22.08.2019 · IWW-Abrufnummer 210781
Finanzgericht Köln: Urteil vom 30.01.2019 – 7 K 2297/17
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Köln
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
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Tatbestand
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Die Beteiligten streiten über die Berücksichtigungsfähigkeit der Kosten für den Besuch des Fitness- und Gesundheitsclubs A als außergewöhnliche Belastungen.
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Die Klägerin machte in ihrer Einkommensteuererklärung 2015 neben weiteren, unstreitigen Aufwendungen den Jahresbeitrag für den Fitness- und Gesundheitsclub A in B i.H.v. 588 € sowie Kosten für 148 Fahrten dorthin mit einer Strecke von jeweils 56 km i.H.v. 2.486 € als außergewöhnliche Belastungen geltend.
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Im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung vom 02.01.2017 ließ der Beklagte diese Kosten außer Ansatz, wogegen die Klägerin Einspruch erhob, den sie damit begründete, dass die in Rede stehenden Kosten nach Vorlage des ärztlichen Attestes vom 20.06.2013 in den vergangenen Jahren stets anerkannt worden seien. An der Notwendigkeit der Maßnahmen habe sich seitdem nichts verändert; vielmehr seien sie nach zwei weiteren Gelenkoperationen zur Erhaltung der aufgrund diverser orthopädischer Erkrankungen schon sehr eingeschränkten Beweglichkeit dringend angeraten. Sie leide unter schwersten Problemen in dem gesamten Bewegungsapparat.
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Bei dem Fitness- und Gesundheitsclub A handele es sich nicht um ein klassisches Fitnessstudio, sondern um eine Einrichtung, die neben den ärztlich verordneten Therapien durch Physiotherapeuten ergänzende Maßnahmen anbiete, wie z.B. Gymnastik, Thermalbewegungsbäder und Muskelaufbautraining, und dies alles an einem Ort. Sie – die Klägerin - nehme aus zwingenden gesundheitlichen Gründen zusätzlich zu der verordneten Krankengymnastik mindestens dreimal wöchentlich an diesen Maßnahmen teil. Die Einrichtung verfüge über eigene Parkplätze und sei barrierefrei zu erreichen. Nach der letzten Operation am 22.12.2016 sei sie bis auf Weiteres auf einen Rollstuhl angewiesen und könne so zumindest schon an den Wassertherapien teilnehmen. Die von ihr in Anspruch genommenen Therapien würden bei ihrer schweren körperlichen Behinderung nach mehreren Gelenk- und Gelenksersatzoperationen dem Erhalt der körperlichen Beweglichkeit dienen, um möglichst lange ein eigenständiges Leben zu führen. Beide Trainerinnen, bei denen die Klägerin ihre Kurse absolviere, seien staatlich anerkannte Physiotherapeutinnen. In diesen Gruppenkursen nähmen auch Personen teil, die die Kurse als Maßnahmen über ihre gesetzlichen Krankenkassen erstattet bekämen.
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Die Klägerin legte abschriftlich ein von ihren behandelnden Orthopäden, C und D, am 12.01.2017 ausgestelltes Attest mit folgendem Inhalt vor: „O. g. Patientin benötigt die Sporttherapie aus orthopädischer Sicht zum Erhalt ihrer Beweglichkeit. Es handelt sich nicht um ein Präventionstraining!!!“
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Ferner reichte sie die Kopie eines fachärztlichen Attestes vom 20.06.2013 ein, in dem Folgendes bescheinigt wird: „Frau E befindet sich seit dem 06.05.2010 in meiner fachärztlichen Behandlung. Bei Frau E besteht der Zust. nach
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- Endoprothesenversorgung der Hüfte li.,
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- Endoprothese des re. Knie,
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- Arthrosen im Knie li., Sprunggelenk re., Hüfte re.,
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- sowie Spondylarthrose der WS mit muskuläre Insuffizienz und
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- Zust. bei Spondylodese L4-S1.
