06.12.2012
Finanzgericht Köln: Urteil vom 27.09.2012 – 10 K 2838/11
Ändert sich während des Abwicklungszeitraums einer Kapitalgesellschaft der gesetzliche Steuersatz, so hat dies keine Auswirkung auf die vergangenen Besteuerungszeiträume. Sind zu diesen bereits Zwischenveranlagungen ergangen, so sind diese endgültig. Es wird nicht das Endergebnis nach Abwicklung einem inzwischen gesenkten Steuersatz unterzogen. Die Revision wird zugelassen.
Im Namen des Volkes
URTEIL
In dem Rechtsstreit
hat der 10. Senat in der Besetzung: Vorsitzender Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … Richter am Finanzgericht … ehrenamtlicher Richter … ehrenamtlicher Richter … auf Grund mündlicher Verhandlung in der Sitzung vom 27.09.2012 für Recht erkannt:
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob während der Liquidation durchgeführte „Zwischenveranlagungen” bzw. nach Insolvenzeröffnung „Berechnungen” am Ende des Abwicklungszeitraums durch eine endgültige Veranlagung unter Zugrundelegung des am Ende des Abwicklungszeitraums geltenden Steuersatzes zu ersetzen sind.
Die Firma A GmbH wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 30.12.1993 gegründet. Mit Gesellschafterbeschluss vom 29.12.1997 wurde zum 31.12.1997 die Liquidation der Gesellschaft beschlossen. Der Warenbestand und das Betriebsinventar wurden unter Vereinbarung einer Kaufpreiszahlung in 120 Monatsraten verkauft. Die letzte Rate war demnach im Dezember 2007 zu leisten.
Seit Auflösung der Gesellschaft bestand kein aktiver Geschäftsbetrieb mehr. Am 17.11.2008 wurde ein Eigenantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt. Das Insolvenzverfahren – Az.: … – wurde durch Beschluss des Amtsgerichts … am 06.01.2009 eröffnet. Der Kläger wurde zum Insolvenzverwalter bestellt. Im Anmeldeverfahren bestritt der Kläger die Forderungen des Beklagten wegen Körperschaftssteuer, Solidaritätszuschlag und Nebenleistungen für die Veranlagungsjahre ab 1998.
Daraufhin erließ der Beklagte am 12.04.2011 zwei die Forderungen betreffende Feststellungsbescheide. In den Feststellungsbescheiden wurden Forderungen für die Besteuerungszeiträume 1998 – 2000, 2001 – 2003, 2004 – 2006 und 2007 festgestellt. Der Forderung für den Besteuerungszeitraum 1998 – 2000 lag ein nicht angefochtener Änderungsbescheid vom 10.12.2007 zugrunde. Für die späteren Besteuerungszeiträume wurden Berechnungen mit Datum vom 30.12.2009 durchgeführt. Angewandt wurde das zum Abschluss des jeweiligen Besteuerungszeitraums geltende materielle Steuerrecht. Die GmbH hatte jeweils für die Dreijahreszeiträume 2001 bis 2003 und 2004 bis 2006 Abschlüsse aufgestellt.
Gegen die Feststellungsbescheide legte der Kläger am 12.05.2011 Einspruch ein. Er trug vor, die bisherigen Veranlagungen seien aufzuheben und durch eine abschließende Steuerveranlagung für den gesamten Liquidationszeitraum ab 1998 zu ersetzen. Dabei sei der zum Ende des Liquidationszeitraums geltende Steuersatz in Höhe von 15 % der Besteuerung zugrunde zu legen, da es sich um eine „systemübergreifende Liquidation” handele.
Der Beklagte wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 09.08.2011 als unbegründet zurück. Er führte zur Begründung aus, die Aufteilung des Abwicklungszeitraums in die vier Besteuerungszeiträume entspräche dem Antrag der GmbH und sei ermessensgerecht erfolgt. Eine Änderung der Veranlagungen komme nicht in Betracht, da es sich bei diesen nicht um bloß vorläufige „Zwischenveranlagungen” handele.
