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07.09.2016 · IWW-Abrufnummer 188514

Finanzgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 21.06.2016 – 5 K 2714/15

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Finanzgericht Baden-Württemberg

Urt. v. 21.06.2016

Az.: 5 K 2714/15

In dem Finanzrechtsstreit
- Klägerin -
prozessbevollmächtigt:
gegen
Finanzamt
- Beklagter -

wegen Einkommensteuer 2014

hat der 5. Senat des Finanzgerichts Baden-Württemberg in der Sitzung vom 21. Juni 2016 durch
Vorsitzenden Richter am Finanzgericht
Richter am Finanzgericht
Richter
Ehrenamtliche Richter

für Recht erkannt:

Tenor:

  1. Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 28. August 2015 wird der Einkommensteuerbescheid 2014 vom 15. Juli 2015 dahingehend abgeändert, dass Aufwendungen von weiteren 15.452,04 EUR als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
  2. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
  3. Die Hinzuziehung der Bevollmächtigten der Klägerin im Vorverfahren wird für notwendig erklärt.
  4. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Ermöglicht der Kostenfestsetzungsbeschluss eine Vollstreckung im Wert von mehr als 1.500 EUR, hat der Kläger in Höhe des vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruches Sicherheit zu leisten. Bei einem vollstreckbaren Kostenerstattungsanspruch bis zur Höhe von 1.500 EUR kann der Beklagte der vorläufigen Vollstreckung widersprechen, wenn die Klägerin nicht zuvor in Höhe des vollstreckbaren Kostenanspruchs Sicherheit geleistet hat, §§ 151 FGO i.V.m. 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.
  5. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist die Abzugsfähigkeit für Aufwendungen für die eigene häusliche Pflege.

Die Klägerin (Kl.) erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Versorgungsbezüge). Seit April 2012 ist sie pflegebedürftig mit der Pflegestufe II (Bl. 107 der Gerichtsakte --GA--). Bei ihr wurden eine schwere Herzinsuffizienz mit Einschränkung der körperlichen Belastbarkeit, Rückenverkrümmung, Gelenkarthrosen mit Einschränkung der körperlichen Beweglichkeit, Einschränkung der Gehfähigkeit bei Schwindelneigung und Kreislaufschwäche sowie Schultergelenksarthrosen mit Einschränkung der Beweglichkeit der Arme diagnostiziert (Bl. 110 GA). In dem Gutachten des medizinischen Dienstes der Privaten (A..) wurde festgestellt, dass eine vollstationäre Pflege nicht erforderlich ist (Bl. 112 GA).

Des Weiteren wurde der Zeitaufwand für den Hilfsbedarf bei den Verrichtungen des täglichen Lebens mit insgesamt 223 Minuten kalendertäglich ermittelt (Bl. 114 GA). Hiervon entfallen auf die Körperpflege 110 Minuten, auf die Ernährung 3 Minuten und auf die Mobilität 50 Minuten. Auf den täglichen Hilfsbedarf für die sog. Grundpflege (Körperpflege, Ernährung, Mobilität) entfallen insofern 163 Minuten und für die hauswirtschaftliche Versorgung 60 Minuten. Auf die verrichtungsbezogenen krankheitsspezifischen Pflegemaßnahmen entfallen für das An- und Auskleiden von Kompressionsstrümpfen ab Kompressionsklasse 2 insgesamt 8 Minuten täglich (Bl. 115 GA).

Infolge mehrerer Stürze, u.a. durch eine Glastüre, wollte die Kl. einen ständigen Bereitschaftsdienst vor Ort haben. Da die Kl. schlechte Erfahrungen bei einer Kurzzeitpflege im Heim gemacht hatte, zog sie die häusliche Pflege der stationären Heimunterbringung vor. Die Kl. beantragte daher keine Pflegesachleistung gemäß § 36 Sozialgesetzbuch XI (--SGB XI--), sondern das Pflegegeld für selbst beschaffte Pflegedienste gemäß § 37 SGB XI. Die Kl. erhielt Pflegegeld gemäß § 37 SGB XI in Höhe von 440,00 EUR monatlich, wovon auf die Beihilfe 308,00 EUR und auf die private Kranken- und Pflegeversicherung (X..) 132,00 EUR entfallen.

