21.08.2013 · IWW-Abrufnummer 132630
Oberlandesgericht Nürnberg: Urteil vom 22.07.2013 – 4 U 1571/12
Die vereinbarungsgemäß unentgeltliche Aufgabe eines dinglichen Wohnrechts löst im Falle der Verarmung auch dann einen Rückforderungsanspruch aus, wenn der Wohnrechtsinhaber an der Ausübung kein Interesse mehr hat, er aber objektiv die Möglichkeit h ätte, sein Recht weiter zu nutzen (Abgrenzung zu BGH, Beschluss vom 25.01.2012, XII ZB 479/11, NJW 2012,1956).
OLG Nürnberg, 22.07.2013
4 U 1571/12
In dem Rechtsstreit
Bezirk ...
- Kläger und Berufungsbeklagter -
Prozessbevollmächtigte:
Rechtsanwälte ...
gegen
1) B
- Beklagter, im Berufungsverfahren nicht beteiligt -
2) W
- Beklagter und Berufungskläger -
3) E
- Beklagte und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigte zu 2 und 3:
Rechtsanwälte ...
wegen Feststellung
erlässt das Oberlandesgericht Nürnberg - 4. Zivilsenat - durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Kammerer, den Richter am Oberlandesgericht Bauer und die Richterin am Oberlandesgericht Dr. Dünisch auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 01.07.2013 folgendes
Endurteil
Tenor:
I.
Die Berufungen der Beklagten zu 2) und 3) gegen das Endurteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 26.06.2012 werden zurückgewiesen.
II.
Die Beklagten zu 2) und 3) haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III.
Das Urteil und das landgerichtliche Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten zu 2) und 3) können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien streiten über Ansprüche wegen einer Schenkungsrückforderung aus übergegangenem Recht.
Auf die tatsächlichen Feststellungen im Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 26.06.2012 wird Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat die Beklagten gesamtschuldnerisch zur Zahlung von 16.733,97 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz für den Beklagten zu 2) seit dem 01.01.2012 und für die Beklagte zu 3) seit dem 04.01.2012 verurteilt und hinsichtlich der Beklagten festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, noch weitere Schenkungsrückforderungsansprüche bis zu 25.000,- € zur Deckung der Leistungen des Klägers nach dem Bundesversorgungsgesetz für Frau U zu ersetzen.
Zur Begründung hat es angeführt, dass die Hilfebedürftigkeit der Frau U feststehe. Dass diese ihre Leistungsbedürftigkeit und Verarmung selbst herbeigeführt habe, hätten die Beklagten nur pauschal behauptet. Auf den unzureichenden Sachvortrag habe das Gericht hingewiesen. Die Löschung des dinglich gesicherten Wohnungsrechts stelle eine Schenkung der Frau U gegenüber den Beklagten dar, welche zurückgefordert werden könne. Der Bewertung des Wohnungsrechts als wirtschaftlicher Vermögensposition stehe nicht entgegen, dass Frau U die Nebenkosten (z. B. Strom, Wasser, Heizung) für das Anwesen zu tragen hatte. Es sei auch nicht ausschlaggebend, dass die Ausübung des Wohnungsrechts Dritten nicht überlassen werden durfte. