· Fachbeitrag · Bestattungskosten
Wer muss außer dem Erben die Kosten zahlen?
| Wie eine Leseranfrage zeigt, wird es bei einer einfach erscheinenden Frage schnell kompliziert. Der Beitrag zeigt, welche Personen ‒ außer dem Erben, bzw. subsidiär ‒ die Bestattungskosten zahlen müssen. |
1. Der nach § 844 Abs. 1 BGB Ersatzpflichtige
Nach § 844 Abs. 1 BGB muss im Fall der Tötung der Ersatzpflichtige die Kosten der Beerdigung demjenigen erstatten, der verpflichtet ist, diese Kosten zu tragen. Die Vorschrift erfordert als Anspruchsvoraussetzung, dass der Tod in Verwirklichung einer unerlaubten Handlung i. S. d. BGB eingetreten ist. Dabei gilt die Vorschrift für alle Tatbestände der §§ 823 ff. BGB, u. a. auch für die Billigkeitshaftung nach § 829 BGB, die Amtshaftung nach § 839 BGB, die Gefährdungshaftung des Tierhalters nach § 833 BGB (Staudinger/Anne Röthel, a.a.O., Rn. 19). Liegen diese Voraussetzungen vor, ordnet die Vorschrift an, dass der Schädiger die Kosten der Beerdigung tragen muss.
2. Anderer gesetzlich Ersatzverpflichtete
Als Anspruchsberechtigte sind diejenigen Personen benannt, die verpflichtet sind, die Beerdigungskosten zu tragen. Dazu sind gesetzlich in erster Linie die Erben verpflichtet (§ 1968 BGB), subsidiär diejenigen, die dem Getöteten kraft Gesetzes unterhaltspflichtig waren (§ 1615 Abs. 2 BGB), also die Verwandten in auf- und absteigender Linie (LG Dortmund NJW-RR 96, 775),
- auch der getrennt lebende Ehegatte, § 1361 Abs. 4 S. 4 i. V. m. § 1360a Abs. 3, § 1615 Abs. 2 BGB)sowie
Daneben gehören zu den Ersatzberechtigten auch diejenigen Personen, die sich gegenüber dem Getöteten vertraglich dazu verpflichtet haben, die Beerdigungskosten zu übernehmen, wie z. B. ein Heimträger im Heimvertrag (OVG Lüneburg NJW 00, 3513).
MERKE | Wer die Beerdigungskosten übernimmt, ohne hierzu verpflichtet zu sein, z. B. der Lebensgefährte (KG VersR 79, 379) oder eine sonstige, nicht erbberechtigte nahestehende Person, ist nicht nach § 844 Abs. 1 BGB ersatzberechtigt (Staudinger/Anne Röthel, a.a.O. Rn. 50 ersetzen). Für diesen Personenkreis kommt allerdings ein Aufwendungsersatzanspruch nach den Grundsätzen der berechtigten Geschäftsführung ohne Auftrag (§ 683 S. 1, § 679, 670 BGB). |
Weitere gesetzliche Kostenschuldner betreffend die Beerdigungskosten folgen aus der Anwendung spezialgesetzlicher Gefährdungshaftungstatbestände, die § 844 Abs. 1 BGB nachgebildet sind. Als derartige Regelungen sind zu nennen:
- § 10 Abs. 1 S. 2 StVG (vgl. OLG Düsseldorf VersR 95, 1195);
- § 86 Abs. 1 S. 2 Arzneimittelgesetz (AMG, vgl. BGH NJW 89, 1542);
- § 28 Abs. 1 S. 2 Gesetz über die friedliche Verwendung der Kernenergie und den Schutz gegen ihre Gefahren (AtG);
- § 32 Abs. 4 S. 2 Gesetz zur Regelung der Gentechnik (GenTG);
- § 5 Abs. 1 HaftPflichtG (vgl. BGH NJW-RR 94, 603);
- § 35 Abs. 1 S. 2 Luftverkehrsgesetz (LuftVG, vgl. BGH NJW 69, 2007);
- § 7 Abs. 1 S. 2 Produkthaftungsgesetz (ProdHaftG) sowie
- § 12 Abs. 1 S. 2 Umwelthaftungsgesetz (UmweltHG).
MERKE | Ist der Anwendungsbereich der vorgenannten spezialrechtlichen Regelungen gegeben, sind mittelbare Schäden ausschließlich im Rahmen der dort geregelten Ansprüche zu ersetzen. § 844 Abs. 1 BGB ist nicht anwendbar. Weiter ist zu beachten, dass die spezialgesetzliche Gefährdungshaftung nach den o. a. Gesetzen auf Höchstbeträge, die sich bei den Beerdigungskosten nicht auswirken dürften, beschränkt ist. |
3. Subsidiäre Kostentragungspflicht
Schuldner für den Ersatz der Bestattungskosten können auch Unterhaltspflichtige des Verstorbenen sein, § 1360a Abs. 3, § 1361 Abs. 4 S. 3, § 1615 Abs. 2, § 1615m, § 1615n BGB, § 5, § 12 Abs. 1 S. 2 LPartG. Da in den genannten Anspruchsgrundlagen stets auf § 1615 Abs. 2 BGB verwiesen wird, haften diese Unterhaltspflichtigen nur, wenn vom Erben keine Erstattung erlangt werden kann, § 1615 Abs. 2 BGB. Nicht zu erlangen sind die Kosten regelmäßig, wenn der Erbe seine Haftung auf den Nachlass beschränkt hat und dieser nicht ausreicht, oder wenn er aus anderen Gründen außerstande ist, die Kosten der Beerdigung zu zahlen. Nicht erforderlich ist der erfolglose Versuch einer Zwangsvollstreckung.
