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· Fachbeitrag · Altersversorgung

In diesen Fällen sind Altersgrenzen in der betrieblichen Altersversorgung zulässig

von Dr. Claudia Veh, Schweizer Leben PensionsManagement GmbH, Garching

| In Versorgungszusagen der betrieblichen Altersversorgung (bAV) finden sich häufig Regelungen, die an ein bestimmtes Alter anknüpfen. Solche Regelungen werden an den Vorgaben des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) gemessen. In der Praxis stellt sich da die Frage, wann solche Altersgrenzen in der bAV zulässig sind. Ein Überblick. |

1. Kriterien für die bAV nach dem AGG

Ungleichbehandlungen wegen des Alters sind grundsätzlich unzulässig (§ 7 Abs. 1, § 1 AGG). Eine Ungleichbehandlung kann ausnahmsweise zulässig sein, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist (§ 10 S. 3 Nr. 4 AGG). Es gibt Sachverhalte, bei denen die Ungleichbehandlung wegen Alters nach § 10 S. 3 Nr. 4 AGG gerechtfertigt ist: Das sind z. B.:

 

  • Die Festsetzung von Altersgrenzen bei den betrieblichen Systemen der sozialen Sicherheit als Voraussetzung
    • für die Mitgliedschaft oder
    • den Bezug von Altersrente oder von Invaliditätsleistungen.

 

  • Die Festsetzung unterschiedlicher Altersgrenzen im Rahmen dieser Systeme für bestimmte Beschäftigte oder Gruppen von Beschäftigten.

 

  • Die Verwendung von Alterskriterien im Rahmen dieser Systeme für versicherungsmathematische Berechnungen.

 

Beachten Sie | Das AGG gilt auch in der bAV. Dies gilt jedoch nur, soweit das BetrAVG keine Sonderregelungen enthält, so das BAG (Urteil vom 11.12.07, Az. 3 AZR 249/06, Abruf-Nr. 161850).

2. Altersgrenzen

Das BAG räumt Arbeitgebern einen weiten Spielraum ein, die Betriebsrenten zu gestalten. Denn Arbeitgeber müssen die Möglichkeit haben, ihr Risiko zu begrenzen, um die Leistungen der bAV für sich überschaubar und kalkulierbar zu halten.

 

  • Altersgrenzen

Mindestbezugsalter

  • Untergrenze für Bezug: Die Finanzverwaltung verlangt als Untergrenze für den Bezug der bAV
    • bei Zusagen, die vor dem 1.1.12 erteilt wurden, mindestens das 60. Lebensjahr, bzw.
    • bei Zusagen, die nach dem 31.12.11 erteilt wurden bzw. werden, mindestens das 62. Lebensjahr (BMF, Schreiben vom 6.12.17, Az. IV C 5 ‒ S 2333/17/10002, Abruf-Nr. 198275).
  • Wichtig | Bei einer früheren Altersgrenze handelt es sich nicht um eine bAV.

Mindestalter

Bestimmte Ansprüche werden in der Praxis davon abhängig gemacht, dass der Arbeitnehmer ein bestimmtes Mindestalter erreicht hat:

  • Unverfallbarkeit: § 1b Abs. 1 S. 1 BetrAVG bestimmt das Mindestalter von 21 Jahren für den Erwerb einer unverfallbaren Anwartschaft. Das ist nach den Vorgaben des § 10 AGG gerechtfertigt.
  • Anrechenbare Dienstzeit: Zulässig ist es, das vollendete 17. Lebensjahr als Mindestalter bei den anrechenbaren Dienstjahren zur Berechnung des Ruhegehalts zu berücksichtigen (BAG, Urteil vom 26.9.17, Az. 3 AZR 72/16, Abruf-Nr. 199197).
  • Invaliditätsversorgung: Wirksam ist eine Bestimmung, wonach ein Anspruch auf eine Invalidenrente bei Berufsunfähigkeit nur besteht, wenn der Arbeitnehmer bei Eintritt des Versorgungsfalls mindestens das 50. Lebensjahr vollendet hat (BAG, Urteil vom 10.12.13, Az. 3 AZR 796/11, Abruf-Nr. 133933).

