09.01.2015 · IWW-Abrufnummer 143614
Hessisches Landessozialgericht: Urteil vom 16.09.2014 – L 2 R 140/13
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Landessozialgericht Hessen
Urt. v. 16.09.2014
Az.: L 2 R 140/13
Tenor:
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 14. Dezember 2012 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Gewährung einer sog. großen Witwerrente aus der Versicherung der 1960 geborenen und 2008 verstorbenen B. A. (im Folgenden: Versicherte).
Der 1960 geborene Kläger heiratete die Versicherte am xx. Juni 2008. Im August 2003 war bei ihr ein Mammakarzinom links diagnostiziert worden. Nach neoadjuvanter Chemo- und auch Strahlentherapie nahm die Versicherte ihre Erwerbstätigkeit als Stewardess bei der C. im Sommer 2004 wieder auf.
Wegen starker Kopfschmerzen mit Übelkeit, Erbrechen und auch Sehstörungen einhergehend wurde die Versicherte nach bereits am 31. März 2008 erfolgter Notfallvorstellung am 3. April 2008 in die Klinik für Neurologie der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main stationär aufgenommen. Dort wurde die zytologisch gesicherte Diagnose einer Meningeosis carcinomatosa mit initial massiver Hirndrucksteigerung gestellt. In den Folgemonaten unterzog sich die Versicherte mehrerer Chemo- und Strahlentherapien. Ab Oktober 2008 wurde die Versicherte auch stationär nur noch palliativ therapiert. Zuletzt befand sie sich im Hospiz Advena in Wiesbaden, wo sie letztlich auch verstarb.
Post mortem gewährte die Beklagte der Versicherten resp. dem Kläger mit Bescheid vom 18. Oktober 2010 rückwirkend für die Zeit von September 2008 bis Dezember 2008 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Dabei sah sie als Rentenantrag den von der Versicherten noch am 19. September 2008 gestellten Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation an. Den Leistungsfall machte die Beklagte am Beginn der (letzten dauerhaften) Arbeitsunfähigkeit am 28. März 2008 fest.
Der Kläger beantragte am 29. Januar 2010 die Gewährung einer Witwerrente. Im Rahmen der Sachermittlungen von Amts wegen zog die Beklagte einen Befundbericht der früheren Ärztin der Versicherten, Dr. D. (Fachärztin für Allgemeinmedizin) vom 7. Dezember 2010 bei. Nach Auswertung dieses Berichtes und der beigefügten medizinischen Dokumentation über den Krankheitsverlauf lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 11. Januar 2011 unter Hinweis auf die Ehedauer ab. Zum Zeitpunkt der Eheschließung habe die Versicherte bereits an einer lebensbedrohlichen Krankheit gelitten, die Ehe habe zum Zeitpunkt des Todes weniger als ein Jahr bestanden. Bei einer Ehedauer von weniger als einem Jahr gehe der Gesetzgeber davon aus, dass der alleinige oder überwiegende Zweck der Eheschließung der Anspruch auf die Hinterbliebenenrente sei. Diese Annahme könne im Einzelfall widerlegt werden, wenn besondere Umstände gegen die gesetzliche Vermutung sprächen. Ein Ausnahmetatbestand dieser Art sei jedoch nicht gegeben.
In seinem Widerspruch hiergegen wies der Kl äger auf die mehr als zwanzigjährige ehegleiche Gemeinschaft mit der Versicherten hin. Das Paar habe eine gemeinsame Wohnung gehabt, Urlaube seien ausschließlich gemeinsam verbracht worden, der gesamte Freundeskreis sei von einem Ehepaar ausgegangen. Die Eheschließung sei insoweit nichts anderes als der logische Schritt einer echten Beziehung gewesen. Dabei sei auch nicht absehbar gewesen, dass die Erkrankung der Versicherten bereits nach kurzer Zeit zum Tode führen würde. Im Zeitpunkt der Eheschließung hätte sich die Gesundheit der Versicherten stabilisiert gehabt, es habe sich weder um eine Notehe gehandelt, noch habe die Versicherte ein Nottestament errichtet. Die Ehe hätte auch schon früher geschlossen werden können. Einen Kinderwunsch habe das Paar aus beruflichen Gründen zurückgestellt. Beide seien bei der C. vollbeschäftigt und oft längere Zeit im nahen und fernen Ausland gewesen. Die förmliche Eheschließung habe stattfinden sollen, wenn mindestens die Versicherte ihre Anstellung bei der C. ohne Flugtätigkeit hätte behalten können. Dies habe angestanden, die Versicherte habe einen triftigen Grund gehabt, sich nach der Eheschließung zum Bodenpersonal versetzen zu lassen. Einen einer früheren Eheschließung entgegenstehenden Grund, wie etwa denkbare Zwischenliebesverhältnisse, habe es nicht gegeben. Das Liebesverhältnis zwischen der Versicherten und dem Kläger habe ohne Einschränkung durchgängig von Anfang an bestanden. Zur Bestätigung seiner Erklärung und der schon früheren Heiratsabsichten legte der Kläger Zeugenaussagen der Tante der Versicherten, Frau E., vom 17. März 2011, und eines befreundeten Ehepaares, der Eheleute F., vom 14. März 2011 nebst Hochzeitsbildern vor.