10.10.2019 · IWW-Abrufnummer 211558
Oberlandesgericht Koblenz: Beschluss vom 16.04.2019 – 12 U 692/18
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Aktenzeichen: 12 U 692/18
4 O 189/17 LG Mainz
- Klägerin und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte …
gegen
…
- Beklagter und Berufungsbeklagter -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte …
hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. xxx, den Richter am Oberlandesgericht xxx und den Richter am Oberlandesgericht xxx am 06.03.2019 beschlossen:
Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht festgestellt, dass der Klägerin ein Anspruch auf Ersatz des ihr anlässlich des Unfallereignisses vom 29.07.2016 entstandenen materiellen und immateriellen Schadens nicht zusteht. Die Klägerin hat den Eintritt dieses Schadensereignisses in zurechenbarer Weise selbst herbeigeführt; ein etwaiger geringfügiger Mitverursachungsanteil des Beklagten muss hinter diesem schuldhaften Verhalten der Klägerin zurücktreten.
Im vorliegenden Fall hätte sich die Klägerin als Fahrerin eines Segway, die die Belange von Fußgängern besonders zu berücksichtigen hatte, durch Blickkontakt mit dem Kläger Gewissheit darüber verschaffen müssen, dass der Beklagte sie wahrgenommen und zu erkennen gegeben hatte, dass er situationsangemessen reagieren würde. Diesen Sorgfaltsanforderungen wird das Verhalten der Klägerin nicht gerecht.
wäre zu einem äußerst umsichtigen Verhalten beim Passieren von Fußgängern verpflichtet gewesen. Hieran mangelt es aus den dargestellten Gründen.
Bei dieser Sachlage trifft die Klägerin ein so hohes Verschulden an dem Zustandekommen des Unfallereignisses, dass eine denkbar bestehende Mitverantwortung des Beklagten infolge einer Unachtsamkeit seiner Schrittfolge auf der Brücke zurücktreten muss.
Da die Berufung somit keine Aussicht auf Erfolg hat, legt das Gericht aus Kostengründen die Rücknahme des Rechtsmittels nahe. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).
Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO
In dem Rechtsstreit
pp.
hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. xxx, den Richter am Oberlandesgericht xxx und den Richter am Oberlandesgericht xxx am 16.04.2019 beschlossen:
Gründe:
Hinsichtlich der weitergehenden Darstellung des Sach- und Streitstandes sowie der erst- instanzlichen Anträge wird auf den Tatbestand in dem angefochtenen Urteil des Landgerichts Mainz vom 09.05.2018 Bezug genommen.
2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr sämtliche weiteren immateriellen und materiellen Schäden aus Anlass des Unfallereignisses vom 29.07.2016 zu ersetzen, soweit kein Leistungsübergang auf Drittleistungsträger erfolgt ist,
3. den Beklagten zu verurteilen, ihr vorprozessuale Rechtsanwaltskosten in Höhe von 4.088,84 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragt im Berufungsverfahren,
die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Mainz vom 09.05.2018, Aktenzeichen 4 O 189/17, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Den vorbezeichneten hohen Sorgfaltsanforderungen an das nach § 7 MobHV gebotene Fahrverhalten ist die Klägerin vorliegend nicht gerecht geworden.
Die Beachtung dieser an sie gerichteten hohen Sorgfaltsanforderungen hat die Klägerin vorliegend in schuldhafter Weise versäumt.
Diese Schilderung der Klägerin macht deutlich, dass sich die Klägerin erst sehr spät bewusst machte, dass die von ihr als drohend erkannte Situation durch die ausgestoßenen Warnsignale nicht abgewendet war, so dass für sie weiterhin Veranlassung bestand, ihre Geschwindigkeit zu reduzieren und sich auf ein Haltemanöver einzustellen.
4 O 189/17 LG Mainz
Oberlandesgericht Koblenz
Hinweisbeschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO
In dem Rechtsstreit
…- Klägerin und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte …
gegen
…
- Beklagter und Berufungsbeklagter -
Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte …
hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. xxx, den Richter am Oberlandesgericht xxx und den Richter am Oberlandesgericht xxx am 06.03.2019 beschlossen:
- Der Senat beabsichtigt, die Berufung gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
- Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 05.04.2019.
Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht festgestellt, dass der Klägerin ein Anspruch auf Ersatz des ihr anlässlich des Unfallereignisses vom 29.07.2016 entstandenen materiellen und immateriellen Schadens nicht zusteht. Die Klägerin hat den Eintritt dieses Schadensereignisses in zurechenbarer Weise selbst herbeigeführt; ein etwaiger geringfügiger Mitverursachungsanteil des Beklagten muss hinter diesem schuldhaften Verhalten der Klägerin zurücktreten.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Schadensersatz auf der Grundlage einer hier allein in Betracht kommenden deliktischen Haftung nach § 823 Abs. 1 BGB.
Für die Herbeiführung des streitgegenständlichen Unfallereignisses ist die Klägerin in hohem Maße verantwortlich, indem sie beim Befahren des Geh- und Radweges auf der ...[A] zwischen ...[B] und ...[C] die ihr obliegenden verkehrsrechtlichen Sorgfaltspflichten missachtet hat.
Nach § 7 Abs. 4, 5 Mobilitätshilfenverordnung (MobHV) hat, wer mit einer elektrischen Mobilitätshilfe am öffentlichen Straßenverkehr teilnimmt, unter Beachtung des Rechtsfahrgebotes auf gemeinsamen Verkehrsflächen für Fußgänger und Fahrzeuge Fußgängern den Vorrang zu gewähren und darauf zu achten, dass diese weder gefährdet noch behindert werden. Diesen Anforderungen wird das Verhalten der Klägerin nicht gerecht.
Handelt es sich - wie im vorliegenden Fall - um einen mit dem Zeichen 240 zu § 41 StVO gekennzeichneten kombinierten Fuß- und Radweg, so treffen den Segway-Fahrer, der innerhalb wie außerhalb geschlossener Ortschaften diesen für Radfahrer freigegebenen Weg nach § 7 Abs. 3 MobHV pflichtgemäß zu befahren hat, gegenüber den dort befindlichen Fußgängern erhöhte Sorgfaltspflichten, die über die Rücksichtnahmepflichten der Fußgänger gegenüber den auf diesem Weg fahrenden Verkehrsteilnehmern hinausgehen (vgl. Hentschel/König/Dauer-König, Straßenverkehrsrecht, 45. Aufl., § 41 StVO Rdn. 248 c zu Zeichen 240 [gemeinsamer Fuß- und Radweg]).Fußgängern ist es grundsätzlich gestattet, den gemeinsamen Fuß- und Radweg auf der ganzen Breite zu benutzen und dort auch stehenzubleiben (so auch OLG Frankfurt NJW-RR 2013, 600; Hentschel/König/Dauer-König, Straßenverkehrsrecht a.a.O.). Diese Vorrangstellung von Fuß- gängern auf gemeinsam für Fußgänger und Radfahrer ausgewiesenen Flächen kommt auch darin zum Ausdruck, dass nach der Verwaltungsvorschrift zu § 41 StVO zu Zeichen 240 eine solche Verkehrsfläche nur dann angelegt werden soll, wenn dies unter Berücksichtigung der Belange der Fußgänger, insbesondere der älteren Verkehrsteilnehmer und der Kinder, im Hinblick auf die Sicherheit vertretbar erscheint.
Da der Beklagte als Fußgänger auf dem kombinierten Fuß- und Radweg nach § 7 Abs. 5 MobHV somit den absoluten Vorrang hatte, brauchte er auch nicht fortwährend nach Radfahrern oder sonstigen auf dieser Strecke berechtigt fahrenden Verkehrsteilnehmern, die von hinten herannahen konnten, Ausschau zu halten (so auch OLG Frankfurt, a.a.O.). Der Beklagte durfte mithin im vorliegenden Fall darauf vertrauen, dass die den Weg mit einem Fahrrad oder einer elektrischen Mobilitätshilfe nutzenden Verkehrsteilnehmer gegebenenfalls Schrittgeschwindigkeit einhielten und durch Klingelzeichen oder sonstige akustische Signale rechtzeitig auf sich aufmerksam machen und insbesondere bei unklarer Verkehrslage sicherstellen würden, dass diese Warnsignale von ihm, dem Beklagten, auch rechtzeitig wahrgenommen und verstanden wurden.
