24.09.2020 · IWW-Abrufnummer 217997
Verwaltungsgerichtshof Bayern: Beschluss vom 02.04.2020 – 11 CS 19.1733
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Verwaltungsgerichtshof Bayern
Tenor:
I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 7.500,- EUR festgesetzt.
Gründe
I.
1
Der Antragsgegner wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die für sofort vollziehbar erklärte Entziehung seiner ihm am 16. Februar 1960 erteilten Fahrerlaubnis der Klassen 1 und 3 (alt) durch das Verwaltungsgericht Bayreuth.
2
Im März 2019 wurde dem Landratsamt B. bekannt, dass Polizeibeamte den Antragsteller am 28 Februar 2019 im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen zu Hause aufgesucht und bei ihm extreme Stimmungsschwankungen und eine deutlich erkennbare Parkinsonsche Krankheit festgestellt haben. Er sei auf die regelmäßige Einnahme von Medikamenten angewiesen. Seine Körperkontrolle bzw. sein Muskelschütteln sei je nach Emotionszustand ausgeprägt. Er mache in Bezug auf seine Gangart und seine Reaktionsfähigkeit einen erheblich eingeschränkten Eindruck.
3
Mit Schreiben vom 19. März 2019 bat das Landratsamt den Antragsteller um die Vorlage eines durch seinen behandelnden Arzt ausgefüllten Gesundheitsfragebogens und der in seinem Besitz befindlichen ärztlichen Unterlagen sowie um eine Aufstellung aller von ihm einzunehmender bzw. zuletzt eingenommener Medikamente.
4
Durch Schreiben seines Bevollmächtigten ließ der Antragsteller um Akteneinsicht nachsuchen und wegen eines Krankenhausaufenthalts um Fristverlängerung bitten.
5
Aus im April 2019 übersandten polizeilichen Ermittlungsakten geht hervor, dass der Antragsteller am 11. März 2019 einen Verkehrsunfall erlitt, wobei die Polizei keine Beeinträchtigung der Verkehrstüchtigkeit feststellen konnte. Er habe ein vor ihm anhaltendes Fahrzeug zu spät erkannt und sei auf dessen Stoßstange aufgefahren.
6
Mit anwaltlichem Schreiben vom 26. April 2019 legte der Antragsteller einen Arztbericht einer Praxisklinik für Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatischer Medizin und Psychotherapie vom 23. April 2019 an seinen Hausarzt vor, wonach bei ihm ein Parkinsonsyndrom, Polyneuropathie, eine Anpassungsstörung und ein leichtes dementielles Syndrom diagnostiziert worden seien. Letzteres sei unklarer Ursache und könne auch im Rahmen eines Parkinsonsyndroms als Parkinson plus vorkommen. Es handle sich um eine sehr leichte Demenz. Im aktuellen MMST sei das Ergebnis etwas besser als Ende März unter akuter Belastung. Nichtsdestotrotz habe der Antragsteller unterdurchschnittlich abgeschnitten. Suizidalität sei jetzt nicht mehr gegeben, eine maßgebliche Depression habe nicht bestanden. In Bezug auf die Fahreignung sollte jedoch auch bei einem MMST von 25 eine Testung am Automaten stattfinden. In Bezug auf das Parkinsonsyndrom sei eine Fahrprobe empfohlen. Aus psychiatrischer Sicht ergäben sich abgesehen von der leichten Demenz keine Anhaltspunkte für eine reduzierte Kraftfahreignung.
7
Mit Schreiben vom 7. Mai 2019 ordnete das Landratsamt wegen der in dem Arztbericht vom 23. April 2019 genannten Diagnosen gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 FeV eine ärztliche Begutachtung durch einen Arzt einer Begutachtungsstelle für Fahreignung zu den Fragen an, ob der Antragsteller trotz des Vorliegens einer/dieser Erkrankungen (Parkinsonsyndrom, Polyneuropathie, Anpassungsstörung, leichtes dementielles Syndrom), die nach Anlage 4 zur FeV die Fahreignung infrage stellten, und unter Berücksichtigung der in den beigefügten ärztlichen Berichten festgestellten Befunde Kraftfahrzeuge der Gruppen 1 und 2 sicher führen könne. Insbesondere sei zu prüfen, ob sein Leistungsvermögen zum sicheren Führen eines Kraftfahrzeugs der betroffenen Fahrerlaubnisklassen ausreiche und ob eine Kompensation der festgestellten Einschränkungen durch besondere Voraussetzungen möglich sei.
8
Nach Anhörung entzog das Landratsamt dem Antragsteller mit Bescheid vom 23. Juli 2019 gestützt auf § 3 Abs. 1 StVG, § 46 Abs. 1 i.V.m. § 11 Abs. 8 FeV die Fahrerlaubnis und gab ihm unter Androhung eines Zwangsgelds auf, seinen Führerschein innerhalb einer Kalenderwoche nach Zustellung des Bescheids beim Landratsamt abzuliefern. Ferner wurde der Sofortvollzug dieser Verfügungen angeordnet. Beim Antragsteller lägen multiple Erkrankungen vor, die in der Anlage 4 zur FeV genannt seien, als auch Erkrankungen, die für sich allein genommen ggf. noch nicht zum Wegfall der Kraftfahreignung führen würden, aber bei der beim Antragsteller vorliegenden Multimorbidität nicht unbeachtet bleiben dürften. Führe das Parkinsonsyndrom zu einer herabgesetzten Leistungs- und Belastungsfähigkeit, sei der Betroffene nicht in der Lage, den gestellten Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 gerecht zu werden. Die Fähigkeit, Kraftfahrzeuge der Gruppe 1 zu führen, sei nur bei erfolgreicher Therapie oder in leichteren Fällen der Erkrankung gegeben. Sie setze eine nervenärztliche/neurologische Begutachtung und ggf. eine psychologische Zusatzbegutachtung voraus. Polyneuropathie, eine neuromuskuläre Erkrankung, könne sehr unterschiedliche Symptome verursachen und je nach Symptomatik Auswirkungen auf die Fahreignung haben. Eine leichte hirnorganische Wesensänderung (leichtes dementielles Syndrom) könne die Fahreignung für die Gruppe 1 unter Umständen unberührt lassen, nicht jedoch in der Regel für die Gruppe 2. Der behandelnde Facharzt habe eine Testung am Automaten empfohlen. Darüber hinaus liege eine Anpassungsstörung vor. Krankheiten könnten, auch soweit sie nicht in den nicht abschließenden Anlagen 4 und 5 zur FeV genannt seien, aufklärungsbedürftige Zweifel an der Fahreignung begründen. Für die Polizeibeamten sei deutlich erkennbar gewesen, dass der Antragsteller an der Parkinsonschen Krankheit leide. Die in dem Arztbrief vom 23. April 2019 beschriebenen Diagnosen gäben ausreichend Anlass für die Gutachtensanordnung. Entgegen der Auffassung des Antragstellers habe der Arztbrief die Fahreignungsbedenken nicht ausräumen können, zumal für die Fahrzeuggruppe 2 höhere Anforderungen gestellt würden. Ferner solle der behandelnde Arzt nicht die Fahreignung begutachten. Hier habe der behandelnde Arzt sogar selbst einen weiteren Klärungsbedarf gesehen.
9
Gegen diesen Bescheid ließ der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Bayreuth Klage (B 1 K 19.618) erheben, über die noch nicht entschieden ist, und gleichzeitig Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO stellen.