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 12. Juli 2011 unter Bestätigung der Gründe des Ausgangsbescheides zurück. Ergänzend führte sie aus, dass anhand der im Rentenverfahren herangezogenen medizinischen Befunde festzustellen sei, dass die Versicherte bereits 2003, 2004 an einer schwerwiegenden Krebserkrankung gelitten gehabt habe. Im April 2008 sei dann die schwere und lebensbedrohliche Erkrankung (Meningeosis carcinomatosa) bekannt geworden. Aus medizinischer Sicht seien bei der Schwere dieser Erkrankung zum Zeitpunkt der Eheschließung die tödlichen Folgen bzw. das Ableben der Versicherten innerhalb eines Jahres abzusehen gewesen. Ein Ausnahmetatbestand von der gesetzlichen Vermutung einer Versorgungsehe sei damit nicht gegeben. Die übrigen Motive, nach langjährigem eheähnlichen Zusammenleben und gemeinsamer Haushaltsführung nunmehr die bereits gleichsam jahrelang geplante Eheschließung förmlich vorzunehmen, seien im Vergleich zu der bereits vor dem Zeitpunkt der Eheschließung offenkundig bekannten lebensbedrohlichen Erkrankung nicht als hinreichend gewichtig anzusehen. Unter Hinweis auf eine Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 5. Mai 2009 (Az.: B 13 R 55/08 R) führte die Beklagte insoweit an, dass mit dem Grad der Lebensbedrohlichkeit einer Krankheit und dem Grad der Offenkundigkeit der Grad des Zweifels an den zu beweisenden besonderen Umständen steige.
Seinen Anspruch verfolgte der Kläger mit Klage vor dem Sozialgericht Frankfurt am Main weiter. Zur Begründung wies er nochmals darauf hin, bereits vor 1988 mit der Versicherten zusammen gewesen und seit September 1988 zusammen gewohnt zu haben. Eine Eheschließung sei grundsätzlich von beiden von Anfang an geplant gewesen, habe sich jedoch berufsbedingt immer wieder verschoben. Seinen bisherigen Vortrag wiederholend hob der Kläger nochmals hervor, dass zum Zeitpunkt der Eheschließung das alsbaldige Ableben der Versicherten nicht absehbar gewesen sei. Man habe zwar gewusst, dass die Versicherte erkrankt gewesen sei, von einer besonders schweren Erkrankung hätten jedoch weder die Versicherte noch der Kläger selbst etwas geahnt. Ebenso wie die Versicherte hätte letztlich auch der Kläger selbst nach relativ kurzer Ehedauer versterben können. Wäre die Ehe nur aus Versorgungsgründen geschlossen worden, hätte das Paar sicherlich nicht eine Hochzeitsfeier veranstaltet. Die vorgelegten Hochzeitsfotos belegten eine fröhliche Braut, die sich über die Eheschließung nach jahrzehntelanger gemeinsamer Freundschaft und Lebensführung freue. Eine aus finanziellen Gründen, kurz vor dem Tod des Lebenspartners, geschlossene Ehe sehe anders aus. Für die gesamte Verwandtschaft der Versicherten und auch den langjährigen Freundeskreis sei die Heirat klar gewesen. Die Prognose für eine Metastasierung mit Befall der Hirnhäute sei ihnen nicht bekannt gewesen. Andernfalls hätten sie nicht mehr geheiratet. Vielmehr sollte, gerade weil die Versicherte an Krebs erkrankt gewesen sei, die dauerhafte schon Jahrzehnte vorher bestandene ehegleiche Lebensgemeinschaft besiegelt werden. Die Hochzeit sei geplant gewesen; die für die Eheschließung beim Standesamt zu zahlenden Kosten seien bereits am 13. Mai 2008 geleistet worden. Zeitlich davor seien Unterlagen aus Österreich zu beschaffen gewesen. Insgesamt errechne sich ein Vorbereitungszeitraum für die Hochzeit von circa zwei Monaten. Zu diesem Zeitpunkt sei mit einem alsbaldigen Ableben nicht zu rechnen gewesen. Die Versicherte habe zum Zeitpunkt der Eheschließung in der Blüte ihres Lebens gestanden und auch ihre beruflichen Pflichten als Stewardess verrichtet. Die Beklagte hielt dementgegen, dass bereits im April 2008 die schwere Erkrankung Meningeosis carcinomatosa diagnostiziert worden sei, nachdem bereits ab Februar 2008 starke Kopfschmerzen mit Übelkeit und Sehstörungen aufgetreten waren. Die Prognose für eine Metastasierung der Krebserkrankung mit Befall der Hirnhäute hätte den Eheleuten bekannt gewesen sein müssen. Sie hätten damit rechnen müssen, dass der Tod in relativ kurzer Zeit eintreten würde. Es sei nicht auszuschließen, dass nach der Diagnose die Beziehung überwiegend aus erb- und steuerrechtlichen Gründen neu geregelt werden sollte. Nach der Erklärung der Zeugin E. hätte die verstorbene Versicherte einen nicht unbetr ächtlichen Grundbesitz besessen. Nicht relevant sei, dass