Die Kl. wendete sich an die Firma Y.. mit Sitz in Polen, mit der sie am 14. Juni 2013 einen Dienstleistungsvertrag abschloss (Bl. 45 ff. GA). Die Laufzeit des Vertrages war zunächst für ein Jahr vom 16. Juni 2013 bis 15. Juni 2014 befristet (Bl. 45 GA), wurde jedoch durch Anschlussvertrag bis zum 15. Juni 2016 verlängert (Bl. 149 GA). Die Firma Y.. hat sich ausweislich der Präambel des Dienstleistungsvertrages auf die Erbringung von Dienstleistungen im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung sowie auf die Unterstützung der Kunden bei alltäglichen Aktivitäten spezialisiert und bietet in geringerem Umfang auch Leistungen in der Grundpflege an (Bl. 45 und 148 GA). Vertragsgegenstand ist gemäß § 1 des Dienstleistungsvertrages folgendes (Bl. 45 und 149 GA):

1. Der Dienstleister erbringt die vereinbarten Dienstleistungen im Rahmen eines Angebots, das in der Anlage 1 dieses Vertrages beschrieben ist. Diese Dienstleistungen werden in der Wohnung oder dem Haus ("Wohnraum") des Kunden vorgenommen, wobei die Art, Dauer und die Häufigkeit der Betreuung von dem jeweiligen Gesundheitszustand des Kunden abhängen.

2. Von den in der Anlage Nr. 2 vereinbarten Dienstleistungen erbringt der Dienstleister zeitlich überwiegend Leistungen im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung wie Einkaufen, Kochen Spülen, Wechseln der Wäsche und Kleidung sowie unterstützt den Kunden bei der Ausübung alltäglicher Aktivitäten. Leistungen im Bereich der Grundpflege im Sinne des § 14 Abs. 4 Nr. 1 bis 3 des deutschen SGB XI sind nicht überwiegend geschuldet und werden auch nicht überwiegend erbracht.

3. Wenn und soweit sich, insbesondere aufgrund einer Änderung des Gesundheitszustands des Kunden ein Änderungsbedarf in Bezug auf den vereinbarten Leistungsumfang ergibt, werden die Vertragspartner dies umgehend mit Hilfe des Leistungskatalogs in der Anlage Nr. 2 anpassen. Eine Änderung dieses Vertrages dahingehend, dass überwiegend Leistungen der Grundpflege erbracht werden, ist nicht möglich.

4. Der Dienstleister verpflichtet sich, seine Dienstleistungen mit größtmöglicher Sorgfalt und unter Anwendung seiner Kenntnisse und Erfahrungen im Betreuungsbereich zu erbringen.

Nach § 5 des Dienstleistungsvertrages ist der Kunde verpflichtet, dem die Vertragsleistung durchführenden Mitarbeiter ausreichende Räume, bestehend aus mindestens einem Schlafraum und einem Zugang zu einem Badezimmer und zu einer Küche, zur Verfügung zu stellen (Bl. 46 und 150 GA). Diese Räume wurden durch die ausnahmslos aus dem Ausland stammenden Betreuungskräfte auch tatsächlich genutzt. Nach § 6 Ziff. 5. des Dienstleistungsvertrages soll polnisches Recht gelten (Bl. 46 und 151 GA). In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zum Dienstleistungsvertrag ist unter Ziff. I.4. die wöchentliche Arbeitszeit der Betreuungskräfte mit 40 Stunden festgelegt (Bl. 159 GA). In der Anlage Nr. 2 zum Dienstleistungsvertrag ist der durch die Firma Y.. zu erbringende Leistungsumfang festgehalten (Bl. 48 und 153 GA). Danach wird bestimmt, dass folgende Leistungen im Rahmen des abgeschlossenen Dienstleistungsvertrages, insbesondere ausschließlich in dem in § 1 des Dienstleistungsvertrages genannten Verhältnis (also überwiegend Leistungen unter Ziff. 1. und 2.) erbracht werden:

1. Im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung:
- das Einkaufen
- die Zubereitung von Speisen
- das Spülen
- das Wechseln und Waschen der Wäsche

2. Im Bereich des Ausübens alltäglicher Aktivitäten:
- die Begleitung der zu betreuenden Personen zu Ärzten, falls notwendig
- die Erledigung von sonstigen Besorgungsaufträgen

3. Im Bereich der Körperpflege:
- das Waschen, Duschen, Baden
- das Kämmen, Rasieren
- die Darm- und Blasenentleerung

4. Im Bereich der Ernährung:
- keine

5. Im Bereich der Mobilität:
- Hilfe beim selbständigen Aufstehen und Zu-Bett-Gehen
- Hilfe beim An- und Auskleiden
- Hilfe beim Gehen, Stehen, Treppensteigen
- Hilfe beim Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung

Im Streitjahr wurde die Kl. auf Grundlage des abgeschlossenen Dienstleistungsvertrages mit der Y.. durch polnische Betreuungskräfte zu Hause betreut. In einem Erörterungstermin beim Finanzgericht am 19. April 2016 teilte die Prozessbevollmächtigte (PBV) der Kl. mit, dass die polnischen Betreuungskräfte eine Alltagshilfe für die Kl. darstellen. Diese sind überwiegend - wie im Dienstleistungsvertrag mit der Firma Y.. vorgesehen - für hauswirtschaftliche Tätigkeiten zuständig und helfen bei Bedarf darüber hinaus beim Anziehen und der Tabletteneinnahme der Kl. und stehen auch als Gehhilfe zur Verfügung. Ein Pflegetagebuch wird nicht geführt. Mit welchen konkreten Tätigkeiten die Betreuungskräfte im Streitjahr täglich beschäftigt waren, kann nicht mehr sicher festgestellt werden. Die eingesetzten Betreuungskräfte können eine bestimmte - pflegerische - Ausbildung haben, was jedoch nicht zwingend ist. Zudem wechseln diese alle drei bis sechs Monate.

