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21.08.2008 · IWW-Abrufnummer 082101

Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 05.05.2008 – 6 K 175/05

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Finanzgericht Hamburg

6 K 175/05

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die steuerliche Berücksichtigung haushaltsnaher Dienstleistungen nach § 35a Abs. 2 EStG.

Die ... geborene Klägerin lebt seit dem ... 1999 in einem Wohnstift. Sie war im Streitjahr unstreitig nicht pflegebedürftig. Mit ihrer Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2004 machte sie neben Einkünften aus Vermietung und Verpachtung und aus Kapitalvermögen sowie sonstigen Einkünften auch Aufwendungen für die Heimunterbringung in Höhe von 744,00 EUR als außergewöhnliche Belastung geltend.

Mit dem Einkommensteuerbescheid 2004 vom 10.06.2005 berücksichtigte der Beklagte diese Aufwendungen in Höhe von 624,00 EUR als außergewöhnliche Belastung durch "Hausgehilfin/Haushaltshilfe/Heimunterbringung".

Mit Schreiben vom 24.06.2005 beantragte die Klägerin die Berücksichtigung haushaltsnaher Dienstleistungen und legte hierzu zwei Schreiben des Wohnstifts vom 09.02. und vom 10.02.2005 vor (Bl. 3 ff. der Rechtsbehelfsakte). In dem Schreiben vom 09.02.2005 heißt es: "Bescheinigung über Verrichtungen im Haushalt zum Wohnvertrag W... (...). Das von Ihnen bezahlte monatliche Wohnstiftsentgelt gliedert sich gemäß den Vorgaben des Heimgesetzes in folgende Bestandteile (bis 31.12.04):

- Wohnen 2.726,33,

- Verpflegung 300,00,

- Betreuung 465,28,

- Summe Wohnstiftsentgelt 3.491,61."

Einer ebenfalls vorgelegten Aufschlüsselung des Wohnstifts zufolge sind in dem Entgeltbestandteil "Wohnen" die "wöchentliche Reinigung der Fußböden und sanitären Anlagen des Appartements sowie die vierteljährliche Reinigung der Fenster, das Vorhalten eines Hausmeisters und die Pflege des zum Wohnstift gehörenden Gartens, der von allen Bewohnern benutzt werden kann", enthalten. Der Entgeltbestandteil "Verpflegung" umfasst "das tägliche Zubereiten und Servieren eines warmen Mittagsmenüs, alternativ einer Abendmahlzeit oder eines großen Frühstücks/Frühstücksbüffets im hauseigenen Restaurant, alternativ (gegen Aufpreis für den Etagenservice) auch im Appartement der/des Bewohners/in", und der Entgeltbestandteil "Betreuung" eine "Krankenpflege im Appartement bei vorübergehender Erkrankung", einen 24-stündigen Bereitschaftsdienst "zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeit der haustechnischen Einrichtungen" sowie eine "24-stündige Notfallbereitschaft des hauseigenen Ambulanten Pflegedienstes." In dem Schreiben vom 10.02.2000 wird bestätigt: "Im monatlichen Entgelt sind Aufwendungen für Leistungen enthalten, die denen einer Hausgehilfin gleichzustellen sind." Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die genannten Schreiben Bezug genommen.

Der Beklagte wertete den Antrag der Klägerin als Einspruch. Mit Schreiben vom 01.07.2005 teilte er der Klägerin unter Hinweis auf den Erlass des Bundesfinanzministers vom 14.08.2003 (BStBl. I 2003, 408) mit, dass die geltend gemachten Aufwendungen nicht berücksichtigt werden könnten. Die Klägerin habe dem Betreuungspersonal keinen persönlichen und direkten Auftrag zur Durchführung der entsprechenden Leistungen erteilt, sondern lediglich dem Wohnstift einen Gesamtauftrag. Da die Klägerin somit nicht selbst, unmittelbar Auftraggeberin der haushaltsnahen Dienstleistungen sei, könne eine Steuerermäßigung nicht gewährt werden. Die Klägerin hielt gleichwohl an ihrem Einspruch fest, den der Beklagte daraufhin mit Entscheidung vom 13.07.2005 als unbegründet zurückwies.

