· Fachbeitrag · Rentennachzahlung
Anspruch auf Nachzahlung von Altersrente: Die Crux mit der Vier-Jahres-Frist
| Der Anspruch auf nicht gezahlte Altersrente reicht nur für einen Zeitraum von vier Jahren vor der Rücknahme des fehlerhaften Bescheids zurück (§ 44 Abs. 4 S. 1 SGB X). Nachgezahlt wird aber nur, wenn der Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit auch tatsächlich aufgehoben oder abgeändert wurde, wie das LSG Sachsen bestätigt. |
Sachverhalt
Der Kläger bezog seit 1985 sowohl Altersrente von der Beklagten als auch eine Zusatzversorgung für Ärzte und Zahnärzte (Rentenbescheid vom 4.2.97). In den Folgejahren richtete der Kläger verschiedene Anträge sowohl an die Beklagte als auch den Zusatzversorgungsträger und verlangte, dass seine Altersrente für den Zeitraum vor Januar 2007 rückwirkend neu festgestellt und nachgezahlt wird. Mit seinem Begehren scheiterte er sowohl vor dem SG Chemnitz als auch dem LSG Sachsen (11.4.17, L 5 R 1102/15, Abruf-Nr. 194234).
Entscheidungsgründe
Es besteht kein Nachzahlungsanspruch für die Altersrente für den Zeitraum vor dem 1.1.07 aus § 44 Abs. 4 S. 1 SGB X. Denn: Sozialleistungen werden nach den Vorschriften der besonderen Teile des SGB VI längstens für einen Zeitraum bis zu vier Jahre vor der Rücknahme erbracht.
Generell habe der Gesetzgeber sicherstellen wollen, dass Leistungen zugunsten der Antragsteller nicht über vier Jahre hinaus rückwirkend gewährt werden. Diesem Zweck stünde entgegen, wenn die Rückwirkung weiter ausgedehnt werden könnte, indem Anträge mehrfach wiederholt werden (BSG 15.12.92, 10 RKg 11/92).
Zwar hat das BSG in der Vergangenheit entschieden, die Vier-Jahres-Frist aus § 44 SGB X nicht anzuwenden, wenn der soziale Herstellungsanspruch eine Erstfeststellung betraf (6.3.03, B 4 RA 38/02). Jedoch wurde vorliegend mit dem Bescheid, der den Rentenbescheid vom 4.2.97 rückwirkend aufhob, bei dem Kläger die Altersrente nicht erstmals festgestellt.
Relevanz für die Praxis
Hat der Kläger mehrere Überprüfungsanträge gestellt, kommt es darauf an, auf welchen Antrag hin der Rentenversicherer tatsächlich seinen Bescheid ändert bzw. neu entscheidet. Es kann also nicht wahlweise auf irgendeinen älteren Überprüfungsantrag „zurückgesprungen“ werden, um eine Rentennachzahlung zu fordern, die zeitlich viel weiter zurückgreift.
Der Mandant hat dabei einen entscheidenden Nachteil: Wie und auf welche Weise ein für den Rentner nachteiliger Berechnungsfehler konkret zustande gekommen ist, kann das Gericht außen vor lassen. Umso wichtiger ist es, Rentenbescheide im Zweifelsfall sofort auf ihre Richtigkeit zu überprüfen.
Wichtig ist auch, darauf zu achten, ob zwischen Überprüfungsantrag und Rücknahme des Bescheids ein Jahreswechsel fällt. Denn wurde der Antrag z. B. noch im Dezember 2016 gestellt und entscheidet die Rentenversicherung zugunsten des Mandanten im Jahr 2017, beginnt der Zeitraum für Nachzahlungen am 1.1.12 (vgl. Grafik).
MERKE | Selbst wenn es auf der Hand liegt, dass der Rentenversicherer den Bescheid falsch erstellt bzw. Zahlungen nicht korrekt berechnet hat, ändert dies nichts an der vierjährigen Ausschlussfrist. Die Frist gilt auch, wenn den Rentenversicherungsträger ein erhebliches Verschulden trifft. Vor allem spielt es keine Rolle, ob es sich um einen bloßen Programmierfehler gehandelt hat oder dem damals zuständigen Sachbearbeiter ein Überprüfungsfehler unterlaufen ist (Bayerisches LSG 30.3.16, L 6 R 1/15). |
Vorsicht, wenn der Mandant ein neues Konto einrichtet: Er muss seine neue Bankverbindung dem Versicherungsträger nicht nur frühzeitig und vollständig bekanntgeben (IBAN/BIC). Er muss auch deutlich mitteilen, ob ab sofort alle Zahlungen, also auch etwaige offene Rentennachzahlungen, auf das neue Konto zu überweisen sind oder ob dies nur für die künftigen monatlichen Leistungen gilt (LSG Sachsen 14.3.17, L 5 R 452/15).
Weiterführende Hinweise
- Wiederheirat mitteilen: Rückzahlung der Witwenrente droht, SR 17, 74
- Erklärte - aber nicht erfasste - Rente: offenbare Unrichtigkeit?, SR 17, 1