10
Mit Beschluss vom 14. August 2019 gab das Verwaltungsgericht dem Antrag statt, weil die auf die Diagnosen in dem Arztbericht vom 23. April 2019 gestützte Begutachtungsanordnung nicht den formellen Anforderungen des § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV genüge. Allerdings sei sie materiell rechtmäßig. Allein das Vorliegen der Parkinsonschen Krankheit und einer Polyneuropathie schlössen nach Nr. 6.2 und Nr. 6.3 der Anlage 4 zur FeV die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 aus. Es sei ein weiteres Gutachten notwendig gewesen um festzustellen, ob diese Erkrankungen zu einem Eignungsmangel hinsichtlich der Gruppe 1 führten. In dem Arztbericht vom 23. April 2019 werde eine Fahrprobe wegen der Parkinsonerkrankung und ein Test am Automaten wegen der leichten Demenz für erforderlich gehalten. Bezüglich der Demenz habe die Fahreignung nach Nr. 7.3 der Anlage 4 zur FeV zumindest hinsichtlich der Gruppe 2 untersucht werden müssen. Da die Aufzählung in Anlage 4 zur FeV nicht abschließend sei, habe das Landratsamt die Fahreignung auch aufgrund der Diagnosen einer leichten Demenz und Anpassungsstörung überprüfen lassen dürfen. Ein Eignungsmangel könne sich auch aus einer Wechselwirkung bzw. der Gesamtwirkung aller diagnostizierten Erkrankungen ergeben, wobei die Anpassungsstörung allein allerdings keinen Fahreignungsmangel nach Nr. 7 der Anlage 4 zur FeV begründen würde. In dem Arztbericht fehlten insoweit Anhaltspunkte. Dieser Bericht sei auch verwertbar, da er vorgelegt worden sei. Die Beibringungsanordnung stütze sich nicht auf das eingestellte Ermittlungsverfahren oder den Auffahrunfall im März 2019, sodass die Einstellung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens oder die Versöhnung mit der ehemaligen Freundin nicht entscheidungserheblich seien. Ferner sei die Anordnung auch verhältnismäßig. Sie entspreche aber nicht den formellen Anforderungen des § 11 Abs. 6 FeV, weil sie unter einem teilweisen Begründungsmangel leide, der die gesamte Anordnung infiziere und damit formell rechtswidrig werden lasse. Bezüglich der Parkinsonschen Krankheit, der Polyneuropathie und der leichten Demenz werde durch die Nennung der Diagnosen aus dem Arztbericht in Zusammenhang mit der Auflistung der jeweiligen Nummern der Anlage 4 zur FeV hinreichend bestimmt und nachvollziehbar dargelegt, warum ein Zweifel an der Fahreignung des Antragstellers bestehe. Dies gelte hingegen nicht für die Anpassungsstörung. Diese werde zwar als Diagnose aufgelistet. Auch beziehe sich die Fragestellung auf die Anpassungsstörung. Es werde jedoch überhaupt nicht dargelegt, warum sie einen Fahreignungsmangel und Zweifel an der Fahreignung des Antragstellers begründe. Aus der Anordnung gehe für den Antragsteller nicht hinreichend bestimmt und nachvollziehbar hervor, ob die Anpassungsstörung für sich allein Zweifel an seiner Fahreignung begründe, wofür jedoch kein Anlass gegeben wäre, oder sich diese Zweifel aus der Wechselwirkung der Anpassungsstörung mit den übrigen Erkrankungen ergäben. Dieser Begründungsmangel könne auch nicht nachträglich geheilt werden. Dem Betroffenen sei nicht zumutbar, selbst rechtlich zu differenzieren, ob er sich aufgrund einer teilweise unbegründeten Anordnung untersuchen lassen müsse. Ihm könne insbesondere nicht zugemutet werden, dem Gutachter verständlich zu machen, dass entgegen dem behördlichen Gutachtensauftrag nur bestimmte Teile der Fragestellung, denen eine ordnungsgemäße Begründung vorausgehe, in zulässiger Weise zum Gegenstand der Untersuchung gemacht werden dürften. Auch dürfe ein Gutachten, das auch eine teilweise rechtswidrige Fragestellung vollumfänglich beantworte und der Behörde vorgelegt werde, unabhängig von der Rechtmäßigkeit der Beibringungsanordnung insgesamt zulasten des Betroffenen verwertet werden.
11
Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners, der der Antragsteller entgegentritt. Zur Begründung wurde ausgeführt, das Verwaltungsgericht überspanne die Anforderungen an die Begründung einer Beibringungsaufforderung. Es gehe davon aus, dass die Diagnosen einer leichten Demenz und Anpassungsstörung ebenfalls eine Überprüfung der Fahreignung rechtfertigten und ein Eignungsmangel sich hierbei aus einer Wechsel- bzw. Gesamtwirkung aller diagnostizierten Erkrankungen ergeben könne, die Anpassungsstörung für sich genommen jedoch keinen Fahreignungsmangel begründen könne, weil sie nicht in Nr. 7 der Anlage 4 zur FeV aufgeführt werde und sich aus dem ärztlichen Bericht vom 23. April 2019 keine weiteren Anhaltspunkte über die Art und Schwere der Störung und ihrer Auswirkungen ergäben. Vor diesem Hintergrund überzeuge die Annahme eines Begründungsmangels hinsichtlich der in der Fragestellung mitaufgeführten Anpassungsstörung nicht. Die gewählte Formulierung "... dieser Erkrankungen ..." sei eindeutig dahingehend zu verstehen, dass zu klären sei, ob der von vier Erkrankungen (Parkinsonsyndrom, Polyneuropathie, Anpassungsstörung, leichtes dementielles Syndrom) geprägte gesundheitliche Gesamtzustand des Antragstellers seine Fahreignung hinsichtlich der Fahrerlaubnisklassen der Gruppen 1 und 2 ausschließe. Es stelle eine offenkundige und allgemein bekannte Tatsache dar, dass die Fahreignung letztlich von dem gesundheitlichen Gesamtzustand abhänge, sodass für eine explizite, diesen Umstand letztlich nur wiederholende Begründung keine zwingende Notwendigkeit bestehen könne. Daher habe es in der Begutachtungsaufforderung hinsichtlich des möglichen Krankheitswerts der mitangeführten Anpassungsstörung im Zusammenwirken mit weiteren gesundheitlichen Faktoren keiner separaten ausdrücklichen Begründung bedurft. Außerdem wäre ein Verstoß vorliegend jedenfalls gemäß Art. 46 BayVwVfG unbeachtlich. Diese Vorschrift sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auf formelle Verstöße im Rahmen des § 11 Abs. 6 FeV anwendbar und zwar nicht nur bezüglich der Verletzung der Hinweispflicht, sondern auch den formellen Mangel einer unterbliebenen bzw. defizitären Darlegung der Gründe für die Beibringungsaufforderung. Die fehlende Begründung zu der im Schreiben vom 7. Mai 2019 aufgeführten und in der Sache über Wechselwirkungen den Gesamtgesundheitszustand eventuell fahreignungsrelevant beeinflussenden Anpassungsstörung jedenfalls unschädlich, weil sie die Entscheidung des anwaltlich vertretenen Antragstellers, sich der geforderten Begutachtung nicht zu unterziehen, offensichtlich nicht beeinflusst habe. Der Antragsteller habe die fahreignungsrelevanten Aussagen seines Arztes ignoriert und im Rahmen der Klage und Antragsbegründung vortragen lassen, dass aufgrund des ärztlichen Befundberichts vom 23. April 2019 keinerlei Anhaltspunkte für eine reduzierte Fahreignung bestünden. Dass hier eine weitere Begründung der Gutachtensaufforderung in Bezug auf die Anpassungsstörung die Meinungsbildung des Antragstellers hätte beeinflussen können, müsse vor diesem Hintergrund als offensichtlich ausgeschlossen betrachtet werden.
