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05.02.2014 · IWW-Abrufnummer 140360

Landessozialgericht Sachsen-Anhalt: Urteil vom 18.09.2013 – L 7 SB 41/10

Die Vergabe des Merkzeichens "RF" setzt voraus, dass der behinderte Mensch behinderungsbedingt die häusliche Umgebung so gut wie nicht verlassen kann, weil er objektiv nicht in der Lage ist, öffentliche Veranstaltungen zu besuchen.


Tenor:

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand

Der Kläger begehrt (noch) die Feststellung der gesundheitlichen Voraussetzungen des Merkzeichens "RF" - (Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht) bzw. ab dem 1. Januar 2013 die Ermäßigung von der Rundfunkbeitragspflicht.

Der Beklagte stellte bei dem 1949 geborenen Kläger zuletzt mit Ausführungsbescheid vom 26. Oktober 2009 ab dem 13. September 2004 einen Grad der Behinderung (GdB) von 100 sowie zusätzlich zu den bereits festgestellten Merkzeichen "G" (Erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr) und "B" (Berechtigung für eine ständige Begleitung) ab dem 20. August 2008 das Merkzeichen "aG" (Außergewöhnliche Gehbehinderung) fest.

Am 10. Juli 2009 beantragte der Kläger die Feststellung des Merkzeichens "RF", was der Beklagte mit Bescheid vom 29. Juli 2009 ablehnte. Hiergegen richtete sich der Widerspruch des Klägers vom 7. August 2009, in dem er ausführte: Aufgrund seines hohen GdB von 100, der mittlerweise zuerkannten Pflegestufe II und den von ihm zu nutzenden Hilfsmitteln (zwei Armstützen; Ganzbeinorthesen rechts und links; Rollstuhl mit Zusatzantrieb) seien die Voraussetzungen des Merkzeichen "RF" gegeben. Mit Widerspruchsbescheid vom 27. August 2009 wies der Beklagte den Widerspruch zurück, da der Kläger trotz seiner Behinderungen noch in der Lage sei, öffentliche Veranstaltungen zu besuchen.

Hiergegen hat der Kläger am 2. September 2009 Klage beim Sozialgericht Halle (SG) erhoben und sein Begehren weiterverfolgt. Das SG hat Befundberichte eingeholt vom Facharzt für Chirurgie Dipl.-Med. D. vom 10. Januar 2010 und dem Facharzt für Urologie Dr. W. vom 9. Februar 2010. Dipl.-Med. D. hat angegeben, der Kläger sei wegen der Folgen eines Polytraumas überwiegend auf den Rollstuhl angewiesen. Eine Teilnahme an Veranstaltungen sei nur möglich, wenn die Zugänge behindertengerecht seien. Dr. W. hat ausgeführt, der Kläger benötige einen Rollstuhl. Der Kläger hat zwei Sozialmedizinische Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherungen Sachsen-Anhalt (MDK) vorgelegt. Der MDK-Gutachter Dipl.-Med. H. hat mitgeteilt, der Kläger könne maximal 10 bis 15 Schritte laufen. Der Gebrauch der Unterarmstützen sei lediglich ein Notbehelf. Dr. M. hat ausgeführt: Der Kläger sei nicht in der Lage, seinem Grundbedürfnis nach Kommunikation, Mobilität und Teilnahme am gesellschaftlichen Leben nachzukommen. Aufgrund der Einschränkungen der oberen Extremitäten sei er nicht in der Lage einen Handhebelrollstuhl bzw. einen manuell bedienbaren Rollstuhl für größere Entfernungen zu nutzen. Ein elektrisch betriebenes Krankenfahrzeug sei daher notwendig.

