28.04.2010 · IWW-Abrufnummer 97292
Bundesgerichtshof: Urteil vom 26.02.1997 – VIII ZR 272/95
a) Zur Berechnung des Ausgleichsanspruch eines Kraftfahrzeug-Vertragshändlers.
b) Als Stammkunden des Kraftfahrzeug-Vertragshändlers i.S. von § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB sind auch solche Erst-Kunden anzusehen, bei denen innerhalb eines über schaubaren Zeitraums nach Vertragsende Wiederholungskäufe zu erwarten sind (Fortführung von BGH, Urteil vom 31. Januar 1991 - I ZR 142/89 = WM 1991, 1513).
BGH
Urteil vom 26.02.1997
VIII ZR 272/95
Tatbestand:
Der Kläger war seit 1957 als Vertragshändler für die Beklagte tätig, zuletzt auf der Grundlage des Händlervertrages vom 18. Oktober 1985. Mit Schreiben vom 18. April 1990 kündigte die Beklagte das Vertragsverhältnis ordentlich zum 30. April 1992. In den letzten beiden Jahren vor Vertragsende nahm das Neuwagengeschäft des Klägers infolge der Wiedervereinigung Deutschlands in erheblichem Umfang zu. Nach Beendigung des Vertragsverhältnisses mit der Beklagten übernahm der Kläger den Vertrieb von Fahrzeugen der Marke Skoda.
Der Kläger hat sich einen Ausgleichsanspruch entsprechend § 89 b HGB in Höhe von 287.756,93 DM errechnet. Er ist der Ansicht, er sei einem Handelsvertreter vergleichbar in die Absatzorganisation der Beklagten eingebunden und verpflichtet gewesen, der Beklagten bei Neuwagenkäufen die Kundendaten zu übermitteln. Dem ist die Beklagte mit der Behauptung entgegengetreten, es habe keine Verpflichtung des Klägers zur Übertragung des Kundenstammes bei Vertragsbeendigung bestanden.
Über die für die Bemessung der Höhe des Ausgleichsanspruchs maßgebenden Faktoren vertreten die Parteien unterschiedliche Auffassungen. Streit besteht vor allem über die Frage, welche Kunden des Klägers als Stammkunden anzusehen sind, von denen weitere Nachbestellungen nach Vertragsbeendigung zu erwarten gewesen wären. Streitig ist ferner, welcher Teil des dem Kläger eingeräumten Rabatts auf die unverbindlichen Preisempfehlungen der Beklagten den Provisionen eines Handelsvertreters entspricht, wobei der Kläger von einem berücksichtigungsfähigen Rabattanteil von mindestens 13 % ausgeht, während die Beklagte allenfalls einen solchen von 5 % für gerechtfertigt hält. Schließlich streiten die Parteien darüber, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang ein etwa bestehender Ausgleichsanspruch aus Billigkeitsgründen wegen der sogenannten Sogwirkung der Marke der Beklagten und wegen des Umstandes zu kürzen ist, daß der Kläger nach Vertragsbeendigung ein anderes Fahrzeugfabrikat vertrieben hat.
Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 118.871,56 DM nebst Zinsen stattgegeben. Dagegen haben beide Parteien Berufung eingelegt. Das Rechtsmittel des Klägers ist ohne Erfolg geblieben. Auf die Berufung der Beklagten wurde das erstinstanzliche Urteil abgeändert und dem Kläger ein Ausgleichsanspruch in Höhe von lediglich 51.855,89 DM nebst Zinsen zuerkannt. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger seinen ursprünglichen Klageantrag. Im Wege der unselbständigen Anschlußrevision begehrt die Beklagte weiterhin ollumfängliche Klageabweisung.
Entscheidungsgründe:
A. Zur Begründung hat das Berufungsgericht ausgeführt:
Der Kläger sei in die Absatzorganisation der Beklagten eingegliedert und zur Übertragung seines in der Vertragszeit gewonnenen Kundenstammes durch laufende Übermittlung der Kundendaten bei Neuwagengeschäften verpflichtet gewesen. Dadurch sei die Beklagte in der Lage gewesen, diesen Kundenstamm auch nach Vertragsbeendigung zu nutzen.
Bei der Berechnung der Provisionsverluste sei vom Neuwagenumsatz des Klägers im letzten Vertragsjahr, hier für die Zeit vom 1. Mai 1991 bis 30. April 1992, auszugehen, und zwar beschränkt auf den Umsatz mit Mehrfachkunden. Maßgeblich dafür, ob ein Umsatz in diesen Zeitraum falle, sei nicht der Zeitpunkt der Bestellung des Fahrzeugs, sondern derjenige der Auslieferung unter gleichzeitiger Rechnungstellung. Nicht zu berücksichtigen seien deshalb drei Verkäufe, bei denen die Auslieferung erst im Mai bzw. Juni 1992 erfolgt sei. Die Stammkundeneigenschaft könne auch nicht in den Fällen bejaht werden, in denen ein Kunde zeitgleich mehrere Fahrzeuge bestellt habe. Von Folgekäufen könne nur gesprochen werden, wenn die Kunden aufgrund eines neuen Kaufentschlusses handelten.
Ausgehend von den unverbindlichen Preisempfehlungen der Beklagten habe der Stammkundenumsatz des Klägers im letzten Vertragsjahr 330.579,24 DM betragen. Außer Betracht zu lassen sei ein potentieller Mehrfachkundenumsatz aus dem Kreis der Neukunden des letzten Vertragsjahres. Wie der Handelsvertreter könne auch der Vertragshändler nur für geworbene Stammkunden einen Ausgleich fordern, nicht aber für eine erst bei Fortsetzung seiner Tätigkeit zu erwartende weitere Vermehrung des Kundenstamms.