12
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
II.
13
Die Beschwerde ist unbegründet.
14
Aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu ändern oder aufzuheben wäre.
15
Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes vom 5. März 2003 (StVG, BGBl I S. 310), zum maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses in der Fassung des Gesetzes vom 8. April 2019 (BGBl I S. 430), und § 46 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 13. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV, BGBl I S. 1980), zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Verordnung vom 4. Juli 2019 (BGBl I S. 1056), hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 46 Abs. 3 FeV). Nach § 11 Abs. 2 Satz 1 FeV kann die Fahrerlaubnisbehörde die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens anordnen, wenn Tatsachen bekannt werden, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisinhabers begründen. Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er das geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf nach § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf die Nichteignung geschlossen werden. Der Schluss auf die Nichteignung ist allerdings nur zulässig, wenn die Anordnung der Begutachtung formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig ist (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2016 - 3 C 20.15 - BVerwGE 156, 293 Rn. 19). Bedenken gegen die körperliche und geistige Fahreignung bestehen nach § 11 Abs. 2 Satz 2 FeV insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangelnach Anlage 4 oder 5 zur FeV hinweisen.
16
Das Verwaltungsgericht ist entgegen der Auffassung des Antragstellers zutreffend davon ausgegangen, dass grundsätzlich Klärungsbedarf hinsichtlich der Erkrankungen des Antragstellers bestand. Denn zwischen den Beteiligten ist nicht streitig, dass der Antragsteller an den in dem psychiatrischen Arztbericht vom 23. April 2019 und in der Anlage 4 zur FeV genannten (vgl. BayVGH, B.v. 3.5.2017 - 11 CS 17.312 - juris Rn. 16) Erkrankungen, nämlich der Parkinsonschen Krankheit (Nr. 6.3 der Anlage 4 zur FeV), einer Polyneuropathie, die zu den Erkrankungen der neuromuskulären Peripherie gemäß Nr. 6.2 der Anlage 4 zur FeV zählt (vgl. Nr. 3.9.2 der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung vom 27.1.2014 [Begutachtungsleitlinien, VkBl. S. 110, im Zeitpunkt des Bescheiderlasses Stand 24.5.2018, die nach § 11 Abs. 5 FeV i.V.m. Anlage 4a Grundlage für die Beurteilung der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen sind] - Begutachtungsleitlinien; Schubert/Huetten/Reimann/Graw, Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung, Kommentar, 3. Aufl. 2018, S. 172 ff.), und einem leichten dementiellen Syndrom leidet, das den leichten chronischen hirnorganischen Psychosyndromen im Sinne von Nr. 7.2.1 Anlage 4 der FeV zuzuordnen ist (vgl. Nr. 3.12.2 der Begutachtungsleitlinien; Schubert/Huetten/Reimann/Graw, a.a.O., S. 228 ff.). Für Fahrzeuge der Gruppe 2, darunter die dem Antragsteller mit der Fahrerlaubnisklasse 3 (alt) erteilten Fahrerlaubnisklassen C1, C1E und CE (vgl. Abschnitt A.I Nr. 17 der Anlage 3 zur FeV), ist nach Nr. 6.3 und Nr. 6.2 der Anlage 4 zur FeV die Fahreignung generell nicht gegeben bzw. ausgeschlossen. Nachdem Gesichtspunkte für eine vom Regelfall abweichende Betrachtung im Sinne der Vorbemerkung 3 zur Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung nicht vortragen worden sind oder ersichtlich waren, wäre insoweit sogar die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 11 Abs. 7 FeV ohne Begutachtung in Betracht gekommen. Hinsichtlich der Fahrzeuge der Gruppe 1 war die Fahreignung aufgrund dieser beiden Erkrankungen klärungsbedürftig. Nur in leichten Fällen der Parkinsonschen Krankheit und bei erfolgreicher Therapie ist die Fahreignung gegeben. Sie setzt nach Nr. 3.9.3 der Begutachtungsleitlinien auch für Fahrzeuge der Gruppe 1 eine nervenärztliche/neurologische und, je nach den Umständen, eine psychologische Zusatzbegutachtung voraus und rechtfertigt Nachuntersuchungen in Abständen von ein, zwei und vier Jahren. Hinzu kam, dass zum einen die fachärztliche Empfehlung einer Fahrprobe Zweifel des Arztes an der Fahreignung des Antragstellers erkennen ließ und zum andern die polizeiliche Wahrnehmung ausgeprägter Krankheitssymptome berechtigten Anlass zur Klärung des Schweregrads der Erkrankung gab. In Zusammenhang mit der Parkinsonschen Krankheit und in Anbetracht der Multimorbidität des Antragstellers war auch die Ausdehnung der Gutachtensanordnung auf die Polyneuropathie, die nach Nr. 6.2 der Anlage 4 zur FeV die Fahreignung für Fahrzeuge der Gruppe 1 - abhängig von der Symptomatik, auf die der psychiatrische Bericht jedoch nicht eingeht - grundsätzlich unberührt lässt, gerechtfertigt (vgl. Schubert/Huetten/Reimann/Graw, a.a.O., S. 173 f.). Leichte chronische hirnorganische Psychosyndrome, wie das leichte dementielle Syndrom des Antragstellers, führen zwar nach Nr. 7.2.1 der Anlage 4 zur FeV abhängig von Art und Schwere regelmäßig nicht zum Wegfall der Fahreignung. In Anbetracht der psychiatrischen Empfehlung von Leistungstests bestand aber jedenfalls auch insoweit ein ausreichender Anlass, Art und Schwere der Erkrankung zu klären und prüfen zu lassen, ob und in welchem Grade die geistigen Fähigkeiten beeinträchtigt sind (vgl. Nr. 3.12.2 der Begutachtungsleitlinien). Für die Annahme einer schweren Altersdemenz im Sinne von Nr. 7.3 der Anlage 4 zur FeV ergaben sich aus dem Arztbericht vom 23. April 2019 hingegen keine hinreichenden Anhaltspunkte.
17
Dass das Landratsamt die Nr. 7.3 der Anlage 4 zur FeV herangezogen hat, wirkt sich allerdings schon deshalb nicht entscheidungserheblich aus, weil die Anordnung eines ärztlichen Fahreignungsgutachtens gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 FeV wegen eines teilweisen Begründungsmangels insgesamt rechtswidrig ist. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Anordnung nicht zu entnehmen ist, inwiefern die in Anlage 4 zur FeV nicht aufgeführte Anpassungsstörung Anlass zur Begutachtung geboten hat.
