17.11.2021 · IWW-Abrufnummer 225883
Bundesgerichtshof: Urteil vom 20.10.2021 – I ZR 96/20
a) Ein Vertrag über die Lieferung und Montage eines Kurventreppenlifts mit einer individuell erstellten, an die Wohnverhältnisse des Kunden angepassten Laufschiene ist ein Werkvertrag. Wird ein solcher Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen mit einem Verbraucher geschlossen, steht diesem ein Widerrufsrecht nach § 312g Abs. 1 BGB zu, weil der in § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB vorgesehene Ausschluss dieses Rechts Werkverträge nicht erfasst.
b) Die werbliche Angabe eines Anbieters von Treppenliften, im Falle eines Kurventreppenlifts mit individuell geformten und an die Gegebenheiten vor Ort angepassten Laufschienen bestehe kein Widerrufsrecht des Verbrauchers, begründet Erstbegehungsgefahr für einen Verstoß gegen die Pflicht zur Information über das Widerrufsrecht nach § 312g Abs. 1 BGB gemäß § 312d Abs. 1 und Art. 246a Abs. 2 Nr. 1 EGBGB.
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 8. Juli 2021 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Koch, den Richter Dr. Löffler, die Richterin Dr. Schwonke, die Richter Feddersen und Odörfer
für Recht erkannt:
Tenor:
Auf die Revision der Klägerin wird der Beschluss des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 13. Mai 2020 aufgehoben.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 3. Dezember 2019 abgeändert.
Die Beklagte wird unter Androhung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 250.000 €, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, die Ordnungshaft jeweils zu vollstrecken an dem Geschäftsführer, verurteilt, es zu unterlassen,
für den Fall, dass die Beklagte mit einem Verbraucher einen Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen über die Lieferung und Montage eines Kurventreppenlifts schließt, den Verbraucher bereits dann nicht über das diesem zustehende gesetzliche Widerrufsrecht zu informieren, wenn nur ein Kurventeil der Laufschiene für den Treppenliftsitz anhand von am geplanten Einbauort ermittelten Maßen ("Schienen für eine Treppenliftanlage individuell geformt und exakt an die Gegebenheiten vor Ort angepasst", Anlage K 1) angefertigt wird, ausgenommen das Kurventreppenlift-Modell der Beklagten "V. ".
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Tatbestand
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Die Klägerin ist eine in die Liste qualifizierter Einrichtungen nach § 4 UKlaG eingetragene Verbraucherzentrale. Die Beklagte vertreibt Treppenlifte in verschiedenen Varianten. Ist die Treppe gerade, so kann ein gerader Lift erworben werden. Der Modularlift besteht aus zusammengesetzten, als Standardbauteile gelieferten Schienen (Modulen), mit denen auch um eine Kurve gebaut werden kann, so dass dieses System auch für kurvenförmig verlaufende Treppen geeignet ist. Eine weitere Variante, der Kurventreppenlift, umfährt mit individuell angefertigten Schienen Kurven im Treppenhaus.
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Die Beklagte informiert Verbraucher, die sich für Treppenliftsysteme interessieren, hinsichtlich des Widerrufsrechts in Bezug auf Kurventreppenlifte auf ihrer Internetseite wie folgt:
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Die Klägerin verlangte - soweit vorliegend noch von Interesse - von der Beklagten mit Schreiben vom 18. April 2019, die Werbung gegenüber Verbrauchern zu unterlassen, soweit für Kurventreppenlifte außer dem Modell V. auf einen Ausschluss des gesetzlichen Widerrufsrechts hingewiesen wurde.
