13.08.2019 · IWW-Abrufnummer 210567
Bundesgerichtshof: Beschluss vom 26.06.2019 – XII ZB 373/18
Zum Umfang der gerichtlichen Amtsaufklärungspflicht betreffend die Auswahl eines Betreuers.
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 26. Juni 2019 durch den Vorsitzenden Richter Dose, die Richter Prof. Dr. Klinkhammer, Dr. Nedden-Boeger und Guhling und die Richterin Dr. Krüger
beschlossen:
Tenor:
Auf die Rechtsbeschwerde der weiteren Beteiligten zu 2 wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des Landgerichts Hagen vom 23. Juli 2018 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.
Wert: 5.000 €
Gründe
I.
1
Das Amtsgericht hat für den Betroffenen, der an Demenz leidet, für den Aufgabenkreis Vertretung gegenüber Behörden, Sozialversicherungsträgern und anderen Institutionen, für die Gesundheitssorge, die Regelung des Postverkehrs, Vermögensangelegenheiten und den Widerruf einer Kontovollmacht eine rechtliche Betreuung eingerichtet. Es hat entsprechend dem Wunsch des Betroffenen die Beteiligte zu 2, die Tochter des Betroffenen, zur Betreuerin bestellt.
2
Dagegen hat der Sohn des Betroffenen (Beteiligter zu 1) Beschwerde eingelegt und sich damit gegen die Betreuerauswahl gewendet. Das Landgericht hat den amtsgerichtlichen Beschluss abgeändert und anstelle der Beteiligten zu 2 eine Berufsbetreuerin (Beteiligte zu 3) bestellt. Dagegen richtet sich die von der Beteiligten zu 2 eingelegte Rechtsbeschwerde.
II.
3
Die Rechtsbeschwerde ist zulässig. Die Beteiligte zu 2 ist als am Verfahren beteiligter Abkömmling des Betroffenen gemäß § 303 Abs. 2 Nr. 1 FamFG beschwerdeberechtigt. Die Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg, da der angefochtene Beschluss verfahrensfehlerhaft ergangen ist.
4
Die Rechtsbeschwerde rügt mit Recht eine Verletzung der Pflicht zur Amtsaufklärung nach § 26 FamFG . Denn das Landgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen darauf gestützt, dass die Bestellung der vom Betroffenen vorgeschlagenen Beteiligten zu 2 dessen Wohl zuwiderlaufe ( § 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB ). Dafür hat es als erwiesen angesehen, dass die Beteiligte zu 2 sich bisher geweigert habe, vom Beteiligten zu 1 aufgelistete Verfügungen vom Konto des Betroffenen näher darzulegen und zu erklären.
5
Die Rechtsbeschwerde weist dagegen mit Recht darauf hin, dass die Beteiligte zu 2 diesbezüglich einen Hefter mit Unterlagen und Erläuterungen beim Amtsgericht eingereicht hat. Dieser ist am 22. Juni 2018 beim Amtsgericht eingegangen, mithin vor Erlass des landgerichtlichen Beschlusses am 23. Juli 2018. Zwar ist der Hefter vom Amtsgericht ersichtlich nicht an das Landgericht weitergeleitet worden. Die Beteiligte zu 2 hatte sich aber ausweislich des angefochtenen Beschlusses in der Anhörung vor dem Landgericht auch nur darauf berufen, die Rechnungslegung beim Amtsgericht vorgenommen zu haben. Für die Feststellung im angefochtenen Beschluss, die Beteiligte zu 2 habe sich bisher geweigert, Erläuterungen zu geben und Belege vorzulegen, fehlt es daher an einer Grundlage. Da es insoweit auf den Zeitpunkt ankommt, zu dem der angefochtene Beschluss erlassen worden ist, spielt es keine entscheidende Rolle, dass die Beteiligte die Unterlagen erst später als von ihr angegeben eingereicht hat. Denn jedenfalls lag bei Erlass des angefochtenen Beschlusses die vom Landgericht angenommene Weigerung zur Erläuterung und Belegvorlage nicht vor.
6
Da der angefochtene Beschluss auf der fehlerhaft getroffenen Tatsachenfeststellung beruht, ist er aufzuheben. Die Sache ist an das Landgericht zurückzuverweisen, weil weitere Tatsachenfeststellungen erforderlich sind.
7
Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen ( § 74 Abs. 7 FamFG ).
Dose
Klinkhammer
Nedden-Boeger
Guhling
Krüger