Auch wenn die Klägerin - wie von ihr anlässlich ihrer Anhörung bei dem Landgericht ausgeführt - laut gerufen und geklingelt hat, bevor sie den Standort des Beklagten erreichte, hat sie ihren verkehrsrechtlichen Sorgfaltspflichten noch nicht hinreichend genüge getan.
Der in erster Instanz vernommene Zeuge ...[D] hat insoweit bekundet, er habe weder ein Klingeln noch ein Rufen der Klägerin wahrgenommen.
Selbst wenn der Beklagte und der Zeuge ...[D] dies möglicherweise überhört haben sollten, weil sie nicht hinreichend aufmerksam waren oder die Umgebungsgeräusche zu laut waren, war es an der Klägerin, durch Blickkontakt oder auf andere Weise eine Verständigung mit dem Beklagten zu suchen und herbeizuführen. Dies gilt in besonderem Maße vor dem Hintergrund, dass auf der Brücke im Unfallzeitpunkt nach Aussage der Zeugen ...[E] und ...[D] viel Betrieb herrschte und die Strecke insbesondere von Fußgängern stark frequentiert war, so dass selbst dann, wenn sich die Klägerin zuvor durch „akustische Signale“ bemerkbar gemacht haben sollte, nicht sichergestellt war, dass diese von dem Beklagten wahrgenommen und als Warnung erkannt und verstanden worden waren.
Die Klägerin musste erforderlichenfalls Schrittgeschwindigkeit fahren, um jederzeit bremsbereit zu sein (so auch OLG Oldenburg NZV 2004, 360) und nötigenfalls ihr Fahrzeug sogar anhalten, wenn ein Fußgänger nicht auf ihre Warnsignale achtete.
Wenn die Klägerin in diesem Zusammenhang bei ihrer Anhörung ausgeführt hat, ein Segway habe schon „einen gewissen Bremsweg“, vermag sie auch dieser Umstand nicht zu entlasten.Sie musste ihr Fahrverhalten auf diese Tatsache einstellen und ihre Fahrgeschwindigkeit entsprechend drosseln, so dass es ihr in jedem Fall möglich war, ihr Fahrzeug rechtzeitig anzuhalten.
Insoweit brauchte auch der Frage, ob ein Segway bei der von der Gruppe gefahrenen Geschwindigkeit tatsächlich sehr schnell zum Stillstand zu bringen ist, wie der Zeuge ...[F] bekundete, und inwieweit ein ungenügendes Fahrvermögen der Klägerin für eine nicht rechtzeitige Reaktion auf das Verhalten des Beklagten verantwortlich gewesen sein könnte, nicht nachgegangen zu werden. Jedenfalls hat die Klägerin ihr Fahrverhalten nicht der zu diesem Zeitpunkt herrschenden Verkehrssituation und dem damit einhergehenden Gefährdungspotenzial für die dort befindlichen Fußgänger angepasst.
Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg darauf berufen, sie kenne das so, dass der Tour- guide, hier der Zeuge ...[F], dafür sorge, dass eine Gasse gebildet werde, damit die Segwayfahrer alle durchfahren könnten. Der Zeuge ...[F] ist seinen diesbezüglichen Sorgfaltspflichten hinreichend nachgekommen, indem er nach eigenem Bekunden Blickkontakt zu dem Beklagten hielt und sich Gewissheit verschafft hatte, dass dieser ihn auch tatsächlich wahrgenommen hatte. Der Zeuge hat insoweit ausgesagt, der Beklagte habe ihn „angeguckt“. Als dem Zeugen ...[F] nachfolgende Fahrerin eines Segways konnte die Klägerin jedoch nicht davon ausgehen, der Tourguide, der, entgegen den Ausführungen der Klägerin, nach eigenem Bekunden zuvor nicht geklingelt hatte, habe alle „Hindernisse aus dem Weg geräumt“ und für eine freie Fahrt gesorgt. Es war vielmehr Sache jedes einzelnen Fahrers, für ein behinderungsfreies Durchkommen Sorge zu tragen. Diese ihr obliegende Verantwortung hat die Klägerin verkannt und insoweit nicht hinreichend vorsichtig gehandelt.