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Die Klägerin hält die Werbung wegen fehlerhafter Information über das gesetzliche Widerrufsrecht für unlauter und hat in der Berufungsinstanz zuletzt beantragt,
der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu untersagen, für den Fall, dass die Beklagte mit einem Verbraucher einen Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen über die Lieferung und Montage eines Kurventreppenlifts schließt, den Verbraucher bereits dann nicht über das diesem zustehende gesetzliche Widerrufsrecht zu informieren, wenn nur ein Kurventeil der Laufschiene für den Treppenliftsitz anhand von am geplanten Einbauort ermittelten Maßen ("Schienen für eine Treppenliftanlage individuell geformt und exakt an die Gegebenheiten vor Ort angepasst", Anlage K 1) angefertigt wird, ausgenommen das Kurventreppenlift-Modell der Beklagten "V. ";hilfsweise: der Beklagten unter Androhung von Ordnungsmitteln zu untersagen, für den Fall, dass die Beklagte mit einem Verbraucher einen Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen über die Lieferung und Montage eines Kurventreppenlifts schließt, den Verbraucher bereits dann nicht über das diesem zustehende gesetzliche Widerrufsrecht zu informieren, sobald die Laufschiene für den Treppenliftsitz auch nur an einer Stelle anhand von am geplanten Einbauort ermittelten Maßen gebogen wird ("Schienen für eine Treppenliftanlage individuell geformt und exakt an die Gegebenheiten vor Ort angepasst", Anlage K 1) angefertigt wird, ausgenommen das Kurventreppenlift-Modell der Beklagten "V. ".
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Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin durch einstimmigen Beschluss zurückgewiesen und die Revision nicht zugelassen. Mit ihrer vom Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, verfolgt die Klägerin ihren Klageantrag weiter.
Entscheidungsgründe
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I. Das Berufungsgericht hat die Klage für unbegründet gehalten und hierzu ausgeführt:
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Die Beklagte habe nicht gegen die als Marktverhaltensregelung einzuordnende Pflicht zur Belehrung der Verbraucher über das Widerrufsrecht gemäß § 312d Abs. 1 BGB in Verbindung mit Art. 246 § 1 EGBGB verstoßen, indem sie bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen über die Lieferung eines Kurventreppenlifts, bei dem die Fertigung der Schienen individuell erfolge (Anlage K 1), nicht auf das Widerrufsrecht hinweise.
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Die Pflicht zur Belehrung über das Widerrufsrecht bestehe nicht, weil ein solcher Vertrag der Vorschrift des § 312g Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB unterfalle, die Verträge zur Lieferung von Waren, die nicht vorgefertigt seien und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich sei oder die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten seien, vom Widerrufsrecht ausnehme. Dieser Vorschrift unterfielen Kaufverträge ebenso wie Werklieferungsverträge. Das angegriffene Angebot der Beklagten sei auf den Abschluss eines Werklieferungsvertrags im Sinne des § 650 BGB gerichtet.
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Auch der Hilfsantrag sei nicht begründet. Entgegen der Auffassung der Klägerin könne dem Vortrag der Beklagten nicht entnommen werden, sie wolle bereits unter den von der Klägerin genannten Voraussetzungen auf eine Widerrufsbelehrung verzichten.
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II. Die Revision hat Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann der geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß §§ 8, 3, 3a UWG nicht verneint werden.
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1. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die Klägerin nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG zur Geltendmachung lauterkeitsrechtlicher Ansprüche befugt ist und die Beklagte bei dem streitgegenständlichen Angebot im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG geschäftlich gehandelt hat, nimmt die Revision als für sie günstig hin. Rechtsfehler sind insoweit auch nicht ersichtlich.
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2. Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen kann ein Verstoß gegen § 3a UWG in Verbindung mit § 312d, § 312g Abs. 1 BGB und Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB nicht mit der Begründung verneint werden, das im Streitfall gegebene Angebot sei auf den Abschluss eines Vertrags zur Lieferung von Waren im Sinne des § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB gerichtet.
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a) Nach § 312d Abs. 1 ist der Unternehmer bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen verpflichtet, den Verbraucher nach Maßgabe des Art. 246a EGBGB zu informieren. Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB schreibt vor, dass der Unternehmer verpflichtet ist, den Verbraucher über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung eines dem Verbraucher zustehenden Widerrufsrechts nach § 312g Abs. 1 BGB zu informieren. Nach § 312g Abs. 1 BGB steht dem Verbraucher bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen ein Widerrufsrecht gemäß § 355 BGB zu. Das Widerrufsrecht besteht gemäß § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB - vorbehaltlich einer abweichenden Parteivereinbarung - nicht bei Verträgen zur Lieferung von Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist oder die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind.
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b) Zu Recht und von der Revision unbeanstandet hat das Berufungsgericht angenommen, dass die in § 312d BGB und in Art. 246a § 1 EGBGB enthaltenen Regelungen über die Informationen über das Widerrufsrecht der Verbraucher nach § 312g Abs. 1 BGB dem Schutz der Verbraucher dienende Marktverhaltensregelungen im Sinne von § 3a UWG darstellen (vgl. BGH, Urteil vom 21. Januar 2021 - I ZR 17/18, GRUR 2021, 752 Rn. 47 = WRP 2021, 746 - Berechtigte Gegenabmahnung, mwN).
