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· Fachbeitrag · Mandanten fragen

Welche Möglichkeiten ergeben sich bei größerem Erhaltungsaufwand? (Teil 1)

| Der Senior S, dem im Rahmen seiner Grundstücksvermietung Reparaturkosten für dieses angefallen sind, stellt an Sie als Rechtsanwalt die folgenden Fragen: |

 

Frage: Muss Erhaltungsaufwand zwingend im Zeitpunkt der Leistung als Aufwand angesetzt werden?

 

Antwort: Ausgaben müssen nach § 11 Abs. 2 EStG in dem Jahr abgezogen werden, in dem sie geleistet worden sind. Dies gilt grundsätzlich auch für Erhaltungsaufwendungen. Entstehen dem Steuerpflichtigen jedoch größere Erhaltungsaufwendungen, dann kann er den Aufwand verteilen ‒ auf zwei bis fünf Jahre. Dies ergibt sich aus § 82b EStDV.

 

PRAXISTIPP | Auf welchen Zeitraum der Aufwand verteilt wird, hängt davon ab, wie er sich steuerlich am günstigsten auswirkt.

 
  • Beispiel

Der Senior S hat seit zwanzig Jahren ein Sechsfamilienhaus, welches er vermietet hat. Aufgrund Sturmschäden entstehen ihm in 2020 Reparaturkosten in Höhe von 15.000 EUR. Wegen Verlusten aus den vorangegangen Jahren ergibt sich für 2020 keine Einkommensteuer, auch ohne Berücksichtigung der hohen Reparaturkosten.

 

Lösung

Die Reparaturkosten stellen Erhaltungsaufwand dar. Diesen kann S als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehen. Für 2021 ergibt sich damit ein Aufwand in Höhe von 15.000 EUR.

 

Wie dargestellt, wirkt sich der angefallene Erhaltungsaufwand in 2021 steuerlich nicht aus.

 

Hier hat S aber die Möglichkeit, den Erhaltungsaufwand auf bis zu fünf Jahre zu verteilen. Es ergeben sich damit die folgenden Möglichkeiten:

Keine Verteilung, Ansatz in 2021:

gesamt 15.000 EUR

Verteilung auf zwei Jahre, d. h. 2021 und 2022:

jeweils 7.500 EUR

Verteilung auf drei Jahre, d. h. 2021‒2023:

jeweils 5.000 EUR

Verteilung auf vier Jahre, d. h. 2021‒2024:

jeweils 3.750 EUR

Verteilung auf fünf Jahre, d. h. 2021‒2025:

jeweils 3.000 EUR

 

Frage: Welche Voraussetzungen müssen für die Verteilung erfüllt sein?

 

Antwort: Damit der Steuerpflichtige größeren Erhaltungsaufwand verteilen darf, müssen mehrere Voraussetzungen erfüllt sein:

 

  • a) Das Gebäude darf sich nicht im Betriebsvermögen befinden.
  • b) Das Gebäude muss überwiegend Wohnzwecken dienen.
  • c) Es muss sich um größere Aufwendungen handeln.

 

Frage: Wann dient ein Gebäude überwiegend Wohnzwecken?

 

Antwort: Ein Gebäude dient dann überwiegend Wohnzwecken, wenn die Grundfläche der Wohnzwecken dienenden Räume des Gebäudes mehr als die Hälfte der gesamten Nutzfläche beträgt.

 

Zu beachten ist dabei, dass zum Gebäude gehörende Garagen ohne Rücksicht auf ihre tatsächliche Nutzung als Wohnzwecken dienend zu behandeln sind. Voraussetzung ist, dass in ihnen nicht mehr als ein Personenkraftwagen für jede in dem Gebäude befindliche Wohnung untergestellt werden kann.

 

PRAXISTIPP | Die Wohnung i. S. d. § 82b EStDV muss dazu bestimmt sein, Menschen auf Dauer Aufenthalt und Unterkunft zu ermöglichen.

 

Daher kann für eine Wohnung, die für kürzere Zeiträume an wechselnde Feriengäste vermietet wird, die Regelung des § 82b EStDV nicht genutzt werden.

 

Frage: Was bedeutet größerer Erhaltungsaufwand?

 

Antwort: Eine Definition des größeren Erhaltungsaufwands gibt es nicht im Gesetz. Es können hierbei mehrere kleinere Erhaltungsaufwendungen zusammengefasst werden (siehe Zenthöfer, Einkommensteuer, Teil K 7.7.5.3).