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Zur Förderung der Beweglichkeit und Aufbau der Muskelkraft sowie Schmerzreduktion habe ich folgende Maßnahmen dringend angeraten durchzuführen:
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- Aufbautraining der Muskulatur durch Bewegungsbäder,
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- Muskeltraining sowie Gymnastikkurse.“
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Mit Einspruchsentscheidung vom 25.07.2017 setzte der Beklagte die Einkommensteuer aus unstreitigen Gründen auf 701 € herab und wies den Einspruch im Übrigen ab. Bei den in Rede stehenden Maßnahmen handele es sich nicht um eine Heilbehandlung im Sinne von § 33 EStG, da keine konkreten ärztlichen Anweisungen über Art und Umfang des Sports vorlägen und keine ärztliche Leitung und Aufsicht oder zumindest Leitung und Beaufsichtigung durch eine andere fachkundige Person, wie z.B. einen Physiotherapeuten, erfolge. In den vorgelegten Attesten werde der Klägerin lediglich angeraten, Aufbautraining der Muskulatur durchzuführen. Dabei handele es sich nicht um eine ärztliche Verordnung im Sinne von § 64 EStDV. Denn eine solche müsse die konkret durchzuführenden Maßnahmen und auch deren Umfang bestimmen.
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Mit ihrer Klage vom 25.08.2017 verfolgt die Klägerin ihr Begehren auf Berücksichtigung der geltend gemachten außergewöhnlichen Belastungen weiter.
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Sie habe nach insgesamt zehn Operationen von 2010-2016 künstliche Gelenke in beiden Hüften und beiden Knien, einen Zustand eines unfallbedingt stark vorgeschädigten Fußgelenkes nach Versteifungsoperation sowie einen Zustand der unfallbedingt stark geschädigten Lendenwirbelsäule nach Versteifungsoperation. Aufgrund dieser erheblichen orthopädischen Beschwerden ergäben sich diverse erhebliche Bewegungseinschränkungen und Fehlhaltungen, die zur Mobilisierung durch regelmäßige Thermalwasser-Therapien behandelt werden müssten.
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Zum Nachweis legt die Klägerin eine ärztliche Bescheinigung des Orthopäden D vom 22.08.2017 mit auszugsweise folgendem Inhalt vor:
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„Diagnosen: Rückfußnagelarthrodese re (22.12.16); Rearthrodese, transtalare Arthrodese bei posttraumatischer Arthrodese re USG; McMinn li. Hüfte
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Aufgrund der zahlreichen Beschwerdebilder und der chronischen Erkrankung des Bewegungsapparates sind die Behandlungen in Form von Krankengymnastik, Bewegungsübungen, Massagen und Bewegungsübungen im Bewegungsbad unter therapeutischer Anleitung dauerhaft notwendig, um immer wiederkehrende Fehlhaltungen und Funktionsstörungen mit daraus resultierenden Schmerzen im Bewegungsablauf zu minimieren oder zu beseitigen.
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Es handelt sich in diesem Fall um eine dauerhafte Heilbehandlung!“
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Die notwendige Bewegungstherapie im Bewegungsbad könne von einem niedergelassenen Therapeuten nicht erbracht werden, da dieser nicht über ein Bewegungsbad verfüge. Die Therapie könne jedoch nur in Warmwasser durchgeführt werden. Im Raum B sei das A in B die einzige Einrichtung, die Thermalbewegungsbäder anbieten könne. Allein aus diesem Grunde sei die Klägerin regelmäßig nach B gefahren, um dort an der Wassergymnastik teilzunehmen, die ausschließlich von Physiotherapeuten geleitet werde. Selbst für den Fitnessbereich gebe es keine Fitnesstrainer, sondern nur die Physiotherapeuten. Zum Beweis legt die Klägerin die E-Mail eines Mitarbeiters des A vom 21.08.2017 an sie vor, in der dieser bestätigt, dass die Einrichtung neben dem normalen Fitnessprogramm auch Reha- und Präventionskurse im Rahmen der Krankenkassenabrechnung anbiete, die unter Anleitung von ausgebildeten Physiotherapeuten durchgeführt würden, unter anderem Aquagymnastik, Rückenkurse und anderes.