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass das Wohnungsrecht ab Eintritt der Heimpflegebedürftigkeit von Frau U keinen Wert mehr darstellte. Ein in der Person des Berechtigten liegendes Ausübungshindernis führe nicht generell zum Erlöschen des Wohnungsrechts, selbst wenn das Hindernis auf Dauer bestehe. Der Verzicht auf das Wohnungsrecht lasse die Beeinträchtigung der Verwertbarkeit des Grundstücks entfallen. Auch subjektiv habe ein Wille der Beteiligten zur Unentgeltlichkeit und damit beiderseits Schenkungsabsicht vorgelegen. Dies komme in der Löschungsbewilligung zum Ausdruck (ausdrückliche Regelung darüber, dass keine Gegenleistung zu erbringen sei; hälftige Kostenteilung; Mitteilung an Schenkungssteuerstelle). Dass die Berechtigte nach Aufgabe des Wohnungsrechts nicht mehr verpflichtet gewesen sei, die Nebenkosten für die Wohnung zu tragen, stehe dem nicht entgegen. Aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 25.01.2012 (NJW 2012, 1956 [BGH 25.01.2012 - XII ZB 479/11]) ergebe sich nichts anderes. Es sei nicht substantiiert dargelegt und unter Beweis gestellt, dass ein tatsächliches Interesse an der Wohnungsnutzung endgültig nicht mehr bestehe und das Wohnungsrecht daher jeden Nutzwert verloren habe. Die Bewertung des Wohnungsrechts hätten die Beklagten ebenfalls nur oberflächlich bestritten. Es komme auf die Minderung des Verkehrswertes des Grundstücks an. Jedenfalls decke die vom Kläger vorgenommene Berechnung den Wert der Klageforderung. Die Höhe der Heimkosten habe der Kläger hinreichend präzise dargelegt. Sie seien von den Beklagten zu 2) und 3) lediglich pauschal bestritten worden. Darüber hinaus sei das Bestreiten verspätet. Die Feststellungsklage sei zulässig und begründet. Die nicht gedeckten Heimkosten könnten bis zur Erschöpfung des Schenkungsgegenstandes geltend gemacht werden.
Mit ihren Berufungen gegen das landgerichtliche Urteil verfolgen die Beklagten zu 2) und 3) ihren Klageabweisungsantrag weiter.
Das Landgericht sei zu Unrecht von einer Verarmung der Frau U ausgegangen. Diese sei von den Beklagten immer bestritten worden. Die Beklagten hätten Beweis dafür angeboten, dass Frau U Vermögenswerte vom Vater der Beklagten erhalten habe. Dies habe der Kläger nicht bestritten. Da es Aufgabe des Schenkers sei, für den Fall der Rückforderung dessen vermeintliche Verarmung vorzutragen und zu beweisen, verkenne das Erstgericht darüber hinaus die Beweislast. Der Verzicht auf ein wertlos gewordenes Wohnrecht erfülle den Begriff der Schenkung nicht. Es fehle an einer Vermögensminderung auf Seiten Frau Us, da sie das Wohnrecht nicht mehr habe nutzen wollen, gleichzeitig aber weiterhin die Lasten zu tragen hatte. Aus der h älftigen Kostentragung für die notarielle Urkunde ergebe sich, dass dies auch Frau U so gesehen habe. Die Übermittlung der Urkunde an die Schenkungssteuerstelle sei aufgrund einer notariellen Pflicht hierzu erfolgt. Die Beklagten seien auch nicht zur Schenkungssteuer herangezogen worden. Die Zuwendung des Wohnrechts stelle eine Leihe dar; eine Schenkungsabsicht liege nicht vor. Dass Frau U nicht mehr habe einziehen wollen, sei unstreitig, werde aber auch unter Beweis gestellt (Zeuge K, Bl 107). Die Ausgangs- und Anknüpfungstatsachen für die Wertberechnung und deren Auswertung seien nicht dargelegt worden. Ein Sachvortrag hinsichtlich der behaupteten Kosten sei nicht erfolgt. Die im Bildschirmausdruck vom 04.11.2011 behaupteten Kosten seien nicht nachvollziehbar. Dies verkenne das Erstgericht und übergehe insoweit den Sachvortrag der Beklagten. Darüber hinaus wäre der Sachvortrag im Schriftsatz vom 10.05.2012 zu berücksichtigen. Bei der vom Kläger geltend gemachten Forderung handele es sich nicht um eine Nachlassverbindlichkeit, so dass sich die Anwendung des § 2058 BGB verbiete. Es bleibe bei der Rüge der Unzulässigkeit der Feststellungsklage. Darüber hinaus sei das Urteil aufzuheben, da das Erstgericht mehr zugesprochen habe, als vom Kläger beantragt.
Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Berufungen und wiederholt und vertieft seinen Sachvortrag. Die erhobene Klage bezeichnet er als Teilklage.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Erholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) H und durch Vernehmung der Zeugin M. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten vom 29.04.2013 (Bl. 155 ff d. A.) und das Sitzungsprotokoll vom 01.07.2013 (Bl. 182 ff d. A.) Bezug genommen.
II.
Die zulässigen, insbesondere form- und fristgerecht eingelegten Berufungen der Beklagten zu 2) und 3) sind unbegründet. Das Landgericht hat die Beklagten zu Recht zur Zahlung der für Frau U aufgewendeten Kosten in Höhe von 16.733,97 € nebst Zinsen verurteilt und festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, noch weitere Schenkungsrückforderungsansprüche bis zu 25.000,- € zur Deckung der Leistungen des Klägers nach dem Bundesversorgungsgesetz für Frau U zu ersetzen.
Der Anspruch des Klägers als überörtlichem Träger der Kriegsopferfürsorge gegen die Beklagten ergibt sich aus übergegangenem Recht gemäß § 528 Abs. 1, § 818 Abs. 2 BGB i. V. m. § 27 g BVG. Davon ist auch das Landgericht ausgegangen.
1. Die Klageforderung ist unter dem Gesichtspunkt begründet, dass die Aufgabe des Wohnungsrechts durch Frau U eine rückforderbare Schenkung darstellt. Ein übergegangener Schenkungsrückforderungsanspruch ergibt sich aus der von Frau U am 11.05.2000 erteilten notariellen Löschungsbewilligung bezüglich des Wohnungsrechts. In dieser Löschungsbewilligung liegt die Aufgabe der Rechte aus der Wohnungsrechtsbestellung vom 18.10.1995, welche sich als Zuwendung eines Vermögensbestandteils darstellt und somit Gegenstand einer Schenkung sein kann (vgl. Palandt-Weidenkaff, BGB, 72. Aufl., § 516 Rn. 5).
a) Gegen die Aufgabe einer geldwerten Vermögensposition spricht nicht, dass in dem notariellen Vertrag vom 18.10.1995 unter II. ausdrücklich vereinbart war, dass die Ausübung des Wohnungsrechts Dritten nicht überlassen werden dürfe. Das Wohnungsrecht als eine besondere Art der beschränkten persönlichen Dienstbarkeit gem. § 1093 Abs. 1 S. 1 BGB erlischt, wenn seine Ausübung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen dauernd unmöglich wird. Das ist u. a. der Fall, wenn das Recht niemandem mehr einen Vorteil bietet. An diesen Voraussetzungen fehlt es jedoch, wenn das Wohnungsrecht aufgrund der Aufnahme der Berechtigten in ein Pflegeheim nicht ausgeübt werden kann. Denn dem Berechtigten verbleibt nach § 1090 Abs. 1 S. 2 BGB die Möglichkeit, mit Gestattung des Grundstückseigentümers die Ausübung seines Rechts anderen zu überlassen und dadurch z.B. für sich einen Mietanspruch gegen den Besitzer der dem Recht unterliegenden Räume zu begründen. Ein in der Person des Berechtigten liegendes Ausübungshindernis führt somit nicht generell zum Erlöschen des Wohnungsrechts, und zwar selbst dann nicht, wenn das Hindernis auf Dauer besteht (vgl. BGH NJW 2007, 1884 ff [BGH 19.01.2007 - V ZR 163/06]; OLG Hamm, 5. Zivilsenat, OLGR Hamm 2006, 773). Bei einem nur formalen Weiterbestand des Wohnrechts ist also nicht von dessen Wertlosigkeit auszugehen. Denn immerhin stellt die Eintragung des Wohnungsrechts für sich genommen eine Belastung des Grundstücks dar, die sich zwar absehbar nicht mehr unmittelbar wirtschaftlich auswirken kann, die Verwertbarkeit des Grundstücks aber gleichwohl zu beeinträchtigen geeignet ist. Erst der Verzicht auf das Wohnungsrecht und dessen Löschung ließen diese Beeinträchtigung der Verwertbarkeit des Grundstücks entfallen. Dementsprechend ist der sich hierdurch ergebende Vermögensvorteil dem Beklagten schenkweise zugewendet worden (vgl. BGH NJW 2000, 728 [BGH 26.10.1999 - X ZR 69/97]). Da das dingliche Wohnrecht ausweislich des notariellen Vertrags vom 18.10.1995 