Die der Provision eines Handelsvertreters vergleichbare Händlervergütung sei in dem dem Kläger von der Beklagten gewährten Rabatt auf deren unverbindliche Preisempfehlungen enthalten, der durchschnittlich 16,5 % betragen habe. Davon könne jedoch nur derjenige Anteil berücksichtigt werden, mit dem die werbende Tätigkeit des Händlers abgegolten werde. Vom Händlerrabatt in Abzug zu bringen sei deshalb ein vom Kläger mit 2,5 % der unverbindlichen Preisempfehlung angegebener Verwaltungskostenanteil. Für die Herausrechnung eines höheren nicht ausgleichsfähigen Rabattanteils habe die insoweit darlegungspflichtige Beklagte nichts Greifbares vorgetragen. Aus Billigkeitsgründen zu berücksichtigen seien jedoch die Preisnachlässe des Klägers gegenüber seinen Kunden, die auf 5 % der unverbindlichen Preisempfehlung zu schätzen seien. Derartige Preisnachlässe würden zwar nicht den Vorteil des Herstellers im Sinne von § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB mindern, wohl aber den Gewinn des Händlers. Dem Provisionsanspruch eines Handelsvertreters entspreche demnach ein Rabattsatz von 9 %.
Zur Ermittlung des Provisionsverlustes sei aufgrund des durchschnittlichen Nachbestellungsintervalls bei Kraftfahrzeugen von einem Prognosezeitraum von fünf Jahren und einer jährlichen Abwanderungsquote von 25 % bezogen auf das vorausgegangene Prognosejahr auszugehen. Für die Jahre 1993 bis 1997 ergebe sich danach ein Provisionsverlust des Klägers in Höhe von 68.075,47 DM. Davon sei aus Billigkeitsgründen wegen der Sogwirkung der Marke der Beklagten ein Abzug von 25 % veranlaßt. Der Umstand, daß der Kläger sein Unternehmen mit der Vertretung der Marke Skoda weitergeführt habe, rechtfertige keinen weiteren Abzug, weil für eine Vergleichbarkeit beider Fabrikate keine ausreichenden Anhaltspunkte bestünden. Wegen der vorzeitigen Fälligkeit sei der Ausgleichsanspruch abzuzinsen, unter Berücksichtigung von 15 % Mehrwertsteuer betrage er insgesamt 51.855,89 DM.
Diese Beurteilung hält den Revisionsangriffen beider Parteien nicht in allen Punkten stand.
B. Die Ausführungen der Vorinstanz zum Grund des Klaganspruchs lassen freilich keine Rechtsfehler erkennen. Das Berufungsgericht hat § 89 b HGB auf das wischen den Parteien vereinbarte Vertragshändlerverhältnis entsprechend angewendet. Die Anschlußrevision meint, es fehle an der für eine Analogie erforderlichen vertraglichen Verpflichtung des Klägers, der Beklagten bei Beendigung des Händlervertrages seinen Kundenstamm zu überlassen, so daß sich diese den Kundenstamm sofort und ohne weiteres nutzbar machen könne. Diese Bedenken teilt der Senat nicht.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs setzt die entsprechende Anwendung des § 89 b HGB auf Vertragshändlerverhältnisse nicht voraus, daß der Händler zur Übertragung des Kundenstammes erst bei Vertragsende verpflichtet ist. Diese Verpflichtung kann auch durch laufende Unterrichtung des Herstellers während der Vertragszeit zu erfüllen sein (vgl. u.a. BGH, Urteile vom 6. Oktober 1993 - VIII ZR 172/92 - WM 1994, 243 unter II 1 b, vom 10. Februar 1993 - VIII ZR 47/92 = WM 1993, 1464 unter A II 2 b und vom 25. März 1982 - I ZR 146/80 = WM 1982, 1125 unter II 2).
Der Anschlußrevision ist zwar darin zuzustimmen, da sich eine Verpflichtung des Klägers zur Übermittlung von Kundendaten nicht ausdrücklich und unmittelbar aus dem schriftlichen Händlervertrag ergibt. Das ist auch nicht notwendig. Sie kann sich auch aus anderen, dem Vertragshändler auferlegten Pflichten ergeben (BGH, Urteile vom 6. Oktober 1993 aaO. unter II 1 b aa, vom 10. Februar 1993 aaO. unter A II 2 b und vom 16. Januar 1986 - I ZR 223/83 = WM 1986, 530 unter II 1 b). Das Berufungsgericht hat fest gestellt, der Kläger habe nach den Vorgaben der Beklagten, was diese nicht näher bestritten habe, jede Bestellung/Zulassung eines Neufahrzeuges über EDV an die Beklagte melden müssen. Dabei seien der Beklagten auch die Kundendaten mit geteilt worden.
