21.08.2020 · IWW-Abrufnummer 217493
Finanzgericht Münster: Urteil vom 24.06.2020 – 13 K 2480/16 K, G
Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.
Finanzgericht Münster
13 K 2480/16 K,G
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
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Tatbestand:
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Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger steuerbare Einnahmen bzw. Gewerbeerträge in den Streitjahren 2011 und 2012 erzielte und ob er als Berufsverband in den Streitjahren steuerbefreit ist.
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Der Kläger ist ein mit Satzung vom xx.1.1972 gegründeter und im Vereinsregister des Amtsgerichts X. (VR xxxx) eingetragener Verein. Er hatte in den Streitjahren ein abweichendes Wirtschaftsjahr, welches jeweils vom 1. April bis zum 30. März des Folgejahres ging. In den Streitjahren wurde der Kläger durch die Vorsitzende D. oder durch den stellvertretenden Vorsitzenden E. gemeinsam mit einem weiteren Vorstandsmitglied vertreten. Ab dem xx.7.2014 war Herr F. stellvertretender Vorsitzender des Klägers. Der Kläger hatte in den Streitjahren ausweislich einer vom Kläger eingereichten Mitgliederliste ... Mitglieder. Dabei handelte es sich um natürliche Personen, welche verschiedenen privaten Gewerbebetrieben, Freiberuflereinrichtungen, öffentlich-rechtlichen Körperschaften (Krankenkassen) oder Anstalten (Sparkasse) angehörten. Wegen der Einzelheiten wird auf die vom Kläger vorgelegte Mitgliederliste verwiesen.
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Nach § 2 seiner in den Streitjahren gültigen Satzung hatte der Kläger den folgenden Vereinszweck:
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„Zweck des Vereins ist die Durchführung und Förderung der gemeinsamen Interessen aller Vereinsmitglieder auf dem Gebiet der Werbung für die X.er City, die Stellung der Stadt X. als führendes Einkaufszentrum Westfalens weiter auszubauen und zu festigen. Dieses Ziel soll dadurch erreicht werden, dass der Verein sich einsetzt für eine Verbesserung der Verkehrsverhältnisse und für alle Angelegenheiten, die geeignet sind, die Attraktivität der Stadt als Einkaufszentrum zu fördern. Eine Erzielung von Gewinnen als Vereinszweck ist ausgeschlossen.“
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Nach § 3 Abs. 1 der Satzung kann jeder Mitglied werden, „der gewillt ist, sich für die Zwecke des Vereins einzusetzen“. Mitglieder können Einzelpersonen, Personengesellschaften und juristische Personen sein. Nach § 4 der Satzung hat jedes Mitglied einen Jahresbeitrag zu entrichten, dessen Höhe in einer Beitragsordnung festgesetzt wird. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Satzung vom xx.1.1972 verwiesen.
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Nach den in den Streitjahren verwendeten Beitrittsformularen waren die Mitgliedsbeiträge des Klägers wie folgt gestaffelt:
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: | Beitrag | Umlage | Gesamt |
Bis 5 Mitarbeiter im Verkauf | 295 € | 255 € | 550 € |
Bis 20 Mitarbeiter im Verkauf | 430 € | 385 € | 815 € |
Bis 30 Mitarbeiter im Verkauf | 525 € | 515 € | 1.040 € |
Bis 50 Mitarbeiter im Verkauf | 710 € | 640 € | 1.350 € |
Über 50 Mitarbeiter im Verkauf | 1.000 € | 770 € | 1.770 € |
Ärzte, Rechtsanwälte und Freiberufler | 155 € |
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Der Kläger wies in dem Beitrittsformular zudem auf die Umsatzsteuerpflicht des Beitrags und der Umlage hin. Eine solche Staffelung nahm der Kläger bereits seit Gründung vor. Im Gründungsjahr verwendete er folgendes Beitrittsformular:
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Ein großer Teil der Vereinsmitglieder zahlte in den Streitjahren statt der in dem Beitrittsformular der Streitjahre genannten Mitgliedsbeiträge abweichende, niedrigere oder höhere Beiträge (im Wirtschaftsjahr 2011/2012: ca. 48 % der Mitglieder) oder lediglich den sich aus dem im Streitjahr gültigen Beitrittsformular ergebenden Beitrag und keine Umlage (im Wirtschaftsjahr 2011/2012: ca. 40 % der Mitglieder). Soweit die Mitglieder zusätzlich zu dem gestaffelten Mitgliedsbeitrag eine Umlage an den Kläger zahlten (im Wirtschaftsjahr 2011/2012: ca. 12 % der Mitglieder), verwendete der Kläger diese Zahlungen in den Streitjahren ausschließlich zur Finanzierung der jährlich durchgeführten Veranstaltung zur Verleihung des sog. „Sonderpreises“, der an verdiente X.er Persönlichkeiten vergeben wird. Der Kläger verbuchte die von seinen Mitgliedern erhaltenen Beiträge und Umlagen in seiner Buchführung zunächst als Umsatzerlöse (19 % Umsatzsteuer). Von den im Wirtschaftsjahr 2011/2012 verbuchten Mitgliedsbeiträgen i.H.v. 64.109,64 € entsprechen Beiträge (ohne Umlagen) in einer Gesamthöhe von 20.210 € den im Beitrittsformular aufgeführten Mitgliedsbeiträgen. Eine Beitragsordnung für die Streitjahre konnte der Kläger trotz gerichtlicher Aufforderung unter Fristsetzung gem. § 79b Abs. 2 FGO nicht vorlegen.
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In den Streitjahren führte der Kläger ausweislich eines von ihm erstellten Tätigkeitsberichts verschiedene Veranstaltungen durch, und zwar:
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•„Stammtische“:15
- „Blick hinter die Kulissen des ...“
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- „Vortrag ...‘“
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- „Blick hinter die Kulissen der ...“
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- „Blick hinter die Kulissen des ...“
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- „Besuch der ...-Initiative ...“
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- „Themenabend ...“
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- „Führung über ...“
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- „Vortrag über ...“
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- „Besuch des ...“
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- „Blick hinter die Kulissen des ...“
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- „Blick hinter die Kulissen des ...“
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- „Verleihung des .. an ...“ (Preisverleihung mit ... Gästen entsprechend der vom Kläger eingereichten Gästeliste)
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•„Sonderveranstaltungen“:
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- „...: Ausstellung ...“
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- „Mitveranstaltung des Sommerfests ...“
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- „Besichtigung des ...“
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- „Aktion der ...‘“
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•„Aktionen zur Belebung der City“:
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- „Monatliches ...-treffen“
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- „...-Mitmachaktion ...‘“
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An den Stammtisch- und Sonderveranstaltungen konnten neben den Mitgliedern des Klägers auch interessierte Bürger teilnehmen. Die Bekanntgabe erfolgte über die Internetseite des Klägers und über den Newsletter, dessen Bezug jedermann möglich ist. Eintrittsgelder für diese Veranstaltungen wurden nicht erhoben. Die Kosten für solche Veranstaltungen (z.B. Getränke, Fahrtkosten oder Eintrittsgelder) trugen die Teilnehmer selbst und diese wurden ggf. direkt mit den Teilnehmern im Rahmen der Veranstaltung abgerechnet.