In der Einkommensteuererklärung 2014 beantragte die Kl. die Berücksichtigung von außergewöhnlichen Belastungen in Höhe von 34.916,87 EUR. In dieser Summe enthalten sind u.a. Kosten für Betreuungsdienstleistungen der Firma Y.. in Höhe von 28.500,00 EUR sowie Kosten für die Betreuerin dieser Firma (freie Verpflegung lt. Sachbezugsverordnung 2.688,00 EUR, Unfallversicherung für die Pflegekraft 24,00 EUR). Das erhaltene Pflegegeld wurde dabei unter Verweis auf Tz. 38 des BMF-Schreibens vom 15. Februar 2010, BStBl. I 2010, 140 nicht aufwandsmindernd abgezogen. Diese Kosten - sowie weitere Aufwendungen für Vitaminpräparate, Stärkungsmittel o.ä., die jedoch nicht streitgegenständlich sind - wurden im Einkommensteuerbescheid 2014 vom 15. Juli 2015 nicht als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt mit der Begründung, dass es sich bei den Betreuungskräften nicht um ausgebildete Pflegekräfte bzw. einen anerkannten Pflegedienst nach § 89 SGB XI handelt. Die Aufwendungen für die Betreuungsleistungen der Firma Y.. in Höhe von 28.500,00 EUR wurden lediglich als haushaltsnahe Dienstleistungen nach § 35a Abs. 2 Einkommensteuergesetz (--EStG--) berücksichtigt und mit dem Höchstbetrag von 4.000,00 EUR von der tariflichen Einkommensteuer abgezogen (Bl. 29 GA). Als außergewöhnliche Belastungen wurden letztlich nur noch Aufwendungen in Höhe von 595,00 EUR anerkannt, die jedoch bei einem Gesamtbetrag der Einkünfte in Höhe von 60.181,00 EUR und einer zumutbaren Eigenbelastung in Höhe von 4.212,00 EUR (7 % x 60.181,00 EUR) außer Ansatz blieben.

Gegen den Bescheid vom 15. Juli 2015 legte die Kl. am 20. Juli 2015 Einspruch ein, der durch Einspruchsentscheidung vom 28. August 2015 als unbegründet zurückgewiesen wurde (Bl. 31 ff. GA). Hiergegen richtet sich die Klage vom 26. September 2015.

Die Kl. ist der Auffassung, dass eine durch eine anerkannte Pflegeeinrichtung durchgeführte, qualitätsgesicherte Pflegeleistung nur bei Personen ohne festgestellter Pflegestufe erforderlich sei. Das Erfordernis einer qualitätsgesicherten Pflegeleistung ergebe sich weder aus dem Gesetz noch aus den Einkommensteuerrichtlinien (--EStR--) noch aus der Rechtsprechung. Zudem sei auch im Falle der Zahlung des Pflegegeldes gemäß § 37 SGB XI die Qualität der erbrachten Pflegeleistungen gesichert, da die Zahlung des Pflegegeldes gemäß § 37 Abs. 3 SGB XI an die Voraussetzung geknüpft sei, dass bei Pflegestufe II halbjährlich einmal eine Beratung in der eigenen Häuslichkeit durch eine zugelassene Pflegeeinrichtung, durch eine von den Landesverbänden der Pflegekassen anerkannte Beratungsstelle mit nachgewiesener pflegefachlicher Kompetenz oder einer von der Pflegekasse beauftragte Pflegefachkraft abzurufen sei. Insoweit sei auch in praktischer Hinsicht kein Unterschied zu einer anerkannten Dienstleistung ersichtlich, da sogar in anerkannten Einrichtungen ungelernte Pflegekräfte zur Erbringung der Dienste eingesetzt würden. Voraussetzung hierfür sei nur, dass diese ungelernten Pflegekräfte unter fachlicher Aufsicht angeleitet würden.