Die von der Anschlußrevision als vom Berufungsgericht übergangen gerügte Behauptung der Beklagten, dem Kläger sei keine Verpflichtung zur Übertragung der Kundendaten auferlegt worden, steht ersichtlich im Zusammenhang mit den Ausführungen der Beklagten, eine solche Pflicht ergebe sich nicht unmittelbar aus dem schriftlichen Händlervertrag. Da eine Meldepflicht im Rahmen der Bestellung bzw. Zulassung von Neufahrzeugen bestand, stellt jedoch auch die Anschlußrevision nicht in Abrede. Dies genügt den Anforderungen, die die Rechtsprechung an die Analogievoraussetzung der Übertragung des Kundenstammes stellt. Die Meldepflicht ist geeignet, eine im wesentlichen vollständige Übermittlung der Kundendaten an den Hersteller zu ermöglichen. Auf den Zweck, zu welchem die Verpflichtung zur Übermittlung der Kundendaten begründet worden ist, kommt es ebensowenig an (vgl. Senatsurteil vom 6. Oktober 1993 aaO. unter II 1 b bb) wie darauf, ob die Beklagte die ihr mitgeteilten Kundendaten tatsächlich nutzt. Die Möglichkeit der Nutzung reicht aus (BGH, Urteile vom 25. März 1982 aaO. unter II 2, vom 6. Oktober 1993 aaO. und vom 17. April 1996 - VIII ZR 5/95 = WM 1996, 1555 unter II 1).
C. Die Ausführungen des Berufungsgerichts zur Höhe des Klaganspruchs sind indessen nicht in allen Punkten frei von Rechtsfehlern.
I. Revision des Klägers:
1. Bei der im Rahmen der Ermittlung des Ausgleichsanspruchs nötigen Prognose gemäß § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 HGB hat das Berufungsgericht nur Umsätze mit solchen Kunden berücksichtigt, die vor Beendigung des Vertragshändlerverhältnisses mindestens zwei Neufahrzeuge der Marke Renault aufgrund von zwei unterschiedlichen Kaufentschlüssen erworben hatten. Zusätzlich hat es für den Prognosezeitraum eine Abwanderungsquote in Ansatz gebracht. Diese Auffassung wird den Besonderheiten des Verhältnisses zwischen Kraftfahrzeughersteller und Vertragshändler, welche die hier maßgeblichen Begriffe der "erheblichen Vorteile" des Unternehmers (§ 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB) und der berücksichtigungsfähigen "Provisionsverluste" (§ 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HGB) prägen, nicht hinreichend gerecht.
a) Eine vom Unternehmer nutzbare Geschäftsverbindung mit neuen Kunden im Sinne des Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 dieser Bestimmung setzt voraus, daß von den Kunden innerhalb eines überschaubaren, seiner Entwicklung nach abschätzbaren Zeitraums Nachbestellungen zu erwarten sind, daß es sich also um "Stammkunden" handelt (vgl. BGH, Urteil vom 11. Oktober 1990 - I ZR 32/89 = WM 1991, 196 unter II). Für den Kundenkreis eines als Handelsvertreter tätigen Reisebüros hat der Bundesgerichtshof ausgeführt (Urteil vom 28. März 1974 - VII ZR 18/73 = NJW 1974, 1242 unter I 3), die Eigenschaft als Stammkunde setze Bindungen an den Reiseveranstalter von erkennbarer Beständigkeit voraus, die sich nur in wiederholten Buchungen zeigten. Daß bei Fortführung des Handelsvertreterverhältnisses ein Teil der Neukunden zu Stammkunden hätte werden können, reiche dagegen nicht aus. Sogenannte "potentielle Stammkunden" seien bei Vertragsende eben noch keine Stammkunden, sondern nur "Laufkunden", die dem Unternehmer keinen vom Vertreter vermittelten Vorteil bringen würden. Demgegenüber ist bei langlebigen Wirtschaftsgütern mit einem längeren Nachbestellungsintervall anerkannt, daß Kunden, die bei Beendigung des Handelsvertreter- bzw. Vertragshändlerverhältnisses erst "Einmal-Kunden" waren, als Stammkunden behandelt werden können, wenn und soweit unter Berücksichtigung branchenüblicher Besonderheiten aufgrund einer Schätzprognose innerhalb eines überschaubaren Zeitraums nach Vertragsende Wiederholungskäufe zu erwarten sind (vgl. BGH, Urteile vom 25. Oktober 1984 - I ZR 104/82 = WM 1985, 229 unter II 1 a und vom 31. Januar 1991 - I ZR 142/89 = WM 1991, 1513 unter III 1 und 2).