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Für die Mitgliedschaft in dem Club bezahle sie monatlich 50 € für die Nutzung bis 17.00 Uhr. Sie könnte mit dieser Mitgliedschaft auch den Fitnessbereich nutzen; dies tue sie aber nicht. Außerdem müsste sie für ein schlichtes Fitnesstraining auch nicht bis nach B fahren, sondern könnte ein gewöhnliches Fitnesscenter an ihrem Wohnort besuchen. Sie habe von ihren behandelnden Ärzten auch eine genaue Darstellung über Art und Umfang der notwendigen Übungen erhalten, die ergänzt werde durch fachkundige Anleitung in den Kursen durch die Physiotherapeuten. Diese würden den Kursteilnehmern auch individuelle Anweisungen erteilen und darauf achten, dass die Übungen richtig durchgeführt würden. Sie würden jederzeit für Nachfragen zur Verfügung stehen, wenn der Teilnehmer individuelle Beschwerden bei dem Kurs habe und fachlich fundierte Lösungen oder Alternativübungen bieten. Sie - die Klägerin - verspüre durch die regelmäßige Teilnahme an den Kursen des A eine Linderung ihrer erheblichen Beschwerden und deutliche Verbesserung ihrer Beweglichkeit. Sobald die Kurse nicht regelmäßig besucht würden, trete eine Steifigkeit ein, die das Beschwerdebild verschlechtere. Sie nutze die krankengymnastische Leistung in dem Bewegungsbad für ihre Hüft- und Beinproblematik, die Wirbelsäulengymnastik für ihre Rückenbeschwerden und das Gerätetraining in Bezug auf den versteiften Fuß; für diesen müsse ein ständiges geräteunterstütztes Training durchgeführt werden, um Gefäßverschlüssen vorzubeugen, die dadurch entstehen könnten, dass aufgrund der Versteifung des Fußgelenks die Wadenpumpe in diesem Bein ausfalle. Keine andere Einrichtung könne dies anbieten. Die weiteren erforderlichen Therapiemaßnahmen erhalte sie als Dauertherapie von einem Physiotherapeuten an ihrem Wohnort. Zum Beweis legt die Klägerin diverse Rechnungen einer Physiotherapeutin in F aus 2017 über manuelle Lymphdrainage, manuelle Therapie, Hausbesuche, Krankengymnastik und Elektrotherapie vor.
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Durch die ärztlichen Bestätigungen habe sie die Notwendigkeit der Therapie nachgewiesen. Die Ärzte würden hierzu jedoch keine Verordnung im eigentlichen Sinne erteilen, weil die Teilnahme nicht verordnet werden könne. Denn das A biete die Krankengymnastik nicht als einzelne Leistung an und rechne sie nicht als solche ab, sondern nur im Rahmen eines Vertrages über die Nutzung einer Gesamtleistung.
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Die Feststellung der Notwendigkeit könne jedoch auch nachträglich erfolgen, wie sich aus der geänderten Rechtsprechung seit dem Urteil des BFH vom 11.11.2010, VI R 16/09, ergebe. Der Steuerpflichtige habe die Möglichkeit, seiner Nachweispflicht mit den zulässigen Beweismitteln des Gerichtsverfahrens nachzukommen. Einer Verordnung i.S.d. § 64 Abs. 1 Nr. 1 EStDV bedürfe es nicht. § 64 EStDV widerspreche außerdem der Rechtsprechung des BFH und sei wegen dieser Kollision nicht anwendbar. Die Atteste vom 20.06.2013 und 12.01.2017 seien als Verordnung ausreichend.
