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17.10.2019 · IWW-Abrufnummer 211737

Oberlandesgericht Frankfurt a. M.: Urteil vom 08.05.2019 – 17 U 197/18

1. Der Gläubiger gerät ausnahmsweise ohne wörtliches Angebot des Schuldners in Annahmeverzug, wenn er erkennen lässt, die ihm geschuldete Leistung unter keinen Umständen annehmen zu wollen (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 21. Februar 2017 - XI ZR 467/15 -, Rn. 22 ff., 27, juris). Diese Voraussetzung liegt regelmäßig nicht vor, wenn der Darlehensnehmer den Darlehensgeber nach Widerruf eines Verbraucherdarlehensvertrags zur Rückabwicklung auffordert, ohne seine Forderung zu beziffern, und der Darlehensgeber unter Darlegung seiner Rechtsauffassung den Widerruf zurückweist.

2. Der Wert der vom Darlehensnehmer begehrten Feststellung, dass der Darlehensgeber keinen Anspruch auf Nutzungsentschädigung für die Zeit nach Wirksamwerden des Widerrufs habe, ist gem. § 43 Abs. 1 GKG bei der Bemessung des Gebührenstreitwertes nicht zu berücksichtigen, wenn der Darlehensnehmer daneben die Feststellung begehrt, nach Widerruf nicht mehr zur Zahlung der vertragsgemäßen Leistungen verpflichtet zu sein. Die Nutzungsentschädigung stellt eine Nebenforderung nach § 4 Abs. 1 Halbsatz 2 ZPO dar. Das Unterliegen des Darlehensnehmers wegen des die Nutzungsentschädigung betreffenden Feststellungsantrags kann zur teilweisen Kostentragungspflicht gem. § 92 Abs. 1 ZPO führen, wenn der nach §§ 47, 48 GKG, 9 ZPO zu bemessende fiktive Teilstreitwert einen erheblichen Teil des fiktiven Gesamtstreitwerts ausmacht.


OLG Frankfurt
17. Zivilsenat

08.05.2019


Urteil

Tenor

Das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 25.07.2018, Az. 2-12 O 303/17, wird teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Es wird festgestellt, dass der Beklagten aus den Darlehensverträgen Nr. 1 über nominal 90.000,00 €, Nr. 2 über nominal 50.000,00 € und Nr. 3 über nominal 40.000,00 € ab dem Zugang der Widerrufserklärung der Klägerin vom 19.06.2016 keine Ansprüche mehr auf den Vertragszins und die vertragsgemäße Tilgung zustehen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den in erster Instanz entstandenen Kosten des Rechtsstreits fallen der Klägerin 25% und der Beklagten 75% zur Last.

Die Kosten der Berufung hat die Klägerin zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Beklagte wendet sich mit der Berufung gegen die Verurteilung zur Erstattung von Rechtsanwaltskosten, die der Klägerin im Zuge des Widerrufs dreier Verbraucherdarlehensverträge entstanden sind. Darüber hinaus greift die Beklagte den Kostenausspruch der erstinstanzlichen Entscheidung an.

Die Parteien schlossen im Februar 2010 drei in einer Vertragsurkunde zusammengefasste Verbraucherdarlehensverträge, welche die Gewährung von grundpfandrechtlich besicherten Darlehen in Höhe von 90.000,- €, 50.000,- € bzw. 40.000,- € zum Gegenstand hatten. Wegen des weiteren Inhalts der Vertragsurkunde wird auf deren Kopie (Anl. K 1 - Bl. 18 ff. d. A.) Bezug genommen.

Nachdem die Zinsbindung für zwei der Darlehen ausgelaufen war, vereinbarten die Parteien jeweils eine neue Zinsbindungsfrist sowie einen neuen Zins. Wegen des Inhalts der schriftlichen Prolongationsvereinbarungen wird auf deren Kopien (Anlage B 01 - Bl. 35 ff. d. A.) verwiesen.

Mit Schreiben vom 19.06.2016 widerrief die Klägerin die Darlehensverträge und forderte die Beklagte zur Rückabwicklung auf. Weiter heißt es in diesem Schreiben: „Ich werde den nach einer gesetzlichen Rückabwicklung fälligen Betrag sodann an Sie überweisen“. Nachdem die Beklagte den Widerruf mit Schreiben vom 14.07.2016 zurückgewiesen hatte, wandte sich die Klägerin durch ihren jetzigen Prozessbevollmächtigten erneut an die Beklagte und bekräftigte ihre Forderung auf „Rückabwicklung und Abrechnung der Darlehensverträge entsprechend den seitens des BGH entwickelten Grundsätzen“.