die Hochzeit nach zunächst Stabilisierung des Allgemeinzustandes durch die Chemo- und Strahlentherapie ein freudiges Ereignis gewesen sei. Maßgeblich seien die Gründe der Ehepartner für die Eheschließung. Unrelevant sei ebenfalls, dass die Ehe schon Jahre vorher hätte geschlossen werden sollen. Die Lebensbedrohlichkeit einer Krebserkrankung, gerade bei erfolgter Metastasierung der Hirnhäute, seien sowohl dem Kläger als auch der Versicherten bekannt gewesen, denn Mutter und Schwester der Versicherten seien mit 44 beziehungsweise 45 Jahren an den Folgen einer Krebserkrankung verstorben. Trotz der durch den Ablass des Liquors vorübergehend eingetretenen Besserung habe es keine medizinischen Anhaltspunkte gegeben, die für eine überwiegende Ein-Jahres-Überlebensrate gesprochen hätten. Die tödlichen Folgen der Krankheit seien vorhersehbar gewesen. Die Hochzeitsfotos belegten eine fröhliche Braut. Die Fröhlichkeit könne nachvollzogen werden, der Versicherten sei es an ihrem Hochzeitstage gesundheitlich offenbar gut gegangen und sie habe einen schönen Tag verbracht. Keinesfalls belege das Hochzeitsfoto, aus welchen Motiven der Heiratswunsch nach der zum Tode führenden Diagnose erwacht sei. Unbeachtlich sei auch, dass die Ärzte nicht mit Sicherheit bestätigen konnten, dass der Tod innerhalb von zwölf Monaten nach der Eheschließung eintreten würde. Entscheidend sei lediglich, dass mit einem baldigen Ableben zum Zeitpunkt der Eheschließung habe gerechnet werden müssen.
Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 14. Dezember 2012 ab. Zur Begründung bezog es sich auf den Widerspruchsbescheid und führte ergänzend aus, dass es dem Kläger auch im Klageverfahren nicht gelungen sei, einen Grund für die Eheschließung darzulegen, der geeignet sei, die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe zu widerlegen. Insbesondere habe er nicht nachgewiesen, dass konkrete Heiratspläne oder gar Hochzeitsvorbereitungen bereits vor der Diagnose der lebensbedrohlichen Erkrankung bestanden hätten. Das Aufgebot sei nachweislich nach Kenntnis der Diagnose bestellt worden, auch die genannten Zeugen hätten entsprechende anderweitige Pläne nicht bestätigt. Mitgeteilt hätten diese lediglich, dass niemals Gründe gegen eine Eheschließung geäußert worden seien. Auch habe der Kläger nicht zur Überzeugung der Kammer nachweisen können, dass der Zweck der Heirat die Absicherung der Pflege und Betreuung der Versicherten gewesen sei. Bereits der Zeitpunkt des erstmaligen Vorbringens dieser Gründe, Ende Juli 2012, spreche gegen das Vorliegen eines solchen Motives im Zeitpunkt der Heirat. Hier dränge sich die Frage auf, wieso der Kläger dieses Motiv nicht schon im Verwaltungsverfahren oder zumindest zu Beginn des Klageverfahrens vorgebracht habe, wenn es denn tatsächlich ein wesentlicher Grund für die Eheschließung gewesen sei. Der Hinweis auf die lange Dauer der Partnerschaft und eine seit langem geplante Heirat reiche für die Widerlegung der Vermutung einer Versorgungsehe nicht aus. Zu Recht habe die Beklagte darauf hingewiesen, dass es nicht darauf ankomme, bei Eheschließung mit Sicherheit erkennen zu können, dass der Tod innerhalb von zwölf Monaten eintreten werde, sondern lediglich darauf, dass angesichts der Schwere der Erkrankung in absehbarer Zeit mit einem baldigen Ableben zu rechnen sei.
Gegen die ihm am 21. Februar 2013 zugestellte Entscheidung hat der Kläger am 19. März 2013 Berufung bei dem Hessischen Landessozialgericht angebracht. Zur Begründung wiederholt er im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen und hebt hervor, dass der Todeszeitpunkt der Versicherten nicht absehbar gewesen sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 14. Dezember 2012 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 11. Januar 2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2011 zu verurteilen, ihm auf seinen Antrag vom 29. Januar 2010 eine Witwerrente aus der Versicherung von B. A. (Versicherungsnummer xxxxx) in gesetzlicher Höhe zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Ergänzend trägt sie vor, dass die vor dem standesamtlichen Termin erfolgten aufwändigen Therapien lediglich lebensverlängernden Charakter gehabt hätten. Unter Hinweis auf einen medizinischen Artikel in einer Fachzeitschrift trägt sie vor, dass die mittlere Überlebensdauer von Patienten mit Meningeosis carcinomatosa bei fehlender Behandlung lediglich einen Monat betrage. Bei Behandlungen, wie sie der Versicherten zuteil geworden seien, betrage die mittlere Überlebensdauer 7,5 Monate.