18
Nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck des § 11 Abs. 6 Satz 1 und 2 FeV soll der Betroffene durch die Mitteilung der zu begutachtenden Fragestellung, die ebenso die Gründe für die Fahreignungszweifel sowie die Fachrichtung des zur Begutachtung einzuschaltenden Facharztes bereits in der an ihn gerichteten Beibringungsanordnung anzugeben ist, in die Lage versetzt werden, sich innerhalb der Beibringungsfrist nach § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV ein Urteil darüber zu bilden, ob die Aufforderung zu dessen Beibringung rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig ist (vgl. BVerwG, B.v. 5.2.2015 - 3 B 16.14 - juris Rn. 8 m.w.N.). An die Anlassbezogenheit und Verhältnismäßigkeit der Fragestellung sind mangels selbstständiger Anfechtbarkeit der Gutachtensanordnung und wegen der einschneidenden Folgen einer unberechtigten Gutachtensverweigerung im Interesse effektiven Rechtsschutzes strenge Anforderungen zu stellen (Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 45. Aufl. 2019, § 11 FeV Rn. 42). Ferner muss die Aufforderung im Wesentlichen aus sich heraus verständlich sein. Der Betroffene muss ihr entnehmen können, was konkret ihr Anlass ist und ob das in ihr Verlautbarte die behördlichen Zweifel an der Fahreignung zu rechtfertigen vermag. Nur unter diesen Voraussetzungen ist es sachgerecht, bei einer unberechtigten Weigerung ohne weitere vertiefte Ermittlungen zu schlussfolgern, der Betroffene habe "gute Gründe" für seine Weigerung, weil eine Begutachtung seine bislang nur vermutete Ungeeignetheit aufdecken und belegen würde (BVerwG, U.v. 5.7.2001 - 3 C 13.01 - BayVBl 2002, 280 = juris Rn. 25). Ist die Fragestellung nur zum Teil gerechtfertigt, gehen Unklarheiten zulasten der Fahrerlaubnisbehörde. Dem Betroffenen kann nicht angesonnen werden, selbst entsprechende rechtliche Differenzierungen vorzunehmen und letztlich klüger und präziser sein zu müssen als die Behörde. Ihm kann insbesondere nicht zugemutet werden, dem Gutachter etwa verständlich zu machen, dass entgegen dem behördlichen Gutachterauftrag nur bestimmte Teile der Fragestellungen zulässigerweise zum Gegenstand der Untersuchung gemacht werden dürften (Dauer, a.a.O. § 11 FeV Rn. 42). Eine zu weit reichende Fragestellung ist allerdings dann unschädlich, wenn sich die notwendige Eingrenzung der vom Gutachter zu klärenden Fragen mit hinreichender Deutlichkeit aus den von der Fahrerlaubnisbehörde dargelegten Gründen für ihre Eignungsbedenken entnehmen lässt (Dauer, a.a.O. § 11 FeV Rn. 42).
19
Dies war hier nicht der Fall. Aus dem Anordnungsschreiben vom 7. Mai 2019 geht lediglich hervor, dass die in dem ärztlichen Bericht vom 23. April 2019 aufgeführten Diagnosen die Fahrerlaubnisbehörde veranlasst haben, die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens anzuordnen, was in Zusammenhang mit der Angabe einer Erkrankung aus der Anlage 4 zur FeV grundsätzlich eine ausreichende Begründung darstellt. Hinsichtlich der in Anlage 4 zur FeV nicht aufgeführten Anpassungsstörung ist der Gutachtensanordnung allerdings weiter nichts zu entnehmen. Deshalb kann sie entgegen der Auffassung des Antragsgegners nach ihrem objektiven Erklärungsgehalt auch nicht dahin ausgelegt werden, dass die Anpassungsstörung nach Meinung der Fahrerlaubnisbehörde ausschließlich in ihrer Wechselwirkung mit den übrigen Erkrankungen Fahreignungszweifel begründet hat bzw. dahingehend mitbegutachtet werden sollte. Es mag allgemein bekannt oder offenkundig sein, wie der Antragsgegner geltend macht, dass die Fahreignung vom gesundheitlichen Gesamtzustand des Betroffenen abhängt (vgl. Nr. 2.7 der Begutachtungsleitlinien). Dies gilt jedoch im Falle einer Multimorbidität nicht dafür, ob überhaupt und inwiefern aus einer von mehreren Erkrankungen allein oder im Zusammenwirken mit den weiteren Erkrankungen Fahreignungszweifel hergeleitet werden. Das ist auch nicht nach dem in ICD 10 F 43.2 definierten Störungsbild offensichtlich. Bei der Anpassungsstörung handelt es sich um Zustände von subjektiver Bedrängnis und emotionaler Beeinträchtigung, die im Allgemeinen soziale Funktionen und Leistungen behindern und während des Anpassungsprozesses nach einer entscheidenden Lebensveränderung oder nach belastenden Lebensereignissen auftreten. Nachdem der Facharzt in seinem Arztbrief keine Depression festgestellt und eine aktuelle Suizidalität nach Exploration ausdrücklich verneint und die Fahrerlaubnisbehörde dies auch nicht in Zweifel gezogen hatte, war damit völlig offen, in welcher Hinsicht der Gutachter den psychischen Zustand des Antragstellers hätte explorieren sollen. Allerdings bleibt ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass der ärztliche Bericht vom 23. April 2019, der Hinweise auf eine psychische Störung enthält (anhedoner Affekt, Antriebsstörung, deutlich reduzierte Psychomotorik, Diagnose der Anpassungsstörung), sowie die Diagnosen der Parkinsonschen Krankheit und eines leichten dementiellen Syndroms einen hinreichenden Anlass geboten hätten, der Frage nachzugehen, ob eine zusätzliche psychische Störung (hier die Anpassungsstörung), die für sich allein regelmäßig noch keinen Fahreignungsmangel begründet, im Zusammenhang mit den übrigen Erkrankungen die Fahreignung negativ beeinflussen könnte.
20
Auch wenn die obergerichtliche Rechtsprechung die Vorschrift des § 46 VwVfG bzw. Art. 46 BayVwVfG auf Begründungsmängel anwendet (Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, Rn. 33, 60 ff., 85; BVerwG, U.v. 24.3.2011 - 7 A 3.10 - NVwZ 2011, 1124 = juris Rn. 84 ff.; U.v. 29.9.1998 - 1 C 8.96 - NVwZ 1999, 303 = juris Rn. 15) und auf eine Gutachtensanordnung nach der Fahreignungsverordnung grundsätzlich für analog anwendbar hält (BVerwG, U.v. 17.11.2016 - 3 C 20.15 - BVerwGE 156, 293 Rn. 27 ff.: im entschiedenen Fall allerdings abgelehnt bei fehlendem Hinweis auf das Akteneinsichtsrecht), kommt dies bei Mängeln in der Fragestellung und der Begründung der Gutachtensanordnung wegen ihres dargelegten Zwecks ebenso wenig in Betracht wie eine nachträgliche Heilung nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 2 BayVwVfG (vgl. BVerwG, U.v. 30.5.2013 - 2 C 68.11 - BVerwGE 146, 347 Rn. 21 zu einer insoweit vergleichbaren Untersuchungsaufforderung in einem Verfahren der beamtenrechtlichen Zurruhesetzung). Denn eine unklare Fragestellung und Begründung ermöglicht es dem Betroffenen nicht zu beurteilen, ob die Gutachtensanordnung anlassbezogen und verhältnismäßig ist und wie weit seine Mitwirkungspflicht reicht (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2016 a.a.O. Rn. 37). Die Anforderungen an eine formell und materiell rechtmäßige Aufforderung können nicht durch Überlegungen des Inhalts relativiert werden, der Betroffene werde schon wissen, worum es gehe (BVerwG, U.v. 17.11.2016 a.a.O. Rn. 30). Es dürfte auch kaum je offensichtlich sein, dass die Verletzung der inhaltlichen Anforderungen an Fragestellung und Begründung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat; zumal hier das Störungsbild eine Exploration des psychischen Zustands in viele Richtungen erlaubt und somit mit einem weitreichenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht verbunden gewesen wäre.
21
Damit war die Beschwerde mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. den Empfehlungen in Nr. 1.5 Satz 1, Nr. 46.1, 46.3 und 46.5 des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
22
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
Beschluss vom 02.04.2020
Az.: 11 CS 19.1733
Tenor:
I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III.
Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 7.500,- EUR festgesetzt.
Gründe
I.
1
Der Antragsgegner wendet sich mit seiner Beschwerde gegen die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage des Antragstellers gegen die für sofort vollziehbar erklärte Entziehung seiner ihm am 16. Februar 1960 erteilten Fahrerlaubnis der Klassen 1 und 3 (alt) durch das Verwaltungsgericht Bayreuth.