aa) Ähnlich verhält es sich bei dem hier zu beurteilen den Kundenkreis eines Kraftfahrzeug-Vertragshändlers, soweit es um Neuwagenkäufe geht. Hier beträgt bei Privatkunden der Zeitraum zwischen Erstkauf und erster Nachbestellung im Durchschnitt fünf Jahre (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juli 1987 - I ZR 188/85 = WM 1987, 1462 = ZIP 1987, 1383 unter II B 1 b, Graf von Westphalen, DB Sonderbeil. 8/88 S. 2, Küstner/von Manteuffel, DB 1988, 1972, 1980). Im Kraftfahrzeugbereich sind neben der Marke und der Produktwerbung auch die Betreuungs- und Serviceleistungen des Händlers für die Schaffung eines Kundenstammes von Bedeutung (vgl. BGH, Urteile vom 25. März 1982 - I ZR 146/80 = WM 1982, 1125 unter II 2 und vom 14. April 1983 - I ZR 20/81 = WM 1983, 1102 unter 2). Aufgrund der bei Neufahrzeugen üblicherweise durchzuführenden regelmäßigen Kundendienste haben die Händler die Möglichkeit, die Bindungen auch zu Erstkäufern zu festigen. Ob und wieweit dies tatsächlich der Fall ist, hängt zwar grundsätzlich von den Gegebenheiten im Einzelfall ab. Die Erfahrung zeigt aber, da viele Kraftfahrzeug-Vertragshändler auch schon einen nicht unbeträchtlichen Teil ihrer Erstkunden durch händlerspezifische Betreuungs- und Serviceleistungen in einem Maße an sich binden, daß die begründete Erwartung auf Vornahme eines Folgegeschäfts gerechtfertigt ist. Daher ist es sachgerecht, bei der Ermittlung des Ausgleichsanspruchs auch denjenigen Anteil der Erstkunden als Bestandteil des Kundenstammes i.S. von § 89 b Abs. 1 Satz 1 HGB zu berücksichtigen, von dem nach den Erfahrungen der vergangenen Jahre Nachbestellungen erwartet werden können (Graf von Westphalen aaO., Westphal, MDR 1996, 130; Küstner/von Manteuffel aaO. S. 1981; a.A.: Hollmann, DB 1985, 1023, 1031 f; Brüggemann in Staub, GroßKomm. z. HGB, 4. Aufl., § 89 b Rdnr. 86, OLG Köln MDR 1996, 129 und 689). Dem steht - anders als das Berufungsgericht meint - die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 2. Juli 1987 aaO. nicht entgegen. Dort wurde eine von den Vorinstanzen vorgenommene Ermittlung des Ausgleichsanspruchs gebilligt, bei der der Umsatz des letzten Vertragsjahres mit Kunden, die bereits mindestens zweimal als Käufer in Erscheinung getreten waren, um 30 % erhöht wurde, weil nach dem bisherigen Verlauf etwa dieser Anteil an neu geworbenen Kunden zu Mehrfachkunden geworden war (Urteil vom 2. Juli 1987 aaO. unter I und II B 1 b). Die Berücksichtigung dieses Teils der Erstkäufer widerspricht nicht dem Sinn des Ausgleichsanspruchs, den Handelsvertreter bzw. Vertragshändler für die ihm durch die Vertragsbeendigung entgehenden Provisionen zu entschädigen. Da die gefestigte Beziehung zwischen Händler und Kunde bereits vor Vertragsende geschaffen wurde, liegt kein - nicht berücksichtigungsfähiger - Ausgleich für eine erst bei Fortsetzung der Tätigkeit zu erwartende weitere Vermehrung des Kundenstammes vor. Aufgrund des üblicherweise längeren Nachbestellungszeitraums bei Kraftfahrzeugen läßt sich lediglich der endgültige Nachweis der Stammkundeneigenschaft erst mit der ersten Nachbestellung führen. Da der Ausgleichsanspruch aber grundsätzlich zum Zeitpunkt der Beendigung des Vertragsverhältnisses zu berechnen ist, muß unter Heranziehung des Käuferverhaltens in der Vergangenheit die Quote der Neukunden ermittelt werden, die Nachbestellungen getätigt haben (Westphal aaO. S. 131). Für die Berechnung des Ausgleichsanspruchs stellt § 89 b Abs. 1 HGB die Fiktion auf, das Vertragsverhältnis bestehe trotz Beendigung noch weiter.
Dabei ist zu berücksichtigen, daß der Handelsvertreter bzw. Vertragshändler im Rahmen des Vertragsverhältnisses weiter tätig gewesen wäre und weiter Geschäfte mit von ihm geworbenen Stammkunden getätigt hätte. Lediglich die Aussicht, neue Erst-Kunden zu gewinnen, darf nicht herangezogen werden (BGHZ 24, 223, 227 f, 29, 83, 92, Küstner/von Manteuffel/Evers, Handbuch des gesamten Außendienstrechts, Bd. 2, 6. Aufl., Rdnrn. 623 f, 634).
bb) Die für den Prognosezeitraum zu erwartenden Umsätze mit Mehrfach- oder Stammkunden können daher entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht in der Weise errechnet werden, daß lediglich der Umsatzanteil der Mehrfachkäufer des letzten Vertragsjahres zugrundegelegt und davon eine Abwanderungsquote für die Folgejahre in Abzug gebracht wird. Zwar kann nach der Erfahrung davon ausgegangen werden, daß ein Teil der vom Vertragshändler geworbenen Mehrfachkäufer der letzten fünf Jahre keine Nachbestellung mehr beim Vertragshändler getätigt hätte, selbst wenn dieser nach Vertragsende weiterhin tätig gewesen wäre. Auf der anderen Seite muß aber, wie dargelegt, berücksichtigt werden, daß bei einem Teil der neu gewonnenen Erstkunden spätere Nachbestellungen zu erwarten waren. Diesen Umständen kann bei der Ermittlung des Ausgleichsanspruchs beim Vertrieb von Neuwagen und anderen langlebigen Wirtschaftsgütern durch verschiedene Berechnungsansätze Rechnung getragen werden.
(1) Der relevante Stammkundenumsatz kann entweder in der Weise ermittelt werden, daß festgestellt wird, welcher Anteil der Erstkunden bis zur Beendigung des Handelsvertreter- bzw. Vertragshändlerverhältnisses durch Nachbestellungen zu Mehrfachkunden geworden ist und welcher Anteil der Mehrfachkunden in der Vergangenheit keine Nachbestellung mehr getätigt hat. Ein derartiges Käuferverhalten ist regelmäßig auch dem Prognosezeitraum zugrunde zu legen. Ausgehend vom Mehrfachkundenumsatz des letzten Vertragsjahres, soweit es keinen atypischen Verlauf genommen hat, kann dann für den Prognosezeitraum unter Berücksichtigung der Quoten für "potentielle Mehrfachkunden" und für abwandernde Mehrfachkunden der für die weitere Berechnung maßgebende Umsatz mit Stammkunden ermittelt werden. Eine derartige Berechnungsmethode hat der Bundesgerichtshof im Urteil vom 2. Juli 1987 gebilligt (aaO. unter II B 1 b, ebenso Küstner/von Manteuffel aaO. S. 1981, Graf von Westphalen aaO. S. 8, vgl. auch die Senatsurteile vom 5. Juni 1996 - VIII ZR 7/95 = WM 1996, 1558 unter B I 3 und VIII ZR 141/95 = WM 1996, 1962 unter B III 1, in denen diese Berechnungsmethode von den Parteien einvernehmlich der Ausgleichsberechnung zugrunde gelegt wurde).