Die Klägerin hat geltend gemacht, sie habe die Darlehensverträge wirksam widerrufen können, da die Widerrufsfrist aufgrund der Fehlerhaftigkeit der erteilten Widerrufsbelehrung nicht begonnen habe. Sie war der Ansicht, die Beklagte könne infolge des Widerrufs nach Saldierung der wechselseitigen Ansprüche lediglich Zahlung folgender Beträge verlangen:

Darlehen Nr. 1:

73.067,19 € per 19.06.2016 abzgl. nach Widerruf gezahlter Raten, mithin 69.362,19 € per 31.03.2017

Darlehen Nr. 2:

42.609,24 € per 19.06.2016 abzgl. nach Widerruf gezahlter Raten, mithin 41.463,44 € per 31.03.2017

Darlehen Nr. 3:

34.231,44 € per 19.06.2016 abzgl. nach Widerruf gezahlter Raten, mithin 33.138,14 € per 31.03.2017.

Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt,

1. festzustellen, dass der Beklagten aus den Darlehensverträgen Nr. 1 über nominal 90.000,00 €, Nr. 2 über nominal 50.000,00 € und Nr. 3 über nominal 40.000,00 € ab dem Zugang der Widerrufserklärung der Klägerin vom 19.06.2016 keine Ansprüche mehr auf den Vertragszins und die vertragsgemäße Tilgung zustehen,

2. festzustellen, dass die Klägerin der Beklagten aus dem Rückgewährschuldverhältnis bezüglich des Darlehens Nr. 1 per 31.03.2017 nicht mehr als 69.362,19 € schuldet,

3. festzustellen, dass die Klägerin der Beklagten aus dem Rückgewährschuldverhältnis bezüglich des Darlehens Nr. 2 per 31.03.2017 nicht mehr als 41.463,44 € schuldet,

4. festzustellen, dass die Klägerin der Beklagten aus dem Rückgewährschuldverhältnis bezüglich des Darlehens Nr. 3 per 31.03.2017 nicht mehr als 33.138,14 € schuldet,

5. festzustellen, dass die Klägerin auf die jeweilige Restvaluta ab dem Widerruf keine Zinsen schuldet, hilfsweise nicht mehr als 1,52 % Zinsen, hilfsweise nicht mehr als 2,5 Prozentpunkten über Basiszinssatz,

6. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 989,13 € zuzüglich Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.12.2016 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Widerrufsfrist sei zum Zeitpunkt der Erklärung des Widerrufs bereits abgelaufen gewesen, da die Klägerin ordnungsgemäß über ihr Widerrufsrecht belehrt worden sei. Jedenfalls sei ein etwaiges Widerrufsrecht verwirkt. Sollte von einem wirksam erklärten Widerruf auszugehen sein, stünden der Beklagten höhere Forderungen aus den Darlehensverträgen zu. So könne die Beklagte per 19.06.2016 folgende Beträge verlangen: 74.251,48 € aus dem Darlehensvertrag mit der Nr. 1, 43.384,14 € aus dem Darlehensvertrag mit der Nr. 2 und 34.775,88 € aus dem Darlehensvertrag mit der Nr. 3 .