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Die Klägerin beantragt,
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die Einkommensteuerfestsetzung 2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.07.2017 mit der Maßgabe zu ändern, dass weitere außergewöhnliche Belastungen i.H.v. 3.074 € in Abzug gebracht werden.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Das Urteil des BFH vom 11.11.2010 sei durch die Einführung von § 64 EStDV überholt. Bei den vorliegend durchgeführten Therapiemaßnahmen handele es sich nicht um Behandlungsmethoden bzw. Maßnahmen i.S.d. § 64 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 lit. a-f EStDV. Somit sei der Nachweis der Zwangsläufigkeit gemäß § 64 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStDV nicht vorab durch ein amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung eines medizinischen Dienstes der Krankenversicherung zu erbringen. Gemäß § 64 Abs. 1 Nr. 1 EStDV sei die Zwangsläufigkeit von krankheitsbedingten Aufwendungen für Arznei-, Heil- und Hilfsmittel i.S.d. §§ 2, 23, 31-33 SGB V durch eine genaue Einzelverordnung eines Arztes oder Heilpraktikers nachzuweisen. Diese Voraussetzungen würden die von der Klägerin vorgelegten ärztlichen Atteste vom 20.06.2013 und aus 2017 nicht erfüllen. Ersteres sei zu allgemein gehalten; es fehle an der genauen Einzelverordnung und konkreten Vorgaben, welche spezifischen Übungen in welchen zeitlichen Intervallen durch die Klägerin durchgeführt werden sollten. Auch die in den späteren Attesten vom 12.01.2017 und 22.08.2017 genannten Therapien seien nicht näher definiert.
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Entgegen der Aussage der Klägerin gehöre Krankengymnastik im Bewegungsbad auch zu den Heilmitteln i.S.d. §§ 2, 32 SGB V, die ärztlich verordnet werden könnten.
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Es bleibe dabei, dass die Aktivitäten in dem Fitnessclub Vorsorgemaßnahmen neben der eigentlichen, gesondert stattfindenden Heilbehandlung darstellen würden.
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Danach bedürfe es mangels Entscheidungserheblichkeit keiner weitergehenden Prüfung mehr, ob die Ausgestaltung der Maßnahmen bei dem A Club in der Verantwortung einer zur Ausübung der Heilkunde berechtigten Person gelegen habe.
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Entscheidungsgründe
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Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die angefochtene Einkommensteuerfestsetzung ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 FGO).
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I.
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Der Beklagte hat die in Rede stehenden Kosten von 3.074 € zutreffend nicht als außergewöhnliche Belastungen i.S.d. § 33 EStG steuermindernd berücksichtigt.
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1.
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Im Rahmen der Festsetzung der Einkommensteuer ist der Gesamtbetrag der Einkünfte unter anderem um die außergewöhnlichen Belastungen zu vermindern (§ 2 Abs. 4 EStG). Außergewöhnliche Belastungen liegen nach der Definition des § 33 Abs. 1 EStG vor, wenn einem Steuerpflichtigen zwangsläufig größere Aufwendungen als der überwiegenden Mehrzahl der Steuerpflichtigen gleicher Einkommensverhältnisse, gleicher Vermögensverhältnisse und gleichen Familienstands erwachsen. Aufwendungen erwachsen gem. § 33 Abs. 2 S. 1 EStG in diesem Sinne zwangsläufig, wenn ein Steuerpflichtiger sich ihnen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann (Zwangsläufigkeit dem Grunde nach) und soweit die Aufwendungen den Umständen nach notwendig sind und einen angemessenen Betrag nicht übersteigen (Zwangsläufigkeit der Art und Höhe nach).
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Für typische und unmittelbare Krankheitskosten wird unwiderleglich vermutet, dass sie außergewöhnlich sind und dem Steuerpflichtigen dem Grunde nach zwangsläufig erwachsen, weil er sich ihnen - ohne Rücksicht auf die Art und die Ursache der Erkrankung - aus tatsächlichen Gründen nicht entziehen kann (vgl. Schmidt/Loschelder, 37. Aufl. 2018, EStG § 33 Rn. 40 m.w.N.). Es werden in diesem Bereich sowohl Aufwendungen berücksichtigt, die zum Zwecke der Heilung einer Krankheit getätigt werden, als auch solche, die mit dem Ziel getätigt werden, die Krankheit erträglich zu machen (BFH, Urteil vom 26.6.2014 VI R 51/13, BStBl II 2015, 9). Aufwendungen für die eigentliche Heilbehandlung werden daher - zur Vermeidung eines unzumutbaren Eindringens in die Privatsphäre des Steuerpflichtigen - typisierend als außergewöhnliche Belastung anerkannt, ohne dass es im Einzelfall der nach § 33 Abs. 2 S. 1 EStG an sich gebotenen Prüfung der Zwangsläufigkeit dem Grunde nach bedarf (BFH, Urteil vom 25.04.2017 VIII R 52/13, BStBl II 2017, 949). Demgegenüber gehören mit einer Krankheit verbundene Folgekosten ebenso wie Kosten für vorbeugende oder allgemein gesundheitsfördernde Maßnahmen, die ihrer Art nach nicht gezielt der Heilung oder Linderung von Krankheiten dienen, nicht zu den abziehbaren Krankheitskosten (BFH, Urteil vom 03.12.1998 III R 5/98, BStBl II 1999, 227).
