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15.10.2020 · IWW-Abrufnummer 218330

Oberlandesgericht Oldenburg: Urteil vom 28.05.2020 – 1 U 156/19

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


OBERLANDESGERICHT  OLDENBURG

Im Namen des Volkes

Urteil

1 U 156/19
1 O 2449/18 Landgericht Osnabrück   

Verkündet am 28.05.2020

In dem Rechtsstreit

AA gemeinnützige GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer BB, Ort1,

    Klägerin und Berufungsklägerin,

Prozessbevollmächtigte:
(...),
Geschäftszeichen: (...)

gegen

CC, Ort1,

    Beklagte und Berufungsbeklagte,

Prozessbevollmächtigte:
(...),
Geschäftszeichen: (...)

 
hat der 1. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht (...), die Richterin am Oberlandesgericht (...) und den Richter am Oberlandesgericht (...) im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO mit einer Erklärungsfrist bis zum 14.05.2020 für Recht erkannt:

Die Berufung der Klägerin gegen das am 17.10.2019 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück, Geschäfts-Nr.: 1 O 2449/18, wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um die Räumung des von der Beklagten bewohnten Heimzimmers.

Die Klägerin betreibt ein Seniorenheim in Ort1. Die Beklagte lebt seit 2015 in der dortigen Demenzabteilung. Am 04.01.2017 schlossen die Parteien ‒ die Beklagte vertreten durch ihre Betreuerin ‒ einen neuen Heimvertrag. Auf diesen Vertrag einschließlich seiner Anlagen (...) wird Bezug genommen.

Aufgrund eines Knochenbruchs wurde die Beklagte Anfang des Jahres 2017 in das Klinikum Ort1 eingeliefert. Dort wurde festgestellt, dass sie medikamentös ruhiggestellt worden war. Die Medikamente wurden abgesetzt. Die weitere medizinische Betreuung der Beklagten wurde durch einen neuen Hausarzt übernommen, der in der Folgezeit keine neuen Neuroleptika verschrieb.

Mit einem Schreiben vom 03.09.2018 (...) kündigte die Klägerin den Vertrag vom 04.01.2017. Auf den Inhalt dieses Schreibens wird verwiesen.

Sie hat behauptet, seit der neuen Medikation störe die Beklagte mit ihrem Verhalten den Heimfrieden erheblich. Sie laufe ständig umher und gehe in die Zimmer anderer Bewohner, und zwar gegen deren Willen. Dies geschehe auch zur Nachtzeit. Die Beklagte mache zum Beispiel die Gardinen und Fenster in den Zimmern auf und zu. Sie betrete regelmäßig das Zimmer eines bestimmten männlichen Bewohners und schaue gegen dessen Willen bei der Intimpflege zu. Sie sei aggressiv, boxe Pflegekräfte, stelle Pflegekräften und Mitbewohnern das Bein und fahre diese mit ihrem Rollator an. Außerdem entziehe sie sich der Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme. Sie stelle deshalb eine Gefahr für sich und andere dar.

Sie hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, das von ihr bewohnte Zimmer in dem von der Klägerin an der Straße1 in Ort1 betriebenen Seniorenwohnheim im Wohnbereich (...), Zimmernummer (...) in der ersten Etage zur Größe von 16,14 m² mit dem vorgelagerten gemeinsam Bad für die Zimmer (...) und (...) zu räumen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat behauptet, sie sei teilweise bis zu 17,5 Stunden am Tag fixiert worden. Seit der neuen Medikation habe sich ihr Zustand verbessert. Der Einrichtungsleiter der Klägerin habe erklärt, es sei betriebswirtschaftlich geboten, sie chemisch ruhig zu stellen. Sie verlasse lediglich zu den Mittagsmahlzeiten und zum Nachmittagskaffee ihr Bett. Soweit Auffälligkeiten gegeben seien, beruhten diese auf ihrem demenzbedingten Bewegungsdrang. Sie sei körperlich stark geschwächt. Ein Boxen oder Treten sei ihr kaum oder nur mit erheblichen Schmerzen möglich.

Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil, das mit dem Beschluss vom 20.11.2019 (...) berichtigt worden ist und welches wegen der weiteren Einzelheiten der tatsächlichen Feststellungen in Bezug genommen wird (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO), die Klage abgewiesen.

Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch gegen die Beklagte auf die Räumung und Herausgabe des von ihr bewohnten Zimmers. Es liege kein wichtiger Grund zur Kündigung des Heimvertrages vor. Nach den Regelungen in § 12 Abs. 1 S. 1 WBVG sowie in § 20 des Heimvertrages dürfe ein Unternehmer den Heimvertrag nur aus einem wichtigen Grund kündigen. Ein solcher liege vor, wenn der Unternehmer eine fachgerechte Pflege- oder Betreuungsleistung nicht erbringen könne, weil er eine Anpassung der Leistungen aufgrund eines Ausschlusses nach § 8 Abs. 4 WBVG nicht anbiete und ihm deshalb ein Festhalten an dem Vertrag nicht zumutbar sei. Nach Anlage 3 des Heimvertrages könne eine Situation nach § 8 Abs. 4 WBVG auch im Falle von Verhaltensauffälligkeiten des Bewohners vorliegen. Ob das von der Klägerin beschriebene Verhalten der Beklagten eine Verhaltensauffälligkeit im Sinne der Anlage 3 des Heimvertrages darstelle, könne dahinstehen, sodass eine Beweisaufnahme entbehrlich sei.

Das behauptete Verhalten sei für die Klägerin zumutbar und könne deshalb keine Kündigung rechtfertigen. Hierbei sei zu berücksichtigen, dass es sich bei der Beklagten um eine Demenzpatientin handele, was der Klägerin bei Abschluss des Heimvertrages auch bewusst gewesen sei. Die Klägerin verfüge über einen geschützten Bereich für Demenzkranke sowie entsprechendes Personal. Eine gewisse Art der Verhaltensauffälligkeit sei bei Demenzpatienten nach allgemeiner Lebenserfahrung normal und von der Klägerin hinzunehmen, auch im Falle einer Verhaltensänderung. Die Klägerin, die selbst vortrage, entsprechendes Personal für Demenzpatienten vorzuhalten, könne sich nicht darauf berufen, im Falle der Aufrechterhaltung des Vertrages speziell aus- und weitergebildetes Personal zu benötigen.

Ein wichtiger Grund könne nur vorliegen, wenn das Verhalten der Beklagten über normale Auffälligkeiten hinausgehe, was jedoch nicht der Fall sei. Nach der Rechtsprechung stelle zwar die sexuelle Belästigung wehrloser Mitbewohner einen Kündigungsgrund dar. Die Grenze zu einer sexuellen Belästigung werde jedoch nicht dadurch überschritten, sollte die Beklagte das Zimmer eines männlichen Mitbewohners betreten, während dieser seine Intimpflege vornehme, zumal es nicht zu Körperkontakten gekommen sei.

Soweit die Beklagte entgegen dem Willen der Bewohner andere Zimmer aufsuche, sei dies auf ihren Bewegungsdrang zurückzuführen. Nach Kenntnis des Gerichts sei ein Bewegungsdrang keine ungewöhnliche Erscheinungsform einer Demenzerkrankung. Dieser Bewegungsdrang möge den Mitarbeitern der Klägerin und den anderen Heimbewohnern möglicherweise missfallen, stelle aber keine Verletzung einer Pflicht aus dem Heimvertrag dar.

Auch die von der Klägerin vorgetragene Fremdgefährdung durch Beinstellen, Boxen oder Anfahren mit dem Rollator sei nicht ausreichend, um einen Kündigungsgrund anzunehmen. Es handele sich insoweit zwar gegebenenfalls um ein sozial inadäquates Verhalten. Bei Demenzpatienten müsse aber ein anderer Maßstab angesetzt werden, da aggressive Auffälligkeiten keine völlig untypischen Erscheinungsformen einer Demenzerkrankung seien.