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c) Die Bestimmung des § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB setzt zunächst den Abschluss eines Vertrags zur Lieferung von Waren voraus. Erst wenn diese Voraussetzung erfüllt ist, ist weiter zu prüfen, ob die zu liefernden Waren nicht vorgefertigt sind und ob für ihre Herstellung eine individuelle Auswahl oder Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist oder sie eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass zu den Verträgen zur Lieferung von Waren im Sinne des § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB Kaufverträge (§ 433 BGB) und Werklieferungsverträge (§ 650 BGB), aber weder Dienstverträge (§ 611 BGB) noch - jedenfalls im Regelfall - Werkverträge (§ 631 BGB) zählen.
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Das ergibt sich aus einer richtlinienkonformen Auslegung von § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB. Diese Bestimmung setzt Art. 16 Buchst. c der Richtlinie 2011/83/EU über die Rechte der Verbraucher in das deutsche Recht um. Nach dieser Vorschrift sehen die Mitgliedstaaten bei Fernabsatzverträgen und außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen kein Widerrufsrecht vor, wenn Waren geliefert werden, die nach Kundenspezifikation angefertigt werden oder eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind. Dabei bezeichnet der Ausdruck "nach Kundenspezifikation angefertigte Waren" nach der Begriffsbestimmung des Art. 2 Nr. 4 der Richtlinie 2011/83/EU Waren, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl oder Entscheidung durch den Verbraucher maßgeblich ist.
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Art. 16 Buchst. c der Richtlinie 2011/83/EU erfasst Kaufverträge im Sinne der Richtlinie. Nach Art. 2 Nr. 5 der Richtlinie 2011/83/EU ist ein Kaufvertrag jeder Vertrag, durch den der Unternehmer das Eigentum an Waren an den Verbraucher überträgt oder dessen Übertragung zusagt und der Verbraucher hierfür den Preis zahlt oder dessen Zahlung zusagt, einschließlich von Verträgen, die sowohl Waren als auch Dienstleistungen zum Gegenstand haben. Ein vom Kaufvertrag abzugrenzender Dienstleistungsvertrag ist nach Art. 2 Nr. 6 der Richtlinie 2011/83/EU jeder Vertrag, der kein Kaufvertrag ist und nach dem der Unternehmer eine Dienstleistung für den Verbraucher erbringt oder deren Erbringung zusagt und der Verbraucher hierfür den Preis zahlt oder dessen Zahlung zusagt.
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Danach zählen zu den Kaufverträgen im Sinne der Richtlinie nicht ausschließlich Kaufverträge im engeren Sinne (Kaufverträge im Sinne von §§ 433, 474 BGB), sondern auch bestimmte Arten von Verträgen, die eine Dienstleistung umfassen, nämlich Verträge über die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender Verbrauchsgüter (Werklieferungsverträge im Sinne von § 650 BGB) und Verträge, die die Montage solcher Güter im Verbund mit einem Kaufabschluss vorsehen (zur Richtlinie 1999/44/EG zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter vgl. EuGH, Urteil vom 7. September 2017 - C-247/16, NJW 2017, 3215 Rn. 37 - Schottelius; BGH, Urteil vom 30. August 2018 - VII ZR 243/17, NJW 2018, 3380 Rn. 20 f.). Zu den Dienstleistungsverträgen im Sinne der Richtlinie gehören dagegen Dienstverträge im Sinne von § 611 BGB und Werkverträge im Sinne von § 631 BGB, wenn deren Gegenstand - wie im Regelfall - ein durch eine Dienstleistung herbeizuführender Erfolg wie die Herstellung oder Veränderung einer Sache ist (§ 631 Abs. 2 BGB).