Mit ihrer am 15.08.2005 erhobenen Klage trägt die Klägerin vor: Die Aufwendungen seien als haushaltsnahe Dienstleistungen nach § 35a Abs. 2 EStG zu berücksichtigen. Mit der Steuererklärung sei versehentlich zunächst nur der Betrag für die Betreuung von jährlich 5.583,36 EUR als haushaltsnahe Dienstleistung geltend gemacht worden. Aus den vorgelegten Bescheinigungen ergäben sich darüber hinaus für das Streitjahr Leistungen des Wohnstifts für Wohnen in Höhe von insgesamt 32.715,96 EUR und für Verpflegung in Höhe von 3.600,00 EUR. Zur Erbringung dieser Leistungen habe die Klägerin direkt das Wohnstift beauftragt; dieses wiederum habe die Leistungen direkt auf der Grundlage des geschlossenen Vertrags mit der Klägerin abgerechnet. Es sei davon auszugehen, dass allein die Leistungsbestandteile aus dem Bereich Wohnen für die regelmäßige Reinigung der sanitären Anlagen, Fußböden und Fenster sowie aus dem Bereich Betreuung für den 24-stündigen Bereitschaftsdienst zur Aufrechterhaltung der haustechnischen Anlagen den steuerlich vorgesehenen Höchstbetrag von 3.000,00 EUR als Bemessungsgrundlage für die Aufwendungen überstiegen.

Die Klägerin beantragt (sinngemäß),

die Einspruchsentscheidung vom 13.07.2005 aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 2004 vom 10.06.2005 in der Weise zu ändern, dass die festgesetzte Einkommensteuer um den Höchstbetrag für haushaltsnahe Dienstleistungen von 600,00 EUR ermäßigt wird.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat zunächst sein Vorbringen aus dem Einspruchsverfahren wiederholt. Nach Ergehen des (neuen) Anwendungsschreibens des Bundesfinanzministeriums zu § 35a EStG vom 03.11.2006 (BStBl. I 2006, 711) hat der Beklagte erklärt, der bisherige Streitpunkt habe sich erledigt, da nach Teilziffer 10 des genannten Schreibens eine Inanspruchnahme der Steuerermäßigung nach § 35a EStG auch dann möglich sei, wenn sich der eigenständige und abgeschlossene Haushalt des Steuerpflichtigen in einem Heim befände; dies gelte gemäß Teilziffer 32 des Schreibens in allen noch offenen Fällen ab dem Veranlagungszeitraum 2003. Gleichwohl könnten die Aufwendungen nicht berücksichtigt werden, da der gesetzlichen Bestimmung zufolge eine Rechnung über die betreffenden Leistungen vorgelegt werden müsse. Eine solche Rechnung müsse nach Auffassung der Finanzverwaltung die begünstigten Aufwendungen einzeln aufführen. Zu verweisen sei insoweit auf das Urteil des FG Köln vom 27.10.2005 (EFG 2006, 503), demzufolge eine Rechnung, die nur einen Gesamtbetrag ausweise, der sowohl berücksichtigungsfähige als auch nicht berücksichtigungsfähige Aufwendungen umfasse, nicht genüge.

Die Klägerin hat daraufhin im Klageverfahren eine weitere Bescheinigung des Wohnstifts vorgelegt, mit der (erneut) bestätigt wird, dass in dem monatlichen Pensionspreis als Regelleistung eine Haushaltshilfe enthalten sei. In einer "Kostenaufstellung für steuerliche Zwecke - Haushaltsnahe Dienstleistungen" werden die von der Klägerin angegebenen monatlichen Entgeltbestandteile noch einmal aufgeführt und (erstmalig) in Tabellenform prozentual aufgegliedert, u.a.:

Entgeltbestandteil Wohnen

Haustechnik (Hausmeister, Gartenpflege, kleinere Reparaturen) gemäß unserer Kostenkalkulation ca. 4,3%

Empfang (24-Stunden-Besetzung am Eingang des Wohnstiftes) gemäß unserer Kostenkalkulation ca. 4,0%

Reinigung der Gemeinschaftsflächen

(Flure, Treppenhäuser, Gemeinschaftsräume) gemäß unserer Kostenkalkulation ca. 2,4%

Reinigung des Appartements (wöchentliche Reinigung der Wohnung, monatliches Fensterputzen) gemäß unserer Kostenkalkulation ca. 3,4%

(etc.)

