· Fachbeitrag · Einkommensteuer
Musterprozess beim BFH: Darf der Alters-entlastungsbetrag den Verlustvortrag erhöhen?
| Erzielen Ihre Mandanten insgesamt negative Einkünfte, stellt das Finanzamt gesondert einen Verlust fest, der ins Vorjahr zurücktragen oder in spätere Jahre vortragen werden kann. Der BFH muss sich jetzt mit der Frage befassen, ob ein Altersentlastungsbetrag, der bei der Ermittlung der Einkünfte im Einkommensteuerbescheid berücksichtigt worden war, den Verlust erhöht. Die Sache hat Brisanz. So wahren Sie Ihre Rechte. |
1. Die Grundsätze zum Altersentlastungsbetrag
Der Altersentlastungsbetrag ist in § 24a EStG geregelt. Anspruch darauf hat man, wenn man
- im Vorjahr seinen 64. Geburtstag gefeiert hat und
- neben der Rente positive Einkünfte erzielt hat. Als solche werden herangezogen der Arbeitslohn (= Bruttobetrag vor Abzug von Werbungskosten) und alle Einkünfte, die nicht aus unselbstständiger Arbeit resultieren.
a) So wird der Altersentlastungsbetrag ermittelt
Die Höhe des Altersentlastungsbetrags richtet sich nach dem Jahr, in dem der 64. Geburtstag stattfand. Er gilt dann prozentual und bezüglich des Höchstbetrags bis zum Lebensende. Sind Sie also z. B. im Jahr 2017 64 Jahre alt geworden, beträgt der Altersentlastungsbetrag ab 2018 und in jedem folgenden Jahr 19,2 Prozent, maximal 912 EUR.
b) Beispiel zeigt Ermittlungsschema
Bei der Ermittlung werden auch negative Einkünfte berücksichtigt. Ist die Summe der Einkünfte nach der Saldierung negativ, hat das keine Folgen.
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Ein alleinstehender Rentner ist im Jahr 2017 64 Jahre alt geworden. Er arbeitet noch ein bisschen nebenher und hat daraus im Jahr 2018 ein Bruttogehalt von 1.000 EUR bezogen. Seine gesetzliche Rente beträgt 2.500 EUR. Außerdem wird unterstellt, dass er im Fall 1 Einkünfte aus Vermietung von ‒3.000 EUR und Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 10.000 EUR bezogen hat bzw. im Fall 2 Einkünfte aus Vermietung von ‒3.000 EUR und Einkünfte aus Gewerbebetrieb von 2.000 EUR. Der Altersentlastungsbetrag berechnet sich wie folgt: | ||
Fall 1 | Fall 2 | |
Bruttoarbeitslohn | 1.000 EUR | 1.000 EUR |
Gesetzliche Rente | Nicht begünstigt | Nicht begünstigt |
Positive Summe weiterer Einkünfte | 7.000 EUR | 0 EUR, da Summe negativ |
Altersentlastungsbetrag | 912 EUR (8.000 EUR x 19,2 %, maximal 912 EUR) | 192 EUR (1.000 EUR x 19,2 %) |
2. Beim BFH: Altersentlastungsbetrag und Verlustvortrag
Bisher ist es so, dass das Finanzamt bei der Ermittlung eines Verlustabzugs einen Altersentlastungsbetrag nicht berücksichtigt. Die Sachbearbeiter im Finanzamt befolgen hier eine für sie bindende Regelung in R. 10d Abs. 1 EStR.
Dort steht, dass der Altersentlastungsbetrag (§ 24a EStG), der Freibetrag für Land- und Forstwirte (§ 13 Abs. 3 EStG) und der Entlastungsbetrag für Alleinerziehende (§ 24b EStG) bei der Ermittlung des Verlustabzugs nach § 10d EStG nicht berücksichtigt werden.
a) FG Köln stellt Handhabung durch Finanzverwaltung infrage
Das FG Köln hat aktuell aber klargestellt, dass bei der Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs nach § 10d Abs. 4 S. 4 EStG die Bemessungsgrundlage so zu berücksichtigen ist, wie sie bei den Steuerfestsetzungen festgestellt wird. Das gilt entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung nicht nur für die nach horizontalem und vertikalem Verlustausgleich verbleibende negative Summe der Einkünfte, sondern auch für die im Einkommensteuerbescheid dieses Veranlagungszeitraums berücksichtigten Altersentlastungsbeträge (FG Köln 12.12.18, 10 K 1730/17, Abruf-Nr. 207634).
b) Beispiel zeigt Auswirkung in der Praxis
Das folgende Beispiel zeigt, wie sich die Entscheidung des FG Köln in der Praxis auswirkt.
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Das Finanzamt stellt für ein Ehepaar im Einkommensteuerbescheid einen Verlust in Höhe von 100.000 EUR fest. In diesem Verlust steckt für die Ehefrau ein Altersentlastungsbetrag in Höhe von 1.300 EUR (sie ist im Jahr 2011 64 Jahre alt geworden) und für den Ehemann in Höhe von 800 EUR. | ||
So rechnet das Ehepaar | So rechnet die Finanzverwaltung | |
Verlust lt. Einkommensteuerbescheid | 100.000 EUR | 100.000 EUR |
Festgestellter Verlust nach § 10d EStG | 100.000 EUR (FG Köln, Urteil vom 12.12.18, Az. 10 K 1730/17) | 97.900 EUR |
Beachten Sie | Die Finanzverwaltung hat gegen die Entscheidung des FG Köln Revision beim BFH eingelegt. Sie trägt das Az. IX R 3/19. In vergleichbaren Fällen müssen Sie also Einspruch gegen nachteilige Steuerbescheide einlegen und das Ruhen des Verfahrens beantragen.