Höchstalter

  • Zugangsalter: Ein Höchstalter wird oft für den Zugang zu einem Versorgungssystem festgelegt. Ein Höchstalter von
  • Alter für Eheschluss in der Hinterbliebenenversorgung: Spätehenklauseln schließen die Hinterbliebenenversorgung aus, wenn die Ehe nach einem bestimmten Zeitpunkt geschlossen wird, z. B. nach der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses, nach Eintritt des versorgungsberechtigten Arbeitnehmers in den Ruhestand oder nach Vollendung eines bestimmten (z. B. des 60.) Lebensjahres. Der EuGH hält eine an das 60. Lebensjahr anknüpfende Spätehenklausel für zulässig (EuGH, Urteil vom 24.11.16, Rs. C-443/15, Abruf-Nr. 199909) ‒ im Gegensatz zum BAG (Urteil vom 4.8.15, Az. 3 AZR 137/13, Abruf-Nr. 145143).
  • Altersabstand von Ehegatten für Hinterbliebenenversorgung: Sieht eine Altersabstandsklausel vor, dass Ehegatten nur dann eine Hinterbliebenenversorgung erhalten, wenn sie nicht mehr als 15 Jahre jünger als der Versorgungsberechtigte sind, liegt darin keine gegen das AGG verstoßende Diskriminierung wegen des Alters (BAG, Urteil vom 20.2.18, Az. 3 AZR 43/17, Abruf-Nr. 199788).
  • Überführung in neues Versorgungssystem: Bei der Überführung einer Versorgungsordnung in ein neues System ist der Ausschluss von Arbeitnehmern zulässig, die das 63. Lebensjahr vollendet haben. Ausschlaggebend war für das BAG die seinerzeitige Regelaltersgrenze von 65 Jahren und das im Unternehmen übliche Ausscheiden spätestens mit 63 Jahren (BAG, Urteil vom 17.9.13, Az. 3 AZR 686/11, Abruf-Nr. 133962).

Wartezeit

In der bAV wirkt eine Wartezeit wie ein Höchstaufnahmealter bzw. eine Mindestdienstzugehörigkeit.

  • Wartezeit vor Erreichen der Regelaltersgrenze: Zulässig ist eine Regelung, nach der ein Versorgungsanspruch von der Erfüllbarkeit einer 15-jährigen Wartezeit vor Erreichen der Regelaltersgrenze abhängt (BAG, Urteil vom 12.2.13, Az. 3 AZR 100/11, Abruf-Nr. 130759).
 

Besonderheiten bei Entgeltumwandlung

Bei einer Entgeltumwandlung im Rahmen des § 1a BetrAVG können bestimmte Personen nicht von der bAV ausgeschlossen werden, z. B. durch eine Mindest- oder Höchstaltersgrenze. Denn unabhängig von seinem Alter hat jeder in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversicherte Arbeitnehmer ‒ auch ein nur befristet Beschäftigter ‒ das Recht, bis zu 4 Prozent der rentenversicherungsrechtlichen Beitragsbemessungsgrenze (im Jahr 2018 3.120 EUR) von seinem Bruttogehalt in eine Anwartschaft auf bAV umzuwandeln.

 

PRAXISTIPP | In der Praxis kann sich hier ein Problem ergeben, wenn die von Lebensversicherern angebotenen Tarife ein bestimmtes Höchsteintrittsalter bzw. eine Mindestlaufzeit bis zur Fälligkeit des Versicherungsvertrags vorsehen. Inzwischen gibt es jedoch Anbieter, die Personen bis Eintrittsalter 65 versichern. Sprich: Dieses Problem ist also lösbar.

 
Quelle: Ausgabe 05 / 2018 | Seite 87 | ID 45267935