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Während die Widerrufsfrist von 14 Tagen bei Kaufverträgen im Sinne der Richtlinie 2011/83/EU erst mit der Lieferung der Sache an den Käufer beginnt (Art. 9 Abs. 2 Buchst. b der Richtlinie, § 356 Abs. 2 Nr. 1 BGB) und der Verkäufer deshalb in Fällen speziell hergestellter, anderweitig nicht absetzbarer Ware auf den Ausschluss des Widerrufsrechts angewiesen ist, beginnt die Widerrufsfrist bei Dienstleistungsverträgen im Sinne der Richtlinie mit dem Tag des Vertragsabschlusses (Art. 9 Abs. 2 Buchst. a der Richtlinie, § 355 Abs. 2 BGB), so dass der Unternehmer sich vor Verlusten, die ihm im Falle eines Widerrufs durch die Fertigung speziell hergestellter, nicht anderweitig absetzbarer Ware entstehen, dadurch schützen kann, dass er mit der Leistungserbringung erst nach Ablauf der Widerrufsfrist beginnt.
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Zum Schutz der Unternehmer, die solche Dienstleistungen erbringen, sieht Art. 14 Abs. 3 der Richtlinie 2011/83/EU (§ 357 Abs. 8 BGB) für den Fall, dass der Verbraucher sein Widerrufsrecht ausübt, nachdem er vom Unternehmer verlangt hat, mit der Dienstleistung während der Widerrufsfrist zu beginnen, einen Anspruch des Unternehmers auf Wertersatz für die bis zum Widerruf erbrachten Dienstleistung vor (vgl. BGH, NJW 2018, 3380 Rn. 23; zu den formellen Voraussetzungen des Wertersatzanspruchs vgl. BGH, Urteil vom 26. November 2020 - I ZR 169/19, WRP 2021, 343 Rn. 40 bis 45 und 72); für den Fall der vollständigen Erbringung der Dienstleistung sieht Art. 16 Buchst. a der Richtlinie 2011/83/EU (§ 356 Abs. 4 BGB) den Ausschluss des Widerrufsrechts vor, wenn der Unternehmer die Erbringung der Dienstleistung mit der vorherigen ausdrücklichen Zustimmung des Verbrauchers und dessen Kenntnisnahme, dass er sein Widerrufsrecht bei vollständiger Vertragserfüllung durch den Unternehmer verliert, begonnen hatte.
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d) Mit Erfolg wendet sich die Revision gegen die Beurteilung des Berufungsgerichts, das im Streitfall gegebene Angebot sei auf den Abschluss eines § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB unterfallenden Werklieferungsvertrags und nicht auf den Abschluss eines Werkvertrags gerichtet.
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aa) Im Ausgangspunkt zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass es für die Abgrenzung von Kauf- und Werklieferungsverträgen einerseits und Werkverträgen andererseits darauf ankommt, auf welcher der Leistungen bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der Schwerpunkt liegt. Dabei ist vor allem auf die Art des zu liefernden Gegenstands, das Wertverhältnis von Lieferung sowie Montage- und Bauleistung sowie die Besonderheiten des geschuldeten Ergebnisses abzustellen. Je mehr die mit dem Warenumsatz verbundene Übertragung von Eigentum und Besitz der zu liefernden Sache auf den Vertragspartner im Vordergrund steht und je weniger dessen individuelle Anforderungen und die geschuldete Montage- und Bauleistung das Gesamtbild des Vertragsverhältnisses prägen, desto eher ist die Annahme eines Kauf- oder Werklieferungsvertrags geboten. Liegt der Schwerpunkt dagegen auf der Montage- und Bauleistung bei der Herstellung eines funktionstauglichen Werks, etwa auf Einbau und Einpassung einer Sache in die Räumlichkeit, und dem damit verbundenen individuellen Erfolg, liegt ein Werkvertrag vor (vgl. BGH, Urteil vom 3. März 2004 - VIII ZR 76/03, NJW-RR 2004, 850 unter II 1 [juris Rn. 10] [Solaranlage]; Urteil vom 19. Juli 2018 - VII ZR 19/18, BauR 2018, 1879 Rn. 19 [Einbauküche]; BGH, NJW 2018, 3380 Rn. 25 [Senkrechtlift], jeweils mwN).