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Im März 2019 wurde dem Landratsamt B. bekannt, dass Polizeibeamte den Antragsteller am 28 Februar 2019 im Rahmen strafrechtlicher Ermittlungen zu Hause aufgesucht und bei ihm extreme Stimmungsschwankungen und eine deutlich erkennbare Parkinsonsche Krankheit festgestellt haben. Er sei auf die regelmäßige Einnahme von Medikamenten angewiesen. Seine Körperkontrolle bzw. sein Muskelschütteln sei je nach Emotionszustand ausgeprägt. Er mache in Bezug auf seine Gangart und seine Reaktionsfähigkeit einen erheblich eingeschränkten Eindruck.
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Mit Schreiben vom 19. März 2019 bat das Landratsamt den Antragsteller um die Vorlage eines durch seinen behandelnden Arzt ausgefüllten Gesundheitsfragebogens und der in seinem Besitz befindlichen ärztlichen Unterlagen sowie um eine Aufstellung aller von ihm einzunehmender bzw. zuletzt eingenommener Medikamente.
4
Durch Schreiben seines Bevollmächtigten ließ der Antragsteller um Akteneinsicht nachsuchen und wegen eines Krankenhausaufenthalts um Fristverlängerung bitten.
5
Aus im April 2019 übersandten polizeilichen Ermittlungsakten geht hervor, dass der Antragsteller am 11. März 2019 einen Verkehrsunfall erlitt, wobei die Polizei keine Beeinträchtigung der Verkehrstüchtigkeit feststellen konnte. Er habe ein vor ihm anhaltendes Fahrzeug zu spät erkannt und sei auf dessen Stoßstange aufgefahren.
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Mit anwaltlichem Schreiben vom 26. April 2019 legte der Antragsteller einen Arztbericht einer Praxisklinik für Neurologie, Psychiatrie, Psychosomatischer Medizin und Psychotherapie vom 23. April 2019 an seinen Hausarzt vor, wonach bei ihm ein Parkinsonsyndrom, Polyneuropathie, eine Anpassungsstörung und ein leichtes dementielles Syndrom diagnostiziert worden seien. Letzteres sei unklarer Ursache und könne auch im Rahmen eines Parkinsonsyndroms als Parkinson plus vorkommen. Es handle sich um eine sehr leichte Demenz. Im aktuellen MMST sei das Ergebnis etwas besser als Ende März unter akuter Belastung. Nichtsdestotrotz habe der Antragsteller unterdurchschnittlich abgeschnitten. Suizidalität sei jetzt nicht mehr gegeben, eine maßgebliche Depression habe nicht bestanden. In Bezug auf die Fahreignung sollte jedoch auch bei einem MMST von 25 eine Testung am Automaten stattfinden. In Bezug auf das Parkinsonsyndrom sei eine Fahrprobe empfohlen. Aus psychiatrischer Sicht ergäben sich abgesehen von der leichten Demenz keine Anhaltspunkte für eine reduzierte Kraftfahreignung.
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Mit Schreiben vom 7. Mai 2019 ordnete das Landratsamt wegen der in dem Arztbericht vom 23. April 2019 genannten Diagnosen gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 FeV eine ärztliche Begutachtung durch einen Arzt einer Begutachtungsstelle für Fahreignung zu den Fragen an, ob der Antragsteller trotz des Vorliegens einer/dieser Erkrankungen (Parkinsonsyndrom, Polyneuropathie, Anpassungsstörung, leichtes dementielles Syndrom), die nach Anlage 4 zur FeV die Fahreignung infrage stellten, und unter Berücksichtigung der in den beigefügten ärztlichen Berichten festgestellten Befunde Kraftfahrzeuge der Gruppen 1 und 2 sicher führen könne. Insbesondere sei zu prüfen, ob sein Leistungsvermögen zum sicheren Führen eines Kraftfahrzeugs der betroffenen Fahrerlaubnisklassen ausreiche und ob eine Kompensation der festgestellten Einschränkungen durch besondere Voraussetzungen möglich sei.
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Nach Anhörung entzog das Landratsamt dem Antragsteller mit Bescheid vom 23. Juli 2019 gestützt auf § 3 Abs. 1 StVG, § 46 Abs. 1 i.V.m. § 11 Abs. 8 FeV die Fahrerlaubnis und gab ihm unter Androhung eines Zwangsgelds auf, seinen Führerschein innerhalb einer Kalenderwoche nach Zustellung des Bescheids beim Landratsamt abzuliefern. Ferner wurde der Sofortvollzug dieser Verfügungen angeordnet. Beim Antragsteller lägen multiple Erkrankungen vor, die in der Anlage 4 zur FeV genannt seien, als auch Erkrankungen, die für sich allein genommen ggf. noch nicht zum Wegfall der Kraftfahreignung führen würden, aber bei der beim Antragsteller vorliegenden Multimorbidität nicht unbeachtet bleiben dürften. Führe das Parkinsonsyndrom zu einer herabgesetzten Leistungs- und Belastungsfähigkeit, sei der Betroffene nicht in der Lage, den gestellten Anforderungen zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 gerecht zu werden. Die Fähigkeit, Kraftfahrzeuge der Gruppe 1 zu führen, sei nur bei erfolgreicher Therapie oder in leichteren Fällen der Erkrankung gegeben. Sie setze eine nervenärztliche/neurologische Begutachtung und ggf. eine psychologische Zusatzbegutachtung voraus. Polyneuropathie, eine neuromuskuläre Erkrankung, könne sehr unterschiedliche Symptome verursachen und je nach Symptomatik Auswirkungen auf die Fahreignung haben. Eine leichte hirnorganische Wesensänderung (leichtes dementielles Syndrom) könne die Fahreignung für die Gruppe 1 unter Umständen unberührt lassen, nicht jedoch in der Regel für die Gruppe 2. Der behandelnde Facharzt habe eine Testung am Automaten empfohlen. Darüber hinaus liege eine Anpassungsstörung vor. Krankheiten könnten, auch soweit sie nicht in den nicht abschließenden Anlagen 4 und 5 zur FeV genannt seien, aufklärungsbedürftige Zweifel an der Fahreignung begründen. Für die Polizeibeamten sei deutlich erkennbar gewesen, dass der Antragsteller an der Parkinsonschen Krankheit leide. Die in dem Arztbrief vom 23. April 2019 beschriebenen Diagnosen gäben ausreichend Anlass für die Gutachtensanordnung. Entgegen der Auffassung des Antragstellers habe der Arztbrief die Fahreignungsbedenken nicht ausräumen können, zumal für die Fahrzeuggruppe 2 höhere Anforderungen gestellt würden. Ferner solle der behandelnde Arzt nicht die Fahreignung begutachten. Hier habe der behandelnde Arzt sogar selbst einen weiteren Klärungsbedarf gesehen.
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Gegen diesen Bescheid ließ der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Bayreuth Klage (B 1 K 19.618) erheben, über die noch nicht entschieden ist, und gleichzeitig Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO stellen.