Am 11. November 2009 beantragte der Kläger die Feststellung der Merkzeichen "VB" (Versorgungsberechtigung nach dem Soldatenversorgungsgesetz, dem Opferentschädigungsgesetz oder einem anderen Nebengesetz zum Bundesversorgungsgesetz [BVG] wegen eines GdS von wenigstens 50) und "EB" (Entschädigungsberechtigung nach § 28 Bundesentschädigungsgesetz [BEG] wegen einer MdE um wenigstens 50 v. H.) beim Beklagten. Nach einem ablehnenden Bescheid vom 12. November 2009, einem dagegen gerichteten Widerspruch vom 17. November 2009 und einem erfolglosen Widerspruchsbescheid vom 25. November 2009, hat der Kläger auch dagegen Klage beim SG am 1. Dezember 2009 erhoben (S 12 SB 391/09). Mit Beschluss vom 9. April 2010 hat das SG beide Verfahren verbunden und den Rechtsstreit 12 SB 317/12 zum führenden Verfahren erklärt.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 23. Juli 2010 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger sei wegen seiner Leiden nicht ständig an der Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen gehindert. Das Vorliegen einer erheblichen Beeinträchtigung in der Bewegungsfreiheit genüge nicht, um die Teilnahme an öffentlichen Veranstaltungen dauerhaft zu verhindern. Da der Kläger keinen Versorgungsanspruch nach dem BVG oder Entschädigungsanspruch nach dem BEG habe, bleibe auch für die beantragten Merkzeichen "VB" und "EB" kein Raum. Am 28. August 2010 hat der Kläger Berufung eingelegt und mit anwaltlicher Vertretung vortragen lassen: Der Kläger habe am 24. Januar 1994 in Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit ein Polytrauma erlitten. Als Unfallfolgen seien anerkannt:

Vollständiger Verlust des Geruchssinns,

Rippenserienfraktur links,

Knöchern fest verheilter Bruch des linken Schulterblatts mit gering eingeschränkter Beweglichkeit im linken Schulterblatt,

Zustand nach Kreuzbandplastik rechts mit Instabilität und Bewegungseinschränkung des rechten Kniegelenks mit Gonarthrose,

Knöchern fest verheilter Bruch des rechten Wadenbeines mit Muskelminderung des rechten Ober- und Unterschenkels,

Bewegungseinschränkung des rechten oberen Sprunggelenks,

Aufhebung der Beweglichkeit des rechten unteren Sprunggelenks,

Zehenheberschwäche,

Hirnorganisches Psychosyndrom.

Die zunächst begehrten Merkzeichen (VB" und "EB") würden nicht weiterverfolgt. Das SG habe zu Unrecht den medizinischen Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt.