Zudem bedürfe es zur Ausführung der von der Firma Y.. übernommenen Tätigkeiten keiner besonderen Ausbildung, da die medizinische Pflege ausgeschlossen sei. Schließlich seien auch die freie Verpflegung und Unterkunft des eingesetzten Mitarbeiters der Firma Y.. abzugsfähig, da diese Teil des Entgelts für die vereinbarten Tätigkeiten darstellen. Ein gesetzlich festgelegtes Höchstmaß für den Unterstützungsbedarf im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung könne nicht aus § 15 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XI abgeleitet werden. Schließlich führe eine Untersagung des Abzugs der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen zu einer Ungleichbehandlung gegenüber im Heim untergebrachten Steuerpflichtiger gleicher Pflegestufe, die Heimkosten vollumfänglich abziehen könnten. Zwar sei das Pflegepersonal im Heim möglicherweise qualifizierter ausgebildet; dem stehe jedoch vorliegend die individuellere und zeitintensivere Betreuung gegenüber, die als Qualitätsmerkmal zu berücksichtigen sei. Durch diese Ungleichbehandlung sei der Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit verletzt. Aus einem Vergleich mit durchschnittlichen Heimkosten für Pflegeheime bei Pflegestufe II im Umkreis von Z.. ergebe sich, dass die von der Kl. geltend gemachten Aufwendungen zudem der Höhe nach angemessen seien.

Die Kl. beantragt,

den Einkommensteuerbescheid 2014 vom 15. Juli 2015 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 28. August 2015 dahingehend abzuändern, dass Aufwendungen in Höhe von weiteren 31.212,00 EUR als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden.

Der Beklagte (Bekl.) beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Bekl. ist der Auffassung, dass nur qualitätsgesicherte Pflegeleistungen, die von ausgebildeten Pflegefachpersonen durchgeführt werden, als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden können. Zahlt die Pflegeversicherung lediglich Pflegegeld gemäß § 37 SGB XI, könne davon ausgegangen werden, dass keine ausgebildete Pflegekraft beschäftigt sei. Zudem sei aus dem Internetauftritt der Firma Y.. ersichtlich, dass vorliegend Pflegeleistungen ausschließlich durch die örtlich zugelassenen Pflegedienste und nicht durch die Firma Y.. erbracht würden. Der Leistungsumfang der Betreuungskräfte der Firma Y.. umfasse demgegenüber die Unterstützung rund um Ernährung, Körperhygiene und Mobilität sowie die Hilfe im Haushalt und bei Alltagserledigungen, welche als hauswirtschaftliche Leistungen der privaten Lebensführung zuzuordnen seien. Die Kosten für die Betreuerin der Firma Y.. in Höhe von 2.688,00 EUR zuzüglich 24,00 EUR seien weder nach § 33 EStG noch nach § 35a EStG abzugsfähig.

Im Übrigen wird auf den Sach- und Streitstand verwiesen, wie er sich aus der GA und den beigezogenen Verwaltungsakten (1 Bd. Einkommensteuerakte und 1 Bd. Rechtsbehelfsakte) ergibt. Die Beteiligten haben auf die mündliche Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung --FGO--).

Entscheidungsgründe

Die Klage ist nur aus dem in dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet.

I. Nach § 33 Abs. 1 EStG wird die Einkommensteuer auf Antrag ermäßigt, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands erwachsen (außergewöhnliche Belastung). Aufwendungen erwachsen dem Steuerpflichtigen zwangsläufig, wenn er sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen, § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sind Aufwendungen außergewöhnlich, wenn sie nicht nur ihrer Höhe, sondern auch ihrer Art und dem Grunde nach außerhalb des Üblichen liegen. Die üblichen Aufwendungen der Lebensführung, die in Höhe des Existenzminimums durch den Grundfreibetrag abgegolten sind, sind aus dem Anwendungsbereich des § 33 EStG ausgeschlossen (vgl. BFH-Urteil vom 14. November 2013 VI R 20/12, BStBl. II 2014, 456).

1. In ständiger Rechtsprechung geht der Bundesfinanzhof davon aus, dass Krankheitskosten dem Steuerpflichtigen aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen. Dies gilt auch für Aufwendungen für die Pflege eines Steuerpflichtigen infolge einer Krankheit. Es gelten die allgemeinen Grundsätze über die Abziehbarkeit von Krankheitskosten (BFH-Urteil vom 14. November 2013 VI R 20/12, BStBl. II 2014, 456; BFH-Urteil vom 13. Oktober 2010 VI R 38/09, BStBl. II 2011, 1010).

Zu den Krankheitskosten gehören die Aufwendungen, die unmittelbar zum Zwecke der Heilung der Krankheit mit dem Ziel getätigt werden, die Krankheit erträglicher zu machen, wie insbesondere Kosten für die eigentliche Heilbehandlung und eine krankheitsbedingte Unterbringung (z.B. BFH-Urteil vom 14. November 2013 VI R 20/12, BStBl. II 2014, 456; BFH-Urteil vom 26. Juni 1992 III R 83/91, BStBl. II 1993, 212).