Das Landgericht hat die Beklagte gemäß dem Klageantrag zu 1 verurteilt. Des Weiteren hat das Landgericht der Klägerin einen Anspruch auf Zahlung i.H.v. 989,13 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 26.08.2017 wegen vorgerichtlich angefallener Rechtsanwaltskosten zuerkannt. Im Übrigen hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Klage habe hinsichtlich der Klageanträge zu 2 bis 4 keinen Erfolg, da die Klage insoweit bereits unzulässig sei. Es fehle das erforderliche Interesse an der begehrten negativen Feststellung. Die Beklagte habe sich keiner Ansprüche aus dem Rückabwicklungsverhältnis berühmt. Hinsichtlich des Klageantrags zu 5 sei die Klage zwar zulässig, aber unbegründet. Der Darlehensnehmer schulde dem Darlehensgeber auch für die Zeit nach dem Widerruf Ersatz für die Gebrauchsvorteile am jeweils tatsächlich noch überlassenen Teil der Darlehensvaluta, denn der Darlehensnehmer nutze auch nach Erklärung des Widerrufs das ihm überlassene Kapital bis zu dessen Rückgewähr an den Darlehensgeber weiter. Die Klage habe allerdings Erfolg, soweit die Klägerin mit dem Klageantrag zu 1 festgestellt wissen wolle, dass die Beklagte nach dem Zugang der Widerrufserklärung keine Ansprüche mehr auf den Vertragszins und die vertragsgemäße Tilgung habe. Der von der Klägerin erklärte Widerruf sei wirksam, da die Widerrufsfrist mangels einer ordnungsgemäßen Belehrung nicht begonnen habe. Die Klägerin habe ihr Widerrufsrecht auch nicht verwirkt. Die geltend gemachten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 989,13 € könne die Klägerin als Verzugsschaden von der Beklagten erstattet verlangen. Nachdem die Beklagte mit Schreiben vom 14.07.2016 die Rückabwicklung verweigert habe, sei eine Mahnung für den Verzugseintritt entbehrlich gewesen. Die Kosten der Beauftragung eines Rechtsanwalts stellten einen erstattungsfähigen Verzugsschaden dar. Zinsen auf diesen Betrag könne die Klägerin ab Zustellung der Klageschrift aus Verzug verlangen. Einen früheren Verzugseintritt habe die Klägerin nicht dargelegt. Die Kosten des Rechtsstreits fielen der Beklagten gem. § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO zur Last. Durch die Klageanträge zu 2, 3, 4 und 5, mit denen die Klägerin unterlegen sei, seien mangels eines über den Klageantrag zu 1 hinausgehenden Streitwerts keine höheren Kosten verursacht worden.

Mit ihrer Berufung wendet sich die Beklagte gegen die erstinstanzliche Entscheidung, soweit sie zur Zahlung i.H.v. 989,13 € verurteilt worden ist. Darüber hinaus begehrt sie die Abänderung der Kostenentscheidung zulasten der Klägerin.

Die Beklagte macht geltend, das Landgericht habe verkannt, dass die Klägerin die Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nicht verlangen könne, weil die Voraussetzungen des Schuldnerverzugs nicht erfüllt seien. Die Klägerin habe die von ihr selbst im Rückgewährschuldverhältnis geschuldete Leistung nicht in einer den Annahmeverzug der Beklagten begründenden Weise angeboten. Indem die Beklagte den Widerruf zurückgewiesen und die Rückabwicklung des Darlehensvertrags abgelehnt habe, sei sie nicht in Verzug geraten. Andere Anspruchsgrundlagen, auf die die Klägerin ihr Klagebegehren insoweit mit Erfolg stützen könne, bestünden nicht.

Darüber hinaus greift die Beklagte die erstinstanzliche Kostenentscheidung an. Sie wendet zunächst ein, das Landgericht habe grundsätzlich verkannt, worauf der Klageantrag zu 5, den das Landgericht zutreffend abgewiesen habe, gerichtet gewesen sei. Der Klageantrag zu 5 habe die negative Feststellung zum Gegenstand gehabt, dass die Klägerin nicht verpflichtet sei, ab Widerruf eine Nutzungsentschädigung für die noch verbliebene Darlehensvaluta zu zahlen. Nach Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bemesse sich der Wert eines solchen Antrags nach dem geleugneten Anspruch ohne Abschläge. Da es um eine Forderung aus dem Rückgewährschuldverhältnis gehe, könne entgegen der Ansicht des Landgerichts nicht vom Streitwert des Klageantrags zu 1, der die negative Feststellung von Ansprüchen aus dem Darlehensverhältnis zum Gegenstand habe, erfasst sein. Auch der Verweis auf die Regelung des § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO rechtfertige die Kostenentscheidung nicht, sollte sich dieser auf den Klageantrag zu 5 beziehen. Das Landgericht habe keine Feststellungen getroffen, um den Wert des Klageantrags zu 5 zu berechnen. Daher sei offen, ob die Zuvielforderung geringfügig i. S. v. § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO sei.