aber auch die Befugnis der Berechtigten zur Aufnahme ihrer "Familie und die zur Wart und Pflege nötigen Personen" enthält, ist nicht ausgeschlossen, dass Frau U anderen Sinnes geworden wäre und mit pflegenden Angehörigen oder nach Verbesserung ihrer finanziellen Verhältnisse -etwa durch eine Erbschaft - mit entsprechendem Pflegepersonal wieder eingezogen wäre. Auf diese rechtlich mögliche Änderung ihrer Entscheidung hat sie verzichtet. Darauf, dass sie zum Zeitpunkt des Auszugs "partout" nicht mehr einziehen wollte, kommt es daher nicht an, da auch dies einen Sinneswandel nicht ausschließt. Der Zeuge K war daher zu dieser - im Übrigen unstreitigen - Tatsache nicht zu vernehmen.
b) Die Beklagten können aus ihrer Nichtveranlagung zur Schenkungssteuer nicht herleiten, dass das Finanzamt nicht von einem steuerbaren Vorgang und damit nicht von einer Schenkung ausgegangen ist. Bei einem unentgeltlichen Verzicht auf ein dingliches Wohnungsrecht handelt es sich um eine erbschaftssteuerbare freigiebige Zuwendung i. S. d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbSt. Hinsichtlich der Schenkungssteuer gilt nichts anderes. Die Nichtveranlagung der Beklagten zur Schenkungssteuer dürfte allein daran liegen, dass das Finanzamt angenommen hat, dass die Zuwendungen jeweils unter dem Freibetrag geblieben sind.
Auch die verwaltungsrechtliche Judikatur (OVG NRW Urteil v. 14.08.2008, 16 A 1409/07 zitiert nach [...]; VG Düsseldorf, Urteil v. 18.10.2007, 21 K 5062/06 zitiert nach [...]) geht ohne weiteres davon aus, dass im Falle des Verzichts auf ein dingliches Wohnungsrecht grundsätzlich ein Schenkungsrückforderungsanspruch gegeben ist. Erörtert wird dort nur, unter welchen Voraussetzungen es einem Heimbewohner zumutbar ist, dieses Vermögen einzusetzen.
c) Der Einordnung, dass es sich bei dem Verzicht auf das Wohnungsrecht um eine Schenkung handelt, steht die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 25.01.2012 (NJW 2012, 1956 [BGH 25.01.2012 - XII ZB 479/11]) nicht entgegen. Diese Entscheidung betrifft die Zulässigkeit eines Verzichts des Betreuers auf ein nicht genutztes Wohnrecht. Der Bundesgerichtshof kommt für diesen Fall zu einer teleologischen Reduktion des Begriffs der Schenkung i. S. d. § 1804 BGB, der dem des § 516 BGB nicht entspricht. Diese auf den Gesetzeszweck des § 1804 BGB abgestellte Auslegung hat er deswegen für erforderlich gehalten, weil grundsätzlich eine Schenkung des Betreuers aus dem Vermögen des Betreuten unheilbar nichtig ist und auch nicht durch das Gericht genehmigt werden kann (Palandt-Götz, BGB, 72. Aufl., § 1804 Rn 1). Durch das Schenkungsverbot des § 1804 BGB soll aber nur verhindert werden, dass durch unentgeltliche Verfügungen des Vormunds oder des Betreuers das Vermögen des Betreuten gemindert wird. Dies enge den Schenkungsbegriff des § 1804 BGB gegenüber dem des § 516 BGB wieder ein. Eine Verfügung, die sich nach § 516 BGB als Schenkung darstelle, müsse demnach nicht zwingend auch eine Schenkung i. S. d. § 1804 BGB sein, wenn sie objektiv zu keinem Vermögensnachteil für den Betreuten führe. Hierbei folgt der Bundesgerichtshof bei der Beurteilung, ob in der Löschung des Wohnungsrechts ohne Gegenleistung eine regelrechte Schenkung zu sehen sei, nicht der sich allein an § 516 BGB orientierenden Sichtweise der Vorinstanzen, sondern bezieht wirtschaftliche Aspekte mit ein. Nachdem im dort entschiedenen Fall der Betreute das Wohnungsrecht aller Wahrscheinlichkeit nicht mehr nutzen will und wird und eine Nutzung durch Dritte rechtlich ausgeschlossen ist, hat es für den Betreuten jegliche wirtschaftliche Bedeutung verloren und ist damit wertlos geworden. Gegen die Aufgabe eines objektiv ersichtlich wertlosen Vermögensgegenstandes durch den Betreuer muss der Betreute aber nicht durch § 1804 BGB geschützt werden.