Solche Aufwendungen werden von der Rechtsprechung als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt, ohne dass es im Einzelfall der nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG gebotenen Prüfung der Zwangsläufigkeit dem Grunde und der Höhe nach bedarf. Erforderlich ist lediglich, dass die Aufwendungen mit der Krankheit und der ihrer Heilung oder Linderung notwendigen Behandlung in einem adäquaten Zusammenhang stehen und nicht außerhalb des Üblichen liegen (z.B. BFH-Urteil vom 14. November 2013 VI R 20/12, BStBl. II 2014, 456; BFH-Urteil vom 22. Oktober 1996 III R 240/94, BStBl. II 1997, 346). Erfasst wird nicht nur das medizinisch Notwendige im Sinne einer Mindestversorgung. Dem Grunde und der Höhe nach zwangsläufig sind vielmehr die medizinisch indizierten diagnostischen oder therapeutischen Maßnahmen, die in einem Erkrankungsfall hinreichend gerechtfertigt sind, es sei denn, der erforderliche Aufwand steht zum tatsächlichen in einem offensichtlichen Missverhältnis (BFH-Urteil vom 14. November 2013 VI R 20/12, BStBl. II 2014, 456). In einem solchen Fall fehlt es an der nach § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG erforderlichen Angemessenheit (BFH-Urteil vom 14. November 2013 VI R 20/12, BStBl. II 2014, 456).

2. Nach diesen Grundsätzen gehören die Aufwendungen der Kl. an die Firma Y.. als Pflegeaufwendungen zu den dem Grunde nach abziehbaren Krankheitskosten.

Soweit die Aufwendungen auf die sog. Grundpflege im Sinne des § 14 Abs. 4 Nr. 1 bis 3 SGB XI - Körperpflege, Ernährung und Mobilität - entfallen, handelt es sich bereits begrifflich um solche, die die Krankheit erträglicher machen sollen. Auch bei den nach § 1 Ziff. 2 des Dienstleistungsvertrages überwiegend zu erbringenden Leistungen im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung handelt es sich dem Grunde nach um abziehbare Krankheitskosten im Sinne des § 33 EStG. Der Hilfebedarf in der hauswirtschaftlichen Versorgung ist zwar nur ein unselbständiger Bestandteil der Pflege und führt für sich allein noch nicht zur Anerkennung erheblicher Pflegebedürftigkeit (vgl. Koch in: Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, 88. EL Dezember 2015, § 14 SGB XI Rz. 20). Dennoch dienen auch Aufwendungen im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung dazu, die Krankheit erträglicher zu machen und gehören daher als Pflegeaufwendungen zu den dem Grunde nach abziehbaren Krankheitskosten.

3. Eine Abziehbarkeit der Aufwendungen ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil es sich bei den eingesetzten Betreuungskräften nicht um besonders ausgebildetes Pflegefachpersonal handelt.

a) Eine solche Voraussetzung ergibt sich weder aus dem Wortlaut des § 33 EStG noch aus § 64 Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (--EStDV--). Nach § 64 Abs. 1 EStDV hat der Steuerpflichtige den Nachweis der Zwangsläufigkeit von bestimmten Krankheitsaufwendungen durch besondere Gutachten und Bescheinigungen zu erbringen. Pflegeaufwendungen sind in dieser Vorschrift jedoch nicht aufgeführt.

Vielmehr ergibt sich im Umkehrschluss zu § 64 Abs. 1 EStDV, dass Pflegeaufwendungen nicht durch bestimmte qualifizierte Bescheinigungen nachgewiesen werden müssen.

b) Dies wird auch durch den Gesetzgeber selbst bestätigt. Im Gesetzgebungsverfahren zum Gesetz zur weiteren Vereinfachung des Steuerrechts 2013 (StVereinfG 2013) war ursprünglich vorgesehen, einen neuen § 64 Abs. 1a EStDV anzufügen (vgl. BR-Drs. 684/12, S. 8). Nach Satz 1 dieser neuen Regelung sollten Pflegekosten bei ambulanter Pflege durch eine nach den Grundsätzen des § 89 SGB XI erstellte Rechnung eines anerkannten Pflegedienstes nachgewiesen werden (BR-Drs. 684/12, S. 8). Diese Regelung wurde schließlich im weiteren Gesetzgebungsverfahren verworfen, da dieser Vorschlag "im Vergleich zur bisherigen Verwaltungspraxis, nach der Kosten der ambulanten Pflege bei pflegebedürftigen Menschen ohne besondere Nachweiserfordernisse berücksichtigungsfähig sind, eine Verschärfung bedeuten" würde (BT-Drs. 17/12197, S. 22). Der Gesetzgeber betonte ausdrücklich, dass "neben anerkannten Pflegediensten beispielsweise Nachbarschaftsinitiativen und Betreuungsdienste wichtige Stützen im Alltag von Familien mit pflegebedürftigen Angehörigen" sind (BT-Drs. 17/12197, S. 22).