Insoweit hat sie bei ihrer Anhörung geschildert, sie habe den Beklagten erst bewusst wahrgenommen, als dieser weitergelaufen sei. Sie denke, dass der Beklagte ihr Rufen und Klingeln gehört habe, da sie wirklich laut gerufen habe. Sie könne jedoch nicht mehr sagen, ob sich der Beklagte zu ihr umgedreht habe. Der Beklagte habe, so glaube sie, ein Handy oder einen Fotoapparat oder so etwas in der Hand gehabt. Diese von Annahmen geprägte Schilderung zeigt, dass sich die Klägerin über die Verhältnisse in dem von ihr befahrenen Bereich nicht hinreichend vergewissert hat. Die Klägerin hat sich vielmehr zum einen darauf verlassen, der Zeuge ...[F] werde dafür sorgen, dass die Gruppe die auf der Brücke befindlichen Fußgänger ohne Hindernis passieren konnte. Sie hat ferner pflichtwidrig, ohne entsprechende Rückmeldung des Beklagten, darauf vertraut, dass dieser ihre Warnrufe und ihr Klingeln in der an diesem Tag auf der Brücke herrschenden Betriebsamkeit rechtzeitig wahrnehmen und ihre Weiterfahrt schon nicht behindern würde, ohne sich jedoch bewusst zu machen und darauf einzustellen, dass eine Gefahrensituation drohte, die ihre jederzeit präsente Aufmerksamkeit und Reaktion erforderlich machen könnte.
Die Klägerin ist daher den besonders hohen Sorgfaltsanforderungen nicht nachgekommen, die an sie als Segwayfahrerin auf einem kombinierten Fuß- und Radweg gestellt werden, der, anders als bei Zeichen 241 zu § 41 StVO nicht über eine separate Spur für Fußgänger und fahrende Verkehrsteilnehmer verfügt.
Nur ergänzend, ohne dass es hierauf entscheidend ankommt, weist der Senat darauf hin, dass die Klägerin nach § 7 Abs. 4 MobHV die Pflicht traf, möglichst weit rechts zu fahren, während sich das „Nutzungsrecht“ des Beklagten als Fußgänger - wie bereits ausgeführt - auf die gesamte Breite des kombinierten Geh- und Fahrwegs erstreckte.
Der Zeuge ...[F] hat in diesem Zusammenhang bekundet, die Segwaygruppe sei mittig, „mit Tendenz eher rechts“ gefahren, da die meisten Segwayfahrer das erste Mal mit einem Segway unterwegs gewesen seien und man daher nicht direkt an der Straße hätte fahren können. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass die Teilnehmer der Gruppe, wie von der Klägerin ausgeführt, in einer Linie gefahren sind, erscheint auch hier die Annahme gerechtfertigt, dass die Fahrweise der Klägerin den Anforderungen an die Sorgfaltspflichten des § 7 MobHV nicht gerecht geworden ist. Ob die Einhaltung einer zur Mittellinie hin orientierten Fahrlinie unter Umständen verkehrsbedingt erforderlich war, kann letztlich dahinstehen.
Jedenfalls hätten sich die bei einer solchen Fahrweise ergebenden Sorgfaltspflichten in dieser Situation noch erhöht und die Klägerin
wäre zu einem äußerst umsichtigen Verhalten beim Passieren von Fußgängern verpflichtet gewesen. Hieran mangelt es aus den dargestellten Gründen.
Bei dieser Sachlage trifft die Klägerin ein so hohes Verschulden an dem Zustandekommen des Unfallereignisses, dass eine denkbar bestehende Mitverantwortung des Beklagten infolge einer Unachtsamkeit seiner Schrittfolge auf der Brücke zurücktreten muss.
Da die Berufung somit keine Aussicht auf Erfolg hat, legt das Gericht aus Kostengründen die Rücknahme des Rechtsmittels nahe. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).
Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO
In dem Rechtsstreit
pp.
hat der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Dr. xxx, den Richter am Oberlandesgericht xxx und den Richter am Oberlandesgericht xxx am 16.04.2019 beschlossen:
- Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der Einzelrichterin der 4. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 09.05.2018, Az.: 4 O 189/17, wird zurückgewiesen.
- Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
- Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Trier und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die gegen sie gerichtete Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
- Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 260.000,00 € festgesetzt.