Die Beklagte beantragt,

unter teilweiser Abänderung des am 25.07.2018 verkündeten Urteils des Landgerichts Frankfurt am Main, Az. 2-12 O 303/17, die Klage abzuweisen, soweit eine Verurteilung der Beklagten zur Zahlung i.H.v. 989,13 € erfolgt ist, und darüber hinaus der Klägerin die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, soweit sie diese aufgrund der Abweisung des Antrags zu 5 zu tragen hat.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin meint, die Berufung der Beklagten sei bereits unzulässig, soweit sich die Beklagte gegen die erstinstanzliche Kostenentscheidung wende. Die Beklagte greife die Kostenentscheidung lediglich gemeinsam mit einer Nebenforderung an. Damit handele es sich um eine isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung, die nach § 99 ZPO unzulässig sei, bzw. um den Versuch der Umgehung des nach § 99 ZPO bestehenden Verbotes. Die Kostenentscheidung sei auch inhaltlich nicht zu beanstanden. Der Klageantrag zu 5 habe keinen eigenständigen Wert, wie der Bundesgerichtshof entschieden habe. Gegenstand des Klageantrags zu 5 seien ausschließlich Zinsen, bei denen es sich nach § 4 ZPO um eine Nebenforderung handele. Da die Beklagte im Übrigen verurteilt worden sei, müsse sie auch die Kosten des Rechtsstreits tragen.

Ebenso könne die Berufung keinen Erfolg haben, soweit sich die Beklagte gegen die Zuerkennung der geltend gemachten vorgerichtlichen Kosten zur Wehr setzte. Die Klägerin habe einen Anspruch auf Erstattung dieser Kosten als Rechtsverfolgungskosten nach § 249 Abs. 2 S. 1 BGB. Die Beklagte habe den Widerruf zurückgewiesen und fehlerhaft die Auffassung vertreten, dass die von ihr erteilte Widerrufsbelehrung nicht zu beanstanden sei. Zu berücksichtigen sei, dass die Mandatierung des Prozessbevollmächtigten der Klägerin erst erfolgt sei, nachdem die Klägerin den Darlehensvertrag widerrufen und die Beklagte den Widerruf zurückgewiesen habe. Im Übrigen ergebe sich der Schadensersatzanspruch aus der Verletzung vertraglicher Nebenpflichten durch die unberechtigte Zurückweisung des Widerrufs. Durch ihr Verhalten habe die Beklagte den Gang zum Rechtsanwalt veranlasst, sodass sie unter Schadensersatzgesichtspunkten die Kosten der anwaltlichen Beauftragung zu erstatten habe. Die Klägerin habe sich aufgrund des systembedingten Ungleichgewichts in der unterlegenen Position befunden und sei nicht in der Lage gewesen, ohne anwaltlichen Beistand ihre Rechte durchzusetzen.

II.

Die Berufung der Beklagten ist zulässig.

Zwar wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung gegen die Kostenentscheidung des erstinstanzlichen Urteils. Dies führt jedoch nicht zur Unzulässigkeit der Berufung. Die Beklagte greift die landgerichtliche Entscheidung auch insoweit an, als sie zur Erstattung vorgerichtlich angefallener Rechtsanwaltskosten verurteilt worden ist, sodass sich ihr Rechtsmittel auch gegen die Entscheidung in der Hauptsache richtet, § 99 Abs. 1 ZPO. Ein Fall der Umgehung der Rechtsmittelsperre des § 99 Abs. 1 ZPO liegt entgegen der Ansicht der Klägerin nicht vor. Ein Rechtsmittel darf trotz formeller Beschwer nur dann als Umgehung des § 99 Abs. 1 ZPO angesehen und deshalb als unzulässig verworfen werden, wenn der Wille, das Urteil nur wegen des Kostenpunktes zu bekämpfen, gleichsam mit den Händen zu greifen ist. Das ist nur dann der Fall, wenn es schlechthin ausgeschlossen ist, dass ein solcher Rechtsmittelkläger an dem zur Hauptsache gestellten Antrag um seiner selbst willen ein verständiges und schutzwürdiges Interesse hat, wenn er also offensichtlich das Rechtsmittel zur unzulässigen Anfechtung der Kostenentscheidung missbraucht, der Sachantrag daher ganz eindeutig eine bloße Maske war, die das ausschließliche Interesse an der Änderung an der Kostenentscheidung verdeckte. Das ist z.B. der Fall, wenn der Rechtsmittelkläger ersichtlich an dem noch für streitig erklärten Betrag kein schutzwürdiges Interesse haben kann oder eine nähere Begründung des Rechtsmittels zur Hauptsache ablehnt (BGH, Urteil vom 16. Dezember 1975 - VI ZR 202/74 -, Rn. 10, juris). Diese Voraussetzungen liegen hier zweifellos nicht vor. Vielmehr hat die Beklagte in Anbetracht der zur Ersatzfähigkeit vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung ein nachvollziehbares Interesse, die insoweit ergangene erstinstanzliche Entscheidung überprüfen zu lassen.