(2) Möglich ist aber auch folgender - einfacherer - Berechnungsansatz: Läßt sich anhand eines längeren Zeitraums vor Vertragsende feststellen, daß der Umsatz eines Händlers mit Mehrfachkunden einen annähernd gleichbleibenden Anteil am gesamten Neuwagenumsatz ausgemacht hat, spricht alles dafür, daß dieser Anteil, wäre der Händlervertrag nicht beendet worden, auch innerhalb des oben genannten durchschnittlichen Nachbestellintervalls von fünf Jahren konstant geblieben wäre. Der statistisch ermittelte Mehrfachkundenanteil ist nichts anderes als der Saldo zwischen der Abwanderung bisheriger und dem Gewinnen neuer Mehrfachkunden. Da die Mehrfachkundenquote bereits eine Abwanderungsquote für das nächste Kaufzeitintervall von fünf Jahren enthält, ist die vom Berufungsgericht vorgenommene gleichzeitige Berücksichtigung beider Quoten - die auf einen doppelten Ansatz der Abwanderungsquote hinausliefe - nicht zu lässig (Horn, ZIP 1988, 137, 142, Brüggemann aaO. § 89 b Rdnr. 86; OLG Köln - 19. Zivilsenat - MDR 1996, 689, 690).
Für den Prognosezeitraum, den das Berufungsgericht beim Neuwagenkauf der ständigen Rechtsprechung folgend mit fünf Jahren bemißt (vgl. Senatsurteile vom 5. Juni 1996 aaO.), ist deshalb bei dieser Berechnungsweise zu unterstellen, daß der Kläger mit einem Teil der Kunden, die bereits zwei oder mehr Fahrzeuge bei ihm erworben haben, und einem Teil der in den letzten fünf Vertragsjahren geworbenen Erstkunden ein Nachfolgegeschäft getätigt hätte. Bei diesem Teil der Erstkunden handelt es sich, wie oben dargelegt, ebenfalls um vom Kläger geworbene Stammkunden ("potentielle Mehrfachkunden"). Der für den Ausgleichsanspruch maßgebliche Stammkundenumsatz ist demnach durch Multiplikation des Mehrfachkundenumsatzes des letzten Vertragsjahres mit dem Prognosezeitraum zu ermitteln. Hat lediglich das letzte Vertragsjahr einen atypischen Verlauf genommen, kann ein Durchschnittswert unter Heranziehung eines längeren Zeitraums gebildet werden (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juli 1987 aaO. unter II B 1 b, Horn aaO.).
b) Nicht beizupflichten ist der Revision hingegen in ihrer Auffassung, der Mehrfachkundenumsatz des letzten Vertragsjahres sei atypisch. Er soll nach dem eigenen Vorbringen des Klägers 566.765 DM betragen haben und liegt damit nur unerheblich über demjenigen des drittletzten Vertragsjahres (563.010 DM) und dem vom Kläger errechneten Durchschnitt der letzten sechs Jahre (533.657 DM). Eine atypische Entwicklung hat lediglich der Erstkundenumsatz und damit der Gesamtneuwagenumsatz des Klägers genommen (in den letzten beiden Vertragsjahren 5,5 bzw. 4,2 Mio. DM statt zuvor 1,2 bis 1,5 Mio. DM). Grund hierfür war die Wiedervereinigung Deutschlands und die damit einhergehende Öffnung eines beträchtlichen Marktes, den der Kläger aufgrund der Nähe seiner Niederlassung zu den neuen Ländern besonders intensiv erschließen konnte. Zutreffend weist die Revision zwar darauf hin, daß aufgrund des durchschnittlichen Nachbestellintervalls von fünf Jahren aus diesem Kundenkreis noch keine erheblichen Nachbestellungen vor Vertragsende erfolgt sein konnten. Auch daß die Markentreue dieser Kunden nicht von derjenigen der Kunden aus den alten Bundesländern abweicht, kann zugunsten der Revision unterstellt werden. Der für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 89 b Abs. 1 Nrn. 1 - 3 HGB darlegungs- und beweispflichtige Kläger (BGHZ 55, 45, 52) hat jedoch nicht dargetan, daß es ihm bei Fortführung des Händlervertrages gelungen wäre, aufgrund der stark angestiegenen Zahl von Erstkunden auch eine Erhöhung des Mehrfachkundenumsatzes herbeizuführen. Dagegen spricht, daß der Kl äger diesen Teil der Erstkunden zu einem Zeitpunkt gewonnen hat, als es in den neuen Ländern noch kein ausreichendes oder gar flächendeckendes Händlernetz der Beklagten gab. Das beweist die zum Teil erhebliche Entfernung der Wohnorte der Kunden (z.B. Greifswald, Rostock, Schwerin). Selbst bei gutem Service des Klägers hätte deshalb nicht erwartet werden können, daß solche Kunden, wenn sie der Marke treu bleiben, ihre Nachbestellung beim Kläger vorgenommen hätten. Naheliegend ist vielmehr, daß diese bei Renault-Händlern in der Nähe ihres Wohnortes erfolgt wäre. Nach dem bisherigen Vortrag des Klägers kann daher nicht davon ausgegangen werden, daß es ihm gelungen wäre, einen vergleichbar hohen Anteil von Erstkunden als Stammkunden zu gewinnen wie vor der durch die Wiedervereinigung bedingten Umsatzsteigerung.