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Mit Beschluss vom 14. August 2019 gab das Verwaltungsgericht dem Antrag statt, weil die auf die Diagnosen in dem Arztbericht vom 23. April 2019 gestützte Begutachtungsanordnung nicht den formellen Anforderungen des § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV genüge. Allerdings sei sie materiell rechtmäßig. Allein das Vorliegen der Parkinsonschen Krankheit und einer Polyneuropathie schlössen nach Nr. 6.2 und Nr. 6.3 der Anlage 4 zur FeV die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 2 aus. Es sei ein weiteres Gutachten notwendig gewesen um festzustellen, ob diese Erkrankungen zu einem Eignungsmangel hinsichtlich der Gruppe 1 führten. In dem Arztbericht vom 23. April 2019 werde eine Fahrprobe wegen der Parkinsonerkrankung und ein Test am Automaten wegen der leichten Demenz für erforderlich gehalten. Bezüglich der Demenz habe die Fahreignung nach Nr. 7.3 der Anlage 4 zur FeV zumindest hinsichtlich der Gruppe 2 untersucht werden müssen. Da die Aufzählung in Anlage 4 zur FeV nicht abschließend sei, habe das Landratsamt die Fahreignung auch aufgrund der Diagnosen einer leichten Demenz und Anpassungsstörung überprüfen lassen dürfen. Ein Eignungsmangel könne sich auch aus einer Wechselwirkung bzw. der Gesamtwirkung aller diagnostizierten Erkrankungen ergeben, wobei die Anpassungsstörung allein allerdings keinen Fahreignungsmangel nach Nr. 7 der Anlage 4 zur FeV begründen würde. In dem Arztbericht fehlten insoweit Anhaltspunkte. Dieser Bericht sei auch verwertbar, da er vorgelegt worden sei. Die Beibringungsanordnung stütze sich nicht auf das eingestellte Ermittlungsverfahren oder den Auffahrunfall im März 2019, sodass die Einstellung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens oder die Versöhnung mit der ehemaligen Freundin nicht entscheidungserheblich seien. Ferner sei die Anordnung auch verhältnismäßig. Sie entspreche aber nicht den formellen Anforderungen des § 11 Abs. 6 FeV, weil sie unter einem teilweisen Begründungsmangel leide, der die gesamte Anordnung infiziere und damit formell rechtswidrig werden lasse. Bezüglich der Parkinsonschen Krankheit, der Polyneuropathie und der leichten Demenz werde durch die Nennung der Diagnosen aus dem Arztbericht in Zusammenhang mit der Auflistung der jeweiligen Nummern der Anlage 4 zur FeV hinreichend bestimmt und nachvollziehbar dargelegt, warum ein Zweifel an der Fahreignung des Antragstellers bestehe. Dies gelte hingegen nicht für die Anpassungsstörung. Diese werde zwar als Diagnose aufgelistet. Auch beziehe sich die Fragestellung auf die Anpassungsstörung. Es werde jedoch überhaupt nicht dargelegt, warum sie einen Fahreignungsmangel und Zweifel an der Fahreignung des Antragstellers begründe. Aus der Anordnung gehe für den Antragsteller nicht hinreichend bestimmt und nachvollziehbar hervor, ob die Anpassungsstörung für sich allein Zweifel an seiner Fahreignung begründe, wofür jedoch kein Anlass gegeben wäre, oder sich diese Zweifel aus der Wechselwirkung der Anpassungsstörung mit den übrigen Erkrankungen ergäben. Dieser Begründungsmangel könne auch nicht nachträglich geheilt werden. Dem Betroffenen sei nicht zumutbar, selbst rechtlich zu differenzieren, ob er sich aufgrund einer teilweise unbegründeten Anordnung untersuchen lassen müsse. Ihm könne insbesondere nicht zugemutet werden, dem Gutachter verständlich zu machen, dass entgegen dem behördlichen Gutachtensauftrag nur bestimmte Teile der Fragestellung, denen eine ordnungsgemäße Begründung vorausgehe, in zulässiger Weise zum Gegenstand der Untersuchung gemacht werden dürften. Auch dürfe ein Gutachten, das auch eine teilweise rechtswidrige Fragestellung vollumfänglich beantworte und der Behörde vorgelegt werde, unabhängig von der Rechtmäßigkeit der Beibringungsanordnung insgesamt zulasten des Betroffenen verwertet werden.
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Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners, der der Antragsteller entgegentritt. Zur Begründung wurde ausgeführt, das Verwaltungsgericht überspanne die Anforderungen an die Begründung einer Beibringungsaufforderung. Es gehe davon aus, dass die Diagnosen einer leichten Demenz und Anpassungsstörung ebenfalls eine Überprüfung der Fahreignung rechtfertigten und ein Eignungsmangel sich hierbei aus einer Wechsel- bzw. Gesamtwirkung aller diagnostizierten Erkrankungen ergeben könne, die Anpassungsstörung für sich genommen jedoch keinen Fahreignungsmangel begründen könne, weil sie nicht in Nr. 7 der Anlage 4 zur FeV aufgeführt werde und sich aus dem ärztlichen Bericht vom 23. April 2019 keine weiteren Anhaltspunkte über die Art und Schwere der Störung und ihrer Auswirkungen ergäben. Vor diesem Hintergrund überzeuge die Annahme eines Begründungsmangels hinsichtlich der in der Fragestellung mitaufgeführten Anpassungsstörung nicht. Die gewählte Formulierung "... dieser Erkrankungen ..." sei eindeutig dahingehend zu verstehen, dass zu klären sei, ob der von vier Erkrankungen (Parkinsonsyndrom, Polyneuropathie, Anpassungsstörung, leichtes dementielles Syndrom) geprägte gesundheitliche Gesamtzustand des Antragstellers seine Fahreignung hinsichtlich der Fahrerlaubnisklassen der Gruppen 1 und 2 ausschließe. Es stelle eine offenkundige und allgemein bekannte Tatsache dar, dass die Fahreignung letztlich von dem gesundheitlichen Gesamtzustand abhänge, sodass für eine explizite, diesen Umstand letztlich nur wiederholende Begründung keine zwingende Notwendigkeit bestehen könne. Daher habe es in der Begutachtungsaufforderung hinsichtlich des möglichen Krankheitswerts der mitangeführten Anpassungsstörung im Zusammenwirken mit weiteren gesundheitlichen Faktoren keiner separaten ausdrücklichen Begründung bedurft. Außerdem wäre ein Verstoß vorliegend jedenfalls gemäß Art. 46 BayVwVfG unbeachtlich. Diese Vorschrift sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auf formelle Verstöße im Rahmen des § 11 Abs. 6 FeV anwendbar und zwar nicht nur bezüglich der Verletzung der Hinweispflicht, sondern auch den formellen Mangel einer unterbliebenen bzw. defizitären Darlegung der Gründe für die Beibringungsaufforderung. Die fehlende Begründung zu der im Schreiben vom 7. Mai 2019 aufgeführten und in der Sache über Wechselwirkungen den Gesamtgesundheitszustand eventuell fahreignungsrelevant beeinflussenden Anpassungsstörung jedenfalls unschädlich, weil sie die Entscheidung des anwaltlich vertretenen Antragstellers, sich der geforderten Begutachtung nicht zu unterziehen, offensichtlich nicht beeinflusst habe. Der Antragsteller habe die fahreignungsrelevanten Aussagen seines Arztes ignoriert und im Rahmen der Klage und Antragsbegründung vortragen lassen, dass aufgrund des ärztlichen Befundberichts vom 23. April 2019 keinerlei Anhaltspunkte für eine reduzierte Fahreignung bestünden. Dass hier eine weitere Begründung der Gutachtensaufforderung in Bezug auf die Anpassungsstörung die Meinungsbildung des Antragstellers hätte beeinflussen können, müsse vor diesem Hintergrund als offensichtlich ausgeschlossen betrachtet werden.
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Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.
II.
13
Die Beschwerde ist unbegründet.
14
Aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu ändern oder aufzuheben wäre.