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Zudem wirkte der Kläger in den Streitjahren in verschiedenen Gremien mit, und zwar an der „...“, dem „...“, der „...“, dem „...“ und dem „...“. Wegen der Einzelheiten wird auf den vom Kläger vorgelegten Tätigkeitsbericht für die Streitjahre 2011/2012 verwiesen.
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In den Streitjahren stellte sich der Kläger auf seiner Homepage wie folgt dar:
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„Q. e.V.
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[…]
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Eine attraktive Innenstadt… ist unser Ziel. Dabei denken und planen wir langfristig. Unser … Netzwerk setzt sich für Ihre Interessen ein, vertritt sie bei der Stadt und … wichtigen Institutionen. Der Q. e.V. macht seinen Einfluss … in der Frage, wie die Attraktivität der Innenstadt gewahrt werden kann [, geltend]. […]“
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Der Kläger hielt in den Streitjahren eine fünfzigprozentige Beteiligung an der Gesellschaft für City-Marketing ... GmbH (im Folgenden: C. GmbH). Die weiteren Anteile in Höhe von 50 % hielt die Stadt X. Die C. GmbH wurde mit Gesellschaftsvertrag vom xx.2.1999 gegründet. Ihr Unternehmensgegenstand ist es, die Attraktivität der X.er City als Einkaufsstadt zu fördern und damit den Einzelhandelsstandort X. insbesondere durch folgende Maßnahmen zu stärken: Förderung der Citywerbung in X. und im Umland, werbemäßige Steigerung der Anziehungskraft der X.er City, Entwicklung und Umsetzung eines Marketingkonzepts für die X.er City, Ausrichtung von Veranstaltungen zur Steigerung der Attraktivität der X.er City, Förderung von Werbemaßnahmen für vorhandene Veranstaltungen in der X.er City. Geschäftsführer der C. GmbH waren bis zum x.3.2011 Herr G. und Herr E., anschließend bis zum xx.3.2014 Herr E. und Herr H. und danach neben Herrn H., anstelle von Herr E., Herr F. Die Geschäftsführer waren jeweils einzelvertretungsbefugt. Finanzielle Mittel, welche der Kläger der C. GmbH zur Verfolgung ihrer Zwecke zur Verfügung stellte, stellte die Stadt X. in gleicher Höhe bereit. Im Wirtschaftsjahr 2010/2011 leistete der Kläger insgesamt Zahlungen in Höhe von 156.758,61 € und im Wirtschaftsjahr 2011/2012 in Höhe von 139.355,19 € an die C. GmbH. Die C. GmbH verbuchte in ihrer Buchführung sämtliche von dem Kläger erhaltenen Zahlungen als umsatzsteuerpflichtige Umsatzerlöse.
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Der Kläger erstellte Jahresabschlüsse mit einem abweichenden Wirtschaftsjahr vom 1. April bis 31. März jeweils für 2011 und 2012.
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In dem auf den 31.3.2012 aufgestellten Jahresabschluss war der Gegenstand des Unternehmens als „Werbegemeinschaft“ bezeichnet. Das jeweilige Jahresergebnis ermittelte der Kläger durch Bestandsvergleich. Die Kassen- und Bankbestände des Klägers beliefen sich ausweislich des Bestandsvergleichs zum 31.3.2012 auf ca. 14.000 €. In seiner zum 31.3.2012 erstellten Gewinn- und Verlustrechnung stellte der Kläger unter A. zunächst „Spenden Posten“ dar und wies als abziehbare Ausgaben Spenden in Höhe von 2.750 € zum 31.3.2012 und in Höhe von 3.250 € im Vorjahr aus. Unter B. folgte der Abschnitt „Geschäftsbetrieb“. Dieser führte zu einem Gewinn aus dem „Geschäftsbetrieb Werbegemeinschaft“ in Höhe von 10.569,69 € zum 31.3.2011 und in Höhe von 10.102,38 € zum 31.3.2012. Unter C. wies der Kläger das Vereinsergebnis in Höhe von 7.319,69 € zum 31.3.2011 und in Höhe von 7.352,38 € zum 31.3.2012 aus. Weitere Untergliederungen in andere Bereiche sah die Gewinn- und Verlustrechnung nicht vor. Wegen der Einzelheiten wird auf die Jahresabschlüsse verwiesen.
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Für die jeweils zum 31.3. endenden nicht streitgegenständlichen Wirtschaftsjahre ab dem Jahr 1993, dem frühesten Jahr, für welches der Beklagte historische Daten mitteilen konnte, erklärte der Kläger steuerliche Gewinne bzw. Verluste in folgender Höhe:
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31.3.1993 -8.544 DM
31.3.1994 -2.489 DM
31.3.1995 6.716 DM
31.3.1996 4.646 DM
31.3.1997 2.933 DM
31.3.1998 -12.785 DM
31.3.1999 -17.129 DM
31.3.2000 9.522 DM
31.3.2001 25.019 DM
31.3.2002 -8.668 €
31.3.2003 4.460 €
31.3.2004 2.944 €
31.3.2005 9.225 €
31.3.2006 -5.807 €
31.3.2007 -25.199 €
31.3.2008 18.564 €
31.3.2009 -6.816 €
31.3.2010 20.453 €
31.3.2013 12.849 €
31.3.2014 10.361 €
31.3.2015 650 €
1.3.2016 -11.097 €
31.3.2017 -3.409 €31.3.2018 1.566 €
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Da der Kläger für die Streitjahre zunächst keine Steuererklärungen einreichte, setzte der Beklagte mit Bescheid vom 31.3.2014 die Körperschaftsteuer unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) im Wege einer Schätzung fest.
