich nicht (Hauß, a.a.O., Rn. 683). Die Immobilie muss folglich verwertet werden.

3. Vermietete Immobilie(n)

Dienen die Einkünfte aus der fremd genutzten Immobilie nicht zur Sicherung des eigenen Lebensunterhalts des Unterhaltspflichtigen oder vorrangiger Unterhaltsberechtigter, muss sie gegebenenfalls verwertet werden (SG Detmold 26.6.08, S 6 SO 62/07) - nicht geschützt; Hauß, a.a.O., Rn. 674). Wird die Immobilie dagegen zur Sicherung seiner eigenen Altersversorgung benötigt, stellt auch die fremd genutzte Immobilie Altersvorsorge- und damit Schonvermögen dar. Für die Einordnung der Immobilien als Altersvorsorgevermögen muss deshalb entscheidend sein, ob die erzielten Mieten Unterhaltscharakter bzw. Rentenersatzfunktion haben.

4. Familiengesellschaft

Familiengesellschaften werden zumeist bei umfangreicherem Immobilienvermögen gebildet, um unter Ausnutzung steuerlicher und rechtlicher Vorteile Immobilienvermögen auf die jüngere Generation im Wege der vorweggenommenen Erbfolge zu übertragen und um erbrechtliche Schwächen bei der Verwaltung, Geschäftsführung und Auseinandersetzung einer Erbengemeinschaft durch ein gesellschaftsrechtliches Konstrukt zu kompensieren (näher: Spangenberg, Die Familiengesellschaft, in Bayerische Hausbesitzerzeitung 2015, S. 333). Gegenüber einem einzelnen Vertrag zur Regelung einer vorweggenommenen Erbfolge ist dieses Konstrukt in der Regel günstiger:

 

  • Erhalt des Familienvermögens durch Ausschluss der Auseinandersetzung des Vermögens und seiner Verteilung
  • Einbindung der nachfolgenden Generationen und damit Instrument vorweggenommener Erbfolge
  • Ausnutzung steuerlicher Vorteile einer vorweggenommenen Erbfolge durch lebzeitige Vermögensübertragung
  • Absicherung der übergebenden Generation
  • Ausschluss familienfremder Erben
  • Ausübung und Verteilung der Stimmrechte
  • gemeinsame Verwaltung oder andere vertragliche Vereinbarungen zur Vertretungs- und Geschäftsführungsbefugnis
  • Gewinnverwendung - Rücklagenbildung und Bestimmung des Ausschüttungsanteils

 

Das Immobilienvermögen wird gesellschaftsrechtlich gebunden. Beim Gesellschafter entsteht der Gesellschaftsanteil als Surrogat. Soweit es sich hier nicht um Altersvorsorgevermögen handelt, oder schon selbst aktuell Unterhaltscharakter zum Bestreiten eigener Lebensbedürfnisse hat, wird es sozialhilferechtlich berücksichtigt, also im Zweifel verwertet.

5. Familienstiftung

Um diesen Konsequenzen zu entgehen, bietet sich die Gründung einer rechtsfähigen Familienstiftung (§ 80 Abs. 1 und 2 BGB) mit Übertragung eines vorhandenen Immobilienportfolios als Stiftungsvermögen an (§ 81 Abs. 1 S. 2, § 82 S. 1 BGB). Das Immobilienvermögen selbst ist dem Stiftungsgründer dann entzogen und unterliegt der Verwaltung und Entscheidungsfindung eines Stiftungsvorstands. Grundlage einer sozialhilferechtlichen Auswirkung beim Elternunterhalt kann dann nur ein ausgekehrter Ertrag aus dem Stiftungsvermögen sein. Die als Stiftungsvermögen eingebrachten Immobilien selbst bleiben aber dem staatlichen Zugriff entzogen. Eine Stiftung kann bereits zu Lebzeiten oder durch Testament nach dem Tod gegründet werden.

Quelle: Ausgabe 05 / 2017 | Seite 83 | ID 44588074