 

Frage: Der Steuerpflichtige möchte eine ungleichmäßige Verteilung vornehmen. Ist dies möglich?

 

Antwort: Die Antwort soll in den folgenden Beispielen dargestellt werden.

 

  • Beispiel 1

Der Senior S hat seit zehn Jahren ein Sechsfamilienhaus, welches er vermietet hat. Aufgrund Sturmschäden entstehen ihm in 2020 Reparaturkosten in Höhe von 12.000 EUR. S möchte eine Verteilung der Reparaturkosten auf zwei Jahre vornehmen, dabei möchte er ‒ da es steuerlich am günstigsten ist ‒ in 2020 8.000 EUR als Erhaltungsaufwand geltend machen und in 2021 4.000 EUR.

 

Lösung: Die Reparaturkosten stellen Erhaltungsaufwand dar. Diesen kann S als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung abziehen. S kann den Erhaltungsaufwand auch auf mehrere Jahre verteilen, aber nur gleichmäßig. Bei einem Verteilungszeitraum von zwei Jahren ergibt sich damit ein absetzbarer Aufwand für 2020 in Höhe von 6.000 EUR, das gleiche gilt auch für 2021. Eine ungleichmäßige Verteilung ist nicht gestattet.

 
  • Beispiel 2

Der Senior S hat seit zehn Jahren ein Sechsfamilienhaus, welches er vermietet hat. Aufgrund Sturmschäden entstehen ihm in 2020 Reparaturkosten in Höhe von 25.000 EUR. S möchte eine Verteilung der Reparaturkosten auf zehn Jahre vornehmen, da dies steuerlich am günstigsten ist.

 

Lösung: S kann den Erhaltungsaufwand auf maximal fünf Jahre verteilen, ein längerer Verteilungszeitraum ist nicht vorgesehen.

 
  • Beispiel 3

Der Senior S hat seit zehn Jahren ein Sechsfamilienhaus, welches er vermietet hat. Aufgrund Sturmschäden entstehen ihm in 2019 Reparaturkosten in Höhe von 20.000 EUR. S hat eine Verteilung der Erhaltungsaufwendungen auf drei Jahre vorgenommen. Da es steuerlich günstiger ist, möchte S den auf das Jahr 2020 verteilten Erhaltungsaufwand für das Jahr 2021 nutzen.

 

Lösung: S kann den Erhaltungsaufwand aus 2020 nicht in 2021 in Anspruch nehmen.

 

 

Frage: Was ist, wenn der Senior das Gebäude während des Verteilungszeitraums veräußert?

 

Antwort: Wird das Gebäude während des Verteilungszeitraums verkauft, so ist der noch nicht berücksichtigte Teil des Erhaltungsaufwands im Jahr der Veräußerung als Werbungskosten abzusetzen (§ 82b Abs. 2 EStDV). Das Gleiche gilt auch in den folgenden Fällen:

 

  • a) Das Gebäude wird in ein Betriebsvermögen eingebracht.
  • b) Das Gebäude wird nicht mehr zur Einkunftserzielung genutzt.

 

Frage: Was ist, wenn mehrere Gebäudeeigentümer vorhanden sind?

 

Antwort: Befindet sich das Gebäude im Eigentum von mehreren Personen, dann ist der Erhaltungsaufwand von allen Eigentümern auf den gleichen Zeitraum zu verteilen (§ 82b Abs. 3 EStDV).

 

Frage: Was ist, wenn die Zahlung der Erhaltungsaufwendungen in zwei verschiedenen Jahren vorgenommen wird?

 

Antwort: In diesem Fall sind zwei Verteilungszeiträume zu bilden.

 

  • Beispiel

Der Senior S hat seit zwölf Jahren ein Mehrfamilienhaus, welches er vermietet hat. Aufgrund Sturmschäden entsteht ihm in 2019 ein Erhaltungsaufwand von 15.000 EUR. S zahlt am 15.12.19 einen Betrag von 8.000 EUR und am 14.1.20 weitere 7.000 EUR.

 

Lösung: S kann hier in 2019 einen Verteilungszeitraum bilden und auch für 2020.

 

PRAXISTIPP | Wie diese im Einzelnen vorgenommen werden, hängt von der jeweiligen steuerlichen Situation ab, d. h. es muss dann geprüft werden, was steuerlich am günstigsten ist.

 
Quelle: Ausgabe 07 / 2021 | Seite 122 | ID 47456445