Der Kläger beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen,

das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 23. Juli 2010 sowie den Bescheid des Beklagten vom 29. Juli 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. August 2009 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, bei ihm ab dem 10. Juli 2009 die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "RF" festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung von Befundberichten. Dipl.-Med. D. hat am 20. Juni 2011 angegeben, der Kläger sei auf einen Rollstuhl angewiesen. Da nicht alle öffentlichen Veranstaltungen rollstuhlgerecht seien, bestünden für den Kläger Einschränkungen. Der Senat hat zudem ein Sachverständigengutachten durch die Fachärztin für Sozialmedizin OMR Dr. M. vom 11. Juni 2013 nach Untersuchung in der häuslichen Umgebung des Klägers eingeholt. Diese hat ausgeführt: Beim Kläger bestünden eine spastische Lähmung beider Beine, eine Bewegungseinschränkung im linken Schultergelenk, eine Hirnleistungsstörung sowie Wirbelsäulenbeschwerden. Er könne drei bis vier Schritte vom Rollstuhl bis zu einem Stuhl gehen. Ohne angelegte Orthesen sei er nicht gehfähig. Der Kläger habe angegeben, er könne im Freien ca. 10 Meter laufen bis sich ein Luftmangel einstelle. Im Dorf sei er mit dem Rollstuhl, der eine elektrische Schiebehilfe habe, unterwegs. Die Reichweite sei jedoch auf 300 Meter begrenzt. Außerhalb des Dorfes nutze er den PKW. Die Verladung des Rollstuhls erfolge durch die Ehefrau, da der Kläger hierzu nicht in der Lage sei. Den linken Arm könne er nur unter Schmerzen bis zur Horizontalen heben. Nacken- und Schürzengriff seien nicht möglich. Das Bewegen eines Aktivrollstuhls sei mit dem rechten Arm nicht möglich. Auch beklage er Kopfschmerzen und Schlafstörungen. Seine Ehefrau habe zu den Folgen der Hirnleistungsstörung des Klägers ausgeführt, ihr Ehemann sei schnell erregbar und aufbrausend. Auch die Leistungen des Kurzzeitgedächtnisses seien eingeschränkt. Es bestehe eine übertriebene Fixierung auf Folgezustände des Krankheitsgeschehens. Anlässlich der Untersuchung in den Räumlichkeiten des Klägers habe er immer wieder die Frage gestellt, wie er es in Begleitung seiner Frau anstellen solle, öffentliche Veranstaltungen zu besuchen. Hirnorganische Anfälle mit unwillkürlichen groben Kopf- und Gliedmaßbewegungen lägen nicht vor. Die festgestellten Spasmen im rechten Bein würden nur unter gewissen Umständen und ohne störende Wirkungen auf die Umgebung auftreten. Trotz der schweren Mobilitätseinschränkung sei dem Kläger der Besuch öffentlicher Veranstaltungen möglich, wenn eine Begleitperson anwesend und notwendige technische Hilfsmittel vorhanden seien sowie keine bautechnischen Hindernisse entgegenstünden.

Der Kläger hat gegen das Gutachten eingewandt: Die Aussage, die Batterie des Rollstuhls lasse nur einen Radius von 300 Metern zu, habe nicht er, sondern ein Mitarbeiter des Sanitätshauses getroffen. Die Verladung des Rollstuhls erfolge durch seine Ehefrau und ihn. Dieses sei für ihn mit unnötigen und vermeidbaren Beschwerden verbunden. Die angegebenen Kopfschmerzen würden bei längerem Sitzen und bei längerer Rollstuhlnutzung auftreten. Besuche öffentlicher Veranstaltungen seien daher mit unnötigen Beschwerden verbunden. Gleiches gelte für seine Konzentrationsstörungen.

Dem Senat haben die Verwaltungsvorgänge des Beklagten vorgelegen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die Schriftsätze und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten.
Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere statthaft gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG), hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Der Senat konnte in der mündlichen Verhandlung vom 18. September 2013 auch in Abwesenheit des Klägers entscheiden, da der Kläger mit Postzustellungsurkunde vom 26. Juli 2013 ordnungsgemäß geladen war und in der Ladung darauf hingewiesen worden war, dass im Falle eines Ausbleibens ein Urteil nach Lage der Akten ergehen kann (§§ 110 Abs. 1 Satz 2, 126 SGG).

Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Bezüglich der zunächst begehrten Merkzeichen "VB" und "EB" hat die ehemalige Prozessbevollmächtigte des Klägers die Klage - für den Kläger bindend - am 30. Januar 2013 zurückgenommen. Die im verbundenen Verfahren S 12 SB 391/09 angegriffenen Bescheide vom 12. November 2009 und 25. November 2009 sind daher nicht mehr streitbefangen. Der das Merkzeichen "RF" ablehnende Bescheid des Beklagten vom 29. Juli 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. August 2009 ist rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Feststellung, dass bei ihm die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des für die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht bzw. ab dem 1. Januar 2013 für die Ermäßigung von der Rundfunkbeitragspflicht erforderlichen Nachteilsausgleich "RF" vorliegen (vgl. § 69 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen [SGB IX])). Danach ist das Merkzeichen "RF" im Schwerbehindertenausweis auf der Rückseite einzutragen, wenn der schwerbehinderte Mensch die landesrechtlich festgelegten gesundheitlichen Voraussetzungen für die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht erfüllt. In § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 und 8 sowie Abs. 3 des Rundfunkstaatsvertrages vom 31. August 1991 in der Fassung des Art. 5 Nr. 6 des Achten Staatsvertrages zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge vom 8. bis 15. Oktober 2004 in Verbindung mit dem Gesetz zu dem Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag Sachsen-Anhalt vom 9. März 2005 (GVBl. LSA 2005, 122) sind die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht ab 1. April 2005 geregelt. Seit dem 1. Januar 2013 gilt § 4 Abs. 2 Satz 1 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages vom 15. Dezember 2010, dieser verkündet als Art. 1 des Fünfzehnten Staatsvertrags zur Änderung rundfunkrechtlicher Staatsverträge (Fünfzehnter Rundfunkänderungsstaatsvertrag) vom 15. Dezember 2010, bekannt gemacht als Anlage zum Vierten Medienrechtsänderungsgesetz vom 12. Dezember 2011 (GVBL. LSA S. 824). Nach § 4 Abs. 2 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages tritt keine vollständige Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht mehr ein, sondern nur noch eine Ermäßigung auf ein Drittel.

Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 des Rundfunkgebührenstaatsvertrags in der Fassung des Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrags und dem insoweit wortgleichen § 4 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages tritt eine Befreiung bzw. Reduzierung der Rundfunkgebührenpflicht für folgenden Personenkreis ein:

blinde oder nicht nur vorübergehend wesentlich sehbehinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung von 60 vom Hundert allein wegen der Sehbehinderung,

hörgeschädigte Menschen, die gehörlos sind oder denen eine ausreichende Verständigung über das Gehör auch mit Hörhilfen nicht möglich ist, und

behinderte Menschen, deren Grad der Behinderung nicht nur vorübergehend wenigstens 80 beträgt und die wegen ihres Leidens an öffentlichen Veranstaltungen ständig nicht teilnehmen können.

Die Voraussetzungen von Nr. 1 und Nr. 2 erfüllt der Kläger nicht. Denn die Sachverständige OMR Dr. M. hat unter Hinweis auf eigene Untersuchungen und Feststellungen in ihrem Gutachten vom 11. Juni 2013 ausgeführt, der Kläger verfüge über ein normales Hör- und Sehvermögen, Einschränkungen seien durch eine Brille ausgeglichen.

Auch die Voraussetzungen von Nr. 3 sind nicht gegeben. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sind als öffentliche Veranstaltungen im Sinne von Nr. 3 Zusammenkünfte politischer, künstlerischer, wissenschaftlicher, kirchlicher, sportlicher, unterhaltender und wirtschaftlicher Art zu verstehen, die länger als 30 Minuten dauern (vgl. BSG, Urteil vom 12. Februar 1997, 9 RVs 2/96, SozR 3-3870 § 4 Nr. 17; Urteil vom 10. August 1993, 9/9a RVs 7/91, SozR 3-3870 § 48 Nr. 2; Urteil vom 17. März 1982, 9a/9 RVs 6/81, SozR 3870 § 3 Nr. 15 = BSGE 53, 175 [BSG 17.03.1982 - 9a/9 RVs 6/81]). Die Unmöglichkeit der Teilnahme an solchen Veranstaltungen ist nur dann gegeben, wenn der schwerbehinderte Mensch wegen seines Leidens ständig, d.h. allgemein und umfassend, vom Besuch ausgeschlossen ist.