Entgeltbestandteil Betreuung

Vorhalten eines betreuerischen Nachtdienstes für kleinere pflegerische Hilfeleistungen sowie ggf. Einleitung von ambulanten Pflegeleistungen gemäß unserer Kostenkalkulation ca. 5,7%

Vorhalten eines betreuerischen Bereitschaftsdienstes sowie die kostenlose Betreuung bei kurzfristiger Erkrankung gemäß unserer Kostenkalkulation ca. 3,5%

(etc.)

Dies wird wie folgt erläutert: "Die angegebenen Prozentzahlen sind Mindestbeträge, die anhand unserer Buchhaltungszahlen für alle Bewohner pauschal kalkuliert wurden. Sie können je nach individuellem Vertrag des/der Bewohners/in höher ausfallen". Anschließend wird der Jahresbetrag des "Entgeltanteils Wohnen" noch einmal mit 32.715,96 EUR und der Jahresbetrag des "Entgeltanteils Betreuung" mit 5.583,36 EUR angegeben. In einem weiteren, ebenfalls im Klageverfahren vorgelegten Schreiben des Wohnstifts wird bestätigt, dass die Klägerin "Mitglied in der Pflegekostenergänzungsregelung" des Wohnstifts sei und dass sie im Streitjahr 2004 hierfür einen monatlichen Beitrag in Höhe von 62,00 EUR entrichtet habe. Weiter heißt es: "Die Gesamtsumme der oben genannten Pflegeversicherungsbeiträge beträgt 744,00 EUR im Jahr 2004". Die Klägerin hat darüber hinaus ein Schreiben des Finanzamts A vorgelegt, demzufolge Aufwendungen nach § 35a Abs. 2 EStG aufgrund entsprechender Bescheinigungen des dortigen Wohnstifts steuerlich anerkannt werden; einem ebenfalls vorgelegten Schreiben des Finanzamts B zufolge wird dort ebenso verfahren (Bl. 56 ff. der FG-Akte).

Der Beklagte lehnt eine Berücksichtigung weiterer Aufwendungen nach § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG auch nach Vorlage dieser Bestätigungen ab. Der - aus Sicht des Beklagten unzutreffenden - Auffassung der Finanzämter A und B sei nicht zu folgen. Es fehle nach wie vor an einer konkreten Bezifferung und einem ausreichenden Nachweis der steuerlich zu berücksichtigenden Kosten. Die zuletzt vorgelegte Bescheinigung gebe nicht die Aufwendungen der einzelnen Heimbewohner wieder, sondern beziffere aufgrund einer nicht nachvollziehbaren Kalkulation geschätzte prozentuale Anteile an dem jeweiligen Gesamtaufwand für Wohnen und Betreuung. Abgesehen davon beträfen nur die Positionen "Haustechnik", "Reinigung der Gemeinschaftsflächen" und "Reinigung des Appartements" haushaltsnahe Dienstleistungen. Ein Abzug von Betreuungskosten sei ausgeschlossen, da die Klägerin im Streitjahr nicht pflegebedürftig gewesen sei. Eine Berücksichtigung der Beträge für die einrichtungsinterne Pflegeversicherung scheide aus, weil dem Betreiber des Wohnstifts nach Aktenlage keine Erlaubnis im Sinne des § 10 Abs. 2 Nr. 2a EStG erteilt worden sei.

Der Streitfall ist mit den Beteiligten erörtert worden. Auf die Niederschrift über den Erörterungstermin vom 11.07.2007 wird Bezug genommen.

Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet.

Dem Gericht haben folgende Akten vorgelegen: Einkommensteuerakte (Band X) und Rechtsbehelfsakte.

Entscheidungsgründe:

Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO).

Die Klage ist zulässig und begründet.

1. Für die Inanspruchnahme von haushaltsnahen Dienstleistungen, die in einem inländischen Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden, ermäßigt sich gem. § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung (2004) die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen, auf Antrag um 20 vom Hundert, höchstens 600 Euro, der Aufwendungen des Steuerpflichtigen, die nicht Betriebsausgaben, Werbungskosten oder Aufwendungen für eine geringfügige Beschäftigung im Sinne des § 8 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch darstellen und soweit sie nicht als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt worden sind. Gem. Satz 3 der Regelung ist Voraussetzung für die Steuerermäßigung nach Satz 1, dass der Steuerpflichtige die Aufwendungen durch Vorlage einer Rechnung und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der haushaltsnahen Dienstleistung durch Beleg des Kreditinstituts nachweist.