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Dagegen legte der Kläger Einspruch ein, gab Steuererklärungen ab und erklärte für das Jahr 2012 Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 10.660 €. Daraufhin erließ der Beklagte am 10.6.2014 gemäß § 164 Abs. 2 AO einen Änderungsbescheid und setzte die Körperschaftsteuer für 2012 erklärungsgemäß herab. Dabei ging er wie der Kläger von Einkünften aus Gewerbebetrieb aus. Zugleich hob er den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Der Kläger nahm daraufhin am 10.7.2014 seinen Einspruch zurück. Nach Einlegung eines Einspruchs am 11.7.2014 und Vorlage einer noch zu berücksichtigenden Spendenquittung setzte der Beklagte mit weiterem Änderungsbescheid vom 21.8.2014 die Körperschaftsteuer für 2012 auf 529 € herab.
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Die Gewerbesteuermessbeträge setzte der Beklagte mit Bescheiden vom 27.6.2014 für 2011 auf 140 € und für 2012 auf 154 € fest, wobei er den Gewinn aus Gewerbebetrieb in Höhe von 11.334 € für 2011 und in Höhe von 10.660 € für 2012 erklärungsgemäß berücksichtigte. Einen am 29.7.2014 gegen die Bescheide über den Gewerbesteuermessbetrag vom 27.6.2014 eingelegten Einspruch begründete der Kläger damit, er sei ein steuerbegünstigter Berufsverband, und er berief sich auf das Urteil des Bundesfinanzhofs ‒ BFH ‒ vom 13.3.2012 I R 46/11 (Sammlung der Entscheidungen des BFH ‒ BFH/NV ‒ 2012, 1181). Denn um einen Berufsverband handele es sich bereits dann, wenn es um gemeinsame wirtschaftliche Interessen des Verbandes oder der Mitglieder gehe und deren Verfolgung erklärtes Ziel des Verbandes sei. Das sei beim Kläger der Fall, da dessen Ziel die Stärkung und Erhöhung der Attraktivität der Innenstadt X.s sei. Zu diesem Zweck organisiere der Verein z.B. verkaufsoffene Sonntage und besondere Festivitäten in der X.er Innenstadt, beteilige sich hälftig an der stadteigenen X.er Marketinggesellschaft, verleihe Preise an verdiente X.er Bürger („Sonderpreis“) und führe einen monatlichen Stammtisch mit händlerspezifischen Themen durch. Mit Schreiben vom 9.9.2014 vertiefte der Kläger die Begründung seines Einspruchs gegen die Gewerbesteuermessbescheide für 2011 und 2012 und legte mit derselben Begründung auch Einspruch gegen den Körperschaftsteuerbescheid für 2012 vom 21.8.2014 ein.
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Mit Einspruchsentscheidung vom 1.7.2016 setzte der Beklagte ‒ unter Berücksichtigung der zuletzt eingereichten Spendenquittung ‒ den Gewerbesteuermessbetrag für 2012 auf 122 € herab und wies die Einsprüche im Übrigen als unbegründet zurück. Seine Entscheidung begründete er damit, dass der Kläger nicht als Berufsverband im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 5 des Körperschaftsteuergesetzes ‒ KStG ‒ anzusehen sei, sondern eine Werbegemeinschaft sei. Der Kläger erfülle nicht die Voraussetzungen für die Anerkennung als Berufsverband im Sinne des BFH-Urteils vom 13.3.2012 I R 46/11 (BFH/NV 2012, 1181). Hiernach sei Voraussetzung für die Anerkennung, dass die Geschäftstätigkeit des Verbands nicht nur im Interesse der Mitglieder, sondern im allgemeinen Interesse eines Berufs, einer Branche oder eines Kreises von Wirtschaftszweigen liege. Das sei beim Kläger nicht anzunehmen. Der Zweck des Klägers sei auf die Förderung der Vereinsmitglieder auf dem Gebiet der Werbung für die X.er City beschränkt.
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Gegen die Einspruchsentscheidung vom 1.7.2016 hat der Kläger am 4.8.2016 die vorliegende Klage erhoben.
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Die Beteiligten sind zur Vorbereitung einer zunächst für den 12.10.2018 anberaumten mündlichen Verhandlung durch den zuständigen Berichterstatter darauf hingewiesen worden, dass es nach dem bisherigen Sachvortrag der Beteiligten auf die Streitfrage, ob der Kläger als Berufsverband anzuerkennen sei, nicht ankomme, weil die Beteiligten übereinstimmend davon ausgehen würden, dass der Kläger Einkünfte aus Gewerbebetrieb erziele. Insoweit läge ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vor, der gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 5 Satz 2 Buchst. a KStG die Steuerbefreiung ausschließe. Einem aufgrund dieses Hinweises von dem Kläger gestellten Antrag auf Terminverlegung hat der Vorsitzende stattgegeben.
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Der Senat hat am 21.11.2018 eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Der Kläger hat in diesem Termin erstmalig eine Aufstellung über die Zusammensetzung der von ihm im Wirtschaftsjahr 2011/2012 erzielten Einnahmen vorgelegt und die Auffassung vertreten, er habe keine gewerbliche Tätigkeit ausgeübt. Die Beteiligten haben in der mündlichen Verhandlung am 21.11.2018 den Verzicht auf die Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung erklärt. Die Sache ist wegen erforderlicher weiterer Sachaufklärung vertragt worden. Wegen der Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.