Der Gesetzgeber geht daher selbst davon aus, dass die Anerkennung von Pflegeaufwendungen als außergewöhnliche Belastung nicht von der Qualifikation des jeweiligen Pflegepersonals abhängt. Insbesondere der Hinweis auf Nachbarschaftsinitiativen, bei denen es sich üblicherweise um ungeschulte Privatpersonen handeln dürfte, macht deutlich, dass es dem Gesetzgeber gerade nicht auf die Qualifikation des jeweiligen Pflegepersonals ankommt.

c) Dies steht auch mit dem Sinn und Zweck der Inanspruchnahme des Pflegegeldes gemäß § 37 SGB XI in Einklang. Die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Pflegegeld gemäß § 37 SGB XI beruht einerseits auf dem freien Willensentschluss der Pflegebedürftigen, berührt aber auch deren in Art. 6 Abs. 1 GG geschütztes Recht, die eigenen familiären Verhältnisse selbst zu gestalten (vgl. BVerfG-Beschluss vom 26. März 2014 1 BvR 1133/12, DVBl. 2014, 775). Der Gesetzgeber verfolgt dabei das Ziel, bei Sicherstellung einer sachgerechten Pflege die Möglichkeit der häuslichen Pflege zu fördern und ihr Vorrang vor stationärer Unterbringung zu geben (BT-Drs. 12/5262, S. 111 zu § 32). Dabei ist das Pflegegeld nicht als Entgelt ausgestaltet. Es soll vielmehr im Sinne einer materiellen Anerkennung einen Anreiz darstellen und zugleich die Eigenverantwortlichkeit und Selbstbestimmung der Pflegebedürftigen stärken, indem diese das Pflegegeld zur freien Gestaltung ihrer Pflege einsetzen können (vgl. BT-Drs. 12/5262, S. 112 zu § 33).

Die Forderung des Beklagten nach besonders qualifizierten Pflegepersonen resultiert möglicherweise aus dem Grundgedanken des Pflegegeldes, wonach familiäre, nachbarschaftliche oder ehrenamtliche Pflege in der Regel unentgeltlich erbracht wird (vgl. BVerfG-Beschluss vom 26. März 2014 1 BvR 1133/12, DVBl. 2014, 775). Mit dieser Grundkonzeption muss sich der erkennende Senat allerdings nicht auseinandersetzen, da die Pflegeleistungen vorliegend unstreitig nicht unentgeltlich erbracht wurden. Vielmehr entspricht es der verfassungsrechtlich garantierten Eigenverantwortlichkeit und Selbstbestimmung der Kl., dass diese auf (entgeltliche) Betreuungsdienste zurückgreift, auch wenn diese nicht den Vorstellungen des Beklagten von einem besonders qualifizierten Pflegedienst entsprechen.

4. Die Aufwendungen für die Betreuungskräfte sind jedoch der Höhe nach nur abzugsfähig, soweit sie den angemessenen Anteil nicht übersteigen. Ob die Aufwendungen diesen Rahmen übersteigen, hat das Finanzgericht anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls zu entscheiden (BFH-Urteil vom 14. November 2013 VI R 20/12, BStBl. II 2014, 456 m.w.N.). Vorliegend sind die Aufwendungen der Kl. an die Firma Y.. in einem Umfang von 66,5 % angemessen und insoweit abziehbar.

a) Soweit die Aufwendungen der Kl. an die Firma Y.. auf die Leistungen im Bereich der Grundpflege entfallen, sind sie vollumfänglich abziehbar, was wiederum 49 % der Gesamtaufwendungen an die Firma Y.. entspricht.

Dies ergibt sich zum einen aus dem Hilfebedarf bei den Verrichtungen des täglichen Lebens, wie er durch das Gutachten des medizinischen Dienstes der Privaten (A..) festgestellt wurde und zum anderen aus den Regelungen des Dienstleistungsvertrages mit der Firma Y... Nach dem Gutachten benötigt die Kl. für die Grundpflege 163 Minuten kalendertäglich, wovon 110 Minuten auf die Körperpflege, 3 Minuten auf die Ernährung und 50 Minuten auf die Mobilität entfallen sowie 8 Minuten kalendertäglich auf verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen (Bl 114 f. GA). Zwar lässt sich nicht mehr rechtssicher aufklären, wieviel der täglichen Arbeitszeit des Betreuungspersonals konkret auf diese Grundpflege entfällt; insbesondere wurde im Streitjahr kein Pflegetagebuch geführt. Aus Anlage Nr. 2 des Dienstleistungsvertrages mit der Firma Y.. ist jedoch ersichtlich, dass Leistungen im Bereich der Körperpflege und Mobilität, nicht hingegen im Bereich der Ernährung erbracht werden. Die gutachterlich festgestellten 3 Minuten kalendertäglich, die auf den Zeitbedarf für die Ernährung entfallen, werden daher nicht von der Firma Y.. erbracht und sind von vornherein auszuscheiden (vgl. Bl. 114 GA). Die übrigen 168 Minuten des kalendertäglichen Hilfebedarfs für die Grundpflege sind demgegenüber im Leistungsumfang des Dienstleistungsvertrages enthalten (110 Minuten für die Körperpflege, 50 Minuten für die Mobilität und 8 Minuten für verrichtungsbezogene krankheitsspezifische Pflegemaßnahmen).