Der Senat hat die Akte zur Eheschließung von dem Standesamt A-Stadt beigezogen. Danach erfolgte die schriftliche Beratung zur Beibringung der Unterlagen zum Heiraten am 24. April 2008, die Anmeldung der Eheschließung am 13. Mai 2008. Da für die Versicherte ein österreichisches Ehefähigkeitszeugnis zu beantragen gewesen sei, habe man wegen der von ihr mitgeteilten schweren Erkrankung um beschleunigte Bearbeitung gebeten, was von der österreichischen Standesbeamtin beachtet worden sei. Die Eheschließung habe regulär am xx. Juni 2008 stattgefunden. Es habe sich um keine Nottrauung gehandelt.
Auf Antrag des Klägers hat der Senat ein fachonkologisches Sachverständigengutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von Prof. Dr. J. vom 8. Mai 2014 eingeholt. Darin hat der Arzt für Innere Medizin, Hämatologie und Internistische Onkologie ausgeführt, dass zwar in Fachkreisen allgemein bekannt sei, dass ein metastasiertes Mammakarzinom eine sehr ungünstige Prognose habe und ein Langzeitüberleben sehr selten sei. Es gäbe jedoch einzelne Fälle mit einem Überleben von mehreren Jahren. Patienten seien über die Prognose ihrer Erkrankung häufig nicht ausreichend informiert und hätten zum Teil falsche Vorstellungen über die Überlebenszeit. Der Wissensstand der Patienten sei von der Aufklärung abhängig. Im Falle der Versicherten seien nach vierjähriger Remissionszeit im April 2008 Hirnmetastasen und ein Befall der Hirnhäute aufgetreten. Dies bedeute medizinisch gesehen eine unheilbare Situation, das heißt die Überlebenszeit sei trotz Einleiten einer spezifischen palliativen Antitumorbehandlung begrenzt. Die Überlebenszeit bei diesem Befund betrage bei Ansprechen auf die palliative Behandlung eine Größenordnung von Monaten, bei Nichtansprechen von Wochen. Nur in wenigen Einzelfällen betrage die Überlebensdauer länger als ein Jahr. Ob der Versicherten oder ihren Angehörigen dies bewusst gewesen sei, hänge von dem Grad der Aufklärung und den an den behandelnden Arzt seinerzeit konkret gestellten Fragen ab. Die Eheschließung habe am xx. Juni 2008 in der Phase einer Chemotherapie stattgefunden. Der Erfolg der Maßnahme habe zu diesem Zeitpunkt nicht vorhergesagt werden können. Allerdings habe der Versicherten und den Angehörigen bekannt sein müssen, dass die Prognose ungünstig und eine Heilung beziehungsweise ein Langzeitüberleben in dieser Situation sehr unwahrscheinlich sei. Insgesamt habe die Schwere der Erkrankung für die Versicherte und den Kläger offenkundig gewesen sein müssen, nicht jedoch der zu erwartende (letale) Krankheitsverlauf und das Versterben innerhalb eines Jahres nach der Eheschließung.
Aus der österreichischen Rentenversicherung bezieht der Kläger seit dem 29. Januar 2010 eine Witwerpension (Bescheid der Pensionsversicherungsanstalt Wien vom 13. September 2010).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten und die Gerichtsakte verwiesen, die sämtlichst Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung waren.
Entscheidungsgründe
Die gem. §§ 143, 144, 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, in der Sache jedoch unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 11. Januar 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Juli 2011 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Das Sozialgericht hat zu Recht entschieden, dass der Kläger keinen Anspruch auf Gewährung einer Witwerrente aus der Versicherung seiner verstorbenen Ehefrau B. A. hat.
Anspruchsgrundlage für die streitgegenständliche Leistung ist § 46 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI). Nach dem Absatz 2 Satz 1 dieser Vorschrift haben Witwer, die nicht wieder geheiratet haben, nach dem Tode des versicherten Ehegatten, der die allgemeine Wartezeit erfüllt hat, u. a. dann Anspruch auf große Witwerrente, wenn sie das 45. Lebensjahr vollendet haben. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
Der Kläger ist der Witwer der 2008 verstorbenen Versicherten der Beklagten B. A., die die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren gemäß § 50 Abs. 1 SGB VI unstreitig erfüllt hatte. Er hatte im Zeitpunkt des Todes der Versicherten zudem auch bereits das 45. Lebensjahr vollendet.
Dem Anspruch auf Witwerrente steht jedoch § 46 Abs. 2a SGB VI entgegen. Diese Vorschrift, die mit Wirkung vom 1. Januar 2002 durch das Altersvermögensergänzungsgesetz vom 21. März 2001 (BGBl. I S. 403) eingeführt worden ist und für alle seit dem 1. Januar 2002 geschlossenen Ehen gilt (§ 242 a Abs. 3 SGB VI), bestimmt, dass der Witwer dann keinen Anspruch auf Witwerrente hat, wenn die Ehe nicht mindestens ein Jahr gedauert hat, es sei denn, dass nach den besonderen Umständen des Falles die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Diese Regelung entspricht den Regelungen im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung (§ 65 Abs. 6 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch - SGB VII -) und des Bundesversorgungsgesetzes (§ 38 Abs. 2 BVG). Bei einer Ehedauer von weniger als einem Jahr enthält das Gesetz eine Vermutung dahingehend, dass beim Tod des Versicherten innerhalb eines Jahres nach der Eheschließung die Erlangung einer Versorgung Ziel der Eheschließung war.