d) Der Einwand der Beklagten, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Wohnungsrecht nicht um eine Schenkung, sondern eine Leihe handele, greift nicht durch. Für das schuldrechtliche Wohnungsrecht hat die Rechtsprechung des Bundesgerichtshof angenommen, dass die Verpflichtung zur unentgeltlichen Gebrauchsüberlassung einer Wohnung auf Lebenszeit als Leihvertrag (§ 598 BGB) und nicht als Schenkung (§ 516 BGB) zu qualifizieren ist (BGHZ 82, 354). Hier liegt aber ein dingliches Wohnungsrecht vor.
e) Bei der am 11.05.2000 bewilligten Löschung des Wohnungsrechts hat sowohl auf Seiten Frau Us als auch der Beklagten eine Schenkungsabsicht bestanden. Zwar wurde nicht die Form eines notariellen Schenkungsvertrages gewählt. Aus der Löschungsbewilligung ergibt sich aber die schenkweise Aufgabe des Wohnungsrechts durch die Berechtigte. Es handelt sich dabei auch nicht um eine -nach § 875 BGB durchaus mögliche einseitige Aufgabe eines Rechts -sondern um die schenkweise Erfüllung einer Vereinbarung. Dies ergibt sich aus dem ausdrücklichen Wortlaut der Löschungsbewilligung, in der geregelt ist, dass Gegenleistungen für die Aufgabe des Wohnungsrechts nicht zu erbringen seien. Hinsichtlich der Kostentragung für diese notarielle Urkunde war eine hälftige Kostenteilung zwischen Frau U und den Grundstückseigentümern vereinbart, was ebenfalls auf eine vertragliche Vereinbarung hindeutet. Ausweislich der Urkunde selbst sollte auch die Schenkungssteuerstelle eine beglaubigte Abschrift der Löschungsbewilligung erhalten. Diese Kriterien belegen eindeutig den schenkungsvertraglichen Charakter der Aufgabe des Wohnungsrechts durch Frau U und die Annahme durch die Beklagten. Dies ist völlig unabhängig davon, dass Frau U nach der Aufgabe des Wohnungsrechts nicht mehr verpflichtet war, die im Vertrag vom 18.10.1995 vereinbarten Nebenkosten für die Wohnung zu tragen, sie sich also weitere Kosten für die von ihr nicht mehr genutzte Wohnung ersparte.
