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· Fachbeitrag · Berufsunfähigkeitsversicherung

Ohne nachvollziehbare Begründung darf Versicherer Zahlungen nicht einstellen

| Das OLG Celle hat klargestellt, dass ein Versicherer eine nachvollziehbare Begründung mitteilen muss, wenn er beabsichtigt, Zahlungen aus einer Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung einzustellen. |

 

Sachverhalt

Der Kläger hatte bei der Beklagten eine Lebensversicherung mit eingeschlossener Berufsunfähigkeits-Zusatzversicherung abgeschlossen. Daraus erhielt er Leistungen wegen einer unfallbedingten Berufsunfähigkeit. Die Leistungen hatte die Beklagte gegenüber dem Kläger schriftlich und ohne zeitlich Befristung anerkannt. Kein Jahr später teilte sie dem Kläger lapidar mit, die Leistungsvoraussetzungen würden nicht mehr vorliegen, weshalb keine Versicherungsleistungen mehr erbracht würden. Der Kläger hatte dagegen vor dem LG Erfolg. Die Berufung der Beklagten blieb erfolglos (OLG Celle 19.11.18, 8 U 139/18, Abruf-Nr. 206985)

 

Entscheidungsgründe

Indem die beklagte Versicherung den Eintritt des Versicherungsfalls uneingeschränkt anerkannt hat, hat sie die Möglichkeit verloren, sich später auf das Fehlen der beruflichen oder gesundheitlichen Voraussetzungen zu berufen. Auch eine zum Zeitpunkt der Abgabe bereits vorhandene Verweisungsmöglichkeit kann nicht mehr nachgeschoben werden. Von ihrer damit gegebenen Leistungspflicht kann die Beklagte daher nur frei werden, wenn eine der in den Versicherungsbedingungen vereinbarten besonderen Voraussetzungen vorliegt. Danach wäre sie zur Einstellung der Leistungen berechtigt, wenn ihr Versicherter aufgrund eingetretener Genesung nicht mehr (bzw. nur mindestens 50 %) berufsunfähig ist und sie ihm dies mitteilt.

 

Damit der Versicherungsnehmer seine Prozessrisiken abschätzen kann, muss diese Mitteilung eine nachvollziehbare Begründung enthalten. Dafür sind dem Versicherungsnehmer eingeholte Gutachten oder ärztliche Bescheinigungen zugänglich zu machen, auf die sich die Entscheidung stützt. Erforderlich ist insbesondere eine Vergleichsbetrachtung des Gesundheitszustands des Versicherten bei Anerkenntnis der Leistungspflicht und dem (angeblich) veränderten Gesundheitszustand zum Zeitpunkt der Leistungseinstellung.

 

Relevanz für die Praxis

Der Vortrag dazu kann auch noch im Rechtsstreit selbst nachgeholt werden. Es reicht aber nicht, dass der Versicherer bloß die von ärztlichen Gutachtern geschätzten Grade der Berufsunfähigkeit zum damaligen und jetzigen Zeitpunkt gegenüberstellt (BGH 28.4.99, IV ZR 123/98). Denn: Ärzten steht ein Beurteilungsspielraum für individuell unterschiedliche Schätzungen zu. Deshalb kann nicht ausgeschlossen werden, dass anstatt einer gesundheitlichen Verbesserung nur eine subjektiv andere Beurteilung eines Gutachters zugrunde liegt. Diese berechtigt den Versicherer aber nicht zur Leistungseinstellung.

Quelle: Ausgabe 03 / 2019 | Seite 43 | ID 45745400