Da die Ehe des Klägers mit der Versicherten am xx. Juni 2008 geschlossen wurde und bis zum Tod des Versicherten 2008 nur knapp sieben Monate gedauert hat, ist der Tatbestand des § 46 Abs. 2a SGB VI erfüllt. Der Ausschluss vom Anspruch auf Hinterbliebenenrente tritt deshalb nur dann nicht ein, wenn besondere Umstände vorliegen, aufgrund derer trotz der kurzen Ehedauer die Annahme nicht gerechtfertigt ist, dass es der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, einen Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung zu begründen. Besondere Umstände dieser Art bestehen zur Überzeugung des Senats jedoch vorliegend nicht. Einen von dem Versorgungsgedanken abweichenden, diesem zumindest gleichwertigen Zweck der Eheschließung konnte der Kläger auch im Berufungsverfahren nicht nachweisen.
Dazu im Einzelnen: Die gesetzliche Vermutung des Vorliegens einer Versorgungsehe kann dadurch widerlegt werden, dass besondere Umstände dargetan werden, die die Annahme einer Versorgungsehe im konkreten Fall als nicht gerechtfertigt erscheinen lassen. Die Vermutung ist allerdings nur dann widerlegt, wenn die Abwägung aller zur Eheschließung führenden Motive beider Ehegatten ergibt, dass es insgesamt nicht der alleinige oder überwiegende Zweck der Heirat war, der Witwe bzw. dem Witwer eine Versorgung zu verschaffen (BSG vom 28. März 1973 - 5 RKnU 11/71). Dabei setzt die Widerlegung der Vermutung gemäß § 202 SGG in Verbindung mit § 292 Zivilprozessordnung (ZPO) den Beweis des Gegenteils voraus. Der damit erforderliche Vollbeweis verlangt zumindest einen der Gewissheit nahekommenden Grad der Wahrscheinlichkeit; die nur denkbare Möglichkeit, dass bestimmte Tatsachen vorliegen, reicht nicht aus. Dieser Beweis ist erst erbracht, wenn alle Umstände des Falles nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die volle richterliche Überzeugung hiervon oder einen so hohen Grades an Wahrscheinlichkeit zu begründen, dass kein vernünftiger Mensch noch zweifelt (BSG SozR 3-3900 § 15 Nr. 3 m.w.N.).
Als besondere Umstände im Sinne des Gesetzes sieht der Senat in Übereinstimmung mit der in der Literatur und Rechtsprechung vertretenen Ansicht alle äußeren und inneren Umstände des Einzelfalles, die auf einen von der Versorgungsabsicht verschiedenen Beweggrund für die Heirat schließen lassen (BSG vom 5. Mai 2009 - B 5 R 55/08 R). Hierbei kommen insbesondere in Betracht:
- der nicht vorhersehbare Tod des Ehepartners
- die Nachholung einer nach ausländischem Recht gültig geschlossenen Ehe, die nach deutschem Recht nicht gültig war
- das Vorhandensein gemeinsamer leiblicher Kinder
- das Vorliegen einer Schwangerschaft
- die Erziehung eines minderjährigen Kindes des Verstorbenen durch den Hinterbliebenen,
- eine Heirat zur Sicherung der erforderlichen Betreuung oder Pflege des anderen Ehegatten.
(vgl. hierzu Kamprad in: Hauck/Heines, SGB VI, Gesetzliche Rentenversicherung, Kommentar, Lieferung 3/10, Stand Oktober 2010, § 46 Rdnr. 38).
Diese Aufzählung ist allerdings weder abschließend, noch ist bei Vorliegen einer der genannten Tatsachen eine Versorgungsehe automatisch ausgeschlossen. Notwendig ist vielmehr immer eine Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls, wobei letztlich maßgeblich ist, ob bei einer Gesamtschau der zur Eheschließung führenden Motive zumindest für einen der beiden Ehegatten die vom Gesetz hinsichtlich der Eheschließung widerlegbar vermutete Versorgungsabsicht erkennbar keine bzw. jedenfalls nicht die überwiegende Rolle gespielt hat (BSGE 35, 272, 274 [BSG 28.03.1973 - 5 RKnU 11/71]).
Insgesamt gilt, dass im Rahmen einer abschließenden Gesamtbewertung diejenigen besonderen (inneren und äußeren) Umstände, die gegen eine Versorgungsehe sprechen, umso gewichtiger sein müssen, je offenkundiger und je lebensbedrohlicher die Krankheit eines Versicherten zum Zeitpunkt der Eheschließung gewesen war (BSG vom 5. Mai 2009 aaO.). Dementsprechend steigt mit dem Grad der Lebensbedrohlichkeit einer Krankheit und dem Grad der Offenkundigkeit zugleich der Grad des Zweifels an dem Vorliegen solcher vom hinterbliebenen Ehegatten zu beweisenden besondere Umstände, welche von diesem für die Widerlegung der gesetzlichen Annahme ("Vermutung") einer Versorgungsehe bei einem Versterben des versicherten Ehegatten innerhalb eines Jahres nach Eheschließung angeführt werden.