2. Die Klägerin hat im Streitjahr 2004 haushaltsnahe Dienstleistungen in Anspruch genommen.

a) Welche Dienstleistungen "haushaltsnah" in Sinne des § 35a Abs. 2 EStG (2004) sind, lässt das Gesetz offen. In den Gesetzesmaterialien heißt es, haushaltsnah sei eine Dienstleistung, wenn sie eine haushaltsnahe Tätigkeit zum Gegenstand habe; beispielhaft werden aufgezählt: "Zubereitung von Mahlzeiten im Haushalt, die Reinigung der Wohnung des Steuerpflichtigen, die Gartenpflege und die Pflege, Versorgung und Betreuung von Kindern, Kranken, alten Menschen und pflegebedürftigen Personen" (Bundestags-Drucksache 15/91, S. 19). Darüber hinaus werden nach der für das Streitjahr geltenden Gesetzesfassung regelmäßig auch handwerkliche Tätigkeiten in der zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung des Steuerpflichtigen den haushaltsnahen Dienstleistungen zugerechnet, soweit es sich um Schönheitsreparaturen oder kleine Ausbesserungsarbeiten handelt; nicht begünstigt sind hingegen Herstellungsarbeiten und sonst regelmäßig von Fachkräften durchgeführte Reparaturen oder Wartungsarbeiten (vgl. BMF vom 14.08.2003, IV A 5 - S 2296 b - 13/03, BStBl. I 2003, 408 Rz. 5; Blümich/Erhard, EStG, § 35a Rz. 42; Korn/Nagler, EStG, § 35a Rz. 22; Schmidt/Glanegger, EStG, § 35a Rz. 5; großzügiger: Barein in: Littmann/Bitz/Pust, EStG, § 35a Rz. 20; Starke in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG - Jahresband 2003, § 35a Anm. J 02-3). Ergänzend lässt sich insoweit auch auf § 8a Satz 2 SGB IV verweisen, demzufolge eine geringfügige Beschäftigung in einem Privathaushalt vorliegt, wenn die Beschäftigung "durch einen privaten Haushalt begründet ist und die Tätigkeit sonst gewöhnlich durch Mitglieder des privaten Haushalts erledigt wird".

b) Vor diesem Hintergrund versteht der erkennende Senat als "haushaltsnah" alle Leistungen, die mit (größerer oder geringerer) Regelmäßigkeit im Haushalt des Steuerpflichtigen anfallen, typischerweise durch die Mitglieder einer Familie bzw. eines privaten Haushalts selbst erledigt werden oder zumindest erledigt werden können und Gegenstand eines haushaltsnahen Beschäftigungsverhältnisses sein können (vgl. auch BFH-Urteil vom 01.02.2007, VI R 74/05, BFH/NV 2007, 900; BMF, a.a.O., Rz. 5; Blümich/Erhard, EStG, § 35a Rz. 42). Der erkennende Senat rechnet danach neben den als "Haustechnik (Hausmeister, Gartenpflege, kleinere Reparaturen)", als "Reinigung des Appartements (wöchentliche Reinigung der Wohnung, monatliches Fensterputzen)" und als "Reinigung der Gemeinschaftsflächen (Flure, Treppenhäuser, Gemeinschaftsräume)" bezeichneten Aufwendungen aus dem "Entgeltbestandteil Wohnen" jedenfalls auch die als "Vorhalten eines betreuerischen Nachtdienstes für kleinere pflegerische Hilfeleistungen sowie ggf. Einleitung von ambulanten Pflegeleistungen", als "Vorhalten eines betreuerischen Bereitschaftsdienstes sowie die kostenlose Betreuung bei kurzfristiger Erkrankung" und als "Vorhalten von Haus- und Etagendamen zur Erbringung kleinerer Betreuungsleistungen, Besuche, Begleitungen" bezeichneten Aufwendungen aus dem "Entgeltbestandteil Betreuung" den haushaltsnahen Dienstleistungen zu. Denn auch die Bereitschaft, sich nachts um einen älteren Angehörigen zu kümmern, sei es im Allgemeinen oder speziell im Falle einer (leichteren) Erkrankung, und die Erbringung kleinerer Betreuungsleistungen insbesondere auch im Zusammenhang mit Besuchen und Begleitungen des Steuerpflichtigen sind den Tätigkeiten zuzurechnen, die im Allgemeinen durch Familienmitglieder bzw. durch Mitglieder des privaten Haushalts erledigt werden. Sie fallen im Haushalt eines älteren Menschen immer wieder, in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen an und können zudem Gegenstand eines haushaltsnahen Beschäftigungsverhältnisses sein. Das wird nicht zuletzt auch durch die Gesetzesmaterialien bestätigt, in denen ausdrücklich die Betreuung und Versorgung alter Menschen als möglicher Gegenstand einer haushaltsnahen Dienstleistung genannt wird. Damit ist offensichtlich die reguläre Versorgung und Betreuung eines alten Menschen gemeint, nicht aber der besondere Betreuungsbedarf, der bei Pflegebedürftigkeit etwa im Sinne einer nicht vorübergehenden Hilflosigkeit, wie sie etwa § 33b Abs. 6 Satz 1 EStG voraussetzt, gemeint. Insoweit ist es ohne Belang, dass die Klägerin im Streitjahr unstreitig nicht pflegebedürftig gewesen ist.