c) Zu Unrecht hat das Berufungsgericht bei der Ermittlung der Mehrfachkundenumsätze die Umsätze mit den Kunden Wohnbaugenossenschaft G. und T. (zusammen 157.948,40 DM) nicht berücksichtigt, weil mehrere Fahrzeugbestellungen am selben Tag erfolgt sind. Mehrfach- oder Stammkunde ist nicht nur derjenige, dessen Bestellungen auf zeitlich verschiedenen Kaufentschlüssen beruhen. Bei einem Kunden, der zeitgleich zwei oder mehrere Fahrzeuge kauft, kann ebenso davon ausgegangen werden, daß dem Hersteller erhebliche Vorteile nach Vertragsbeendigung bleiben (§ 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 HGB), wie bei einem Kunden, der dies in gewissen Zeitabständen tut (Senatsurteil vom 5. Juni 1996 - VIII ZR 141/95 aaO. unter B II 2).
d) Das Berufungsgericht hat drei Fahrzeugverkäufe (S. und W., sowie zweimal E. - Umsatz: zusammen 78.308,01 DM) bei der Ermittlung des Umsatzes mit Mehrfachkunden im letzten Vertragsjahr unberücksichtigt gelassen, weil die Auslieferung der Fahrzeuge und die Rechnungstellung erst nach Beendigung des Vertragshändlerverhältnisses erfolgt sind. Auch dagegen wendet sich die Revision zu Recht.
Maßgebend ist, ob der Vertragsschluß zwischen Vertragshändler und Kunde innerhalb des letzten Jahres vor Beendigung des Händlervertrages erfolgt ist. Der Handelsvertreter hat seine Leistung, für die er entlohnt werden soll, bereits mit der Vermittlung des Geschäfts erbracht. Die dem vergleichbare Leistung des Vertragshändlers liegt im Abschluß des Kaufvertrages mit seinem Kunden. Der Senat hat in seinem nach Verkündung des Berufungsurteils ergangenen Urteil vom 23. Oktober 1996 (VIII ZR 16/96 = ZIP 1996, 2165, zur Veröffentlichung in BGHZ bestimmt) ausgesprochen, daß erst nach dem Ende der Vertragszeit unbedingt und fällig werdende Überhangprovisionen in die Berechnung der Ausgleichshöchstgrenze nach § 89 b Abs. 2 HGB mit einfließen. Entscheidend hierfür sind nicht die Provisionen des Handelsvertreters während der letzten fünf Vertragsjahre, sondern das Provisionsaufkommen, das er aufgrund seiner Tätigkeit in den letzten fünf Jahren erzielt hat (Senatsurteil vom 23. Oktober 1996 aaO. unter II 2 d). Deshalb ist es sachgerecht, auch bei der Ermittlung des Ausgleichsanspruchs des Vertragshändlers diejenigen der Provision vergleichbaren Rabattanteile heranzuziehen, die ihm aufgrund der Vermittlungstätigkeit im letzten Vertragsjahr eingeräumt worden sind. Wann das Fahrzeug ausgeliefert wird und wann der Kunde bezahlt, ist für die Berechnung des Ausgleichsanspruchs des Händlers ohne Bedeutung. Daß diese Gesichtspunkte auch bei der Abgrenzung zwischen vorletztem und letztem Vertragsjahr zu beachten sind, versteht sich von selbst.
2. Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die vom Berufungsgericht vorgenommene Kürzung des Ausgleichsanspruchs im Rahmen der Billigkeitsabwägung nach § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HGB wegen der Nachlässe, die der Kläger seinerseits seinen Kunden eingeräumt hat. Nach der Rechtsprechung des Senats sind Preisnachlässe und Skonti dem nicht handelsvertretertypischen Absatzrisiko eines Vertragshändlers zuzurechnen. Der dem Vertragshändler gewährte Rabatt ist allerdings bereits bei der Ermittlung des nach § 89 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 HGB relevanten Provisionsverlustes entsprechend zu bereinigen (siehe dazu eingehend die Senatsurteile vom 5. Juni 1996 - VIII ZR 7/95 aaO. unter B I 1 b cc und VIII ZR 141/95 aaO. unter B I 2 b aa).
3. Beim Abzug der auf verwaltende Tätigkeiten des Vertragshändlers entfallenden und damit im Rahmen des Ausgleichsanspruchs ebenfalls nicht zu berücksichtigenden Rabattanteile ist dem Berufungsgericht kein Berechnungsfehler zum Nachteil des Klägers unterlaufen. Der Kläger hat zuletzt behauptet, die ihm durchschnittlich - bezogen auf die unverbindliche Preisempfehlung der Beklagten - eingeräumten Rabatte hätten 17 % betragen. Davon hat er für Verwaltungskosten 2,5 % abgezogen. Das Berufungsgericht hat den durchschnittlichen Rabattsatz - insoweit von der Revision nicht angegriffen - nach § 287 ZPO auf 16,5 % geschätzt und diesen um ebenfalls 2,5 % für verwaltende Tätigkeiten und 5 % wegen der genannten Preisnachlässe reduziert. Die von der Revision erhobene Rüge, das Berufungsgericht habe übersehen, daß der Kläger bei seiner Berechnung Verwaltungskosten in Höhe von 2,5 % bereits berücksichtigt habe, geht deshalb fehl.