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Eine derart typisierende Behandlung von Krankheitskosten zugunsten des Steuerbürgers ist allerdings nur dann geboten, wenn die Aufwendungen nach den Erkenntnissen und Erfahrungen der Heilkunde und nach den Grundsätzen eines gewissenhaften Arztes zur Heilung oder Linderung der Krankheit angezeigt (vertretbar) sind und auch nach diesen Grundsätzen vorgenommen werden, also medizinisch indiziert sind (BFH, Urteil vom 19.04.2012 VI R 74/10, BStBl II 2012, 577). Im Hinblick auf diese Einschränkung, also zur Feststellung der medizinischen Notwendigkeit der den Aufwendungen zugrunde liegenden Maßnahmen, hat der Steuerpflichtige die Zwangsläufigkeit von Aufwendungen im Krankheitsfall in einer Reihe von Fällen formalisiert nachzuweisen: Bei krankheitsbedingten Aufwendungen für Arznei-, Heil- und Hilfsmittel (§§ 2, 23, 31 bis 33 SGB V) ist dieser Nachweis nach § 64 Abs. 1 Nr. 1 EStDV i.d.F. des StVereinfG 2011 (EStDV) durch eine Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers zu führen; bei Aufwendungen für Maßnahmen i.S.v. § 64 Abs. 1 Nr. 2 EStDV wird ein im Vorfeld ausgestelltes amtsärztliches Gutachten oder eine vorherige ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (§ 275 SGB V) verlangt (BFH, Urteil vom 19.04.2012 VI R 74/10, BStBl II 2012, 577).
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Verordnung i.S.d. § 64 Abs. 1 Nr. 1 EStDV ist ein formalisierter Nachweis, der für jedes einzelne Arznei-, Heil- oder Hilfsmittel geführt werden muss (vgl. hierzu BFH, Urteil vom 25.04.2017 VIII R 52/13, BStBl II 2017, 949). In der vorbezeichneten Entscheidung – die der Senat für zutreffend hält – hat der BFH zwar offengelassen, ob „Verordnung“ gleichbedeutend ist mit „Rezept“, jedoch für den Bereich der Arzneimittel festgestellt, dass einer ärztlichen Bescheinigung, die sich nicht zu konkret bezogenen Präparaten äußert, sondern lediglich bestätigt, dass die erworbenen Präparate generell entweder ärztlich verordnet oder ärztlich empfohlen wurden, der in § 64 Abs. 1 Nr. 1 EStDV verlangte konkrete Bezug zu den im Einzelnen erworbenen Präparaten fehle.
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2.
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Danach kann der Senat im Streitfall nicht feststellen, dass die in Rede stehenden Aufwendungen für den Besuch des A im Streitjahr für die Klägerin zwangsläufig in dem vorgenannten Sinne waren.
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Die Klägerin hat nach eigenen Angaben zusätzlich zu den verordneten und in der Physiotherapiepraxis vorgenommenen Maßnahmen (manuelle Lymphdrainage, manuelle Therapie, Hausbesuche, Krankengymnastik und Elektrotherapie) in dem A Fitness- und Gesundheitsclub neben der krankengymnastischen Bewegungstherapie im Thermalbewegungsbad auch Wirbelsäulengymnastik und Muskelaufbautraining an Geräten durchgeführt. Laut den vorliegenden ärztlichen Bescheinigungen waren ihr folgenden Maßnahmen angeraten bzw. diese für notwendig gehalten worden:
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- Sporttherapie,
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- Aufbautraining der Muskulatur durch Bewegungsbäder,
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- Muskeltraining sowie Gymnastikkurse
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- Behandlungen in Form von Krankengymnastik, Bewegungsübungen, Massagen und Bewegungsübungen im Bewegungsbad unter therapeutischer Anleitung.