Ansonsten ist im Dienstleistungsvertrag festgelegt, dass von den 40 Stunden Wochenarbeitszeit nicht überwiegend Leistungen im Bereich der Grundpflege geschuldet und auch erbracht werden. Der im Gutachten des medizinischen Dienstes der Privaten (A..) festgestellte Hilfebedarf im Bereich der Grundpflege von 168 Minuten kalendertäglich bzw. 19,6 Stunden wöchentlich entspricht 49 % der Wochenarbeitszeit des Betreuungspersonals und wird daher nicht überwiegend geschuldet und auch erbracht.

Der Senat sieht es somit als schlüssig und nachvollziehbar an, dass von der Arbeitszeit der Betreuungskräfte 168 Minuten kalendertäglich auf die Grundpflege entfallen, was wöchentlich 19,6 Stunden entspricht (168 Minuten x 7 Wochentage). Insbesondere deckt sich insofern der im Gutachten festgestellte Hilfebedarf mit dem in dem Dienstleistungsvertrag aufgeführten Leistungsumfang (vgl. Bl. 48 und 153 GA).

b) Soweit die Aufwendungen der Kl. an die Firma Y.. auf die Leistungen im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung entfallen, sind sie nur begrenzt in Höhe von 17,5 % der Gesamtaufwendungen an die Firma Y.. abziehbar. Für den darüber hinausgehenden Anteil fehlt es bei den von der Kl. geltend gemachten Aufwendungen für die Betreuungskräfte an der erforderlichen Angemessenheit. Der Senat erkennt im Streitfall ein offensichtliches Missverhältnis der aufgewendeten Kosten zu dem erforderlichen Aufwand. Eine Abziehbarkeit von Pflegeleistungen als außergewöhnliche Belastung, die weit über das hinaus geht, was üblicherweise für die Versorgung von Pflegebedürftigen zur Verfügung gestellt werden kann würde bedeuten, dass die Steuerzahler sich finanziell an einer Versorgung beteiligen müssen, die sie sich für sich selbst nicht leisten könnten (vgl. FG München vom 20. Oktober 2015 10 K 2393/14, EFG 2016, 120 m.w.N.).

Nach dem Gutachten des medizinischen Dienstes der Privaten (A..) besteht bei der Kl. ein Hilfebedarf bei den Verrichtungen des täglichen Lebens für Leistungen im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung in Höhe von 60 Minuten kalendertäglich. Dies deckt sich mit der Auffassung im sozialrechtlichen Schrifttum, wonach bei Erwachsenen der Unterstützungsbedarf im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung im Umkehrschluss zu § 15 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XI bei der Pflegestufe II auf das zeitliche Höchstmaß von maximal 60 Minuten begrenzt ist (vgl. Meßling in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XI, 1. Aufl. 2014, § 14 Rz. 131; Pfitzner in: Beck'scher Onlinekommentar Sozialrecht, Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, SGB XI § 14 Rz. 119a; Wagner in: Hauck/Noftz, SGB XI § 14 Rz. 51). Dies entspricht einem wöchentlichen Zeitaufwand in Höhe von 7 Stunden (60 Minuten x 7 Wochentage), was wiederum 17,5 % der Wochenarbeitszeit von 40 Wochenstunden entspricht (7 Stunden : 40 Stunden).

Der darüber hinausgehende Zeitaufwand der Betreuungskräfte entfällt sowohl nach den Äußerungen der PBV im Erörterungstermin als auch nach den Regelungen im Dienstleistungsvertrag mit der Firma Y.. vollumfänglich auf den Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung und ist - soweit er den Zeitaufwand in Höhe von 168 Minuten kalendertäglich für die Grundpflege und 60 Minuten kalendertäglich für die hauswirtschaftliche Versorgung übersteigt - nicht mehr berücksichtigungsfähig im Umkehrschluss zu § 15 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 SGB XI (vgl. Meßling in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XI, 1. Aufl. 2014, § 14 Rz. 131; Pfitzner in: Beck'scher Onlinekommentar Sozialrecht, Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, SGB XI § 14 Rz. 119a; Wagner in: Hauck/Noftz, SGB XI § 14 Rz. 51) und damit nicht mehr angemessen im Sinne des § 33 Abs. 2 Satz 1 a.E. EStG.