Die Berufung hat auch in der Sache Erfolg.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts hat die Klägerin keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Erstattung von vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 989,13 € aus Verzug.

Die Beklagte hat sich zum maßgeblichen Zeitpunkt der Beauftragung des vorgerichtlich tätigen Prozessbevollmächtigten nicht im Schuldnerverzug befunden. In einem Rückgewährschuldverhältnis kann der Darlehensgeber wegen §§ 348, 320 BGB nur dann in Schuldnerverzug geraten, wenn der Darlehensnehmer dem Darlehensgeber die von ihm selbst nach §§ 357 Abs. 1 S. 1, 346 ff. BGB in der vom 08.12.2004 bis zum 10.06.2010 geltenden Fassung (a.F.) geschuldete Leistung in einer den Annahmeverzug begründenden Weise (§ 293 BGB) anbietet (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 21. Februar 2017 - XI ZR 467/15 -, Rn. 22 ff., 27, juris). Daran fehlt es hier. Ein tatsächliches Angebot der von der Klägerin geschuldeten Leistung i. S. v. § 294 BGB ist nicht erfolgt. Die Klägerin hat nicht behauptet, dass sie die von ihr geschuldete Geldleistung auf ein Konto der Beklagten überwiesen oder der Beklagten als Barzahlung angeboten hätte. Auch die Voraussetzungen des § 295 BGB, wonach ein wörtliches Angebot des Schuldners genügt, wenn der Gläubiger ihm erklärt hat, dass er die Leistung nicht annehmen werde, oder wenn zur Bewirkung der Leistung eine Handlung des Gläubigers erforderlich ist, liegen nicht vor. Die Klägerin hat kein wörtliches Angebot nach Erklärung des Nichtannahmewillens durch die Beklagte abgegeben. Dem Schreiben der Beklagten vom 14.07.2016 kann nicht entnommen werden, dass die Beklagte nicht willens ist, die Leistung der Klägerin anzunehmen. Gegenstand des Schreibens der Beklagten sind lediglich Rechtsausführungen. Im Übrigen lässt sich dem auf das Schreiben der Beklagten vom 14.07.2016 folgenden Schreiben des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 24.11.2016 aus Empfängersicht die Bereitschaft der Klägerin zur Leistungserbringung nicht entnehmen. Aber selbst wenn dieses Schreiben ein wörtliches Angebot enthalten sollte, wäre die Beklagte zu einem Zeitpunkt in Annahmeverzug und damit in Schuldnerverzug geraten, als der Prozessbevollmächtigte der Klägerin bereits mandatiert war. Der in diesem Fall eingetretene Verzug hätte die entstandenen Rechtsanwaltskosten mithin nicht verursacht (vgl. BGH, Urteil vom 12. Mai 2016 - IX ZR 208/15 -, Rn. 20, juris).

Anders als die Klägerin meint, kann sie den Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nicht mit Erfolg auf § 280 Abs. 1 BGB wegen der Verwendung einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung stützen. Rechtsverfolgungskosten sind nur dann ersatzfähig, wenn sie sich auf einen vom Schädiger zu ersetzenden Schaden beziehen. Daran fehlt es in Fällen wie dem vorliegenden. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, von der abzuweichen der Senat keinen Anlass hat, soll die Widerrufsbelehrung vor der Entstehung von Ansprüchen nach § 357 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. in Verbindung mit §§ 346 ff. BGB nicht schützen (BGH, Versäumnisurteil vom 21. Februar 2017 - XI ZR 467/15 -, Rn. 35, juris; BGH, Versäumnisurteil vom 19. September 2017 - XI ZR 523/15 -, Rn. 22, juris).

