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· Fachbeitrag · Mandanten fragen

Welche Gefahren birgt eine Betriebsaufspaltung? (Teil 2)

von StB Christoph Wenhardt, Brühl

| Der Senior S, der an seine GmbH ein Grundstück vermieten will, stellt an Sie als Rechtsanwalt in Bezug auf die personelle Verflechtung und auf erbschaftsteuerliche Auswirkungen die folgenden Fragen: |

 

Frage: Wann tritt der einheitliche geschäftliche Betätigungswille am klarsten zutage?

 

Antwort: Der einheitliche geschäftliche Betätigungswille tritt am klarsten zutage, wenn an beiden Unternehmen dieselben Personen im gleichen Verhältnis beteiligt sind.

 

  • Beispiel

A und B sind an der AB-GbR zu jeweils 50 Prozent beteiligt. Gleichzeitig sind A und B auch an der AB-GmbH zu jeweils 50 Prozent beteiligt. Die GbR verpachtet ein Grundstück an die GmbH, welches eine wesentliche Betriebsgrundlage für die GmbH darstellt.

 

Lösung

Es ist unstreitig eine personelle Verflechtung gegeben, die auch ‒ da die sachliche Verflechtung gegeben ist ‒ eine Betriebsaufspaltung zur Folge hat.

 

Frage: Müssen für einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen an beiden Unternehmen die gleichen Beteiligungen derselben Personen bestehen?

 

Antwort: Dies ist nicht notwendig. Es genügt, dass die Personen, die das Besitzunternehmen tatsächlich beherrschen, in der Lage sind, auch in dem Betriebsunternehmen ihren Willen durchzusetzen.

 

Frage: Liegt eine personelle Verflechtung bei Interessengegensätzen vor?

 

Antwort: Ein einheitlicher geschäftlicher Betätigungswille ist nicht anzunehmen, wenn nachgewiesen wird, dass zwischen den an dem Besitzunternehmen und dem Betriebsunternehmen beteiligten Personen tatsächlich Interessengegensätze aufgetreten sind.

 

Frage: Wann ist eine faktische Beherrschung anzunehmen?

 

Antwort: Eine faktische Beherrschung ist z. B. anzunehmen, wenn der Alleininhaber des Besitzunternehmens und alleinige Geschäftsführer der Betriebskapitalgesellschaft aufgrund tatsächlicher Machtstellung jederzeit in der Lage ist, die Stimmenmehrheit in der Betriebskapitalgesellschaft zu erlangen.

 

In den folgenden Fällen ist hingegen keine faktische Beherrschung anzunehmen:

 

  • a) Bei einer auf Lebenszeit eingeräumten Geschäftsführerstellung in dem Betriebsunternehmen für den Besitzunternehmer,
  • b) bei Beteiligung nicht völlig fachunkundiger Gesellschafter an dem Betriebsunternehmen,
  • c) in den Fällen, in denen die das Besitzunternehmen beherrschenden Ehemänner bzw. Ehefrauen bei der Betriebskapitalgesellschaft, deren Anteile von den Ehefrauen bzw. Ehemännern gehalten werden, angestellt sind und vertraglich die Gesellschaftsanteile den Ehefrauen bzw. Ehemännern entzogen werden können, falls das Arbeitsverhältnis des jeweiligen Ehemanns bzw. der jeweiligen Ehefrau beendet wird.

 

Frage: Was versteht man unter einem Wiesbadener Modell?

 

Antwort: Bei einem Wiesbadener Modell ist an dem Besitzunternehmen der eine Ehegatte und an dem Betriebsunternehmen der andere Ehegatte beteiligt. Folge davon ist, dass keine Betriebsaufspaltung vorliegt.

 

  • Beispiel

Ehemann EM ist Alleingesellschafter an der EM-GmbH. Die Ehefrau EF hat ein Grundstück, welches sie an die GmbH verpachtet, wobei das Grundstück eine wesentliche Betriebsgrundlage für die GmbH darstellt.

 

Lösung

Hier handelt es sich um das sogenannte Wiesbadener Modell, es liegt somit keine Betriebsaufspaltung vor. EF erzielt Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

 

Frage: Welche Besonderheiten ergeben sich bei der Betriebsaufspaltung bei der Zusammenrechnung der Anteile von Eltern und Kindern?

