· Nachricht · Rürup-Rente
Versicherter muss wissen, dass keine vorzeitige Auszahlung möglich ist
| Immer wieder berichten Senioren von Fehlern beim Abschluss der Rürup-Rente. Das OLG Karlsruhe stellt klar: Der Versicherer muss dazu belehren, dass man nicht vorzeitig an sein Geld kommt. Kann der Versicherer keine dokumentierte Beratung nachweisen, hat der Mandant bei einem Rechtsstreit gute Karten. |
Zwar führten der Versicherte (Kläger) und der Versicherungsvertreter (Beklagte zu 1) einzelne Gespräche vor Abschluss des Rürup-Vertrags in 2010. Vernünftig dokumentiert war dies aber nicht. Mit Schreiben vom 18.10.15 beschwerte sich der Kläger schriftlich, falsch beraten worden zu sein. Ihm sei nicht erklärt worden, dass er bis Rentenbeginn keinerlei Auszahlung erhalten könne. Unter diesen Umständen hätte er den Vertrag nicht abgeschlossen. Die Beklagte zu 2 (Versicherer) lehnte ab, die gesamten bisher gezahlten Beiträge in Höhe von 11.600 EUR zu erstatten. Der Rürup-Vertrag sei auch angesichts seiner damaligen wirtschaftlichen Situation zu empfehlen gewesen.
Der Kläger klagte den Betrag von 11.600 EUR wegen Falschberatung ein. Nachdem das LG seine Klage abgewiesen hatte, sprach ihm das OLG Karlsruhe auf seine Berufung Schadenersatz in voller Höhe zu (7.12.21, 9 U 97/19, Abruf-Nr. 227209). Der Versicherer konnte nicht nachweisen, dass der Kläger die vorgelegte Dokumentation der Beratung tatsächlich vor Abschluss des Vertrags erhalten hat. Vielmehr hatte der Kläger erst längere Zeit später eine Kopie dieser Dokumentation erhalten. Daher traf ihn auch nicht die Beweislast, inwieweit der Vertreter ihn falsch belehrt hatte.
Über die zentrale Information, nicht vorzeitig an ersparte Beträge zu kommen, muss ein Versicherer zwingend vor Vertragsschluss aufklären. Es geht dabei auch um Steuervorteile. Ferner unterscheidet sich die Rürup-Rente entscheidend von den meisten privaten Rentenverträgen, bei denen in der Regel vorzeitige Auszahlungen möglich sind. Bei einer Rürup-Rente bleibt angespartes Kapital gebunden (vgl. u. a. OLG Brandenburg 18.9.18, 3 U 88/17).
Zum anderen war angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers eine Rürup-Rente ungeeignet und eine Empfehlung durch den Beklagten zu 1 pflichtwidrig. Aufgrund der fehlenden Dokumentation der Beratung war auch insoweit von den Angaben des Klägers auszugehen. Dieser war bei Abschluss des Vertrags 41 Jahre alt, durchlief das Ende einer Privatinsolvenz und begann neu als selbstständiger Unternehmer. Seine Situation war mit derart vielen offenen Fragen für die Zukunft behaftet, dass ein Rürup-Vertrag, der ihn 26 Jahre finanziell binden würde, keinesfalls zweckmäßig war.
Weiterführender Hinweis
- Schadenersatzanspruch, wenn über Ausstieg aus der Basisrente mangelhaft aufgeklärt wurde, SR 19, 210