c) Diese Leistungen sind der Klägerin gegenüber "erbracht" worden. Dies gilt auch hinsichtlich der oben genannten Leistungen aus dem "Entgeltbestandteil Betreuung". Die dort beschriebenen Leistungen enthalten jeweils zwei Leistungsbestandteile: zum einen das ständige Vorhalten bestimmter Leistungen (Nachtdienst für kleinere/ambulante Pflegeleistungen, Betreuung bei Erkrankung und sonstige Betreuung) und zum anderen das tatsächliche Erbringen einzelner Leistungen aus diesem Spektrum. Dabei wird nach Auffassung des Senats insbesondere auch durch das Vorhalten der Leistungen zur Betreuung alter bzw. kranker Menschen eine haushaltsnahe Dienstleistung i.S.d. § 35a Abs. 2 EStG erbracht. Denn für den betroffenen Menschen ist es nicht nur wichtig, dass er im Einzelfall, bei Auftauchen entsprechender Bedürfnisse, jeweils (konkret) versorgt wird. Er soll sich darüber hinaus auch (allgemein) darauf verlassen können, dass selbst dann, wenn gegenwärtig kein konkretes Bedürfnis besteht, gleichwohl jemand präsent ist, der sich um ihn kümmern könnte, wenn dies notwendig werden sollte. Auch insoweit handelt es sich um Aufgaben, die typischerweise von den Mitgliedern einer Familie übernommen werden.

3. Die Klägerin hat die von ihr getragenen Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen durch Vorlage einer Rechnung nachgewiesen.

Welche Anforderungen im Einzelnen an eine Rechnung im Sinne des § 35a Abs. 2 Satz 3 EStG (2004) zu stellen sind, lässt die Regelung offen. Da das Einkommensteuerrecht auch im Übrigen keinen eigenständigen Rechnungsbegriff kennt, müssen die Anforderungen an einen Nachweis von Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen aus den übrigen Tatbestandsmerkmalen sowie aus dem Sinn und Zweck des § 35a EStG hergeleitet werden.

Aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich, dass mit der Regelung ein Anreiz für Beschäftigungsverhältnisse im Privathaushalt geschaffen und die Schwarzarbeit in diesem Bereich bekämpft werden sollte (Bundestags-Drucksache 15/91, S. 19). Das Erfordernis der Vorlage einer Rechnung dient also nicht nur dem Nachweis der in § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG (2004) genannten tatbestandlichen Voraussetzungen, sondern soll darüber hinaus auch gewährleisten, dass die von dem Steuerpflichtigen geltend gemachten Aufwendungen bei dem Empfänger der Zahlungen als Einnahmen erfasst werden. Demzufolge muss aus der Rechnung zunächst hervorgehen, welche Dienstleistungen erbracht worden sind, um feststellen zu können, ob es sich um "haushaltsnahe" Dienstleistungen im Sinne des § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG (2004) handelt. Des Weiteren muss die Rechnung den Betrag nennen, den der Steuerpflichtige für diese Leistungen entrichtet hat, um den zu berücksichtigenden Anteil der Aufwendungen ermitteln zu können. Schließlich muss es möglich sein, anhand der Rechnung den Empfänger der Gegenleistung zweifelsfrei zu identifizieren (vgl. auch FG Köln, Urteil vom 27.10.2005 - 15 K 1526/05, EFG 2006, 503; Blümich/Erhard, EStG, § 35a Rz. 62). Dabei ist Rechnung im Sinne des § 35a EStG grundsätzlich der Originalbeleg; es genügt aber auch, wenn der Erbringer der haushaltsnahen Dienstleistungen auf der Grundlage seiner Buchführung (etc.) die erbrachten Leistungen nachträglich bestätigt (so auch Blümich/Erhard a.a.O.).

