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· Fachbeitrag · Erbrecht

In Verfügungen deutsches Erbrecht bestimmen

von Christian Noe, Leipzig

| Mit der EU-Erbrechtsverordnung (EU-ErbVO) wurde das Europäische Nachlasszeugnis eingeführt, dass bei Erbfällen mit Auslandsbezug das Verfahren vereinfacht. In Testamenten und Erbverträgen sollte unbedingt die Anwendung deutschen Erbrechts (Rechtswahlklausel) bestimmt werden. |

1. Das Europäische Nachlasszeugnis (ENZ)

Mit dem ENZ wurde ein vereinheitlichter, in allen Mitgliedstaaten der EU-ErbVO gültiger Nachweis geschaffen, der die Erbenstellung in internationalen Erbfällen rechtssicher nachweisen soll. Seit dem 17.8.15 kann das ENZ in allen Erbfällen beantragt werden, sofern sich der Erbe oder ein Teil des Nachlasses im Ausland befinden.

 

  • Beispiel

Der Sohn wird in Deutschland nach dem Tod seines in Frankreich lebenden Vaters Alleinerbe zweier Häuser in Frankreich. Zuvor hätte der Erbe jeweils einen Erbschein in Deutschland sowie einen in Frankreich beantragen müssen, damit die Immobilien ins dortige Grundbuch eingetragen werden. Seit dem 17.8.15 gilt ausschließlich das nationale Erbrecht des Landes, in dem der Erblasser vor seinem Tod seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hatte. In diesem Fall wäre daher französisches Erbrecht anzuwenden.

 

Der Begriff des gewöhnlichen Aufenthaltes entspricht dem Lebensmittelpunkt des Erblassers, was nicht ausschließt, dass dieser z.B. gelegentlich in sein Heimatland zurückkehrt und sich dort aufhält.

 

Hinweis | Die neue Regelung bedeutet nicht, dass der Erblasser auch die Staatsangehörigkeit jenes Landes besitzen musste. Lebt eine deutsche Staatsangehörige mehrere Jahre durchgängig in Italien und verstirbt dann dort, ist italienisches Erbrecht anzuwenden.

 

Mit dem ENZ ist die Erbenstellung in internationalen Fällen nicht mehr so kompliziert wie zuvor, da eine einheitliche Regelung gilt, an der sich alle EU-Mitgliedstaaten halten müssen. Allerdings ist der territoriale Geltungsbereich zu berücksichtigen, denn es gibt ein paar Ausnahmen.

 

 

2. Deshalb ist eine Rechtswahlklausel wichtig

Vor dem Stichtag 17.8.15 war das Kollisionsrecht, also welches nationale Erbrecht im Todesfall anzuwenden ist, uneinheitlich. Viele EU-Länder folgten dem Staatsangehörigkeitsprinzip. Es kam also darauf an, welche Staatsangehörigkeit der Erblasser vor seinem Tode besaß.

 

Die jetzt geltenden Regelungen geben Erblassern jedoch die Möglichkeit, in ihrem Testament oder Erbvertrag festzulegen, dass im Erbfall heimisches Erbrecht gelten soll. Und genau dies ist wichtig, denn das Kollisionsrecht - auch internationales Privatrecht genannt - ist EU-weit im Bereich des Güter- und Personenstandsrechts noch nicht harmonisiert. Es kann daher passieren, dass ein in Deutschland gesetzlich anerkannter Güterstand in einem anderen EU-Land nicht gleichermaßen gilt oder völlig unbekannt ist. Dies kann sich dann sogar auf die Höhe der Erbquote oder die Pflichtteilsrechte auswirken.

 

PRAXISHINWEIS | Um dies zu verhindern, sollten Ihre Mandanten, die ein Testament, einen Erbvertrag oder ein gemeinschaftliches Ehegattentestament errichten wollen, gemäß Art. 22 Abs. 1 EU-ErbVO die Anwendung des deutschen Erbrechts bestimmen (Rechtswahlklausel). Dies ist auch nachträglich möglich. Sollten der Erblasser später in einem anderen EU-Land versterben, so ist dieses gehalten, abweichend das gewünschte Erbrecht zu beachten. Insoweit werden auch mögliche Schwierigkeiten im Kollisionsrecht vermieden.

Beachten Sie | Vorsicht bei den Kosten. Die Aufnahme einer Rechtswahlklausel in einem notariellen Testament führt zu höheren Kosten, da sich der Geschäftswert um 30 Prozent erhöht (§ 104 Abs. 3 GNotKG).Ob eine Rechtswahl notwendig ist, sollte man daher zuvor den Notar fragen. Viele Länder haben ein dem deutschen ähnliches Erbrecht, sodass mitunter mit keinen Schwierigkeiten zu rechnen ist. Dies hängt jedoch auch stets vom Güterstand des Erblassers ab.

  • Beispiel

Ehegatten mit einem gemeinschaftlichen Vermögen von 1 Mio. EUR errichten ein Testament, in dem sie sich gegenseitig zu Erben einsetzen. Es entstehen Notarkosten in Höhe von 4.153,10 EUR (2,0 Gebühr, KV 21100 GNotKG) Wird das Testament um eine Rechtswahlklausel ergänzt („Wir wählen deutsches Recht“), erhöhen sich die Notarkosten auf 5.295,50 EUR.

 

Grundsätzlich ist eine Rechtswahl nur mit einem Testament oder Erbvertrag möglich. Was nicht geht: Die Rechtswahl erklären und es ansonsten bei der gesetzlichen Erbfolge belassen. 

3. Gerichte und Behörden auf die Rechtswahl hinweisen

Generell aber gerade auch im Ausland stellt sich schnell ein anderes Problem: Ein Testament nützt wenig, wenn es nicht gefunden wird.

 

PRAXISHINWEIS | Wer daher überwiegend oder dauerhaft im Ausland lebt und eine besondere Erbrechtswahl getroffen hat, sollte das Testament in dem EU-Land an geeigneter Stelle bei Gericht oder Behörden hinterlegen.

Wer z.B. in Spanien lebt, kann sein Testament beim zentralen Testamentsregister in Madrid anmelden. Dies ist auch für deutsche Testamente möglich. Beratungsstellen und Notare helfen dabei, auf geeignete Hinterlegungsstellen hinzuweisen oder empfehlen, ergänzend eine (mehrsprachige) Hinweiskarte bei sich zu führen, mit der auf das Vorhandensein/die Hinterlegung eines Testaments mit Rechtswahlklausel hingewiesen wird.

 

 
Quelle: Ausgabe 09 / 2015 | Seite 154 | ID 43572191