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Der Kläger hat im Nachgang zu dem Termin eine tabellarische Übersicht vorgelegt, nach welcher der Kläger in den Streitjahren die folgenden Einnahmen aus sieben verschiedenen Tätigkeiten erzielte und diese wie folgt erläutert:
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Bezeichnung | Mitglieds-beiträge | ... Umlage | Sonderpreis | Z-Straße. | Diverses | Fest | Sonstige |
Konto-Nr. | 8031 | 8030 | 8032 | 8033 | 8034 | 8035 | 8037 |
Einnahmen 2010/2011 (in €) | 52.569,84 | 68.260,53 | 6.141,25 | 9.058,79 | 5.970,59 | 18.410,00 | 40.000,00 |
Einnahmen 2011/2012 (in €) | 64.109,64 | 66.041,93 | 5.625,00 | 6.520,99 | 2.439,50 | 18.410,00 | 35.000,00 |
Die unter der Spalte „... Umlage“ erfassten Beträge seien finanzielle Mittel, welche sowohl von Vereinsmitgliedern wie auch von außenstehenden Interessenten freiwillig geleistet worden seien und die der Finanzierung der an die C. GmbH geleisteten Beträge gedient hätten. Die Spalte „Sonderpreis“ umfasse ausschließlich Einnahmen, welche von einigen Mitgliedern in Höhe der Umlage geleistet worden seien, um die Veranstaltung zur Verleihung des Sonderpreises an verdiente X.er Bürger mit überregionaler Bekanntheit zu finanzieren. Bei den in der Spalte „Z-Straße“ erfassten Einnahmen handele es sich um von dem Kläger vereinnahmte Zahlungen von Mitgliedern des eigenständigen Vereins Z-Straße (im Folgenden: B. Verein), der das Ziel habe, die Z-Straße, eine Haupteinkaufsstraße in X., als eigene Einkaufszone wieder zu beleben. Der Kläger plane langfristig die Verschmelzung mit dem B. Verein, deren Mitglieder teilweise auch Mitglieder des Klägers gewesen seien. Auch aus diesen Einnahmen habe der Kläger seine mit der Stadt X. vereinbarte Zahlung an die C. GmbH finanziert, soweit er die Mittel nicht für anderweitige Werbemaßnahmen auf der Z-Straße eingesetzt worden seien. In der Spalte „Diverses“ erfasste der Kläger Erlöse aus einer von ihm in den Streitjahren organisierten ...-Mitmachaktion…. Bei den in der Spalte „Fest“ aufgeführten Einnahmen handelte es sich nach den Angaben des Klägers um eingeworbene Geldmittel zur Finanzierung eines von der C. GmbH veranstalteten Festes in der X.er Innenstadt, welches in der Regel auch mit einem verkaufsoffenen Sonntag verbunden ist. Auch diese Geldmittel zahlte der Kläger an die C. GmbH aus. Die Spalte „Sonstiges“ umfasste jährlich neu vereinbarte Zahlungen der Y., einer Tochter der X.er Stadtwerke, welche diese zusätzlich zu ihrem Mitgliedsbeitrag an den Kläger zahlte und mit welchen der Kläger ebenfalls die an die C. GmbH gezahlten Beträge finanzierte. Daneben wurden die an die C. GmbH geleisteten Beträge auch aus den Mitgliedsbeiträgen finanziert. Im Wirtschaftsjahr 2010/2011 erzielte der Kläger zudem ‒ neben den in der Tabelle aufgeführten Einnahmen ‒ Einnahmen aus einem verkaufsoffenen Sonntag in Höhe von 1.000 € und einen Ertrag in Höhe von 14.001,81 € aufgrund einer Einzelwertberichtigung einer Forderung.
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Der Kläger ordnete im Klageverfahren nunmehr sämtliche Erträge der Streitjahre bis auf die von ihm erzielten Zinserträge dem ideellen Bereich zu. Dementsprechend nahm er auch keine Aufteilung seiner Aufwendungen vor, sondern ordnete diese ebenfalls in voller Höhe (in 2010/2011: 207.546,84 €; in 2011/2012: 187.495,08 €) dem ideellen Bereich zu. Die erzielte Zinserträge in Höhe von 17,41 € (2010/2011) bzw. in Höhe von 8,66 € (2011/2012) ordnete er dem Bereich der Vermögensverwaltung zu. Die Zinsen erzielte der Kläger aufgrund bestehender Guthaben auf seinem Geschäftskonto bei der X.er Volksbank eG, für welches er in den Streitjahren Kontoführungsgebühren zahlte, die die erzielten Erträge überstiegen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten zu der von dem Kläger vorgelegten Spartenrechnung wird auf die Schriftsätze des Klägers vom 19.12.2018 und vom 3.12.2019 nebst Anlagen (Bl. 146 bis 153 und 287 bis 291 d. A.) Bezug genommen.
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Der Kläger ist der Auffassung, er erziele schon keine steuerpflichtigen Einkünfte im Sinne des § 8 Abs. 1 Satz 1 KStG i.V.m. § 2 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). In Betracht komme allenfalls die Erzielung gewerblicher Einkünfte i.S.v. § 15 EStG, was jedoch bereits nach der Satzung des Klägers ausgeschlossen sei. Der Kläger nehme nicht am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teil, da er lediglich gegenüber einer begrenzten Allgemeinheit (Mitglieder, Sympathisanten, Stadt X.) auftrete. Zudem habe der Kläger keine Gewinnerzielungsabsicht, sondern sammle lediglich finanzielle Mittel zur Unterstützung dem Verein dienlicher Projekte. Schließlich fehle es auch an einem nach außen erkennbaren Willen des Klägers, ein Gewerbe zu betreiben.
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Zudem ist der Kläger der Auffassung, er sei jedenfalls als steuerbefreiter Berufsverband im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 5 KStG und des § 3 Nr. 10 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) anzuerkennen. Ein Berufsverband sei ein Zusammenschluss natürlicher Personen oder Unternehmen, der allgemeine, aus der beruflichen oder unternehmerischen Tätigkeit erwachsende ideelle und wirtschaftliche Interessen eines Wirtschaftszweigs oder der Angehörigen eines Berufs wahrnehme. Dies treffe auf ihn ‒ den Kläger ‒ zu. Denn nach der Rechtsprechung des BFH müsse sich der Mitgliederkreis eines Berufsverbands nicht auf die Interessenvertretung eines Wirtschaftszweigs beschränken. Vielmehr könne er auch Mitglieder unterschiedlicher Wirtschaftszweige vereinigen. Es müsse nur ein gemeinsames wirtschaftliches Interesse der Mitglieder geben, welches das erklärte Ziel des Verbands sei.
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Die Tätigkeiten des Klägers sprächen auch nicht deshalb gegen eine Steuerbefreiung, soweit sie kultureller oder gesellschaftlicher Natur seien. Seine Aktivitäten förderten nämlich auch das „Netzwerken“. Hierbei handele es sich lediglich um ein gewerbliches Netzwerk. Keines seiner Mitglieder betreibe das Netzwerk lediglich aus kulturellen oder gesellschaftlichen Gründen. Die Kulturangebote seien vor dem Hintergrund zu verstehen, dass die X.er Innenstadt attraktiver gestaltet werden solle. Es solle hier ein Gegengewicht zu Internetangeboten gebildet werden. Es gehe darum, die Innenstadt insgesamt attraktiv zu halten und eine Lebensqualität in X. aufrecht zu erhalten. Dies habe eine wirtschaftliche Dimension. Dasselbe gelte auch für die Gala zur Verleihung des „Sonderpreises“. Diese finde mittags statt, es handele sich nicht um eine Abendveranstaltung. Nach Abschluss der Veranstaltung würden sich die Teilnehmer wieder zu ihrem Arbeitsplatz begeben, so dass die Bezeichnung als „Gala“ eher übertrieben sei. Auch hier gehe es um das gewerbliche Netzwerk.