4. Auch die Herabsetzung des Ausgleichsanspruchs um 25 % aus Billigkeitsgründen läßt keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Klägers erkennen. Die Abwägung der Ursächlichkeit von werbender Tätigkeit des Händlers und Sogwirkung der Marke gehört zum Kernbereich tatrichterlichen Schätzungsermessens (vgl. Senatsurteile vom 5. Juni 1996 - VIII ZR 7/95 aaO. unter B I 4 und B II 4, sowie VIII ZR 141/95 aaO. unter B I 3 jeweils m.w.Nachw.). Auch wenn zugunsten des Klägers eine vom durchschnittlichen Händler-Kunden-Verhältnis positiv abweichende Kundenzufriedenheit zu unterstellen sein sollte, tritt der Einfluß der Marke nicht völlig in den Hintergrund. Der vom Berufungsgericht in Ansatz gebrachte Billigkeitsabschlag bewegt sich im Rahmen des tatrichterlich Vertretbaren, zumal für die Übernahme der Vertretung einer anderen Kfz-Marke unmittelbar nach Vertragsende kein zusätzlicher Abschlag vorgenommen wurde (vgl. Senatsurteil vom 5. Juni 1996 - VIII ZR 7/95 aaO. unter B I 4 a m.w.Nachw.). Auch der von der Revision angeführte Umstand, der Kläger habe der Beklagten nach der Grenzöffnung einen völlig neuen Kundenkreis erschlossen, führt zu keiner anderen Bewertung. Bei der Gewinnung dieser Kunden, deren Wohnorte weit vom Geschäftssitz des Klägers entfernt liegen, kommt dem Markennamen eher eine größere Bedeutung zu als im Normalfall.
II. Anschlußrevision der Beklagten:
1. Bei der Ermittlung der Mehrfachkunden hat das Berufungsgericht erhebliches Vorbringen der Beklagten nicht übergangen.
a) Bereits das Landgericht hat ausgeführt, der Kläger habe Verkäufe an Mehrfachkunden durch Vorlage der einzelnen an die Kunden gerichteten Rechnungen sowie der Abrechnungen mit der Beklagten nachvollziehbar dargestellt. Das pauschale Bestreiten der Beklagten, die über die Verkaufstätigkeit des Klägers informiert gewesen sei und deshalb die Angaben des Klägers habe nachprüfen können, hat es nicht für zulässig erachtet. Dem hat sich das Berufungsgericht angeschlossen.
b) Soweit die Beklagte die Mehrfachkundeneigenschaft von Käufern in Abrede gestellt hat, weil sie erst im letzten Vertragsjahr mehrfach beim Kläger gekauft haben, ist dies aus Rechtsgründen unerheblich (siehe oben C I 1 c). Darüber hinaus hat das Berufungsgericht ohne Rechtsfehler angenommen, daß die Beklagte dem Vorbringen des Klägers nicht substantiiert entgegengetreten ist. Nachdem der Kläger Listen mit Kunden- und Verkaufsdaten sowie die genannten Rechnungen vorgelegt hat, hätte die Beklagte ihr Bestreiten auf bestimmte vom Kläger als Mehrfachkunden bezeichnete Käufer konkretisieren müssen. Das hat sie jedoch nicht getan.
2. Die Anschlußrevision hat im Ergebnis Erfolg, soweit sie sich dagegen wendet, daß das Berufungsgericht bei der Ermittlung der Abwanderungsquote ohne Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls pauschal einen Satz von 25 % jährlich zugrundegelegt hat.
Zwar ist eine Quote in dieser Höhe für das erste Prognosejahr entgegen der Ansicht der Anschlußrevision nicht erfahrungswidrig. Sie wurde von Gerichten und den beteiligten Verkehrskreisen einer beträchtlichen Anzahl von Ausgleichsberechnungen zugrunde gelegt (vgl. nur BGH, Urteile vom 2. Juli 1987 aaO. und vom 5. Juni 1996 aaO.). Zu Recht hat die Beklagte jedoch darauf hingewiesen, daß die Abwanderungsquote unter Ber ücksichtigung der Kundenbewegung im Geschäftsbetrieb des Klägers während der Vertragszeit zu ermitteln ist. Dazu hat das Berufungsgericht keine Feststellung getroffen, sondern, ohne eine nähere Beziehung zum vorliegenden Fall herzustellen, lediglich eine in der Rechtsprechung mehrfach verwendete Quote in Ansatz gebracht. Da sich das Berufungsgericht für eine Berechnungsmethode entschieden hat, die die Provisionsverluste im Prognosezeitraum unter Berücksichtigung einer Abwanderungsquote errechnet (vgl. oben unter C I a bb (1)), hätte es fest stellen müssen, welcher Anteil von Mehrfachkunden in der Vergangenheit keine Nachbestellungen mehr getätigt hat. Erst wenn sich daraus, z.B. wegen zu kurzer Vertragsdauer, keine ausreichenden Anhaltspunkte ergeben hätten, wäre es gerechtfertigt gewesen, sich auf Erfahrungswerte zurückzuziehen.