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Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes vom 5. März 2003 (StVG, BGBl I S. 310), zum maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses in der Fassung des Gesetzes vom 8. April 2019 (BGBl I S. 430), und § 46 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 13. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung - FeV, BGBl I S. 1980), zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt zuletzt geändert durch Verordnung vom 4. Juli 2019 (BGBl I S. 1056), hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken begründen, dass der Inhaber einer Fahrerlaubnis zum Führen eines Kraftfahrzeugs ungeeignet oder bedingt geeignet ist, finden die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung (§ 46 Abs. 3 FeV). Nach § 11 Abs. 2 Satz 1 FeV kann die Fahrerlaubnisbehörde die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens anordnen, wenn Tatsachen bekannt werden, die Bedenken gegen die körperliche oder geistige Eignung des Fahrerlaubnisinhabers begründen. Weigert sich der Betroffene, sich untersuchen zu lassen, oder bringt er das geforderte Gutachten nicht fristgerecht bei, darf nach § 11 Abs. 8 Satz 1 FeV auf die Nichteignung geschlossen werden. Der Schluss auf die Nichteignung ist allerdings nur zulässig, wenn die Anordnung der Begutachtung formell und materiell rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig ist (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2016 - 3 C 20.15 - BVerwGE 156, 293 Rn. 19). Bedenken gegen die körperliche und geistige Fahreignung bestehen nach § 11 Abs. 2 Satz 2 FeV insbesondere, wenn Tatsachen bekannt werden, die auf eine Erkrankung oder einen Mangelnach Anlage 4 oder 5 zur FeV hinweisen.
16
Das Verwaltungsgericht ist entgegen der Auffassung des Antragstellers zutreffend davon ausgegangen, dass grundsätzlich Klärungsbedarf hinsichtlich der Erkrankungen des Antragstellers bestand. Denn zwischen den Beteiligten ist nicht streitig, dass der Antragsteller an den in dem psychiatrischen Arztbericht vom 23. April 2019 und in der Anlage 4 zur FeV genannten (vgl. BayVGH, B.v. 3.5.2017 - 11 CS 17.312 - juris Rn. 16) Erkrankungen, nämlich der Parkinsonschen Krankheit (Nr. 6.3 der Anlage 4 zur FeV), einer Polyneuropathie, die zu den Erkrankungen der neuromuskulären Peripherie gemäß Nr. 6.2 der Anlage 4 zur FeV zählt (vgl. Nr. 3.9.2 der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung vom 27.1.2014 [Begutachtungsleitlinien, VkBl. S. 110, im Zeitpunkt des Bescheiderlasses Stand 24.5.2018, die nach § 11 Abs. 5 FeV i.V.m. Anlage 4a Grundlage für die Beurteilung der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen sind] - Begutachtungsleitlinien; Schubert/Huetten/Reimann/Graw, Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung, Kommentar, 3. Aufl. 2018, S. 172 ff.), und einem leichten dementiellen Syndrom leidet, das den leichten chronischen hirnorganischen Psychosyndromen im Sinne von Nr. 7.2.1 Anlage 4 der FeV zuzuordnen ist (vgl. Nr. 3.12.2 der Begutachtungsleitlinien; Schubert/Huetten/Reimann/Graw, a.a.O., S. 228 ff.). Für Fahrzeuge der Gruppe 2, darunter die dem Antragsteller mit der Fahrerlaubnisklasse 3 (alt) erteilten Fahrerlaubnisklassen C1, C1E und CE (vgl. Abschnitt A.I Nr. 17 der Anlage 3 zur FeV), ist nach Nr. 6.3 und Nr. 6.2 der Anlage 4 zur FeV die Fahreignung generell nicht gegeben bzw. ausgeschlossen. Nachdem Gesichtspunkte für eine vom Regelfall abweichende Betrachtung im Sinne der Vorbemerkung 3 zur Anlage 4 zur Fahrerlaubnis-Verordnung nicht vortragen worden sind oder ersichtlich waren, wäre insoweit sogar die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 11 Abs. 7 FeV ohne Begutachtung in Betracht gekommen. Hinsichtlich der Fahrzeuge der Gruppe 1 war die Fahreignung aufgrund dieser beiden Erkrankungen klärungsbedürftig. Nur in leichten Fällen der Parkinsonschen Krankheit und bei erfolgreicher Therapie ist die Fahreignung gegeben. Sie setzt nach Nr. 3.9.3 der Begutachtungsleitlinien auch für Fahrzeuge der Gruppe 1 eine nervenärztliche/neurologische und, je nach den Umständen, eine psychologische Zusatzbegutachtung voraus und rechtfertigt Nachuntersuchungen in Abständen von ein, zwei und vier Jahren. Hinzu kam, dass zum einen die fachärztliche Empfehlung einer Fahrprobe Zweifel des Arztes an der Fahreignung des Antragstellers erkennen ließ und zum andern die polizeiliche Wahrnehmung ausgeprägter Krankheitssymptome berechtigten Anlass zur Klärung des Schweregrads der Erkrankung gab. In Zusammenhang mit der Parkinsonschen Krankheit und in Anbetracht der Multimorbidität des Antragstellers war auch die Ausdehnung der Gutachtensanordnung auf die Polyneuropathie, die nach Nr. 6.2 der Anlage 4 zur FeV die Fahreignung für Fahrzeuge der Gruppe 1 - abhängig von der Symptomatik, auf die der psychiatrische Bericht jedoch nicht eingeht - grundsätzlich unberührt lässt, gerechtfertigt (vgl. Schubert/Huetten/Reimann/Graw, a.a.O., S. 173 f.). Leichte chronische hirnorganische Psychosyndrome, wie das leichte dementielle Syndrom des Antragstellers, führen zwar nach Nr. 7.2.1 der Anlage 4 zur FeV abhängig von Art und Schwere regelmäßig nicht zum Wegfall der Fahreignung. In Anbetracht der psychiatrischen Empfehlung von Leistungstests bestand aber jedenfalls auch insoweit ein ausreichender Anlass, Art und Schwere der Erkrankung zu klären und prüfen zu lassen, ob und in welchem Grade die geistigen Fähigkeiten beeinträchtigt sind (vgl. Nr. 3.12.2 der Begutachtungsleitlinien). Für die Annahme einer schweren Altersdemenz im Sinne von Nr. 7.3 der Anlage 4 zur FeV ergaben sich aus dem Arztbericht vom 23. April 2019 hingegen keine hinreichenden Anhaltspunkte.
17
Dass das Landratsamt die Nr. 7.3 der Anlage 4 zur FeV herangezogen hat, wirkt sich allerdings schon deshalb nicht entscheidungserheblich aus, weil die Anordnung eines ärztlichen Fahreignungsgutachtens gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 FeV wegen eines teilweisen Begründungsmangels insgesamt rechtswidrig ist. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Anordnung nicht zu entnehmen ist, inwiefern die in Anlage 4 zur FeV nicht aufgeführte Anpassungsstörung Anlass zur Begutachtung geboten hat.