Das Insolvenzverfahren ist bis heute nicht beendet. Grund ist allein das noch anhängige Steuerverfahren. Alles Andere war nach übereinstimmender Auskunft der Beteiligten vor Erlass der Feststellungsbescheide, aber nicht vor dem 1.1.2009, abgewickelt worden.
Am 09.09.2011 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor:
Die Behandlung der Zwischenveranlagungen als vorläufig ergebe sich aus dem Urteil des FG Brandenburg vom 23.01.2002 – 2 K 2272/98 K, U, F. Die Liquidation sei auch nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens fortgeführt worden, so dass für den gesamten Liquidationszeitraum der ab 2008 geltende Steuersatz in Höhe von 15 % anzusetzen sei. Unter dem Datum vom 04.11.2010, 11.08.2011 und 11.08.2011 seien jeweils die Körperschaftssteuerberechnungen für die Jahre 2008, 2009 und 2010 erstellt worden. Die bisherigen Veranlagungen seien aufzuheben und durch eine neue Veranlagung zu ersetzen oder hilfsweise unter Anwendung des Steuersatzes von 15 % abzuändern.
Der Kläger beantragt,
die Feststellungsbescheide vom 12.04.2011 dahingehend abzuändern, dass die Körperschaftsteuer nebst Nebenabgaben für 1998 bis 2007 unter Anwendung des Körperschaftsteuersatzes von 15 % neu festgestellt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet. Die Feststellungsbescheide vom 12.04.2011 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten, vgl. § 100 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung – FGO –.
Der Beklagte hat zu Recht für die „Zwischenveranlagungen” bzw. Berechnungen im Rahmen der Feststellungsbescheide nach § 251 Abs. 3 Abgabenordnung (AO) i.V.m. § 179 Insolvenzordnung (InsO) den zum Ende des jeweiligen Besteuerungszeitraums geltenden Steuersatz angewandt.
1. Der Senat sieht keinen Unterschied darin, dass im Streitfall für die Jahre 2001 bis 2003 und 2004 bis 2006 (anders als für 1998 bis 2000) wegen des zwischenzeitlich eröffneten Insolvenzverfahrens keine Veranlagungen, sondern lediglich Berechnungen durchgeführt wurden. Für die Ermittlung der Körperschaftsteuer kann es keinen Unterschied machen, dass Veranlagungen wegen des Insolvenzverfahrens nicht mehr erfolgen durften. Die Festlegung des Besteuerungszeitraums und die daraus folgende Ermittlung der zutreffenden Körperschaftsteuer kann nicht davon abhängen, ob die Liquidation der Kapitalgesellschaft innerhalb oder außerhalb eines Insolvenzverfahrens erfolgt.
2. Nach der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs (RFH) unterliegt in Liquidationsfällen, wenn sich während des Abwicklungszeitraums der gesetzliche Steuersatz ändert, der Abwicklungsgewinn dem am Ende jenes Zeitraums geltenden Steuersatz (RFH-Urteil vom 17. Januar 1939 I 418/38, RFHE 46, 47, RStBl 1939, 598). Ob diese Regel auch dann eingreift, wenn für einen Teil des Abwicklungszeitraums eine „Zwischenveranlagung” stattgefunden hat und erst nach Ablauf des von ihr erfassten Besteuerungszeitraums eine Änderung des Steuersatzes in Kraft getreten ist, ist noch nicht höchstrichterlich entschieden (BFH, Urteil vom 18.09.2007, I R 44/06, BFHE 219, 61).