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a.
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Zum einen ist bereits fraglich, ob und inwieweit es sich bei den Fitnessstudiobeiträgen und den aus den Fitnessstudiobesuchen folgenden Fahrtkosten überhaupt um unmittelbare Krankheitskosten und nicht vielmehr um Kosten für vorbeugende oder allgemein gesundheitsfördernde Maßnahmen handelt, die zu den nicht abziehbaren Kosten der Lebensführung nach § 12 Nr. 1 EStG gehören.
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Denn die Beiträge für den A Fitness- und Gesundheitsclub wurden im Streitjahr von der Klägerin schon nicht allein für die tatsächlich in Anspruch genommenen Maßnahmen im Zusammenhang mit ihren orthopädischen Beschwerden gezahlt, sondern für die Zurverfügungstellung der Gesamtheit der von dem A Club angebotenen Leistungen, zu denen – wohl unstreitig – wie in Fitnessstudios üblicherweise auch medizinisch nicht notwendige Leistungen wie Sport- und Fitnesskurse, allgemein gesundheitsfördernde und Präventionskurse, Geräte für Kraft- und Ausdauertraining, Sauna etc. gehören. Diese Leistungen werden ihrer Art nach nicht nur von kranken, sondern auch gesunden Menschen in Anspruch genommen, um die Gesundheit zu erhalten, das Wohlbefinden zu steigern oder die Freizeit sinnvoll zu gestalten und gehören grds. nicht zu den nach § 33 EStG abziehbaren Krankheitskosten, sondern zu den nach § 12 Nr. 1 EStG nicht abziehbaren Lebenshaltungskosten (vgl. z.B. BFH, Urteil vom 15.10.1971 VI R 80/68 , BStBl II 1972, 14, sowie FG München, Urteil vom 08.09.2017, 7 K 732/17, juris; Sächsisches Finanzgericht, Urteil vom 24.01.2011 8 K 1403/09, juris).
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Auch wenn die Klägerin von dieser umfassenden Nutzungsmöglichkeit keinen Gebrauch gemacht haben mag, hat sie diese doch bezahlt, und eine Feststellung der Kostenanteile für in Anspruch genommene Leistungen einerseits und die Zurverfügungstellung der anderen, nicht genutzten Angebote dürfte nach objektiven Kriterien kaum möglich sein. Wenn auch nachvollziehbar ist, dass die Klägerin sich für den Besuch des A Clubs entschieden hat, um die ihr ärztlich empfohlenen Maßnahmen an einem Ort und aus einer Hand in Anspruch nehmen und auf diese Weise möglicherweise auch den Fahrtaufwand beschränken zu können, statt verschiedene, jeweils für die einzelnen Maßnahmen geeignete Therapeuten aufzusuchen, so ist dies Ausfluss ihrer Entscheidungsfreiheit und steht bereits einer Beurteilung der Zwangsläufigkeit der Kosten für das A entgegen.
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Zum anderen stellt jedenfalls zumindest auch ein nicht unerheblicher Teil der von der Klägerin tatsächlich in Anspruch genommenen Leistungen wie die Wirbelsäulengymnastik und das Gerätetraining - möglicherweise sogar die Thermalwassergymnastik - nicht spezifisch medizinisch indizierte Maßnahmen dar, die von einer Vielzahl gesunder Menschen präventiv oder zur Erhaltung der Fitness durchgeführt werden und nach den vorstehenden Ausführungen als allgemein gesundheitsfördernde Maßnahmen nicht i.R.v. § 33 EStG berücksichtigungsfähig sind.
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b.
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Diese Fragen können letztlich jedoch unbeantwortet bleiben. Denn selbst wenn man zugunsten der Klägerin bei den Aufwendungen für die Bewegungstherapie im Bewegungsbad, die Gymnastik und das Gerätetraining von Krankheitskosten ausgehen würde, wäre deren Zwangsläufigkeit nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Weise nachgewiesen.