Auch angesichts des persönlichen Eindrucks von der Beklagten, den das Gericht in der mündlichen Verhandlung vom 24.09.2019 erlangt habe, sei nicht erkennbar, dass diese jemanden ernsthaft verletzen könne.

Hiergegen wendet sich die Berufung der Klägerin.

Sie macht geltend, es sei rechtsfehlerhaft, dass das Landgericht die von ihr vorgetragenen Verhaltensauffälligkeiten als nach allgemeiner Lebenserfahrung normal angesehen habe, ohne sich sachverständig beraten zu lassen. Das Landgericht hätte ihrem Beweisantrag für ihre Behauptung nachgehen müssen, die Beklagte sei bei der momentanen Medikation eine Gefahr für sich selbst, die übrigen Bewohner in der Einrichtung der Klägerin sowie für das Pflegepersonal, wobei ihre Verhaltensweisen nicht auf ihre Demenz, sondern auf eine anderweitige psychische Störung zurückzuführen seien.

Sie trägt vor, die Beklagte leide infolge der Begleiterkrankungen der Demenz unter Ängsten. Dies führe zu Aggressionen. Durch das ständige ruhelose Umherlaufen könne die Beklagte ihr Gewicht nicht halten, was unter anderem zu einem schlechten Allgemeinzustand führe.

Entgegen der Auffassung des Landgerichts gebe es bei einer Demenz keine normale Auffälligkeit. Die mit der Demenz bzw. mit einer Begleiterkrankung verbundenen Symptome seien medikamentös zu behandeln, damit die Beklagte nicht unter Ängsten leide und auch nicht aggressiv sei. Ohne eine solche Behandlung sei ein Zusammenleben in einem Pflegeheim nicht möglich.

Nicht nachvollziehbar sei, wie das Landgericht zu der Auffassung gelangt sei, es sei nicht erkennbar, dass die Beklagte durch ihre Verhaltensweisen jemanden ernsthaft verletzen könnte. Es bedürfe keines Kraftaufwandes, um jemanden durch Beinstellen oder ein Anfahren mit dem Rollator zu verletzen, denn in beiden Fällen bestehe hohe Sturzgefahr. Dies sei insbesondere für die Mitbewohner äußerst gefährlich.

Das Landgericht habe auch die allgemein bekannte Tatsache außer Acht gelassen, dass Menschen mit Ängsten und Aggressionen erstaunliche Kräfte entwickeln könnten.

Wegen der gegebenen Gefahren für andere Bewohner, Pflegekräfte und Besucher hätte das Landgericht die angebotenen Zeugenbeweise zu den einzelnen Vorkommnissen erheben müssen. Es hätte dann zu dem Ergebnis gelangen müssen, dass die Beklagte durch ihr Verhalten eine Gefahr für sich selbst und für andere darstelle und dass ein weiteres Zusammenleben mit den anderen Bewohnern in der Einrichtung aus diesen Gründen unzumutbar sei.

Sie beantragt nunmehr,

das Urteil des Landgerichts Osnabrück vom 17.10.2019, Aktenzeichen 1 O 2449/18, abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, das von ihr bewohnte Zimmer in dem von der Klägerin an der Straße1 in Ort1 betriebenen Seniorenwohnheim im Wohnbereich (...), Zimmernummer (...) in der ersten Etage zur Größe von 16,14 m² mit dem vorgelagerten gemeinsam Bad für die Zimmer (...) und (...) zu räumen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil nach Maßgabe ihrer Berufungserwiderung vom 27.02.2020 (...).

II.

1. Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt.