Diesen Anforderungen wird die von der Klägerin vorgelegte "Kostenaufstellung für steuerliche Zwecke" des Wohnstifts für die Zeit vom 01.10.2004 bis zum 31.12.2004 gerecht. Aus der Bescheinigung ist ersichtlich, welche haushaltsnahen Dienstleistungen der Klägerin gegenüber erbracht worden sind. Der Betrag, den die Klägerin hierfür jedenfalls entrichtet hat, lässt sich der Bescheinigung ohne weiteres entnehmen, ebenso der Empfänger der Gegenleistung. Dabei ist es unschädlich, dass die von der Klägerin vorgelegte Bestätigung des Wohnstifts nicht die den Heimbewohnern gegenüber erbrachten Leistungen individuell aufführt und einzeln abrechnet. Dies ist nach Auffassung des Senats im Hinblick auf die Organisation und den Betrieb eines Heims oder Wohnstifts wegen der Fülle der täglich oder wöchentlich erbrachten Einzelleistungen auch gar nicht möglich. Ein solches Erfordernis würde im Ergebnis dazu führen, dass die Bewohner eines entsprechenden Heims oder Wohnstifts von der Begünstigung des § 35a EStG (2004) generell ausgeschlossen würden. Gründe, die dieses Ergebnis rechtfertigen würden, sind nicht ersichtlich.

Nur ergänzend sei darauf verwiesen, dass auch das von dem Beklagten zitierte Anwendungsschreiben des Bundesfinanzministeriums eben diese Lösung vorzeichnet, wenn es dort heißt: "Bei Wartungsverträgen ist es nicht zu beanstanden, wenn der Anteil der Arbeitskosten, der sich auch pauschal aus einer Mischkalkulation ergeben kann, aus einer Anlage zur Rechnung hervorgeht" (Bundesfinanzministerium a.a.O., Tz. 24). Auch wenn der mit einem Wohnstift geschlossene Vertrag kein "Wartungsvertrag" ist, geht es gleichwohl hier wie dort um ein Rahmenschuldverhältnis, dessen Sinn und Zweck es ist, eine Fülle von regelmäßig anfallenden Einzelleistungen so zusammenzufassen und zu entgelten, dass diese nicht einzeln abgerechnet werden müssen; ferner soll hier wie dort auch das Vorhalten von Personal entgolten werden, das erforderlich ist, um im Einzelfall - bei Bedarf - bestimmte Leistungen auf Abruf erbringen zu können. Eine solche "Mischkalkulation", wie sie dem Bundesfinanzministerium zufolge bei einem Wartungsvertrag genügen soll, liegt aber auch den von dem Wohnstift erbrachten und mit der vorgelegten "Kostenaufstellung für steuerliche Zwecke" bescheinigten Leistungen zu Grunde.

Hinsichtlich der von dem Beklagten zum Vergleich herangezogenen Behandlung von Wohnungseigentümern und Mietern in Tz. 25 des bereits genannten Anwendungsschreibens wird auf die rechtskräftige Entscheidung des FG Baden-Württemberg vom 17.05.2006 (13 K 262/04, EFG 2006, 1163) verwiesen.

Anhaltspunkte, die Zweifel an der von dem Wohnstift vorgenommenen Ermittlung und Zuweisung der Aufwendungen begründen könnten, sind nicht ersichtlich und von dem Beklagten auch nicht vorgetragen worden. Der nicht näher begründete Hinweis, der in der Kostenaufstellung vorgenommenen Aufteilung läge eine nicht nachvollziehbare Kalkulation zugrunde, begründet solche Zweifel jedenfalls nicht.

4. Die Klägerin hat durch Vorlage entsprechender Belege nachgewiesen, dass die Zahlung der von ihr geltend gemachten Aufwendungen auf ein Konto des Wohnstifts als Erbringer der haushaltsnahen Dienstleistung erfolgt ist.