a) Nach einer verbreiteten Ansicht ist davon auszugehen, dass die von § 11 Abs. 1 Satz 2 Körperschaftsteuergesetz (KStG) zugelassenen Zwischenveranlagungen nach Abschluss der Abwicklung durch eine endgültige Veranlagung für den gesamten Abwicklungszeitraum zu ersetzen sind und dass für diese endgültige Veranlagung allein das am Schluss des Abwicklungszeitraums geltende Steuerrecht maßgeblich ist (so etwa FG des Landes Brandenburg, Urteil vom 23.01.2002, 2 K 2272/98, EFG 2002, 432; Lenz in Erle/Sauter, Körperschaftsteuergesetz, 3 Aufl., § 11 Rn. 39; Lambrecht in Gosch, Körperschaftsteuergesetz, 2. Aufl., § 11 Rn. 34; Holland in Ernst & Young, Körperschaftsteuergesetz, § 11 Rn. 41; Schuhmann in Greif/Schuhmann, Kommentar zum Körperschaftsteuergesetz § 11 Rn. 33; Boochs in Lademann, KStG, § 11 Rn. 45; Micker in Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 11 Rn. 37; Küster, DStR 06, 209; verneinend: R 51 Abs. 4 KStR; Frotscher in Frotscher/Maas, KStG, GewStG, UmwStG, § 11 Rn. 43; Graffe in Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 11 Rn. 19; Hofmeister in Blümich, EStG, KStG, GewStG, § 11 Rn. 40 und 81; Olgemöller in Streck, Körperschaftsteuergesetz, 7. Aufl., § 11 Rn. 8 zwar für nur vorläufige Zwischenveranlagungen, jedoch gegen die Anwendung des zum Zeitpunkt der letzten Veranlagung geltenden Steuersatzes für vorherige Zwischenveranlagungen).
Folgte man dieser Ansicht, so müssten die Feststellungsbescheide die Änderungen berücksichtigen, die sich aus einer zusammenfassenden Veranlagung über den gesamten Abwicklungszeitraum ergeben. Eine zusammenfassende Veranlagung müsste am Ende des Abwicklungszeitraums erfolgen (BFH, Urteil vom 18.09.2007, I R 44/06, BFHE 219, 61). Vorliegend ist der Abwicklungszeitraum beendet. Er war mit der Insolvenzeröffnung noch nicht beendet, da bei Insolvenzeröffnung die Abwicklung gem. § 11 Abs. 7 KStG entsprechend fortgeführt wird, wenn eine Abwicklung unterbleibt, weil über das Vermögen des unbeschränkt Steuerpflichtigen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Der Abwicklungszeitraum in der Insolvenz endet mit der Beendigung des Insolvenzverfahrens. Das Insolvenzverfahren gilt steuerlich als beendet, wenn es nur deshalb noch nicht formell beendet ist, weil lediglich die Höhe der Schlusssteuer noch nicht bekannt ist (RFH, Urteil vom 05.03.1940, I 44/40, RStBl. 40, 715). Schlusssteuer ist die Steuer, die durch die Entstrickung (d.h. mit der Aufdeckung der stillen Reserven in den Wertansätzen des Betriebsvermögens im Falle der Betriebsaufgabe) entsteht (Jünger, BB 01, 69 (71)).
Da nach übereinstimmender Auskunft der Beteiligten alle übrigen Abwicklungsmaßnahmen vor Erlass der Feststellungsbescheide, allerdings nach dem 31.12.2008, beendet waren, steht im Insolvenzverfahren nur noch die Feststellung der Körperschaftsteuer für den Abwicklungszeitraum, also die Schlusssteuer, im Streit, so dass das Insolvenzverfahren für die Zwecke des Feststellungsbescheids steuerlich als beendet gilt.
b) Der Ansicht, Zwischenveranlagungen hätten nur vorläufigen Charakter, kann nicht gefolgt werden. Ändert sich während des Abwicklungszeitraums der gesetzliche Steuersatz, so hat dies keine Auswirkungen auf die vergangenen Besteuerungszeiträume.
aa) Der Wortlaut des § 11 KStG gibt keinen eindeutigen Aufschluss über den Charakter der Zwischenveranlagungen als endgültig oder vorläufig.