Angesichts des im Berufungsverfahren eingeholten Sachverständigengutachtens ist der Sachverhalt zur Überzeugung des Senats umfassend in dem Sinne aufgeklärt, dass die medizinischen Voraussetzungen für das vom Kläger begehrte Merkzeichen "RF" nicht vorliegen. Zwar wurde ihm ein GdB von 100 zuerkannt. Bei ihm bestehen jedoch keine Leiden im Sinne des § 6 Absatz 1 Satz 1 Nr. 8 des Rundfunkgebührenstaatsvertrages bzw. des § 4 Absatz 2 Nr. 3 des Rundfunkbeitragstaatsvertrages, die ihn ständig daran hindern, an öffentlichen Veranstaltungen teilzunehmen. Seine schwere Mobilitätseinschränkung macht es ihm und einer Begleitperson zweifelsohne aufwändig und beschwerlich, eine öffentliche Veranstaltung zu besuchen, da schon der Transport des Rollstuhls mit Elektroantrieb erhebliche Kraft und Mühe bereitet. Dem Kläger ist es jedoch nicht aus körperlichen Gründen ausgeschlossen, eine derartige Veranstaltung überhaupt zu besuchen. Mögliche bauliche Hindernisse (nicht behindertengerechte Zugänge) haben für die Feststellung des Merkzeichens "RF" außer Betracht zu bleiben. Diese Bewertung bestätigen auch die ihn behandelnden Ärzte in den eingeholten Befundberichten (Dr. W., Dipl.-Med. D.), nach denen lediglich ein rollstuhlgerechter Zugang unbedingt erforderlich ist. Entscheidend für die Vergabe des Merkzeichens "RF" ist jedoch, dass der behinderte Mensch faktisch an das Haus gebunden ist, was bei dem Kläger bereits nach eigenem Vorbringen nicht der Fall ist. Denn er benutzt außerhalb des Wohnortes einen Pkw und sucht auch regelmäßig seine behandelnden Ärzte auf. Auch aus den vorgelegten MDK-Gutachten aus dem Jahr 2004 ergibt sich nichts anders. Hiernach steht dem Kläger wegen seinen Behinderungen ein elektrisch betriebener Rollstuhl zu. In diesen Verfahren hat sich der Kläger daher erfolgreich dafür eingesetzt, dass ihm zur Sicherung seiner Mobilität und seines Teilhaberechts dieses Hilfsmittel zusteht. Damit liegt bei ihm gerade kein Fall vor, der den Behinderten erkrankungsbedingt faktisch an das Haus "fesselt".

Auch in geistiger Hinsicht liegen keine Umstände vor, die den Kläger von einer öffentlichen Veranstaltung dauerhaft ausschließen. Ein schwerbehinderter Mensch ist von öffentlichen Veranstaltungen dann ständig ausgeschlossen, wenn ihm deren Besuch mit Rücksicht auf die Störung anderer Anwesender nicht zugemutet werden kann (BSG, Urteil vom 23. Februar 1987, 9 a RVs 72/85, zitiert nach juris). Das ist immer dann der Fall, wenn es den anderen Teilnehmern an öffentlichen Veranstaltungen unzumutbar ist, behinderte Menschen wegen Auswirkungen ihrer Behinderungen zu ertragen, insbesondere, wenn diese durch ihre Behinderungen auf ihre Umgebung unzumutbar abstoßend oder störend wirken, z.B. durch Entstellung, Geruchsbelästigung bei unzureichend verschließbarem Anus praeter, häufige hirnorganische Anfälle, grobe unwillkürliche Kopf- und Gliedmaßenbewegungen bei Spastikern, laute Atemgeräusche, wie sie etwa bei Asthmaanfällen und nach Tracheotomie vorkommen können, oder bei ekelerregenden oder ansteckenden Krankheiten (vgl. BSG, Urteil vom 10. August 1993, 9/9a RVs 7/91, zitiert nach juris). Derartige Störauswirkungen seiner Behinderungen für die Umgebung liegen bei dem Kläger nach den übereinstimmenden Befundberichten sowie dem Sachverständigengutachten nicht vor und werden auch von ihm selbst nicht vorgetragen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, weil Zulassungsgründe gemäß § 160 Abs. 2 SGG nicht gegeben sind.