5. Die Aufwendungen sind in Höhe des Höchstbetrags von 600,00 EUR zu berücksichtigen.

Die Klägerin hat mit der vorgelegten "Kostenaufstellung für steuerliche Zwecke" für die Zeit vom 01.01.2004 bis zum 31.12.2004 folgende Aufwendungen nachgewiesen:

- für "Haustechnik (Hausmeister, Gartenpflege, kleinere Reparaturen)": 1.406,79 EUR (4,3% von 32.715,96 EUR),

- für "Reinigung des Appartements (wöchentliche Reinigung der Wohnung, monatliches Fensterputzen)": 1.112,34 EUR (3,4% von 32.715,96 EUR)

- für "Reinigung der Gemeinschaftsflächen (Flure, Treppenhäuser, Gemeinschaftsräume)": 785,18 EUR (2,4% von 32.715,96 EUR),

- für "Vorhalten eines betreuerischen Nachtdienstes für kleinere pflegerische Hilfeleistungen sowie ggf. Einleitung von ambulanten Pflegeleistungen": 318,25 EUR (5,7% von 5.583,36 EUR),

- für "Vorhalten eines betreuerischen Bereitschaftsdienstes sowie die kostenlose Betreuung bei kurzfristiger Erkrankung": 195,41 EUR (3,5% von 5.583,36 EUR),

- für das "Vorhalten von Haus- und Etagendamen zur Erbringung kleinerer Betreuungsleistungen, Besuche, Begleitungen": 390,83 EUR (7,0% von 5.5.83,36 EUR).

Dies ergibt eine Summe von insgesamt 4.208,80 EUR.

Da Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen gem. § 35a Abs. 2 Satz 3 EStG (2004) u.a. nur berücksichtigt werden dürfen, soweit sie nicht bereits als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt worden sind, und da der Beklagte mit dem angefochtenen Bescheid vom 10.06.2005 Aufwendungen in Höhe von 624,00 EUR bereits als außergewöhnliche Belastung aufgrund Heimunterbringung nach § 33a Abs. 3 Satz 2 EStG anerkannt hat, verbleibt jedenfalls ein dem Grunde nach zu berücksichtigender Betrag von 3.584,80 EUR. Dieser Betrag übersteigt den Höchstbetrag der nach § 35a Abs. 2 Satz 1 EStG (2004) berücksichtigungsfähigen Aufwendungen von 3.000,00 EUR, so dass es auf die Frage, ob bzw. welche weiteren sich aus der vorgelegten Kostenaufstellung ergebenden Dienstleistungen "haushaltsnah" sind, nicht ankommt. Unerheblich ist weiterhin die von dem Beklagten aufgeworfene Frage, ob die von der Klägerin nachgewiesenen Aufwendungen für die mit dem Wohnstift geschlossene Pflegekostenergänzungsregelung grundsätzlich unter § 35a Abs. 2 EStG fallen oder gegebenenfalls nur nach § 10 Abs. 2 Nr. 2a EStG berücksichtigt werden könnten.

6. Demzufolge ermäßigt sich die um die sonstigen Steuerermäßigungen verminderte tarifliche Einkommensteuer von 14.664,00 EUR um 600,00 EUR auf 14.064,00 EUR.

7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO. § 137 FGO rechtfertigt keine andere Entscheidung. Dass die Klägerin die letztlich maßgebliche Kostenaufstellung und die Kontobelege erst im Klageverfahren vorgelegt hat, ist unbeachtlich. Denn auch bei einer früheren Vorlage hätte der Beklagte den angefochtenen Bescheid - von seinem Rechtsstandpunkt aus zutreffend - nicht zugunsten der Klägerin geändert, so dass die Kosten des Klageverfahrens gleichwohl entstanden wären. Zudem hat der Beklagte dem Begehren der Klägerin zunächst aus anderen Gründen widersprochen und erst im Klageverfahren Vorbehalte gegen die bis dahin vorgelegten Nachweise der Klägerin vorgebracht.

8. Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen worden (§ 115 Abs. 2 FGO).

9. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 155, 151 Abs. 3 FGO, 708 Nr. 10, 711 Zivilprozessordnung (ZPO).

RechtsgebietEStGVorschriftenEStG § 35a Abs. 2