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Der Kläger beantragt,
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den Körperschaftsteuerbescheid für 2012 vom 21.8.2014 sowie die Gewerbesteuermessbescheide für 2011 und 2012 vom 27.6.2014, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 1.7.2016, zu ändern und die Körperschaftsteuer sowie die Gewerbesteuermessbeträge auf 0 € festzusetzen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er verweist zur Begründung zunächst auf seine Einspruchsentscheidung. Nach seiner Auffassung stehe beim Kläger die Werbetätigkeit für einen regionalen Standort im Vordergrund. Die von ihm erzielten Einnahmen seien daher, entsprechend der ursprünglichen Bilanzierung des Klägers, in vollem Umfang gewerbliche Einkünfte aus einer Werbegemeinschaft. Bei den vereinnahmten Mitgliedsbeiträgen handele es sich nicht um echte Mitgliedsbeiträge i.S.v. § 8 Abs. 5 KStG, sondern um eine pauschalierte Gegenleistung für die wirtschaftliche Förderung der Einzelmitglieder. Eine Anerkennung als Berufsverband scheide aus, da der Kläger das Individualinteresse der dort ansässigen Vereinsmitglieder verfolge, dessen Verfolgung nach der Rechtsprechung des BFH eine Anerkennung als Berufsverband ausschließe. Schließlich erstrecke sich die Steuerbefreiung für Berufsverbände nicht auf wirtschaftliche Geschäftsbetriebe.
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Die C. GmbH hat auf eine gem. § 79 Abs. 1 Nr. 3 FGO eingeholte Drittauskunft zu der Frage, ob den von dem Kläger gezahlten, als sog. „...-Umlage“ bezeichneten Beträgen eine Leistung der C. GmbH zu Grunde gelegen habe, mitgeteilt, dass sie gegenüber dem Kläger Marketingleistungen erbracht habe und die gezahlten Mittel der „...-Umlage“ die Gegenleistung für diese Leistungen darstelle. Denn die C. GmbH sei von der Stadt X. und vom Kläger in der Gesellschafterversammlung vom 3.11.2010 beauftragt worden, Marketingkonzepte zu entwickeln und diese im Rahmen von Veranstaltungen umzusetzen. Die C. GmbH habe aus diesem Grund die von dem Kläger erhaltenen Mittel als Umsatzerlöse verbucht.
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Entscheidungsgründe:
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I. Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (vgl. § 90 Abs. 2 FGO).
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II. Die zulässige Klage ist unbegründet.
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Der Körperschaftsteuerbescheid für 2012 vom 21.8.2014 sowie die Gewerbesteuermessbescheide für 2011 und 2012 vom 27.6.2014, jeweils in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 1.7.2016, sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 100 Abs. 1 Satz 1 FGO). Der Kläger erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus Gewerbebetrieb in der in den streitgegenständlichen Bescheiden zu Grunde gelegten Höhe (dazu unter 1.) und war nicht als Berufsverband von der Körperschaftsteuer bzw. der Gewerbesteuer befreit (dazu unter 2.). Aus diesem Grund kann offen bleiben, ob die Klage gegen den Körperschaftsteuerbescheid für 2012 vom 21.8.2014 bereits deshalb unbegründet ist, weil es sich bei diesem ggf. um einen Änderungsbescheid handelt, welcher einen unanfechtbaren Verwaltungsakt ändert und nach Vorschriften über die Aufhebung und Änderung von Verwaltungsakten nicht mehr geändert werden kann (§ 42 FGO i.V.m. § 351 Abs. 1 AO).
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1. Der Kläger erzielte in den Streitjahren Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 11.334 € (2011) bzw. 10.660 € (2012). Denn die Tätigkeit des Klägers erfüllt die Tatbestandsmerkmale des Gewerbebetriebs in Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG bzw. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG.
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a. Die Tätigkeiten des Klägers in den Streitjahren stellten einen einheitlichen Betrieb und nicht mehrere gesondert zu beurteilende Betriebe dar.
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Nach ständiger Rechtsprechung kann ein Verein ‒ unabhängig davon, ob er steuerbefreit ist ‒ mehrere gesondert zu beurteilende Betriebe unterhalten (vgl. BFH-Urteil vom 19.11.2003 I R 33/02, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs ‒BFHE ‒ 204, 21; Urteil des hessischen Finanzgerichts ‒ FG ‒ vom 26.4.2012 4 K 2789/11, EFG 2012, 1776). Zur Abgrenzung, ob ein Verein einen einzigen oder mehrere Betriebe unterhält, stellt der BFH darauf ab, ob die Tätigkeiten des Vereins gleichartig sind (vgl. BFH-Urteil vom 19.11.2003 I R 33/02, BFHE 204, 21). Tätigkeiten sind bereits gleichartig in diesem Sinne, wenn die wesentlichen, die jeweilige Tätigkeit kennzeichnenden, betrieblichen Handlungen übereinstimmen (vgl. BFH-Urteil vom 19.11.2003 I R 33/02, BFHE 204, 21). Auch das Bestehen einer Gewinnerzielungsabsicht prüft der BFH nach ständiger Rechtsprechung gesondert für die jeweilige Betätigung und grenzt eine einheitliche Tätigkeit von eigenständigen Tätigkeiten nach dem Förderungs- und Sachzusammenhang ab (vgl. BFH-Urteile vom 24.2.1999 X R 106/95, BFH/NV 1999, 1081; vom 25.6.1996 VIII R 28/94, Bundessteuerblatt ‒ BStBl ‒ II 1997, 202).
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Eine Gleichartigkeit der Tätigkeiten bzw. ein Sachzusammenhang zwischen den Tätigkeiten des Klägers liegt vor. Die gesamte Betätigung des Klägers ist darauf gerichtet, entweder selbst oder durch die Beauftragung der C. GmbH, deren Geschäfte er mit der Stadt X. gemeinsam führt, gegenüber seinen Mitgliedern Marketing- und Werbeleistungen zu erbringen und die persönlichen Interessen der Mitglieder gegenüber der Stadt zu vertreten. Anders als es der Kläger meint, erschöpfte sich seine Tätigkeit ‒ neben der Veranstaltung von Stammtischen und der Organisation eigener Maßnahmen zur Belebung der X.er Innenstadt ‒ nicht in dem bloßen Sammeln und Weiterleiten von Geld für die C. GmbH. Vielmehr stellten die an die C. GmbH weitergeleiteten Gelder nach der von ihr erteilten Auskunft ein Entgelt für die durch den Kläger für seine Mitglieder bezogenen Marketing- und Werbeleistungen dar. Zudem spricht für eine einheitliche Marketing- und Werbetätigkeit des Klägers, dass er in den Streitjahren die ihm zur Verfügung stehenden Geldmittel fast ausschließlich zum Einkauf von Werbe- und Marketingleistungen bei der C. GmbH sowie zur Finanzierung eigener Werbe- und Marketingleistungen (wie die Mitmachaktion „...“, Werbung für die Z-Straße und die Verleihung des Sonderpreises) verwendete. Die Aufwendungen für diese Tätigkeiten beliefen sich in den Streitjahren auf ca. 93 bis 94 % der Gesamtausgaben des Klägers.