2. In der Sache hat sie jedoch keinen Erfolg.

Ein Anspruch auf Herausgabe des Zimmers Nr. (...) nebst Bad steht der Klägerin gegen die Beklagte nicht zu. Ein Räumungsanspruch folgt hier weder aus einer entsprechenden Anwendung des § 546 Abs. 1 BGB (vgl. Palandt/Weidenkaff, 79. Aufl., § 12 WBVG, Rn. 5) noch aus § 985 BGB, denn die Kündigung der Klägerin vom 03.09.2018 (...) ist unwirksam, so dass sich zugunsten der Beklagten aus dem unstreitig zwischen den Parteien geschlossenen Heimvertrag vom 04.01.2017 ein Recht zum Besitz an diesen Räumlichkeiten ergibt.

Ein Kündigungsrecht der Klägerin ist nicht gegeben. Dient ein Vertrag, wie hier, der Überlassung von Wohnraum und zur Erbringung von Pflege- oder Betreuungsleistungen, findet das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG) Anwendung (§ 1 WBVG). Einen solchen Vertrag kann der Unternehmer (hier: die Klägerin) nur aus wichtigem Grund kündigen (§ 12 Abs. 1 S. 1 WBVG). Ein wichtiger Grund liegt insbesondere vor, wenn der Unternehmer eine fachgerechte Pflege- oder Betreuungsleistung nicht erbringen kann, weil er eine Anpassung der Leistungen aufgrund eines Ausschlusses nach § 8 Abs. 4 WBVG nicht anbietet und ihm ein Festhalten an dem Vertrag nicht zumutbar ist (§ 12 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 lit. b WBVG) oder wenn der Verbraucher seine vertraglichen Pflichten schuldhaft so gröblich verletzt, dass dem Unternehmer die Fortsetzung des Vertrags nicht mehr zugemutet werden kann (§ 12 Abs. 1 S. 3 Nr. 3 WBVG).

Hier ergeben sich inhaltlich zwischen den beiden genannten Kündigungstatbeständen keine relevanten Unterschiede, denn auf Grundlage des § 8 Abs. 4 WBVG haben die Parteien in der Anlage 3 zu dem streitgegenständlichen Heimvertrag (...) vereinbart, dass die Einrichtung kein angepasstes Angebot unterbreiten muss, wenn dem jeweiligen Bewohner eine für die Einrichtung nicht zu erbringende Pflege- oder Betreuungssituation entsteht, wobei eine solche Situation insbesondere eintreten kann, wenn sich bei dem Bewohner Verhaltensauffälligkeiten wie zum Beispiel Tätlichkeiten gegenüber Personen oder Zerstörung von Mobiliar einstellen, die zu Fremd- oder Selbstgefährdungen führen und/oder ein Zusammenleben mit den anderen Bewohnern in der Einrichtung unzumutbar machen. Nach beiden Kündigungstatbeständen kommt es also darauf an, ob infolge des Verhaltens des Bewohners dem Unternehmer das Festhalten an dem Vertrag nicht zumutbar ist.

Diese Unzumutbarkeit ist gegeben, wenn bei einer umfassenden Interessenabwägung ein überwiegendes Interesse des Unternehmers für ein Loskommen von dem Vertrag mit dem Verbraucher festgestellt werden kann. Das bedeutet jedoch nicht, dass der Maßstab für die Zumutbarkeit nur das alleinige Interesse des Unternehmers wäre. Ihm kann ein Festhalten an dem Vertrag vielmehr auch dann nicht zumutbar sein, wenn er hierdurch seine vertraglichen Verpflichtungen, insbesondere die auf dieser Grundlage bestehenden Fürsorgepflicht gegenüber Dritten, nicht einhalten kann (BT-Drucksache 16/12409, S. 26f [juris]). Abzuwägen sind demnach das Interesse des Verbrauchers, einen Umzug und die damit verbundenen Schwierigkeiten zu vermeiden, sowie das Interesse des Klägers an dem Loskommen vom Vertrag (OLG Hamm, Beschluss vom 25.08.2017 ‒ 30 U 34/17 [juris], Rn. 21).