Gemessen an diesen Kriterien konnte der Kläger die gesetzliche Vermutung des § 46 Abs. 2a SGB VI nicht widerlegen.
Für das Vorliegen einer Versorgungsehe spricht vorliegend entscheidend die zum Zeitpunkt der Eheschließung bestehende schwere, offenkundig lebensbedrohliche Erkrankung der Versicherten mit ungünstiger Verlaufsprognose. Ihre Lebenserwartung lag prognostisch im Zeitpunkt der Eheschließung unter einem Jahr.
Dies steht zur Überzeugung des Senats aufgrund der vorliegenden medizinischen Unterlagen über die Versicherte und einer vertieften Befassung mit ihrer Erkrankung fest.
Nach dem Entlassungsbericht der Klinik für Neurologie der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main vom 18. April 2008 wurde die Versicherte dort nach bereits zuvor am 31. März 2008 erfolgter Notfallbehandlung wegen starken Kopfschmerzen mit Übelkeit, Erbrechen und auch Sehstörungen einhergehend am 3. April 2008 stationär aufgenommen. Dort wurde die Diagnose einer Meningeosis carcinomatosa mit initial massiver Hirndrucksteigerung gestellt.
Nach zweimaligem Liquorablass war die Versicherte beschwerdefrei, noch im Krankenhaus wurde eine hochdosierte intrathekale Chemotheapie mit Methotrexat, Folinsäure, Cytarabin und Fortecortin begonnen, die nach Entlassung ambulant mit einer weiteren ergänzenden oralen Chemotherape (Capecitabin) und auch einer Strahlentherapie fortgesetzt wurde.
Bei der Meningeosis carcinomatosa handelt es sich um die Besiedlung der Hirnhäute mit metastasierenden Krebszellen durch diffuse Tumorzellaussaat im Liquorraum. Sie tritt meistens erst im Spätstadium einer Krebserkrankung auf und geht mit einer schlechten Prognose einher. Zwar ist die Lebenserwartung von dem zugrundeliegenden Primärtumor abhängig, gleichwohl beträgt die durchschnittliche Überlebenszeit ohne Behandlung nur Wochen, mit Behandlung wenige Monate. Eine einjährige Überlebenschance haben lediglich ein Viertel der Erkrankten (http://www.med2click.de/meningeosis-carcinomatosa-5526).
Wenngleich im Einzelnen nicht näher feststellbar ist, welche genaue Kenntnis der Kläger und die Versicherte nach Entlassung der Versicherten aus dem Krankenhaus am 18. April 2008 hatten, hat der Senat keinen Zweifel daran, dass beiden das Ausmaß der Erkrankung wie auch die Lebensbedrohlichkeit bewusst waren. Die Versicherte war bereits 2003 an einem Mammakarcinom erkrankt gewesen, sowohl ihre Mutter als auch ihre Schwester waren mit 44 bzw. 45 an Krebs verstorben. Bei diesem persönlichen und familiären Hintergrund liegt es jedenfalls nahe, dass die Versicherte sich eingehend mit ihrer Erkrankung und der Verlaufsprognose befasst hat.
Auch der auf Antrag des Klägers gehörte onkologische Sachverständige Prof. Dr. J. weist in seinem Gutachten vom 8. Mai 2014 auf die besonders ungünstige Verlaufsprognose der Meningeosis carcinomatosa bereits nach wenigen Monaten in Folge der Tumorprogression hin. Im Falle der Versicherten hätten die Hirnmetastasen mit Befall der Hirnhäute im April 2008 eine medizinisch gesehen unheilbare Situation mit einer begrenzten Überlebenszeit trotz Einleitung einer spezifischen palliativen Antitumorbehandlung bedeutet. Die Überlebenszeit bei diesem Befund betrage bei Ansprechen auf die Palliativbehandlung Monate, bei Nichtansprechen Wochen, in wenigen Einzelfällen länger als ein Jahr. Nachvollziehbar ist die Aussage der Sachverständigen, dass die Kenntnis der Versicherten von dem letalen Krankheitsverlauf von dem Grad der Aufklärung und den von ihr gestellten Fragen abhängig sei. Gleiches gilt für die Heilung und Hoffnung bzw. eine längere Überlebenszeit selbst bei erfolgter Aufklärung. Fest steht nach dem Sachverständigengutachten jedoch, dass für die Versicherte und auch den Kläger die Schwere der Erkrankung offenkundig gewesen sein musste, ebenso, dass die Prognose ungünstig und eine Heilung bzw. ein Langzeitüberleben in dieser Situation sehr unwahrscheinlich war.