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b. Der von dem Kläger ausgeübte Betrieb ist auch ein Gewerbebetrieb i.S.v. § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG bzw. § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG. Nach diesen Vorschriften ist ein Gewerbebetrieb eine selbstständige und nachhaltige Betätigung, die mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird, sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt und nicht als Ausübung von Land- und Forstwirtschaft, selbstständiger Arbeit oder Vermögensverwaltung anzusehen ist.
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aa. Der Kläger übte seine Tätigkeit selbstständig aus. Selbstständigkeit setzt das Tätigwerden auf eigene Rechnung und Gefahr voraus, sowie das Tragen des Unternehmerrisikos und das Entfalten einer Unternehmerinitiative (vgl. BFH-Urteil vom 12.6.2019 X R 20/17, BStBl II 2020, 3). Der Kläger erbrachte in den Streitjahren gegenüber seinen Mitgliedern Werbe- und Marketingleistungen auf eigene Rechnung und eigene Gefahr sowie in eigener Verantwortung; er trug für die Tätigkeit auch das Gewinn- und Verlustrisiko. Dass der Kläger einen weit überwiegenden Teil der Werbe- und Marketingleistungen von der C. GmbH einkaufte und nicht unmittelbar selbst erbrachte, steht der Selbstständigkeit nicht entgegen, da der Kläger für seine Tätigkeit dennoch das volle Gewinn- und Verlustrisiko trug und im Rahmen seiner eigenen Unternehmerinitiative frei darüber entschied, in welchem Umfang er Leistungen von der C. GmbH bezog.
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bb. Die Tätigkeit war nachhaltig, da die Marketing- und Werbemaßnahmen des Klägers zur Belebung der X.er Innenstadt dauerhaft und auf Wiederholung angelegt waren. Der Kläger warb in den Streitjahren selbst auf seiner Homepage mit der Langfristigkeit der von ihm geplanten Maßnahmen.
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cc. Der Kläger übte die Marketing- und Werbetätigkeit auch mit Gewinnerzielungsabsicht aus. Eine Tätigkeit wird mit Gewinnerzielungsabsicht im Sinne des § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG ausgeübt, wenn durch sie eine Vermögensmehrung in Form eines Totalgewinns erstrebt wird (vgl. BFH-Urteile vom 25.6.1984 GrS 4/82, BStBl II 1984, 751; vom 16.12.1998 I R 36/98, BStBl II 1999, 366). Es handelt sich dabei um ein subjektives Tatbestandsmerkmal, das sich nur anhand objektiver Merkmale (wie z.B. die Verhältnisse eines bereits abgelaufenen Zeitraums) beurteilen lässt, (vgl. BFH-Urteile vom 25.6.1984 GrS 4/82, BStBl II 1984, 751; vom 25.6.1996 VIII R 28/94, BStBl II 1997, 202). Die Gewinnerzielungsabsicht fehlt, wenn lediglich eine Deckung der Selbstkosten ‒ einschließlich der Kosten der Erhaltung des der Tätigkeit dienenden Vermögens ‒ angestrebt wird; dies ist jedoch nicht der Fall, wenn auch Eigenkapital z.B. für Erweiterungsinvestitionen oder zur Tilgung von Schulden erwirtschaftet werden soll (vgl. BFH-Urteil vom 16.12.1998 I R 36/98, BStBl II 1999, 366). Werden über mehrere Jahre Geschäftsergebnisse erzielt, die insgesamt zu einem Gewinn führen, so liegt hierin ein Beweisanzeichen dafür, dass die Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt wurde (vgl. BFH-Urteil vom 18.5.1995 IV R 31/94, BStBl II 1995, 718).
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(1) Im vorliegenden Streitfall spricht für das Bestehen einer Gewinnerzielungsabsicht des Klägers zunächst, dass er in den Wirtschaftsjahren, welche ab dem Jahr 1993 endeten, regelmäßig tatsächlich Gewinne und bis zum 31.3.2018 auch einen Totalgewinn über diesen Zeitraum erzielte. Er hat zwar auch in 40 % der ab dem Jahr 1993 endenden Wirtschaftsjahre Verluste erzielt; jedoch wurden diese durch die von ihm erzielten Gewinne regelmäßig wieder ausgeglichen. Für die vom 31.3.1993 bis zum 31.3.2018 endenden Wirtschaftsjahre belief sich der von dem Kläger erzielten Gewinn insgesamt auf ca. 44.000 €.
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(2) Der von dem Kläger erzielte Gewinn war nicht gem. § 8 Abs. 5 KStG um die von ihm als Mitgliedsbeiträge bezeichneten Einnahmen, welche jedenfalls in den Streitjahren in diesem Gewinn enthalten waren, zu kürzen. Nach dieser Vorschrift bleiben solche Mitgliedsbeiträge bei der Ermittlung des Einkommens einer Personenvereinigung, die auf Grund der Satzung von den Mitgliedern lediglich in ihrer Eigenschaft als Mitglieder erhoben werden, außer Ansatz. Soweit eine Körperschaft jedoch der wirtschaftlichen Förderung der Einzelmitglieder dient und die Beiträge Entgelt für bestimmte Leistungen darstellen, handelt es sich nicht um Mitgliedsbeiträge im Sinne von § 8 Abs. 5 KStG (vgl. BFH-Urteil v. 28.6.1989 I R 86/85, BStBl II 1990, 550). Die Abgeltung der Vereinsleistungen durch Pauschbeträge steht der Annahme eines Leistungsaustausches nicht entgegen (vgl. BFH-Urteil vom 8.6.1966 I 151/63, BStBl III 1966, 632).
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Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze, denen sich der Senat anschließt, handelt es sich bei den gesamten, von den Mitgliedern des Klägers in den Streitjahren gezahlten Beiträgen nicht um solche im Sinne von § 8 Abs. 5 KStG.