3. Zu Recht wendet sich die Anschlußrevision auch gegen die vom Berufungsgericht vorgenommene Ermittlung desjenigen Anteils am Händlerrabatt, der einer Handelsvertreterprovision vergleichbar und damit der Ausgleichsberechnung zugrunde zu legen ist (vgl. dazu eingehend die Senatsurteile vom 5. Juni 1996 - VIII ZR 7/95 aaO. unter B I 1 und 2, sowie VIII ZR 141/95 aaO. unter B I 1 und 2).
a) Nicht zu beanstanden ist allerdings der Ausgangspunkt des Berufungsgerichts, wonach der den Rabattsatz vorgebende Hersteller die Darlegungs- und Beweislast für einen auf verwaltende Maßnahmen entfallenden, nicht ausgleichsfähigen Rabattanteil trägt, wenn er einen höheren als den vom Vertragshändler angegebenen Anteil herausgerechnet wissen will (Senatsurteil vom 5. Juni 1996 - VIII ZR 141/95 aaO. unter B I 2 a bb, vgl. auch BGH, Urteil vom 28. April 1988 - I ZR 66/87 = WM 1988, 1204 unter II 2 b für die Provision des Handelsvertreters). Verfügt der Hersteller nicht über detaillierte Kenntnisse der Kostenstruktur im Betrieb des Händlers, wie die Beklagte vorliegend behauptet, kann er seiner Darlegungslast durch Angabe von Erfahrungswerten aus seiner Händlerorganisation genügen.
b) Dem ist die Beklagte dadurch nachgekommen, daß sie Kostengruppen genannt hat, die vom Händlerrabatt abzusetzen sind, um den ausgleichsfähigen Rabattanteil zu ermitteln. Im einzelnen verweist sie auf Rabatte, Nachlässe, Zugaben (6,5 %), indirekte Betriebskosten (3,1 %), anteilige Mietkosten (1,5 %) und anteilige Zinskosten (1,5 %). Diese Kostengruppen hat sie in einem weiteren Schriftsatz erläutert, nachdem der Kläger seinerseits - ebenfalls nach Kostenstellen aufgeschlüsselt - vorgetragen hatte, warum der Verwaltungskostenanteil in seinem Betrieb allenfalls 2,5 % betragen habe.
aa) Nicht zu beanstanden ist, daß das Berufungsgericht Preisnachlässe des Klägers von im Mittel 5 % und damit niedrigere als die von der Beklagten angegebenen Durchschnittswerte zugrunde gelegt hat. Diese Feststellungen konnte das Berufungsgericht unter Berücksichtigung der vom Kläger zu den Akten gereichten Kundenrechnungen und Abrechnungen mit der Beklagten selbst treffen. Insoweit bedurfte es entgegen der Ansicht der Anschlußrevision nicht der Erhebung des angebotenen Sachverständigen- und Zeugenbeweises.
bb) Der Vortrag der Beklagten zu den übrigen genannten Kostengruppen ist nur insoweit nicht ausreichend substantiiert, als die Beklagte nicht erläutert hat, was unter "in direkten" Betriebskosten zu verstehen ist. Sie hat lediglich ausgeführt, darunter fielen Personalkosten mit 1,8 % und solche Kosten, die nicht konkret einzelnen Kostenstellen zugeordnet werden könnten. Letztere Angabe ist einer Beweiserhebung nicht zugänglich. Demgegenüber sind unter anteiligen Mietkosten die Kosten für Ausstellungs-, Verkaufs- und Lagerräume zu verstehen. Anteilige Zinskosten verkörpern das nicht handelsvertretertypische Lagerrisiko, die Vorhaltung von Vorführwagen und die Vorfinanzierung von Neufahrzeugen. Zu diesen Punkten - mit Ausnahme des 1,3 %igen Anteils der indirekten Betriebskosten - hätte das Berufungsgericht den angebotenen Sachverständigenbeweis zur Feststellung des verbleibenden, handelsvertretertypischen Rabattanteils erheben müssen.
4. Zu Unrecht rügt die Anschlußrevision schließlich, das Berufungsgericht habe trotz der Tatsache, daß der Kläger unmittelbar nach Beendigung des Händlervertrages eine Konkurrenzmarke vertrieben habe, keinen zusätzlichen Billigkeitsabschlag neben dem für die Sogwirkung der Marke vorgenommen. Auf den weiten Ermessensspielraum des Tatrichters in diesem Bereich wurde bereits hingewiesen (oben B I 4). Zwar hat die Rechtsprechung in derartigen Fällen zum Teil einen zusätzlichen Abschlag vorgenommen (BGH, Urteil vom 2. Juli 1987 - I ZR 189/85 nicht veröffentlicht, Umdruck S. 14 [Renault/Opel], Senatsurteil vom 5. Juni 1996 - VIII ZR 7/95 aaO. unter B I 4 [Fiat/Lancia-Mitsubishi]). Das Berufungsgericht hat jedoch dargelegt, daß im vorliegenden Fall mangels Vergleichbarkeit der Marken ein weiterer Abzug nicht gerechtfertigt sei. Das ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Ein solcher läßt sich entgegen der Ansicht der Anschlußrevision auch nicht aus dem Umstand herleiten, daß der Kläger wegen seines Standorts in besonderer Weise von der Wiedervereinigung profitiert hat. Auch Kunden aus den neuen Ländern können bei der Ausgleichsberechnung nur dann Berücksichtigung finden, wenn sie Stammkunden geworden sind (siehe oben C I 1 b). Die von der Anschlußrevision befürchtete Gefahr, daß Abschlüsse mit Einmalkunden die Ausgleichsberechnung verfälschen, besteht daher nicht.
D. Nach alledem kann das angefochtene Urteil keinen Bestand haben. Da es noch weiterer tatsächlicher Feststellungen bedarf, war dem Senat eine eigene Sachentscheidung nicht möglich und der Rechtsstreit daher an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§§ 564 Abs. 1, 565 Abs. 1 Satz 1 ZPO).