2. Soweit die Beklagten zu 2) und 3) meinen, dass die Voraussetzungen der Verarmung bei Frau U nicht vorgelegen haben, haben sie keine konkreten Anhaltspunkte aufgezeigt, nach denen eine Hilfebedürftigkeit von Frau U ausscheidet. Zwar hat der Kläger die Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen und damit auch für die Hilfebedürftigkeit von Frau U. Der Kläger kann aber grundsätzlich die Angaben der Antragstellerin seiner Entscheidung zugrunde legen, wenn keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass diese falsch oder unvollständig sind. Wenn die Beklagten die Verarmung von Frau U bestreiten, bestreiten sie mittelbar die Hilfegewährung durch den Kläger, wie sie in den bestandskräftigen Bescheiden zum Ausdruck kommt. Etwas Substantielles gegen die Richtigkeit der Bescheide haben die Beklagten, denen insoweit eine sekundäre Darlegungslast obliegt, nicht vorgetragen. Ihr Hinweis auf Geldübertragungen ihres Vaters an Frau U und das diesbezügliche Beweisangebot (Herr K) sind unbeachtlich, weil diese Geldübertragungen - deren zeitliche Einordnung und Höhe nicht vorgetragen wurden - jedenfalls noch zu Lebzeiten des am 13.06.1996 verstorbenen Vaters erfolgt sein müssten. Da Frau U aber erst ab Juni 2008 Leistungen des Klägers bezogen hat, sagen diese mindestens zwölf Jahre zurückliegenden Zuwendungen über die Verarmung der Leistungsberechtigten zum Zeitpunkt der Hilfegewährung durch den Kläger nichts aus. Das Geld kann in der Zwischenzeit schlicht verbraucht sein. Für die von den Beklagten aufgestellte Vermutung der mutwilligen Übertragung des Vermögens auf ihre Tochter oder andere Angehörige, um die Verarmung herbeizuführen, findet sich kein tatsächlicher Anhaltspunkt.
3. Der Senat ist nach der Aussage der Zeugin M davon überzeugt, dass der vom Kläger für die Unterbringung von Frau U in der Zeit vom 20.06.2008 bis zum 30.09.2011 geleistete Anteil 16.733,97 € betragen hat. Die Zeugin ist in der Leistungsabteilung des Bezirks für Hilfe zur Pflege und Kriegsopferfürsorge beschäftigt und hat Ausdrucke über die Hilfegewährung erstellt, aus denen sich der genannte Betrag ergibt. Die Zeugin hat die einzelnen Buchungsnummern erläutert und angegeben, dass der Bezirk die drei Renten von Frau U (Altersrente, Witwenrente und Firmenrente) vereinnahmt. Diese stellen den Kostenbeitrag (KOB) dar. Die für Frau U gezahlte Grundrente in Höhe von 401,- € dürfe nach dem BVG nicht vom Bezirk gefordert und vereinnahmt werden. Die Leistungen der Pflegekassen seien bei den Beträgen, die dem Bezirk in Rechnung gestellt wurden, insgesamt 51.619,49 €, bereits abgezogen. Bei der Aufstellung sei durch Anfügung des Buchstaben B erkennbar, wenn sich die Kosten der Pflege wegen Abwesenheit reduzieren, so dass einzelne Tage mit geringeren Beträgen in Rechnung gestellt worden seien. Die Renten seien als Kostenbeitrag in Höhe von 36.673,90 € abzuziehen. Bei der "Summe BEWI" in Höhe von 3.124,10 € handele es sich um Fahrdienstleistungen des Behindertenfahrdienstes. Diese seien ebenfalls vom Bezirk getragen worden.
4. Grundsätzlich wird beim Rückforderungsanspruch nach § 528 Abs. 1 S. 1 BGB zwar Naturalrestitution (§ 812 Abs. 1 S. 1 BGB) geschuldet. Ist der Unterhaltsbedarf aber geringer als der Wert des geschenkten Gegenstandes und ist bei einem real unteilbaren Geschenk -wie hier in Form der Aufgabe eines Wohnungsrechts - eine Teilherausgabe unmöglich, ist gemäß § 818 Abs. 2 BGB (Teil-)Wertersatz in Geld zu leisten (BGHZ 94, 141). Bei regelmäßig wiederkehrendem Bedarf richtet sich der Anspruch aus § 528 Abs. 1 S. 1 BGB demgemäß nach ständiger Rechtsprechung auf wiederkehrende Leistungen des Beschenkten in einer dem angemessenen Unterhaltsbedarf entsprechenden Höhe, und zwar so lange, bis der Wert des Schenkungsgegenstandes erschöpft ist (BGHZ 137, 76, 83; 146, 228, 231; BGH NJW2003, 53).