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(a) Der Senat konnte schon nicht feststellen, ob die von dem Kläger in seiner Spartenrechnung als Mitgliedsbeiträge ausgewiesenen Beträge tatsächlich aufgrund seiner Satzung erhoben wurden. Denn die Satzung des Klägers selbst regelt die Höhe der zu leistenden Mitgliedsbeiträge nicht, sondern lässt eine Regelung durch gesonderte Beitragsordnung zu. An der Existenz einer solchen Beitragsordnung hat der Senat deshalb Zweifel, weil sich diese weder in den Verwaltungsakten des Beklagten befindet, noch von dem Kläger vorgelegt werden konnte. Hinzu kommt, dass von den durch den Kläger im Wirtschaftsjahr 2011/2012 als Mitgliedsbeiträge bezeichneten Beträgen in Höhe von 64.109,64 € lediglich ein Betrag in Höhe von 20.210 € mit den Regelungen der von ihm behaupteten Beitragsordnung für die Streitjahre in Übereinstimmung zu bringen ist. Von den durch den Kläger als Mitglieder aufgeführten Personen haben lediglich 54 % den von dem Kläger behaupteten satzungsmäßigen Mitgliedsbeitrag bezahlt. Diese Unstimmigkeiten und verbleibenden Zweifel an dem Bestehen der behaupteten Beitragsordnung gehen zu Lasten des Klägers, der die Feststellungslast für die ihm günstige Tatsache trägt, dass er auf einer Satzung beruhende Mitgliedsbeiträge i.S.v. § 8 Abs. 5 KStG vereinnahmt hat.
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(b) Die als Mitgliedsbeiträge vereinnahmten Beträge stellen insgesamt ein pauschaliertes Entgelt für von dem Kläger an seine Mitglieder geleistete Werbe- und Marketingleistungen dar und zählen mithin zu den Einnahmen aus Gewerbebetrieb.
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Dafür, dass die Mitgliedsbeiträge ein solches Entgelt darstellten, spricht zunächst schon die ursprüngliche Erfassung dieser Beiträge in der Buchführung des Klägers in voller Höhe als Umsatzerlöse. Ein weiteres Indiz für das Vorliegen eines pauschalierten Entgelts für die von dem Kläger erbrachten Werbe- und Marketingleistungen liegt in der Bemessung der Mitgliedsbeiträge selbst. Denn der Kläger hat die Mitgliedsbeiträge so bemessen, dass Mitglieder, die von den durch ihn erbrachten Marketing- und Werbeleistungen in größerem Umfang profitierten als andere Mitglieder entsprechend höhere Mitgliedsbeiträge zahlen mussten. Die Marketing- und Werbemaßnahmen des Klägers hatten insbesondere die Belebung der Innenstadt zum Ziel. Von einer höheren Laufkundschaft profitieren insbesondere Verkaufsbetriebe mit großen Ladengeschäften. Solche Betriebe, die sich durch eine größere Anzahl von im Verkauf beschäftigten Mitarbeitern auszeichnen, mussten nach den vorgelegten Beitrittsformularen des Klägers höhere Mitgliedsbeiträge leisten als Betriebe mit einer niedrigeren Anzahl von im Verkauf beschäftigten Mitarbeitern. Für Selbstständige (z.B. Rechtsanwälte, Steuerberater, Ärzte), zu deren Kunden seltener zufällig des Weges kommende Gelegenheitskunden zählen, sondern die ihre Leistungen im Regelfall nach terminlicher Absprache erbringen, war ein besonders niedriger Sondertarif vorgesehen. Ein weitere Hinweis auf das Vorliegen eines pauschalierten Entgelts für Werbe- bzw. Marketingleistungen ist in dem Umstand zu sehen, dass die zu leistenden Zahlungen mit einigen Mitgliedern individuell so ausgehandelt wurden, wie es der Preisbildung nach marktwirtschaftlichen Grundsätzen entspricht. Für das Vorliegen eines pauschalierten Entgeltes spricht zudem der Umstand, dass auch Nichtmitglieder für die Inanspruchnahme von Leistungen des Klägers Zahlungen leisteten, die mit der Höhe des durchschnittlichen Mitgliedsbeitrags vergleichbar waren oder diesen noch überstiegen. Schließlich hat der Kläger selbst zumindest die von den Mitgliedern zu zahlende Umlage bei der ursprünglichen Kalkulation der Beiträge u.a. als freiwilliges Entgelt für Werbemaßnahmen angesehen.
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(c) Die geleisteten Beiträgen, welche der von dem Kläger behaupteten Beitragsordnung für die Streitjahre entsprechen (im Wirtschaftsjahr 2011/2012: 20.210 €), stellen als pauschaliertes Entgelt ausschließlich sog. unechte Mitgliedsbeiträge dar und enthalten auch nicht anteilig Mitgliedsbeiträge i.S.v. § 8 Abs. 5 KStG. Denn der Kläger verwendete die gezahlten Mitgliedsbeiträge in den Streitjahren fast ausschließlich (ca. 93 bis 94 % der Gesamtausgaben) zum Einkauf von Werbe- und Marketingleistungen von der C. GmbH und zur Finanzierung eigener Werbe- und Marketingleistungen (wie die Mitmachaktion „...“, Werbung für die Z-Straße und die Verleihung des Sonderpreises). Auch die allgemeinen Aufwendungen des Klägers wie Bürokosten und Buchführungskosten (in den Streitjahren ca. 6 % der Gesamtkosten), sind durch diese Werbe- und Marketingleistungen verursacht, denn diese Tätigkeiten erfordern nach der allgemeinen Lebenserfahrung einen hohen Einsatz an Personal- und Sachmitteln. Es spricht auch nichts dafür, dass der Kläger die als Mitgliedsbeiträge vereinnahmten Zahlungen für etwaige, über die Werbe- und Marketingleistungen hinaus erbrachte und allein dem Allgemeininteresse der Mitglieder dienende Tätigkeiten (wie z.B. die Organisation von Mitgliedertreffen) verwendet hat. Denn dem Kläger sind für solche Tätigkeiten allenfalls ganz geringfügige Aufwendungen entstanden (in den Streitjahren unter 0,5 % der Gesamtkosten), sodass es für diese Tätigkeiten keiner Erhebung eines Mitgliedsbeitrags bedurfte, sondern eine Finanzierung aus den Werbe- und Marketingeinnahmen möglich war. Zudem hat der Kläger insoweit selbst vorgetragen, dass die Mitglieder bei solchen Treffen ggf. anfallende Aufwendungen (z.B. Eintrittsgelder und Bewirtungskosten) selbst getragen haben.