Schließlich begründet die unberechtigte Zurückweisung eines Widerrufs keine Pflichtverletzung, auf die ein solches Schadensersatzverlangen mit Erfolg gestützt werden könnte. Der Widerspruch des Vertragsgegners ist für die Wirksamkeit der Widerrufserklärung ohne rechtliche Bedeutung. Wie der Bundesgerichtshof entschieden hat, besteht keine vertragliche Nebenpflicht, die richtige Rechtsauffassung dazu zu vertreten, ob eine Widerrufsbelehrung fehlerhaft ist, die Gesetzlichkeitsfiktion des Musters für Widerrufsbelehrungen eingreift oder der Ausübung des Widerrufsrechts § 242 BGB entgegensteht (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 19. September 2017 - XI ZR 523/15 -, Rn. 22, juris).

Da die Klägerin keinen Anspruch auf Erstattung der aufgewendeten vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten hat, besteht auch kein Anspruch auf eine verzugsbedingte Verzinsung dieses Betrages.

Abzuändern ist das angefochtene Urteil darüber hinaus in dessen Kostenentscheidung, die das Berufungsgericht auch bei einem beschränkten Rechtsmittelangriff insgesamt von Amts wegen zu überprüfen hat (vgl. Heßler in: Zöller, ZPO, 32. Aufl., § 528 Rn. 35; Herget a.a.O. § 97 Rn. 6).

Wenn das Landgericht ausgeführt hat, dass „durch die Klageanträge zu 2, 3, 4 und 5 […] mangels eines über den Klageantrag zu 1 hinausgehenden Streitwerts keine höheren Kosten verursacht wurden“, ist dies vor dem Hintergrund der zum Streitwert vergleichbarer Klageanträge ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung zunächst richtig. Eine Zusammenrechnung der Streitgegenstände der Klageanträge zu 1, 2, 3, 4 und 5 nach § 39 GKG erfolgt nicht, da es sich um ein und denselben Streitgegenstand im gebührenrechtlichen Sinne handelt. Infolge des spezifisch kostenrechtlichen Streitgegenstandsbegriffs werden die Streitwerte trotz mehrerer prozessualer Streitgegenstände nicht zusammengerechnet, wenn diese auf dasselbe wirtschaftliche Ergebnis abzielen und deshalb nur ein einheitliches Interesse begründen (Schindler in: BeckOK KostR, Stand: 01.09.2018, GKG, § 39 Rn. 17, beck-online; Dörndorfer: Binz/Dörndorfer/Petzold/Zimmermann, GKG, 3. Aufl., § 39 Rn. 2, beck-online). Um einen solchen Fall handelt es sich hier. Wie der Bundesgerichtshof entschieden hat, hat neben der Feststellung, dass die Darlehensnehmer dem Darlehensgeber ab dem Zeitpunkt des Widerrufs auf das streitgegenständliche Darlehen keine Zins- und Tilgungsleistungen zu leisten haben (hier Klageantrag zu 1), die negative Feststellung, dass die Darlehensnehmer dem Darlehensgeber nicht mehr als den von ihnen aufgrund des Rückgewährschuldverhältnisses errechneten Saldo schulden (hier Klageanträge zu 2 bis 4), keinen eigenständigen, darüber hinausgehenden Wert (vgl. BGH, Beschluss vom 04. Dezember 2018 - XI ZR 196/18 -, Rn. 2, juris; BGH, Beschluss vom 10. Juli 2018 - XI ZR 613/17 -, Rn. 4, juris; BGH, Beschluss vom 04. März 2016 - XI ZR 39/15 -, Rn. 3, juris). Der Wert der begehrten Feststellung, dass die Beklagte keinen Anspruch auf Nutzungsentschädigung für die Zeit nach Wirksamwerden des Widerrufs habe, ist gem. § 43 Abs. 1 GKG nicht zu berücksichtigen, da die Nutzungsentschädigung eine Nebenforderung nach § 4 Abs. 1 Halbsatz 2 ZPO darstellt (vgl. BGH, Beschluss vom 04. März 2016 - XI ZR 39/15 -, Rn. 2, juris; BGH, Beschluss vom 12. Januar 2016 - XI ZR 366/15 -, Rn. 12, juris). Maßgeblich für den gebührenrechtlichen Streitwert erster Instanz ist daher allein der Wert des Klageantrags zu 1, welcher sich nach den bis zum Zeitpunkt des Zugangs der Widerrufserklärung entrichteten Zins- und Tilgungsleistungen bemisst (vgl. BGH, Beschluss vom 04. Dezember 2018 - XI ZR 196/18 -, Rn. 2, juris, m.w.Nw.)