 

Antwort: Es liegt eine Betriebsaufspaltung vor (siehe hierzu die R 15.7 Abs. 8 EStR):

 

  • a) Einem Elternteil oder beiden Elternteilen und einem minderjährigen Kind an beiden Unternehmen sind jeweils zusammen die Mehrheit der Stimmrechte zuzurechnen.
  • b) Es ist beiden Elternteilen an einem Unternehmen zusammen die Mehrheit der Stimmrechte zuzurechnen und sie halten nur zusammen mit dem minderjährigen Kind am anderen Unternehmen die Mehrheit der Stimmrechte, wenn das Vermögenssorgerecht beiden Elternteilen zusteht.

 

Es liegt keine Betriebsaufspaltung vor (siehe hierzu die R 15.7 Abs. 8 EStR):

 

  • a) Nur ein Elternteil hält an dem einen Unternehmen die Mehrheit der Stimmrechte und an dem anderen Unternehmen hält er zusammen mit dem minderjährigen Kind die Mehrheit der Stimmrechte.
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PRAXISTIPP | Zu einer personellen Verflechtung kommt es hier aber,

  • wenn das Vermögenssorgerecht allein beim beteiligten Elternteil liegt.
  • Hier ist aber das Urteil des FG Baden-Württemberg vom 29.1.19 ‒ 11 K 1398/16 zu beachten. Nach diesem ist in solch einem Fall keine Betriebsaufspaltung gegeben. Das FG hat aber die Revision zugelassen.
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  • Oder wenn das Vermögenssorgerecht bei beiden Elternteilen liegt und zusätzlich zur ehelichen Lebensgemeinschaft gleichgerichtete wirtschaftliche Interessen der Ehegatten vorliegen.
 
  • b) Nur einem Elternteil sind an dem einen Unternehmen die Mehrheit der Stimmrechte zuzurechnen. An dem anderen Unternehmen halten beide Elternteile zusammen mit dem minderjährigen Kind die Mehrheit der Stimmrechte.
  •  

PRAXISTIPP | Zu einer personellen Verflechtung kommt es hier aber, wenn die Elternanteile zusammengerechnet werden können und das Vermögenssorgerecht beiden Elternteilen zusteht.

 

Frage: Was ist, wenn nur eine mittelbare Beteiligung gegeben ist?

 

Antwort: Auch eine mittelbare Beteiligung kann einem Gesellschafter den maßgeblichen Einfluss auf das Betriebsunternehmen gewähren.

 

Frage: Spielt die Betriebsaufspaltung auch bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer eine Rolle?

 

Antwort: Für Unternehmensvermögen werden bei der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer verschiedene Verschonungen gewährt. Dies sind u. a. ein Verschonungsabschlag, ein Abzugsbetrag, eine Tarifbegrenzung oder eine Stundung (siehe u. a. § 13a ErbStG, § 19a ErbStG und § 28 ErbStG). Die Vergünstigungen hängen aber von verschiedenen Voraussetzungen ab. Unter anderem wirkt sich hierbei auch das sogenannte Verwaltungsvermögen aus. Vor allem wenn das begünstigungsfähige Vermögen nahezu ausschließlich aus Verwaltungsvermögen besteht, ist es von jeder Verschonung ausgenommen. Dies ist immer dann der Fall, wenn das begünstigungsfähige Vermögen zu mindestens 90 Prozent aus Verwaltungsvermögen besteht. Was alles zum Verwaltungsvermögen gehört, ergibt sich aus § 13b Abs. 4 ErbStG.

 

Zum Verwaltungsvermögen rechnen hierbei auch Grundstücke, die an Dritte zur Nutzung überlassen sind. Handelt es sich jedoch um Grundstücke, die im Rahmen einer Betriebsaufspaltung überlassen werden, gehören sie nicht zum Verwaltungsvermögen. Dies gilt aber nur, soweit die Betriebsgesellschaft das Grundstück unmittelbar nutzt.

 

PRAXISTIPP | Überlässt die Betriebsgesellschaft das Grundstück an einen Dritten, dann führt dies zu Verwaltungsvermögen.

 
Quelle: Ausgabe 06 / 2021 | Seite 106 | ID 47373891