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(3) Wie der Kläger die von ihm als Mitgliedsbeitrag bezeichneten Beiträge kalkuliert hat, lässt sich nicht weiter aufklären, da der Kläger die Kalkulation nicht offen gelegt hat, obwohl er hierzu unter Fristsetzung gem. § 79b Abs. 2 FGO aufgefordert worden ist. Gegen eine Absicht des Klägers, die pauschalierten Leistungsentgelte nach dem Kostendeckungsprinzip zu kalkulieren, spricht jedoch bereits, dass er, obwohl er bei einer jahresübergreifenden Betrachtung deutliche Überschüsse erwirtschaftete, das pauschalierte Entgelt für seine Werbe- und Marketingleistungen nicht gesenkt oder die eine Kostendeckung übersteigenden Entgelte an seine Mitglieder zurückerstattet hat.
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(4) Es sind auch sonst sind keine Anhaltspunkte dafür erkennbar oder von dem Kläger vorgetragen worden, die dafür sprechen, dass er die Gewinne nur deshalb erzielte, um künftige
Vermögensverluste auszugleichen, mit denen ernsthaft gerechnet werden musste.
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(5) Allein der Umstand, dass der Kläger in seiner Satzung eine Erzielung von Gewinnen als Vereinszweck ausgeschlossen hat, schließt das tatsächliche Bestehen einer Gewinnerzielungsabsicht nicht aus.
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dd. Der Kläger nahm zudem am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teil. Eine Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr erfordert, dass eine Tätigkeit am Markt gegen Entgelt und für Dritte äußerlich erkennbar angeboten wird (vgl. BFH-Urteil vom 8.2.1996 IV R 28/95, BFH/NV 1996, 747). Es genügt auch, wenn die Tätigkeit nur einem kleinen Kreis von Personen bekannt wird. Maßgebend ist lediglich, dass der Anbietende bereit ist, mit jedem Interessenten Verträge abzuschließen (vgl. BFH-Urteil vom 8.2.1996 IV R 28/95, BFH/NV 1996, 747).
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Schon aus dem Umstand, dass die Mitgliedschaft nach der Satzung grundsätzlich jedem offen stand, ergibt sich, dass der Kläger seine Marketing- und Werbeleistungen in X. gegenüber jedem Interessierten erbringen wollte. Die lokale Beschränkung auf einen bestimmten Personenkreis wie vorliegend die in der X.er Innenstadt ansässigen Unternehmer, Freiberufler, öffentlich-rechtlichen Körperschaften (Krankenkassen) und Anstalten (Sparkasse) steht einer Teilnahme des Klägers am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr ‒ anders als es der Kläger meint ‒ nicht entgegen, da dieser Personenkreis ausreichend groß war, um eine nachhaltige Geschäftstätigkeit auszuüben.
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ee. Schließlich sind die von dem Kläger erzielten Einkünfte keiner anderen Einkunftsart zuzuordnen, der im Vergleich zu § 15 EStG der Vorrang gebührt. Insoweit kann dahin stehen, ob die von dem Kläger in den Streitjahren erzielten Zinsen auf bestehende Kontoguthaben bei der X.er Volksbank e.G. aufgrund ihres Sachzusammenhangs zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb zählen, oder ob es sich um Einkünfte aus Kapitalvermögen handelt, welche nicht der Gewerbesteuer unterliegen. Denn die für das Konto bei der X.er Volksbank e.G. in den Streitjahren angefallenen Kontoführungsgebühren in Höhe von 51,75 €(2010/2011) bzw. in Höhe von 48,15 € (2011/2012) überstiegen die erzielte Zinserträge in Höhe von 17,41 € (2010/2011) bzw. in Höhe von 8,66 € (2011/2012) deutlich. Eine Korrektur des Gewerbeertrags aufgrund einer Zuordnung dieser Erträge und der mit ihnen zusammenhängenden Aufwendungen zu den Einkünften aus Kapitalvermögen würde mithin zu einem höheren Gewerbesteuermessbetrag führen. Eine solche Verböserung ist im finanzgerichtlichen Verfahren nicht zulässig.
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2. Der Kläger ist in den Streitjahren nicht von der Körperschaftsteuer bzw. der Gewerbesteuer befreit.
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a. Gem. § 5 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 KStG in der in den Streitjahren gültigen Fassung sind u.a. Berufsverbände ohne öffentlich-rechtlichen Charakter von der Körperschaft-steuer befreit, wenn der Zweck dieser Verbände nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist. Unterhalten sie einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, ist die Steuerbefreiung gem. § 5 Abs. 1 Nr. 5 Satz 2 Buchst. a) KStG insoweit ausgeschlossen.
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Die Einkünfte des Klägers unterfallen ‒ unabhängig davon, ob er ein Berufsverband im Sinne der Vorschrift ist ‒ schon deshalb nicht der Steuerbefreiung des § 5 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 KStG, da sich seine gesamte Tätigkeit in den Streitjahren auf die Erzielung von Einkünften aus Gewerbebetrieb und damit auf die Unterhaltung eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes erstreckte. Seine Einkünfte unterliegen daher schon gem. § 5 Abs. 1 Nr. 5 Satz 2 Buchst. a) KStG der Besteuerung.
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Im Übrigen steht der Anerkennung des Klägers als steuerbefreiter Berufsverband i.S.v. § 5 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 KStG auch entgegen, dass sein Zweck auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet war. Dies ist der Fall, wenn ein von einem Verband unterhaltener wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb der gesamten Tätigkeit insgesamt das Gepräge gibt (vgl. Urteil des FG Nürnberg vom 15.11.1994 I 30/93, EFG 1995, 336). Dies ist vorliegend der Fall. Die Marketing- und Werbetätigkeit stand bei dem Kläger im Vordergrund. Denn in den Streitjahren entfielen nahezu sämtliche Ausgaben und Einnahmen des Klägers auf diese Tätigkeit. Sollte der Kläger demgegenüber auch noch Tätigkeiten entfaltet haben, mit welchen er allgemeine Interessen eines Berufsstandes oder Wirtschaftszweiges wahrgenommen haben sollte, wären diese jedenfalls von untergeordneter Bedeutung gewesen.
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b. Gem. § 3 Nr. 10 GewStG in der in den Streitjahren gültigen Fassung sind Körperschaften oder Personenvereinigungen, deren Hauptzweck die Verwaltung des Vermögens für einen nichtrechtsfähigen Berufsverband im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 5 KStG ist, von der Gewerbesteuer befreit, wenn ihre Erträge im Wesentlichen aus dieser Vermögensverwaltung herrühren und ausschließlich dem Berufsverband zufließen. Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht erfüllt, da der Kläger nicht Vermögen für einen Berufsverband verwaltet hat. Außerdem ist der Kläger kein nichtrechtsfähiger Berufsverband, sondern ein rechtsfähiger Verein.
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