Gem. § 11 Abs. 1 Satz 1 KStG ist der im Zeitraum der Abwicklung erzielte Gewinn der Besteuerung zugrunde zu legen. Damit wird die Grundregel aufgestellt, dass der gesamte Abwicklungszeitraum als einheitlicher Besteuerungszeitraum gilt. Gem. § 11 Abs. 1 Satz 2 KStG soll der Besteuerungszeitraum drei Jahre nicht übersteigen. Damit legt Satz 2 insofern eine Ausnahme von Satz 1 fest, als der Gesetzgeber die Aufteilung des Abwicklungszeitraums in mehrere Besteuerungszeiträume bei langer Abwicklungsdauer vorsieht (so auch Frotscher in Frotscher/Maas, KStG, GewStG, UmwStG, § 11 Rn. 23). Die Reichweite dieser Ausnahme ist dem Wortlaut nicht zu entnehmen. Weder kann daraus gefolgert werden, dass eine endgültige Veranlagung des im gesamten Abwicklungszeitraums erwirtschafteten Gewinns entbehrlich ist, noch kann daraus gefolgert werden, dass Satz 2 lediglich eine Verfahrensvorschrift ohne materiell-rechtlichen Regelungsgehalt darstellt, so dass die Zwischenveranlagungen bloß vorläufig wären.
bb) Auch dem Wortlaut des § 11 Abs. 2 und 3 KStG, lässt sich nicht eindeutig entnehmen, ob die Zwischenveranlagungen vorläufigen oder endgültigen Charakter haben. Nach § 11 Abs. 2 und 3 KStG ist zur Ermittlung des Gewinns im Sinne des Absatzes 1 das Abwicklungs-Endvermögen dem Abwicklungs-Anfangsvermögen gegenüberzustellen, wobei das Abwicklungs-Endvermögen das zur Verteilung kommende Vermögen ist, vermindert um die steuerfreien Vermögensmehrungen, die dem Steuerpflichtigen in dem Abwicklungszeitraum zugeflossen sind.
Da der Gesetzgeber die Abwicklung innerhalb von drei Jahren als Regelfall angesehen hat (vgl. BFH, Urteil vom 18.09.2007, I R 44/06, BFHE 219, 61 m.w.N.), ist der restliche Normtext sprachlich auf diesen Regelfall ausgerichtet. Der Normtext kann jedoch ohne Mühe entsprechend auf die Ausnahmeregelung des § 11 Abs. 1 Satz 2 KStG angewandt werden (so etwa BFH, Urteil vom 14.12.1965, I 246/62 U, BStBl. III 1966, 152, wonach im Rahmen einer Zwischenveranlagung das vorläufige Abwicklungsendvermögen herangezogen wurde, für welches anknüpfend an § 14 Abs. 4 KStG (§ 11 Abs. 4 KStG n.F.) die allgemeinen Bewertungsvorschriften des Bewertungsgesetzes (BewG) maßgeblich waren). Durch die Abs. 2 und 3 wird lediglich festgelegt, dass der gesamte Abwicklungsgewinn unter Aufdeckung der stillen Reserven der Besteuerung zugrunde gelegt wird, nicht jedoch, ob der gesamte Abwicklungsgewinn auf mehrere Besteuerungszeiträume aufgeteilt werden darf oder letztlich ein einheitlicher Endbesteuerungszeitraum zu bilden ist.
cc) Sinn und Zweck des § 11 Abs. 1 Satz 2 KStG ist es, den Steueranspruch zu sichern. Die Regelung dient namentlich der Vermeidung von Schwierigkeiten, die sich bei einer streng auf den gesamten Abwicklungszeitraum abstellenden Besteuerung daraus ergeben könnten, dass die Liquidation lange andauert oder nur zum Schein durchgeführt wird (vgl. BFH, Urteil vom 22.02.2006, I R 67/05, BFHE 213, 301; siehe auch Gesetzesbegründung in RStBl. 1935, 85).