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Bei diesen Maßnahmen kann es sich allenfalls um - sämtlich verordnungsfähige - Heilmittel i.S.e. physikalischen Therapie (§ 32 SGB V, § 92 SGB V i.V.m. § 19 der Heilmittel-Richtlinie) handeln, für die das Nachweiserfordernis nach § 33 Abs. 4 EStG i.V.m. § 64 Abs. 1 Nr. 1 EStDV gilt. Eine danach zum Nachweis erforderliche Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers für jede durchgeführte Einzelmaßnahme hat die Klägerin jedoch nicht vorgelegt. Bei den von ihr vorgelegten Unterlagen handelt es sich lediglich um pauschale ärztliche Bescheinigungen, nach denen die Klägerin allgemein Sporttherapie, Krankengymnastik, Bewegungsübungen, Massagen und Bewegungsübungen im Bewegungsbad unter therapeutischer Anleitung benötigt und Aufbautraining der Muskulatur durch Bewegungsbäder, Muskeltraining sowie Gymnastikkurse angeraten werden. Sie stellen jedoch kein Rezept oder eine Verschreibung einer konkreten und individuellen Therapiemaßnahme mit Festlegung einer konkreten und individuellen Leistung etwa nach Art, Inhalt, Anzahl und Dauer der Handlung dar. Die Unterlagen verhalten sich folglich nicht dazu, ob die im Streitfall konkret in Rede stehenden Aufwendungen und die diesen zugrunde liegenden Maßnahmen den Umständen nach notwendig i.S.d. § 33 EStG waren, da sie zu unspezifisch sind und keine Überprüfung genau der von der Klägerin beanspruchten Maßnahmen auf ihr Notwendigkeit hin ermöglichen.
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Dem Senat ist es verwehrt, über diese Frage eigenständig Beweis zu erheben und andere als die in § 64 Abs. 1 Nr. 1 EStDV vorgeschriebenen Beweismittel, etwa die Einholung eines Sachverständigengutachtens, zu bemühen. Die Norm regelt abschließend die Nachweiserfordernisse für die Zwangsläufigkeit von Aufwendungen im Krankheitsfall, die durch ein nachträglich erstelltes Gutachten oder andere Unterlagen nicht erfüllt würden. Unter diesem Gesichtspunkt würden jegliche Beweise, die durch das Gericht erhoben würden, etwa durch Einholung eines Sachverständigengutachten, untaugliche Beweismittel darstellen (gl. A. FG Köln, Urteil vom 21.03.2018 3 K 544/17, EFG 2018, 1904; FG Baden-Württemberg, Urteil vom 04.02.2013 10 K 542/12, juris).
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Die geltend gemachten Fahrtkosten teilen das Schicksal der Behandlungskosten: Da die Zwangsläufigkeit der unmittelbaren Aufwendungen für den Besuch des Fitness- und Gesundheitsclubs A nicht feststellbar ist, sind auch die damit zusammenhängenden Wegekosten nicht nach § 33 EStG berücksichtigungsfähig.
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3.
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Die Regelung in § 33 Abs. 4 EStG in Verbindung mit § 64 Abs. 1 EStDV über den Nachweis der Zwangsläufigkeit von Aufwendungen im Krankheitsfall, die als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden, begegnet auch keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Bestimmungen sind formell und materiell mit dem Grundgesetz vereinbar; sie verletzen insbesondere nicht die Grundrechte der Steuerpflichtigen (BFH, Urteil vom 21.2.2018 VI R 11/16, BStBl II 2018, 469 m.w.N.).
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Das Urteil des BFH vom 11.11.2010, VI R 16/09, BStBl II 2011, 969, auf das die Klägerin sich zu ihren Gunsten beruft und das die nachträgliche Feststellung der Zwangsläufigkeit von Krankheitskosten im Rahmen eines finanzgerichtlichen Verfahrens nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung durch das Gericht, regelmäßig anhand eines Sachverständigengutachtens, zulässt, ist auf einer früheren Rechtsgrundlage vor Schaffung des Nachweiserfordernisses in § 64 Abs. 1 EStDV ergangen. Für die Beurteilung der Rechtslage im Streitjahr 2015 kann die Klägerin hieraus nichts ableiten.
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II.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.