Gründe:
Die Parteien streiten über Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit einem Unfallereignis vom 29.07.2016 auf dem Geh-/Radweg der ...[A] zwischen ...[G] und ...[B].
Durch das angefochtene Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen.
Im Berufungsverfahren beantragt die Klägerin,
1. den Beklagten zu verurteilen, ihr ein angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB ab Rechtshängigkeit zu zahlen,2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr sämtliche weiteren immateriellen und materiellen Schäden aus Anlass des Unfallereignisses vom 29.07.2016 zu ersetzen, soweit kein Leistungsübergang auf Drittleistungsträger erfolgt ist,
3. den Beklagten zu verurteilen, ihr vorprozessuale Rechtsanwaltskosten in Höhe von 4.088,84 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Der Beklagte beantragt im Berufungsverfahren,
die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Mainz vom 09.05.2018, Aktenzeichen 4 O 189/17, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
Die Stellungnahme der Klägerin mit Schriftsatz vom 05.04.2019 führt nicht zu einer ab- weichenden Beurteilung der Sach- und Rechtslage. Der Senat hält auch nach erneuter Beratung an den Ausführungen im Hinweisbeschluss vom 11.03.2019 umfassend fest.
Soweit die Klägerin in Erwiderung auf den gerichtlichen Hinweis im Wesentlichen einwendet, der Senat habe die Anforderungen an die verkehrsrechtlichen Sorgfaltspflichten eines Segwayfahrers überspannt und quasi eine Gefährdungshaftung zu ihren, der Klägerin, Lasten postuliert, vermag der Senat ihrer Argumentation nicht zu folgen. Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, ihr sei ein schuldhaftes Verhalten auch unter Berücksichtigung der im Hinweisbeschluss vom 06.03.2019 erläuterten Haftungsgrundsätze nicht zur Last zu legen.
Das Gesetz verpflichtet in § 7 Abs. 5 MobHV den Führer einer elektronischen Mobilitätshilfe, der sein Fahrzeug auf einem kombinierten Fuß- und Radweg bewegt, ausdrücklich zu einem Fahrverhalten, dass jede Gefährdung oder Behinderung von Fußgängern ausschließt. Da es sich bei elektronischen Mobilitätshilfen um Kraftfahrzeuge handelt, finden auf den Segwayfahrer grundsätzlich die für Kraftfahrzeugführer geltenden Verhaltensanforderungen Anwendung. Werden, wie im vorliegenden Fall, Mobilitätshilfen auf Verkehrsflächen außerhalb von Fahrbahnen zugelassen, so haben sich elektronische Mobilitätshilfen - gerade angesichts der hohen Differenzgeschwindigkeit zu den übrigen, die Verkehrsfläche nutzenden Verkehrsteilnehmern, wie hier den diese Fläche ebenfalls nutzenden Fußgängern - im Interesse der Verkehrssicherheit und des Verkehrsflusses unterzuordnen (vgl. Bundesrat Drucksache 532/09, S. 8/9).
Zwar ist für eine Haftung nach dieser Norm nicht schon der bloße Betrieb der elektronischen Mobilitätshilfe ausreichend. Jedoch ist ein haftungsbegründendes schuldhaftes Verhalten des Segwayfahrers bereits dann zu bejahen, wenn dieser seine Fahrweise nicht so einrichtet, dass die den absoluten Vorrang auf solchen Verkehrsflächen genießenden Fußgänger sich dort gefahrlos und ungehindert bewegen können. In diesem Sinne ist das Tatbestandsmerkmal des „Gefährdungsausschlusses“ gesetzesimmanent, so dass ein Verstoß hiergegen ein schuldhaftes Verhalten des „fahrenden Verkehrsteilnehmers“ darstellt.
Die Klägerin hat den Beklagten zu einem Zeitpunkt wahrgenommen, als dieser sich auf dem Fuß- und Fahrradweg rückwärts dem Bereich näherte, der ihre Fahrlinie kreuzte und den sie in Kürze erreichen würde. Sie hat dies nach eigenem Bekunden zum Anlass genommen, durch Rufen und Betätigen der Klingel ihres Fahrzeugs auf sich aufmerksam zu machen.