Entgegen dem Vorbringen des Klägers ist daher davon auszugehen, dass die Erstberatung zur Eheschließung am 24. April 2008 und auch die Anmeldung zur Eheschließung am 13. Mai 2008 unter dem Eindruck der fortschreitenden lebensbeendenden Erkrankung, nicht aber einer - zu diesem Zeitpunkt an keiner Stelle dokumentierten - Besserung des Gesundheitszustandes der Versicherten erfolgten. Eine länger andauernde wesentliche Besserung des Gesundheitszustandes der Versicherten war nach der Diagnose nicht mehr zu erwarten. Die Therapien hatten ausschließlich lebensverlängernden palliativen Charakter in dem aufgezeigten statistischen Rahmen. Dafür spricht auch die von den Verlobten bei der Anmeldung zur Eheschließung durch Vorlage des hausärztlichen Attestes von Dr. D. vom 8. Mai 2008 geäußerte Bitte um bevorzugte Bearbeitung des Aufgebotes wegen der schweren Erkrankung der Versicherten.
Klarstellend weist der Senat darauf hin, dass glaubhaft, aber vorliegend unbeachtlich ist, dass der Kläger und die Versicherte auf eine Lebensdauer von mehr als einem Jahr gehofft haben mögen und dass der konkrete (frühere) Tod bereits kurz vor Jahresende für sie überraschend eingetreten ist.
Dass die Hochzeit am xx. Juni 2008 ein schönes Ereignis war und der feierliche Rahmen belegen ein anderes ebenso nicht. Die vorgelegten Bilder vermitteln den Eindruck eines glücklichen und zufriedenen Brautpaares im Kreise ihrer Angehörigen und Freunde. Für die hier entscheidende Frage der Beweggründe für die Heirat sind sie jedoch nicht aussagekräftig.
Angesichts dieser tatsächlichen Gegebenheiten ist der Senat davon überzeugt, dass die Eheschließung am xx. Juni 2008 maßgeblich von der Kenntnis um die schwere Erkrankung und die Befürchtung des baldigen Ablebens der Versicherten bestimmt waren.
Zwar ist auch bei einer wie vorliegend nach objektiven Maßstäben schweren Erkrankung mit einer ungünstigen Verlaufsprognose und entsprechender Kenntnis der Ehegatten der Nachweis nicht ausgeschlossen, dass dessen ungeachtet (überwiegend oder zumindest gleichwertig) aus anderen als aus Versorgungsgründen geheiratet wurde.
Gewichtige, für ein abweichendes wesentliches (weiteres) Motiv sprechende Gründe als eine Versorgungsehe sind jedoch auch unter Berücksichtigung der Angaben des Klägers und der schriftlichen Zeugenaussagen von Frau E. und den Eheleuten F. nicht ersichtlich bzw. nicht im Vollbeweis gesichert. Vielmehr spricht nach der Lebensausrichtung und Beziehungsgestaltung alles dafür, dass der Kläger und die Versicherte sich dauerhaft auf eine nichteheliche Lebensgemeinschaft eingerichtet hatten und sich erst zur Heirat entschlossen haben, nachdem ihnen das ganze Ausmaß der Erkrankung der Versicherten bekannt und bewusst geworden ist.
Entgegen der Auffassung des Klägers ergibt sich nichts anderes aus dem mehr als zwanzigjährigen eheähnliche Zusammenleben mit der Versicherten. Das langjährige Bestehen einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft, auf das der Kläger in dem Verfahren wiederholt hingewiesen hat, ist vorliegend kein überzeugend gegen eine "Versorgungsehe" sprechender Umstand (so auch: Bayerisches Landessozialgericht vom 20. Februar 2013 - L 1 R 304/11, Landessozialgericht Baden Württemberg vom 16. Oktober 2012 - L 11 R 392/11). Einem Zusammenleben "ohne Trauschein" liegt nämlich in der Regel die bewusste, freie Entscheidung zugrunde, nicht zu heiraten und damit nicht den vielfältigen gesetzlichen Regelungen zu unterliegen, die für Eheleute gelten.
Auch die behauptete langjährige monogame Liebesbeziehung zwischen der Versicherten und dem Kläger ist kein gewichtiger gegen eine "Versorgungsehe" sprechender Umstand (so auch: Bayerisches Landessozialgericht vom 20. Februar 2013 - L 1 R 304/11Landessozialgericht Baden Württemberg vom 16. Oktober 2012 - L 11 R 392/11). Sie war vielmehr mehr als zwanzig Jahre lang gerade kein ausreichender Grund für eine Eheschließung. Indem der Kläger nicht behauptet, dass die Liebe erst mit der ungünstigen Prognose der Krankheit in einer Intensität entstanden sei, die den Entschluss zur Eheschließung ursächlich hervorgerufen hat, belegt er, dass das Paar sich ohne verheiratet zu sein lieben und miteinander leben wollte.
Ebenfalls konnte sich der Senat nicht zweifelsfrei davon überzeugen, dass konkrete Hochzeitspläne bereits vor Bekanntwerden der lebensbedrohlichen Erkrankung der Versicherten Anfang April 2008 bestanden, sich mithin die Eheschließung - wie vom Kläger vorgetragen - als konsequente Verwirklichung eines bereits zuvor getroffenen Heiratsentschlusses erwiese.