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Diese Grundsätze zur Einordnung von Verträgen über die Lieferung von Waren stehen mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union im Einklang. Danach liegt bei Kaufverträgen, die auch eine Dienstleistung umfassen, wie Verträgen über die Lieferung herzustellender oder zu erzeugender Verbrauchsgüter und Verträgen, die die Montage solcher Güter im Verbund mit einem Kaufabschluss vorsehen, ein Kaufvertrag im Sinne der Richtlinie 1999/44/EG vor, wenn die Dienstleistung den Verkauf lediglich ergänzt, nicht jedoch, wenn die Dienstleistung als Hauptgegenstand des Vertrags anzusehen ist (EuGH, NJW 2017, 3215 Rn. 37, 38, 44 - Schottelius). Die Rechtsprechung des Gerichtshofs zur Richtlinie 1999/24/EG entspricht den Definitionen des Kaufvertrags und des Dienstleistungsvertrags in Art. 2 Nr. 5 und Nr. 6 der Richtlinie 2011/83/EU in Verbindung mit Erwägungsgrund 26 dieser Richtlinie und kann deshalb auf diese übertragen werden (vgl. BGH, BauR 2018, 1879 Rn. 20; NJW 2018, 3380 Rn. 26). Nach Erwägungsgrund 26 der Richtlinie 2011/83/EU ist ein Vertrag, mit dem sich der Unternehmer verpflichtet, einen Wintergartenanbau zu errichten, als Dienstleistungsvertrag anzusehen, obwohl für die Herstellung des Wintergartens bewegliche Sachen zu liefern sind, aus denen der Wintergarten zusammengesetzt wird. In diesen Fällen stellt also die Dienstleistung keine bloße Ergänzung eines Kauf- oder Werklieferungsvertrags dar, sondern ist als Hauptgegenstand des Vertrags anzusehen (vgl. BGH, NJW 2018, 3380 Rn. 26).
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bb) Nach diesen Grundsätzen hält die Beurteilung des Berufungsgerichts, im Streitfall handele es sich um einen Werklieferungsvertrag, der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
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(1) Das Berufungsgericht hat angenommen, im Streitfall biete die Beklagte den Abschluss eines Werklieferungsvertrags an, der der Vorschrift des § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB unterfalle und bei dem ein Widerrufsrecht - anders als im Falle des Werkvertrags - nicht bestehe. Bei der Beurteilung seien nach Maßgabe der Verkehrsanschauung vor allem die Art des zu liefernden Gegenstands, das Wertverhältnis von Lieferung und Montage sowie Besonderheiten des geschuldeten Ergebnisses zu berücksichtigen. Könne die Montage durch jede Fachfirma mit geringem Aufwand erfolgen, stehe die Lieferung des Produkts und nicht dessen Planung und Montage im Vordergrund. Planung und Montage stellten bloße Nebenleistungen dar und seien nach der Verkehrsanschauung der Lieferung des Systems zuzuordnen. Dabei komme es nicht darauf an, ob die Beklagte das Produkt individuell hergestellt habe und die individuelle Erstellung der Laufschiene im Vordergrund stehe. Dies stelle kein taugliches Kriterium zur Abgrenzung zwischen Werklieferungsvertrag und Werkvertrag dar und ändere nichts an der Einordnung als Werklieferungsvertrag.
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(2) Der vom Berufungsgericht betonte Umstand, dass die Montage des Treppenlifts nur einen geringen Aufwand erfordere, rechtfertigt mit Blick auf die anzustellende Gesamtbetrachtung nicht die Annahme, im Streitfall liege ein Werklieferungsvertrag vor. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ist bei der Abgrenzung zwischen Werklieferungsvertrag und Werkvertrag auch der Aufwand für die individuelle Erstellung der Laufschiene zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union kommt es bei der für die Abgrenzung zwischen Kaufvertrag und Dienstvertrag erforderlichen Prüfung, ob die Dienstleistung den Verkauf lediglich ergänzt oder als Hauptgegenstand des Vertrags anzusehen ist, nicht nur auf Montageleistungen, sondern auch auf Leistungen an, die in der Herstellung oder Erzeugung von für die Erbringung einer Werkleistung erforderlichen Waren besteht (vgl. EuGH, NJW 2017, 3215 Rn. 37, 38, 44, 45 - Schottelius). Auch ein verhältnismäßig geringer Montageaufwand steht daher der Einordung als Werkvertrag nicht entgegen, wenn der Vertragsgegenstand eine Anpassung typisierter Einzelteile an die individuellen Wünsche des Bestellers erfordert (vgl. BGH, NJW-RR 2004, 850 unter II 1 [juris Rn. 12]; NJW 2018, 3380 Rn. 30).