Nach dieser Maßgabe ist der Klägerin hier ein Festhalten an dem Vertrag zumutbar. Hierfür spricht insbesondere, dass ihr die Krankheit der Beklagten bei der Aufnahme in ihrer Einrichtung im Jahr 2015 unstreitig bereits bekannt war. Ebenso unstreitig ist, dass die Beklagte seither in der dortigen Demenzabteilung lebt. Gewisse Verhaltensauffälligkeiten der Beklagten sind vor diesem Hintergrund hier von der Klägerin hinzunehmen. Die von der Klägerin geschilderten Vorfälle wiegen, hier als wahr unterstellt, auch bei Berücksichtigung ihrer Fürsorgepflicht gegenüber Dritten nicht so schwer, dass sie die insofern gleichwohl zu beachtenden Grenzen überschreiten und die Kündigung rechtfertigen würden. Insbesondere ergibt sich aus dem Vortrag der insoweit darlegungsbelasteten Klägerin nicht, dass die Beklagte jemals einen Sach- oder gar einen Körperschadenverursacht hätte. Angesichts der Vielzahl der behaupteten Vorfälle spricht dies entscheidend gegen die Darstellung der Klägerin, die Beklagte stelle eine erhebliche Gefahr für sich selbst, für Mitbewohner, Personal und Besucher dar.  Dem Vortrag der Klägerin lässt sich im Übrigen nicht entnehmen, ob bzw. in welchem Umfang sie bereits Maßnahmen ergriffen hätte, um die Beklagte von ihrem als pflichtverletzend empfundenen Verhalten abzuhalten. Dies gilt insbesondere in Bezug auf ihre behauptete Angewohnheit, regelmäßig bei der Intimpflege eines männlichen Mitbewohners zuzusehen.

Die umfassende und sorgfältige Abwägung der vorstehenden Gesichtspunkte durch den Senat führt zu dem Ergebnis, dass das von der Klägerin behauptete Verhalten der Beklagten sich in dem Rahmen bewegt, der von dem Betreiber eines Pflegeheims von demenzkranken Bewohnern einer dem Heim angegliederten Demenzabteilung im Lichte des § 12 WBVG noch hingenommen werden muss. Eine Beweisaufnahme zu der Frage, ob die Vorfälle sich so ereignet haben, wie die Klägerin dies vorträgt, ist deshalb ebenso wenig erforderlich wie zu der Frage, ob es sich hierbei um normale Auffälligkeiten einer demenzkranken Bewohnerin handelt.

Soweit die Klägerin in ihrem Kündigungsschreiben auch darauf abstellt, das Vertrauensverhältnis sei gestört, weil seitens der Angehörigen der Beklagten eine Strafanzeige gegen den Geschäftsführer der Einrichtung der Klägerin gestellt worden sei (...), kann dies bei der hier vorzunehmenden Abwägung keine Berücksichtigung finden. Da jedermann eine Strafanzeige erstatten darf, können sich insoweit nur willkürlich erstattete Strafanzeigen des Verbrauchers gegen die Betreiber einer Einrichtung zu seinen Lasten auswirken (beckOGK/Drasdo, Stand 01.01.2020, § 12 WBVG, Rn. 29). Eine Strafanzeige ist hier zwar seitens der Angehörigen der Beklagten gestellt worden. Es sind jedoch keine Anzeichen dafür ersichtlich, dass dies willkürlich oder gar wider besseren Wissens geschehen wäre. Hiergegen spricht bereits der Einstellungsbescheid der Staatsanwaltschaft Osnabrück (Geschäfts-Nr. ...) vom 07.05.2019 (...), aus dem sich ergibt, dass zumindest hinsichtlich des Vorwurfs einer nicht gerechtfertigten mechanischen Fixierung der Beklagten ein Anfangsverdacht auch von der Staatsanwaltschaft bejaht worden ist.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihren Rechtsgrund in §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

4. Die Revision war nicht zuzulassen. Die Rechtssache besitzt keine grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO). Ebenso wenig erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts (§ 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 ZPO).