Langjährige Heiratsabsichten können nur dann die Vermutung der Versorgungsehe widerlegen, wenn sie hinreichend konkret sind und sich als die konsequente Verwirklichung einer schon vor Bekanntwerden der Erkrankung gefassten Heiratsabsicht darstellen (Bayerisches Landessozialgericht vom 23. Juli 2003 - L 2 U 360/01 und vom 20. Februar 2013 - L 1 R 304/11; LSG Baden Württemberg vom 22. Juni 2010 - L 11 R 1116/08). Lediglich abstrakte Pläne zur Heirat, ohne entsprechende Vorbereitungen und ohne definitiv ins Auge gefassten Termin, reichen nicht aus, um einen bereits vor dem Bekanntwerden der lebensbedrohlichen Erkrankung gefassten Heiratsentschluss annehmen zu können (LSG Baden Württemberg vom 16. Oktober 2012 - L 11 R 392/11).
Der Senat ist im Rahmen der erforderlichen Gesamtbewertung aller Umstände nicht in der Lage, im Wege des Vollbeweises eine solche Feststellung zu treffen. Nach den Grundsätzen der objektiven Beweislast wirkt sich dies vorliegend ebenfalls zulasten des Klägers aus.
Von dem Kläger wurde kein überzeugender Grund dafür genannt, warum die Versicherte und er angesichts einer "grundsätzlich" von Anfang an geplanten Eheschließung (Schriftsatz vom 21. Juli 2011) nicht bereits früher geheiratet haben. Soweit der Kläger auf berufsbedingte Verzögerungen durch häufige Auslandsaufenthalte hinweist und die Absprache, abzuwarten, bis die Versicherte als Bodenpersonal in A-Stadt bei der C. eingesetzt werden konnte, was altersbedingt 2008 angestanden habe, belegt dies gerade keine konkrete Heiratsabsicht bereits vor April 2008. Zum Ausdruck kommt vielmehr die Vorstellung bzw. die Absicht, zu einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt zu heiraten, wenn sich äußere - berufsbedingte - Rahmenbedingungen ändern.
Konkrete Heiratsabsichten, dokumentiert z.B. durch eine frühere standesamtliche Beratung und Anmeldung, nähere Planung der Feierlichkeiten u.a. durch Reservierung eines Restaurants o.ä., bestätigen auch die von dem Kläger benannten Zeugen in ihren schriftlichen Aussagen nicht. So führt die Tante der Klägerin, Frau E., in ihrer Erklärung vom 17. März 2011 lediglich aus, dass der Kläger und die Versicherte in der Familie als Ehepaar gegolten hätten und eine Hochzeit beider für alle selbstverständlich gewesen sei. Ein konkretes früheres Datum oder eine hinreichend konkrete Hochzeitsplanung bereits zu einem früheren Zeitpunkt beschreibt die Zeugin nicht. Das Ehepaar G. und H. F. bekundet ebenfalls lediglich, dass sich das Paar in der Öffentlichkeit wie auch im Freundeskreis wie ein Ehepaar geriert habe. Über eine Eheschließung sei gelegentlich gesprochen worden, jedoch sei diese immer wieder scheinbar auf die längere Bank geschoben worden. Der Kläger und die Versicherte hätten jedoch ernsthaft vorgehabt zu heiraten.
Insgesamt sind die Aussagen des Klägers selbst und der Zeugen zu ungenau, um als Nachweis einer früheren konkreten Heiratsabsicht im Sinne eines Vollbeweises angesehen werden zu können. Auch hat der Kläger über keinen bereits zuvor ins Auge gefassten Heiratstermin berichtet, so dass beide Eheleute offenkundig zu keinem Zeitpunkt eine frühere Heirat ernsthaft erwogen hatten, sondern es sich lediglich Jahre lang um einen losen unverbindlichen Zukunftsplan gehandelt hat. Da insoweit erhebliche Zweifel an der Ernsthaftigkeit bereits früher - angeblich - gehegter Heiratsabsichten bestehen, vermag die gesetzliche Vermutung einer Versorgungsehe durch den Vortrag des Klägers nicht widerlegt zu werden.
Schließlich ist der Kläger mit der Versicherten auch keine "Pflegeehe" eingegangen (vgl. hierzu BSG vom 3. September 1986 - 9a RV 8/84; Hessisches LSG vom 17. November 2006 - L 5 R 19/06), wie erst- und auch einmalig mit Schriftsatz vom 24. Juli 2012 vorgetragen. Eine sog. "Pflegeehe" liegt nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts nur dann vor, wenn im Zeitpunkt der Eheschließung die tödliche Folge der Krankheit nicht vorhersehbar war. Dies ist jedoch im vorliegenden Fall gerade nicht gegeben.
Unerheblich ist schließlich, dass der Kläger aus der Pensionsversicherungsanstalt in Wien eine Witwerpension erhält. Diese Rentengewährung folgt dem österreichischen Recht und unterliegt anderen tatbestandlichen Voraussetzungen.
Bei dieser Sachlage konnte die Berufung insgesamt keinen Erfolg haben. Sie war mit der Kostenfolge aus § 193 SGG zurückzuweisen.
Gründe für die Zulassung der Revision bestehen nicht, § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG.