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· Nachricht · Zwangsbehandlung

Schwerer Eingriff in Grundrechte bedingt höheren Streitwert

| Mitunter werden Anwälte beauftragt, eine zwangsweise medikamentöse Behandlung abzuwehren. Ein solcher schwerer Eingriff in die Grundrechte muss sich auch in der Höhe des Streitwerts spiegeln, so das OLG Hamm (25.3.21, 4 Ws 53/21, Abruf-Nr. 221826 ). Legt ein Anwalt Rechtsbeschwerde gegen eine dreimonatige Zwangsmedikation ein, sieht das OLG Hamm einen Streitwert von 2.000 EUR als angemessen an. |

 

Der Beschwerdeführer litt an einer paranoiden Schizophrenie und wurde stationär behandelt. Dort war beabsichtigt, ihn gegen seinen Willen zunächst drei Monate lang alle drei Wochen mit 150 mg Haloperidol-Deconat (Neuroleptikum, dass v. a. bei Psychosen verordnet wird) zu behandeln. Als derbestellte Verteidiger Rechtsbeschwerde einlegte, war die angeordnete und bereits zweimal erfolgte Zwangsmedikation nicht weiter fortgesetzt worden. Der Betroffene hatte zwischenzeitlich die orale Gabe des Medikaments Abilify akzeptiert. Der Verteidiger beantragte nun noch festzustellen, dass die Anordnung der Zwangsmedikation rechtswidrig gewesen sei.

 

Nachdem das OLG Hamm die Sache erneut an das LG zurückwies, setzte dieses den Streitwert auf 500 EUR fest. Der Verteidiger legte Streitwertbeschwerde ein und beantragte, den Streitwert auf 5.000 EUR heraufzusetzen. Das OLG setzte diesen auf 2.000 EUR fest. Hierbei sei nach § 52 Abs. 1 i. V. m. § 60 Halbs. 1 GKG die besonders hoch anzusetzende Tragweite der Entscheidung für den Untergebrachten zu berücksichtigen. Dies auch angesichts des tiefgreifenden Grundrechtseingriffs in die körperliche Unversehrtheit und das Selbstbestimmungsrecht des Betroffenen sowie der Tatsache, dass dem Betroffenen das Medikament bereits zweimal injiziert worden war.

 

Weiterführende Hinweise

  • Trotz Patientenverfügung ist eine Zwangsbehandlung möglich, SR 20, 69
  • Werdenfelser Weg: Effektiv überflüssige freiheitsentziehende Maßnahmen vermeiden, SR 18, 15
Quelle: Ausgabe 05 / 2021 | Seite 73 | ID 47348727