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30.01.2020 · IWW-Abrufnummer 213821

Amtsgericht Aurich: Beschluss vom 27.09.2019 – 60 OWi 1636/19

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Amtsgericht Aurich

Beschluss


In der Bußgeldsache  

xxx

wegen Einsicht in die Lebensakte

hat das Amtsgericht Aurich durch die Richter am Amtsgericht Dr. xxx am 27.09.2019 beschlossen:

wird der Antrag des Betroffenen auf gerichtliche Entscheidung vom 16.09.2019 wird auf seine Kosten als unbegründet zurückgewiesen.

Gründe:

Der gemäß S 62 OWiG zulässige Antrag auf gerichtliche Entscheidung gemäß S 62 OWiG ist unbegründet.

Ein Anspruch des Betroffenen auf Einsicht in die „Lebensakte" und auf Übermittelung der unverschlüsselten Rohmessdaten besteht nicht.

Ein solcher Anspruch folgt nicht aus S 147 Abs. 1 StPO i.V.m. S 46 OWiG. Denn diese Vorschrift gewährt nur ein Akteneinsichtsrecht in die Akten, „die dem Gericht vorliegen oder diesem im Falle der Erhebung der Anklage vorzulegen wären". Hierzu gehören nur die Akten und Aktenteile, einschließlich Bild- und Tonbandaufnahmen, auf welche der Schuldvorwurf in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht gestützt wird, und die zur Begründung des Ausspruchs über die Rechtsfolgen herangezogen werden (Karlsruher Kommentar- Kurz, OWiG, S 60, Rn. 97). Regelmäßig werden Schuldspruch und Rechtsfolgen aber nicht auf den Inhalt der Lebensakte gestützt, weil diese nicht beigezogen wird.

Das Gericht ist auch nicht verpflichtet, die Lebensakte nach S 244 Abs. 2 StPO i.V.m. S 46 OWiG beizuziehen und einzusehen. Soweit eine Lebensakte geführt wird, geschieht dies auf freiwilliger Basis der Verwaltungsbehörde. Denn die Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) hat in ihrer ,Stellungnahme zur Forderung nach Herausgabe von Lebensakten von Geräten, deren Bauart von der PTB für die amtliche Überwachung des Straßenverkehrs zugelassen worden ist' aus dem Januar 2004 erklärt: „Zu berücksichtigen ist, dass jedes geeichte Gerät eichamtlich gesichert ist, so dass Reparaturen oder sonstige Eingriffe nur nach Brechen von eichamtlichen Siegeln, Plomben u. ä. möglich sind." Aus diesem Grund ist die beweiserhebliche Frage, ob die Eichsiegel bei der Messung unversehrt waren; nicht jedoch, was in der Lebensakte steht.

Soweit teilweise vertreten wird, das Recht auf Akteneinsicht umfasse alle Unterlagen, die auch einem Sachverständigen zur Verfügung gestellt würden, vermag dem nicht gefolgt zu werden. Ein solches Recht besteht grundsätzlich nicht (BGH, Beschluss vom 14.07.1995, Az.: BGH Aktenzeichen 3 StR 355/94; Meyer-Goßner, StPO, S 147, Rn. 18b), weil Beweismittel i. S. d. der StPO das Gutachten ist und nicht die Unterlagen, die zu seiner Entstehung geführt haben.
Die Vorlage eines Gerätes beim Sachverständigen erfolgt zudem auch erst, wenn sich aufgrund der Hauptverhandlung Zweifel an der Ordnungsgemäßheit der Messung ergeben haben. In diesem Fall werden Lebensakte und Bedienungsanleitung zusammen mit dem Messgerät dem Sachverständigen vorgelegt, weil sie eine Einheit bilden. Das Begehren, Einsicht in Unterlagen zu erhalten, die nicht zur Akte gehören, weil sie regelmäßig für das Verfahren nicht benötigt werden ist ein Beweisermittlungsantrag ohne dass hinreichend dargetan ist, welchen Bezug dies zum konkreten Fall hat.

Die Kostenentscheidung folgt aus SS 62 Abs. 2 S. 2 OWiG, 473 Abs. 4 StPO