Dabei liegt der nach § 528 Abs. 1 BGB herauszugebende Wert der Bereicherung nicht im Wert des Wohnungsrechts für den Wohnungsberechtigten, sondern in der Erhöhung des Verkehrswerts des Grundstücks bei Wegfall des Wohnungsrechts, da nur der sich hieraus ergebende Wertzuwachs dem Beschenkten zugute kommt (vgl. BGH NJW 2000, 728 ff [BGH 26.10.1999 - X ZR 69/97]). Das vom Senat hierzu in Auftrag gegebene Sachverständigengutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. H ist auf der Basis der Sachwertermittlung unter Berücksichtigung der Anlage 17 zu WertR 2006 für das Einfamilienhausgrundstück in der P-Straße ... in S. zu einem Wert für das unbelastete Grundstück von 175.000,- € gekommen. Nach Abzinsung dieses Wertes auf die Dauer des Rechtes und unter Ansatz des Barwertes zwischenzeitlicher Belastungen für die Eigentümer hat der Sachverständige den Wert des belasteten Grundstücks zum Stichtag am 11.05.2000 mit 80.000,- € festgestellt. Damit hat der Wertzuwachs des streitgegenständlichen Grundstücks zum Zeitpunkt der Aufgabe des Wohnungsrechts 95.000,- € betragen. Die Beklagten, die Gelegenheit zur Stellungnahme zu diesem schriftlichen Sachverständigengutachten hatten, haben ausdrücklich eine Stellungnahme zu dem Gutachten für entbehrlich gehalten und nur daran festgehalten, dass die Werte des Objekts zu hoch geschätzt seien, da trotz der Ausbauarbeiten der Beklagten im Jahr 2005 kein höherer Wert als 165.000,- € zu erzielen gewesen sei. Der Senat schließt sich den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen aufgrund eigener Würdigung an und geht -je nach Bedarf der Frau U - von einem Herausgabeanspruch in Höhe von bis zu 95.000,- € aus, so dass die Klageforderung in jedem Fall abgedeckt ist. Dass die Beklagten das Anwesen 2005 für (nur) 165.000,- € verkaufen konnten, steht der Richtigkeit der Sachverständigenbewertung nicht entgegen. Wie allgemein bekannt ist, lässt sich der tatsächliche Verkehrswert nicht immer zu jedem Zeitpunkt erzielen.
5. Der Schenkungsrückforderungsanspruch richtet sich gegen die Beschenkten, wobei mehrere Beschenkte Gesamtschuldner sind (BGH NJW 98, 537 [BGH 28.10.1997 - X ZR 157/96]). Darauf, ob es sich bei dem Anspruch aus § 528 BGB um eine Nachlassverbindlichkeit handelt, kommt es nicht an. Vorliegend richtet sich der Anspruch unmittelbar gegen die Beklagten als Begünstigte der Wohnungsrechtsaufgabe.
6. Das Landgericht ist auch zu Recht von der Zulässigkeit der Feststellungsklage ausgegangen. Das erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, dass der Kläger fortwährend und für nicht absehbare Zeit weitere Kosten der Unterbringung für Frau U aufzuwenden hat. Diese Kosten können bis zur Erschöpfung des Schenkungswertes geltend gemacht werden. Der diesbezügliche Antrag zur weitergehenden Erstattungspflicht über einen Betrag von 25.000,- € ist im Hinblick auf das eingeholte Sachverständigengutachten in jedem Fall gerechtfertigt.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO, § 100 Abs. 4 ZPO; die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und auch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung keine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert, war die Revision nicht zuzulassen.
Beschluss:
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 36.799,97 € festgesetzt.