Diesem Ziel wird nur dann genügend Rechnung getragen, wenn § 11 Abs. 1 Satz 2 KStG dahingehend ausgelegt wird, dass die durchgeführten Zwischenveranlagungen endgültig sind.
Es gibt Liquidationen, die sich, wie die vorliegende, über einen Zeitraum von über zehn Jahren erstrecken. Dabei können zum Teil mehrere Steuersatzänderungen durchlaufen werden. Bliebe der angewandte Steuersatz vorläufig, so könnte sich noch nach Jahrzehnten eine erhebliche Differenz zwischen verbuchten Einnahmen und der tatsächlichen Steuerschuld ergeben. In diesem Fall entsprächen die Zwischenveranlagungen ihrer Funktion nach bloßen Vorauszahlungsbescheiden. Eine derart lange steuerliche Ungewissheit ist mit den Grundsätzen der Rechts- und Planungssicherheit sowohl für den staatlichen Haushalt als auch für den Steuerpflichtigen unvereinbar, je nachdem, zu wessen Gunsten oder Lasten sich der Steuersatz ändert. Auch ergäben sich im Falle von Scheinliquidationen erhebliche Missbrauchsmöglichkeiten. So könnte die endgültige Liquidation so lange hinausgezögert werden, bis der erwünschte Steuersatz zum Tragen käme, um so den bereits realisierten Gewinn in vergangenen Besteuerungszeiträumen einem günstigeren Steuersatz zu unterziehen. Dies stünde zudem mit dem allgemeinen Gleichheitsrecht nach Art. 3 Abs. 1 GG in Konflikt, da die in ein und demselben Besteuerungszeitraum realisierten Gewinne ungleich besteuert würden, nur weil die eine Liquidation länger andauert als die andere.
Dem kann auch nicht entgegnet werden, dass die Finanzbehörden die Möglichkeit haben, Scheinliquidationen aufzudecken und entsprechend zu reagieren. Die Finanzbehörden sollen durch § 11 Abs. 1 Satz 2 KStG gerade von der Last befreit werden, durch aufwendige Ermittlungen den Nachweis einer Scheinliquidation zu führen. Die Aufteilung des Abwicklungszeitraums in mehrere nicht bloß vorläufige Besteuerungszeiträume minimiert den möglichen steuerlichen Schaden durch verzögerte oder nur scheinbar durchgeführte Liquidationen.
Im Urteil des FG des Landes Brandenburg und in Teilen der Literatur (beispielhaft: Holland in Ernst & Young, Körperschaftsteuergesetz, § 11 Rn. 42) wird als Argument für die Vorläufigkeit der Zwischenveranlagungen vorgebracht, es drohe anderenfalls eventuell der endgültige Verlust der Verlustvortrags- bzw. -rücktragsmöglichkeiten. Bestünden mehrere endgültige Besteuerungszeiträume, sei nicht sichergestellt, dass alle in der Abwicklung entstehenden Verluste zur Verrechnung kämen, wohingegen bei einem einheitlichen, endgültigen Besteuerungszeitraum alle Gewinne und Verluste im Abwicklungszeitraum untereinander verrechnet werden könnten und der Restbetrag durch Verlustrücktrag geltend gemacht werden könnte, soweit möglich.