Daraus folgt jedoch nicht, dass die Beklagte, die im Klageantrag zu 1 unterlegen ist, die gesamten in erster Instanz angefallenen Kosten des Rechtsstreits zu tragen hätte, wie dies das Landgericht angenommen hat. Da die Beklagte im Übrigen obsiegt hat, richtet sich die Kostenentscheidung nach § 92 Abs. 1 ZPO. Nach dieser Vorschrift ist bei einem Teilunterliegen eine Kostenaufhebung oder -teilung vorzunehmen. Ob ein Teilunterliegen vorliegt, ist am geltend gemachten prozessualen Anspruch zu messen (Flockenhaus in: Musielak/Voit, ZPO, 16. Aufl., § 92 Rn. 2, beck-online). Unterliegt der Kläger nur mit einem Teil seiner Klage, die für den Gesamtgebührenstreitwert ohne Belang ist, ist die Quote mittels Bildung eines sog. fiktiven Gesamtgebührenstreitwerts durch Hinzurechnung des hierauf entfallenden Teilstreitwerts zu errechnen (Jaspersen in: BeckOK ZPO, Stand: 01.03.2019, § 92 Rn. 6, beck-online). Dies gilt insbesondere, wenn der Teilstreitwert einen erheblichen Teil des Gesamtstreitwerts ausmacht (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juni 1992 - IX ZR 149/91 -, Rn. 108, juris; BGH, Urteil vom 9. November 1960 - VIII ZR 222/59 -, beck-online).

Für das Streitverhältnis der Parteien gilt danach Folgendes: Da die Klägerin unterschiedliche prozessuale Ansprüche (Streitgegenstände) verfolgt hat, sind die Teilstreitwerte zu einem fiktiven Gesamtgebührenstreitwert aufzuaddieren. Dabei ist - wie bereits ausgeführt - dem Klageantrag zu 1 ein Teilstreitwert in Höhe der Zins- und Tilgungsleistungen von 61.060,45 € (35.327,66 € + 14.774,23 € +10.958,56 €) beizumessen. Für die Teilstreitwerte der Klageanträge zu 2 bis 4 ist der jeweilige Unterschiedsbetrag maßgebend, der sich bei der Gegenüberstellung des von den Parteien per 19.06.2016 berechneten Restanspruchs der Beklagten aus dem jeweiligen Rückgewährschuldverhältnis ergibt. Dieser beläuft sich für den Klageantrag zu 2 (Darlehen Nr. 1) auf 1.184,29 € (74.251,48 € - 73.067,19 €), für den Klageantrag zu 3 (Darlehen Nr. 2) auf 774,90 € (43.384,14 € - 42.609,24 €) und für den Klageantrag zu 4 (Darlehen Nr. 3) auf 544,44 € (34.775,88 € - 34.231,44 €). Insoweit spielt es keine Rolle, dass die Beklagte die Berechnung der Salden nur hilfsweise für den Fall der Rückabwicklung vorgenommen hat, weil sie sich in der Hauptsache keiner Ansprüche aus Rückgewährschuldverhältnissen berühmt. Maßgeblich ist das Rechtsschutzziel der Klägerin, die den nach ihrer Auffassung geringeren Forderungsbetrag der Beklagten aus den Rückabwicklungsverhältnissen festgestellt wissen will. Der Teilstreitwert für den Klageantrag zu 5 bemisst sich, da die Klägerin den Nutzungsersatzanspruch der Beklagten leugnet, gemäß §§ 47, 48 GKG, 9 ZPO nach dem 3,5-fachen Jahresbetrag. Mangels Parteivortrags zur genauen Höhe der Restdarlehensvaluta als Bezugsgröße des Nutzungsersatzanspruchs schätzt der Senat den Wert auf 17.000,- €.

Nach dem Verhältnis der maßglichen Teilstreitwerte zum fiktiven Gesamtstreitwert sind die Klägerin zu 25% und die Beklagte zu 75% unterlegen, sodass den Parteien die in erster Instanz entstandenen Kosten des Rechtsstreits in diesem Umfang zur Last fallen. Die Voraussetzungen des § 92 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.

Die Entscheidung über die in zweiter Instanz entstandenen Kosten beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.

RechtsgebietKostenrechtVorschriften§§ 495, 355 BGB; § 295 BGB, § 43 Abs. 1 GKG, § 4 Abs. 1 ZPO, § 92 Abs. 1 ZPO