18
Nach Wortlaut sowie Sinn und Zweck des § 11 Abs. 6 Satz 1 und 2 FeV soll der Betroffene durch die Mitteilung der zu begutachtenden Fragestellung, die ebenso die Gründe für die Fahreignungszweifel sowie die Fachrichtung des zur Begutachtung einzuschaltenden Facharztes bereits in der an ihn gerichteten Beibringungsanordnung anzugeben ist, in die Lage versetzt werden, sich innerhalb der Beibringungsfrist nach § 11 Abs. 6 Satz 2 FeV ein Urteil darüber zu bilden, ob die Aufforderung zu dessen Beibringung rechtmäßig, insbesondere anlassbezogen und verhältnismäßig ist (vgl. BVerwG, B.v. 5.2.2015 - 3 B 16.14 - juris Rn. 8 m.w.N.). An die Anlassbezogenheit und Verhältnismäßigkeit der Fragestellung sind mangels selbstständiger Anfechtbarkeit der Gutachtensanordnung und wegen der einschneidenden Folgen einer unberechtigten Gutachtensverweigerung im Interesse effektiven Rechtsschutzes strenge Anforderungen zu stellen (Dauer in Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 45. Aufl. 2019, § 11 FeV Rn. 42). Ferner muss die Aufforderung im Wesentlichen aus sich heraus verständlich sein. Der Betroffene muss ihr entnehmen können, was konkret ihr Anlass ist und ob das in ihr Verlautbarte die behördlichen Zweifel an der Fahreignung zu rechtfertigen vermag. Nur unter diesen Voraussetzungen ist es sachgerecht, bei einer unberechtigten Weigerung ohne weitere vertiefte Ermittlungen zu schlussfolgern, der Betroffene habe "gute Gründe" für seine Weigerung, weil eine Begutachtung seine bislang nur vermutete Ungeeignetheit aufdecken und belegen würde (BVerwG, U.v. 5.7.2001 - 3 C 13.01 - BayVBl 2002, 280 = juris Rn. 25). Ist die Fragestellung nur zum Teil gerechtfertigt, gehen Unklarheiten zulasten der Fahrerlaubnisbehörde. Dem Betroffenen kann nicht angesonnen werden, selbst entsprechende rechtliche Differenzierungen vorzunehmen und letztlich klüger und präziser sein zu müssen als die Behörde. Ihm kann insbesondere nicht zugemutet werden, dem Gutachter etwa verständlich zu machen, dass entgegen dem behördlichen Gutachterauftrag nur bestimmte Teile der Fragestellungen zulässigerweise zum Gegenstand der Untersuchung gemacht werden dürften (Dauer, a.a.O. § 11 FeV Rn. 42). Eine zu weit reichende Fragestellung ist allerdings dann unschädlich, wenn sich die notwendige Eingrenzung der vom Gutachter zu klärenden Fragen mit hinreichender Deutlichkeit aus den von der Fahrerlaubnisbehörde dargelegten Gründen für ihre Eignungsbedenken entnehmen lässt (Dauer, a.a.O. § 11 FeV Rn. 42).
19
Dies war hier nicht der Fall. Aus dem Anordnungsschreiben vom 7. Mai 2019 geht lediglich hervor, dass die in dem ärztlichen Bericht vom 23. April 2019 aufgeführten Diagnosen die Fahrerlaubnisbehörde veranlasst haben, die Beibringung eines ärztlichen Gutachtens anzuordnen, was in Zusammenhang mit der Angabe einer Erkrankung aus der Anlage 4 zur FeV grundsätzlich eine ausreichende Begründung darstellt. Hinsichtlich der in Anlage 4 zur FeV nicht aufgeführten Anpassungsstörung ist der Gutachtensanordnung allerdings weiter nichts zu entnehmen. Deshalb kann sie entgegen der Auffassung des Antragsgegners nach ihrem objektiven Erklärungsgehalt auch nicht dahin ausgelegt werden, dass die Anpassungsstörung nach Meinung der Fahrerlaubnisbehörde ausschließlich in ihrer Wechselwirkung mit den übrigen Erkrankungen Fahreignungszweifel begründet hat bzw. dahingehend mitbegutachtet werden sollte. Es mag allgemein bekannt oder offenkundig sein, wie der Antragsgegner geltend macht, dass die Fahreignung vom gesundheitlichen Gesamtzustand des Betroffenen abhängt (vgl. Nr. 2.7 der Begutachtungsleitlinien). Dies gilt jedoch im Falle einer Multimorbidität nicht dafür, ob überhaupt und inwiefern aus einer von mehreren Erkrankungen allein oder im Zusammenwirken mit den weiteren Erkrankungen Fahreignungszweifel hergeleitet werden. Das ist auch nicht nach dem in ICD 10 F 43.2 definierten Störungsbild offensichtlich. Bei der Anpassungsstörung handelt es sich um Zustände von subjektiver Bedrängnis und emotionaler Beeinträchtigung, die im Allgemeinen soziale Funktionen und Leistungen behindern und während des Anpassungsprozesses nach einer entscheidenden Lebensveränderung oder nach belastenden Lebensereignissen auftreten. Nachdem der Facharzt in seinem Arztbrief keine Depression festgestellt und eine aktuelle Suizidalität nach Exploration ausdrücklich verneint und die Fahrerlaubnisbehörde dies auch nicht in Zweifel gezogen hatte, war damit völlig offen, in welcher Hinsicht der Gutachter den psychischen Zustand des Antragstellers hätte explorieren sollen. Allerdings bleibt ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass der ärztliche Bericht vom 23. April 2019, der Hinweise auf eine psychische Störung enthält (anhedoner Affekt, Antriebsstörung, deutlich reduzierte Psychomotorik, Diagnose der Anpassungsstörung), sowie die Diagnosen der Parkinsonschen Krankheit und eines leichten dementiellen Syndroms einen hinreichenden Anlass geboten hätten, der Frage nachzugehen, ob eine zusätzliche psychische Störung (hier die Anpassungsstörung), die für sich allein regelmäßig noch keinen Fahreignungsmangel begründet, im Zusammenhang mit den übrigen Erkrankungen die Fahreignung negativ beeinflussen könnte.
20
Auch wenn die obergerichtliche Rechtsprechung die Vorschrift des § 46 VwVfG bzw. Art. 46 BayVwVfG auf Begründungsmängel anwendet (Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, Rn. 33, 60 ff., 85; BVerwG, U.v. 24.3.2011 - 7 A 3.10 - NVwZ 2011, 1124 = juris Rn. 84 ff.; U.v. 29.9.1998 - 1 C 8.96 - NVwZ 1999, 303 = juris Rn. 15) und auf eine Gutachtensanordnung nach der Fahreignungsverordnung grundsätzlich für analog anwendbar hält (BVerwG, U.v. 17.11.2016 - 3 C 20.15 - BVerwGE 156, 293 Rn. 27 ff.: im entschiedenen Fall allerdings abgelehnt bei fehlendem Hinweis auf das Akteneinsichtsrecht), kommt dies bei Mängeln in der Fragestellung und der Begründung der Gutachtensanordnung wegen ihres dargelegten Zwecks ebenso wenig in Betracht wie eine nachträgliche Heilung nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 2 BayVwVfG (vgl. BVerwG, U.v. 30.5.2013 - 2 C 68.11 - BVerwGE 146, 347 Rn. 21 zu einer insoweit vergleichbaren Untersuchungsaufforderung in einem Verfahren der beamtenrechtlichen Zurruhesetzung). Denn eine unklare Fragestellung und Begründung ermöglicht es dem Betroffenen nicht zu beurteilen, ob die Gutachtensanordnung anlassbezogen und verhältnismäßig ist und wie weit seine Mitwirkungspflicht reicht (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2016 a.a.O. Rn. 37). Die Anforderungen an eine formell und materiell rechtmäßige Aufforderung können nicht durch Überlegungen des Inhalts relativiert werden, der Betroffene werde schon wissen, worum es gehe (BVerwG, U.v. 17.11.2016 a.a.O. Rn. 30). Es dürfte auch kaum je offensichtlich sein, dass die Verletzung der inhaltlichen Anforderungen an Fragestellung und Begründung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat; zumal hier das Störungsbild eine Exploration des psychischen Zustands in viele Richtungen erlaubt und somit mit einem weitreichenden Eingriff in das Persönlichkeitsrecht verbunden gewesen wäre.
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Damit war die Beschwerde mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. den Empfehlungen in Nr. 1.5 Satz 1, Nr. 46.1, 46.3 und 46.5 des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013.
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Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).