Dem kann nicht gefolgt werden. Diese Problematik beschreibt lediglich jenes grundsätzliche Spannungsverhältnis zwischen dem Abschnittsprinzip und dem Leistungsfähigkeitsprinzip, das eigentlich eine abschnittsübergreifende Nettobesteuerung erfordern würde. Das Prinzip der Abschnittsbesteuerung wird von § 11 Abs. 1 Satz 1 KStG zwar durchbrochen, die Durchbrechung ist jedoch nicht grenzenlos (so auch Graffe in Dötsch/Jost/Pung/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 11 Rn. 19; vgl. auch Sinn und Zweck des § 11 Abs. 1 Satz 2 KStG, der eingefügt wurde, nachdem dem Gesetzgeber die Probleme durch die Abkehr von der Abschnittsbesteuerung offenbar wurden. Es kann von dem Normalfall der Besteuerung spätestens nach drei Jahren nach Ermessen der Finanzbehörde nur deshalb abgewichen werden, um den besonderen Verhältnissen des einzelnen Falles auch durch eine weitere Ausdehnung des Besteuerungszeitraums Rechnung zu tragen (vgl. Gesetzesbegründung in RStBl. 1935, 85: „Die neue Vorschrift ist eine Sollvorschrift, um dem Finanzamt das Recht zu geben, die Gesellschaften spätestens nach Ablauf von drei Jahren zur Steuer heranzuziehen, andererseits aber die Möglichkeit zu schaffen, den besonderen Verhältnissen des einzelnen Falles auch durch eine weitere Ausdehnung des Besteuerungszeitraums Rechnung zu tragen.”)). Soweit die Gefahr droht, dass Verluste nicht ausreichend vorgetragen werden könnten, ist dies allein der Vollbeendigung der Gesellschaft zuzurechnen. Könnte ein Verlust wegen der durch die Deckelung des Verlustabzugsbetrags gem. § 10d Abs. 2 Satz 1 EStG bewirkten zeitlichen Streckung des Verlustvortrags nicht ausreichend vorgetragen werden, so stünde allenfalls die Verfassungsmäßigkeit der Mindestbesteuerung in Frage, nicht die der endgültigen Zwischenveranlagungen. Eine solche Deckelung ist im vorliegenden Fall nicht gegeben.
Droht die Gefahr, dass der Verlust nicht ausreichend zurückgetragen werden könnte, so ist dies allgemeiner Ausdruck der Abschnittsbesteuerung. Der besonderen Situation einer sich in Liquidation befindlichen Gesellschaft, nämlich dass ihr Zweck auf die Abwicklung und nicht mehr auf das laufende Geschäft gerichtet ist und Verlustvorträge somit absehbar zeitlich begrenzt sind, wird durch die Anwendung des bereits auf drei Jahre verlängerten Besteuerungszeitraums ausreichend Rechnung getragen. Dieser zulässigerweise pauschalierte Zeitraum kann zudem nach pflichtgemäßem Ermessen verlängert werden. Außerdem steht es im pflichtgemäßen Ermessen der Finanzbehörden, ob sich an den ersten Besteuerungszeitraum ein weiterer Dreijahreszeitraum anschließt oder wieder jährlichen besteuert wird (FG des Landes Brandenburg, Urteil vom 23.01.2002, 2 K 2272/98, EFG 2002, 432). Dabei kann berücksichtigt werden, ob die Liquidation aus Gründen, die der Steuerpflichtige nicht zu vertreten hat, länger als drei Jahre dauert.
dd) Ein Ermessensfehler bei der Wahl der Besteuerungszeiträume seitens des Beklagten ist nicht ersichtlich. Der Beklagte hat sich vielmehr an den Jahresabschlüssen orientiert, die die GmbH jeweils für Dreijahreszeiträume erstellt hatte.
3. Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 135 Abs.1 FGO.
4. Die Revision wird gem. § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alt. 1 zum Zwecke der Rechtsfortbildung zugelassen. Denn es handelt sich um eine ungeklärte abstrakte Rechtsfrage, die Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Bestimmungen des materiellen Rechts aufzustellen und die über den konkreten Einzelfall hinaus für die Allgemeinheit von Interesse ist. Die Rechtsfrage ist inhaltlich klärungsbedürftig, da die Rechtslage nicht ein deutig ist und ein Meinungsstreit zu dem Thema vorliegt. Die Rechtsfrage ist auch klärungsfähig, da sie entscheidungserheblich ist. Denn bei Annahme bloßer Vorläufigkeit der Zwischenveranlagungen müssten die Feststellungsbescheide geändert werden, da der Abwicklungszeitraum als beendet gilt.