Ob die Klägerin davon ausgehen durfte, der Beklagte, der für sie erkennbar damit beschäftigt war, den Zeugen ...[D] zu fotografieren und damit ersichtlich abgelenkt war, werde die akustischen Warnsignale wahrnehmen, obwohl nach Aussage der Zeugin ...[E] sowie des Zeugen ...[F] reger Betrieb herrschte, kann vorliegend dahinstehen. Jedenfalls musste die Klägerin schon beim erstmaligen Erkennen der Gefahrenlage, die sich für sie aus der geschilderten Situation ergeben konnte, das weitere Verhalten des Beklagten abwarten und ihre Geschwindigkeit so einrichten, dass sie in der Lage war, ihr Fahrzeug kurzfristig abzubremsen, wenn sich hierfür die Notwendigkeit ergeben würde, um einen Zusammenstoß mit dem Beklagten zu vermeiden.
Die Klägerin selbst hat insoweit in der mündlichen Verhandlung bei dem Landgericht am 11.04.2018 ausgeführt, es, das Segway, habe „schon einen gewissen Bremsweg“. Ihr war daher bewusst, dass es ihr in der konkreten Lage nicht möglich war, ihr Fahrzeug innerhalb kürzester Zeit zum Stillstand zu bringen, wenn der Beklagte, weil er die akustischen Signale überhört hatte, in ihren Fahrweg treten würde. Ob diese von ihr mitgeteilte Erkenntnis auf ein nicht hinreichendes Fahrvermögen der Klägerin zurückzuführen war, wie der Umstand nahelegen könnte, dass der Zeuge ...[F] bekundete, ein Segway könne bei der von der Gruppe gefahrenen Geschwindigkeit sehr schnell zum Stehen gebracht werden, kann letztlich dahinstehen. Jedenfalls durfte die Klägerin nicht darauf vertrauen, der Beklagte werde ihr Rufen und Klingeln schon wahrgenommen haben und situationsangemessen reagieren. Sie musste die Möglichkeit in Erwägung ziehen, dass ihr Rufen und Klingeln in dem allgemeinen Geräuschpegel untergegangen war und dass der Beklagte sie auch ansonsten nicht wahrgenommen hatte. Die Klägerin selbst hat in diesem Zusammenhang ausgeführt: „Als ich geklingelt habe, war schon noch ein Stückchen zwischen mir und dem Mann. Er ist aber weiter gelaufen. Als er dann weitergelaufen ist, habe ich ihn dann erst wirklich bewusst wahrgenommen“.
Die Tatsache, dass die genaue, von der Klägerin im Vorfeld des Unfallgeschehens und bei der Kollision gefahrene Geschwindigkeit nicht feststeht, ist insoweit für die Beurteilung der Haftungsfrage nicht von entscheidender Relevanz, so dass es auch der Einholung eines Sachverständigengutachtens - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht bedurfte. Maßgeblich ist, dass die von der Klägerin gefahrene Geschwindigkeit in der konkreten Situation unangepasst war, weil die Klägerin im Vertrauen darauf, dass der Beklagte auf ihr Zurufen hin und mit Blick auf ihr Klingelzeichen die drohende Gefahr erkennen würde, zunächst ihre Fahrt in der zuvor geübten Weise fortsetzte und erst zu einem Zeitpunkt verkehrsangemessen reagierte, als sie sich auf Höhe des Beklagten befand und dort feststellte, dass dieser auf ihre akustischen Warnsignale hin seine Rückwärtsbewegung nicht abgebrochen hatte, sondern weiter in ihren Fahrweg hineintrat. Dass es ihr in diesem Augenblick nicht mehr gelingen konnte, ihr Fahrzeug rechtzeitig anzuhalten, vermag die Klägerin nicht zu entlasten. Vielmehr ist der schuldhafte Verkehrsverstoß der Klägerin, der vorliegend aus den im Hinweisbeschluss dargelegten Gründen zu ihrer alleinigen Haftung für die Folgen des Unfallgeschehens führt, bereits in dem verspäteten Reaktionsverhalten zu sehen.
Die Klage ist somit unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt begründet und die gegen das klageabweisende Urteil gerichtete Berufung daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils und des angefochtenen Beschlusses erfolgt gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.