c) Im Streitfall sind die Aufwendungen für die Betreuungskräfte somit teilweise in Höhe des angemessenen Anteils von 66,5 % (49 % im Bereich der Grundpflege zuzüglich 17,5 % im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung) zu berücksichtigen. Anders als in einer Entscheidung des Finanzgerichts München vom 20. Oktober 2015 ist vorliegend eine Aufteilung in einen angemessenen und einen unangemessenen Anteil im Schätzungswege möglich (vgl. FG München vom 20. Oktober 2015 10 K 2393/14, EFG 2016, 120). Durch den im Gutachten des medizinischen Dienstes der Privaten (A..) festgestellten zeitlichen (kalendertäglichen) Hilfebedarf und der wöchentlichen Arbeitszeit der Betreuungskräfte existiert ein Kriterium, das eine schlüssige, wirtschaftlich mögliche, vernünftige und plausible Aufteilung ermöglicht (vgl. BFH-Urteil vom 24. Januar 2013 V R 34/11, BStBl. II 2013, 460; BFH-Urteil vom 24. Juni 2014 VIII R 54/10, BFH/NV 2014, 1501, Rz. 23, m.w.N.).

5. In dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid 2014 sind letztendlich 15.452,04 EUR als außergewöhnliche Belastungen anzusetzen.

a) Dabei zählen zu den dem Grunde nach abziehbaren Pflegeaufwendungen neben den an die Firma Y.. im Streitjahr geleisteten Zahlungen in Höhe von 28.500,00 EUR auch die kostenlose Unterkunft an das jeweilige Betreuungspersonal gemäß § 5 Ziff. 1. des Dienstleistungsvertrages (Bl. 46 und 150 GA) und die für das Betreuungspersonal geleistete Unfallversicherung in Höhe von 24,00 EUR. Nach der für das Streitjahr geltenden Sachbezugsverordnung 2014 beträgt der Sachbezugswert für freie Unterkunft bundeseinheitlich EUR 221,00 monatlich, so dass im Streitjahr weitere 2.652,00 EUR anzusetzen sind. Insgesamt liegen somit dem Grunde nach abziehbare Pflegeaufwendungen in Höhe von 31.176,00 EUR vor.

b) Diese sind allerdings der Höhe nach auf den angemessenen Anteil von 66,5 % und damit auf eine Höhe von 20.732,04 EUR (66,5 % x EUR 31.176,00) zu kürzen.

c) Hiervon ist wiederum das erhaltene Pflegegeld in Höhe von 5.280,00 EUR abzuziehen, da außergewöhnliche Belastungen im Sinne des § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG nur insoweit abzugsfähig sind, als der Steuerpflichtige die Aufwendungen endgültig selbst tragen muss (vgl. BFH-Beschluss vom 14. April 2011 VI R 8/10, BStBl. II 2011, 701 m.w.N.). Deshalb sind Vorteile oder Kostenerstattungen, die der Steuerpflichtige als Ausgleich für die eingetretene Belastung erhält, belastungsmindernd anzurechnen. Diese Vorteilsanrechnung gründet auf der zweckgerichteten Auslegung des Begriffs der Aufwendungen und dem Merkmal der Außergewöhnlichkeit. Denn der Abzugstatbestand des § 33 EStG erfordert die verminderte subjektive Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen. Der Steuerpflichtige ist im Ergebnis lediglich um die Differenz von außergewöhnlichem Aufwand und Ersatzleistung belastet. Nur insoweit trägt er den außergewöhnlichen Aufwand tatsächlich und nur insoweit ist seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit vermindert (vgl. BFH-Beschluss vom 14. April 2011 VI R 8/10, BStBl. II 2011, 701 m.w.N.).

Die Vorteilsanrechnung, die der Vermeidung einer steuerlichen Doppelbelastung dient, ist jedoch nur geboten, wenn (steuerfreie) Ersatzleistung und Aufwand auf dem nämlichen Ereignis beruhen. Anzurechnen sind deshalb nur Vorteile in Geld oder Geldeswert, die der Steuerpflichtige erhält, um die entstandenen außergewöhnlichen Aufwendungen auszugleichen (vgl. BFH-Beschluss vom 14. April 2011 VI R 8/10, BStBl. II 2011, 701 m.w.N.).

Vorliegend besteht ein enger wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen den durch die Pflege entstandenen Kosten und den Leistungen der Beihilfe sowie der Pflegeversicherung. Pflegeaufwand und erhaltenes Pflegegeld wurzeln im nämlichen Ereignis, der Pflegebedürftigkeit der Kl. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der von der Kl. zitierten Verwaltungsauffassung, da diese die Anwendung des § 35a ESTG behandelt (BMF-Schreiben vom 15. Februar 2010, BStBl. I 2010, 140 Tz. 38 neu gefasst durch: BMF-Schreiben vom 10. Januar 2014, IV C 4-S 2296-b/07/0003:004, BStBl. I 2014,75 Tz. 42).

II. Die Revision ist gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO zur Fortbildung des Rechts zugelassen.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 136 Abs. 1 Satz 1 FGO.

RechtsgebietSGB XIVorschriften§ 14 Abs. 4 Nr. 1 SGB XI; § 36 SGB XI; § 37 Abs. 3 SGB XI