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III. Auf die Revision der Klägerin ist das angegriffene Urteil daher aufzuheben. Hierbei hat der Senat in der Sache selbst zu entscheiden, weil die Aufhebung des Urteils nur wegen Rechtsverletzung bei Anwendung des Gesetzes auf das festgestellte Sachverhältnis erfolgt und nach letzterem die Sache zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO).
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Die Klage hat mit dem Hauptantrag Erfolg. Auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts erweist sich der mit dem Hauptantrag geltend gemachte Unterlassungsanspruch gemäß § 8 Abs. 1 Satz 2, § 3 Abs. 1, § 3a UWG in Verbindung mit § 312d Abs. 1 und § 312g Abs. 1 BGB sowie Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB als begründet.
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1. Die Vorschriften des § 312d Abs. 1 BGB und des Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB sind Marktverhaltensregelungen im Sinne des § 3a UWG (dazu oben Rn. 14).
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2. Die Beklagte ist im Falle des außerhalb von Geschäftsräumen vorgenommenen Abschlusses von Verträgen über die Lieferung und Montage eines Kurventreppenlifts mit individuell erstellter Laufschiene nach § 312d Abs. 1 BGB und Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB verpflichtet, den Verbraucher über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts nach § 312g Abs. 1 BGB zu informieren.
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a) Ein Vertrag über die Lieferung und Montage eines Kurventreppenlifts mit individuell erstellter Laufschiene ist ein Werkvertrag.
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Bei der für die rechtliche Einordnung dieses Vertrags anzustellenden Gesamtbetrachtung liegt der Schwerpunkt nicht auf der mit dem Warenumsatz verbundenen Übertragung von Eigentum und Besitz am zu liefernden Treppenlift, sondern auf der Herstellung eines funktionstauglichen Werks, das zu einem wesentlichen Teil in der Anfertigung einer passenden Laufschiene und ihrer Einpassung in das Treppenhaus des Kunden besteht. Auch der hierfür an den individuellen Anforderungen des Bestellers ausgerichtete, erforderliche Aufwand spricht daher für das Vorliegen eines Werkvertrags. Bei der Bestellung eines Kurventreppenlifts, der durch eine individuell erstellte Laufschiene auf die Wohnverhältnisse des Kunden zugeschnitten wird, steht für den Kunden nicht die Übereignung, sondern der Einbau eines Treppenlifts als funktionsfähige Einheit im Vordergrund, für dessen Verwirklichung die Lieferung der Einzelteile einen zwar notwendigen, aber untergeordneten Zwischenschritt darstellt (vgl. OLG Hamm, GRUR-RR 2021, 288, 289 [juris Rn. 51 bis 54]; LG Nürnberg-Fürth, ZVertriebsR 2020, 82, 83 [juris Rn. 28 bis 30]; aA LG München I, ZVertriebsR 2020, 379 f. [juris Rn. 15 bis 17]).
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b) Für Werkverträge, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden, gilt der Ausschluss des in § 312g Abs. 1 BGB vorgesehenen Widerrufsrechts des Verbrauchers nach § 312g Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht (dazu oben Rn. 15 bis 20).
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3. Der Unterlassungsanspruch ist gem. § 8 Abs. 1 Satz 2 UWG wegen Erstbegehungsgefahr begründet.
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a) Ein auf Erstbegehungsgefahr gestützter vorbeugender Unterlassungsanspruch besteht, wenn ernsthafte und greifbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, der Anspruchsgegner werde sich in naher Zukunft in der fraglichen Weise rechtswidrig verhalten (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 7. März 2019 - I ZR 53/18, GRUR 2019, 947 Rn. 32 = WRP 2019, 1025 - Bring mich nach Hause, mwN).
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b) Die Werbung der Beklagten mit der Angabe, im Falle eines Kurventreppenlifts mit individuell geformten und an die Gegebenheiten vor Ort angepassten Laufschienen bestehe kein Widerrufsrecht des Verbrauchers, stellt einen ernsthaften und greifbaren Anhaltspunkt für die Annahme dar, dass die Beklagte Verbraucher bei dem außerhalb von Geschäftsräumen vorgenommenen Abschluss eines Vertrags über einen Kurventreppenlift mit individuell erstellter Laufschiene nicht in der nach § 312d Abs. 1 BGB und Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB rechtlich gebotenen Weise über das Widerrufsrecht nach § 312g Abs. 1 BGB informieren wird.
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IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
Koch
Löffler
Schwonke
Feddersen
Odörfer
Von Rechts wegen