Kostenschuldner und Anspruchsgegner können sein, der
- Ehegatte, § 1360a Abs. 1, 3, § 1615 Abs. 2 BGB, auch getrennt lebender Ehegatte, § 1361 Abs. 1, 4 S. 3, § 1360a Abs. 3, 1615 Abs. 2 BGB,
- Verwandte in gerader Linie, § 1615 Abs. 2 BGB,
- Lebenspartner, § 5 LPartG, § 1360a Abs. 3, § 1615 Abs. 2 BGB, auch getrennt lebender Lebenspartner, § 12 S. 2 LPartG, § 1361 Abs. 4 S. 3, § 1360a Abs. 3, § 1615 Abs. 2 BGB.
Die Höhe der zu tragenden Kosten bestimmt sich nach den Lebensverhältnissen des Verstorbenen ‒ es gilt demnach der Maßstab von § 1968 BGB, weshalb auch hier auf die Ausführungen zu Punkt 5b Bezug genommen wird.
MERKE | Der Erbe, der nach § 1968 BGB verpflichtet ist, die Beerdigungskosten zu tragen, kann nicht auf subsidiär haftende Kostenschuldner zurückgreifen. Ist ein Elternteil allerdings weder als Erbe noch unterhaltsrechtlich leistungsfähig, muss der andere leistungsfähige Elternteil nach § 1615 Abs. 2 BGB für die Kosten allein aufkommen (LG Münster MDR 08, 455). |
4. Kostentragungspflicht nach den Regeln der GoA
Der IV. Senat BGH hat entschieden: Demjenigen kann ein Anspruch auf Ersatz der Bestattungskosten nach den Grundsätzen der GoA gem. §§ 670, 677, 683 BGB gegen den totenfürsorgeberechtigten und -verpflichteten Angehörigen zustehen, der die Beerdigung eines Verstorbenen veranlasst hat, auch wenn der Totenfürsorgeberechtigte nicht Erbe ist (NJW 12, 1651). § 1968 BGB entfaltet gegenüber einem solchen Anspruch keine Sperrwirkung.
Demgegenüber hat der III. Senat des BGH entschieden: Für einen Beerdigungsunternehmer, der die Beerdigung eines Verstorbenen ohne Auftrag vorgenommen hat, weil sich niemand der nächsten Angehörigen des Hinterbliebenen bereitgefunden hat, für die Bestattung zu sorgen, gilt: Es kommt nach §§ 670, 677,679, 683 BGB ein Aufwendungsersatzanspruch gegen die Person in Betracht, die nach Maßgabe des jeweils anwendbaren (Landes-)Bestattungsgesetzes (vorrangig) bestattungspflichtig ist (NJW 12, 1648).
5. Kostentragung durch Sozialhilfeträger
Gem. § 74 SGB XII muss der Sozialhilfeträger die erforderlichen Kosten einer Bestattung übernehmen, wenn dem zur Kostentragung Verpflichtenden nicht zugemutet werden kann, diese zu tragen. Unzumutbar ist die Kostentragung für die Verpflichtenden, wenn die Kosten der Bestattung aus dem Nachlass nicht gedeckt sind. Bei der Prüfung der Zumutbarkeit sind aber über die wirtschaftlichen Aspekte (Bedürftigkeit) auch die Enge der verwandtschaftlichen Verhältnisse zu berücksichtigen (LSG Rheinland-Pfalz Fürsorgerechtliche Entscheidungen der Verwaltungs- und Sozialgerichte (FEVS) 67, 188).
Die Sozialhilfeträger sind allerdings nur dazu verpflichtet, die „erforderlichen“ Kosten zu erstatten. Zu übernehmen sind i. S. e. Zurechnungszusammenhangs, auch nach dem Wortlaut, nur die Kosten, die unmittelbar der Bestattung (unter Einschluss der ersten Grabherrichtung) dienen bzw. mit der Durchführung der Bestattung untrennbar verbunden sind, nicht jedoch solche für Maßnahmen, die nur anlässlich des Todes entstehen, also nicht final auf die Bestattung selbst ausgerichtet sind (etwa Todesanzeigen, Danksagungen, Leichenschmaus, Anreisekosten, Bekleidung; BSGE 109, 61). Anspruchsberechtigt ist der „Verpflichtete“ (§ 74 SGB XII). Das können sein
- die Verpflichteten aufgrund Erbrechts (Erbe, § 1968 BGB) oder
- des Unterhaltsrechts (§ 1615 Abs. 2 BGB; s. o. Punkt 5d),
- aber auch die nach den landesrechtlichen Bestimmungen über die Bestattungspflicht Verpflichteten (LSG Baden-Württemberg ZErb 10, 153).
Weitere Personen, etwa solche, die aus moralischen Gesichtspunkten zur Beerdigung verpflichtet sind oder sich verpflichtet fühlen, gehören nicht zum anspruchsberechtigten Personenkreis (LSG Baden-Württemberg, a.a.O.).
MERKE | Für einen Kostenübernahmeanspruch i. S. d. § 74 SGB XII ist es unbedeutend, ob die Bestattung und eine etwaige Begleichung der Bestattungskosten bereits erfolgt ist, bevor der Sozialhilfeträger unterrichtet wurde (LSG Baden-Württemberg, a.a.O.). |