· Fachbeitrag · Steuerrecht
Kurzes amtsärztliches Attest reicht für Abzugsfähigkeit einer nicht anerkannten Heilmethode
| Aufwendungen für eine wissenschaftlich nicht anerkannte Heilmethode werden meist vom VR nicht erstattet. Ihr Mandant kann sie aber ggf. als außergewöhnliche Belastung von der Steuer abziehen. Das FG Rheinland-Pfalz hat entschieden, dass dies auch möglich ist, wenn der Steuerpflichtige dem Finanzamt zum Nachweis der Erforderlichkeit der Behandlung nur eine kurze Stellungnahme des Amtsarztes und kein ausführliches Gutachten vorlegt. |
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Eltern ließen ihre 2 ½-jährige und wegen Komplikationen bei der Geburt schwerbehinderte Tochter in einem Naturheilzentrum behandeln. Nachdem die Krankenkasse die Erstattung der Kosten (16.800 EUR) abgelehnt hatte, machten die Eltern die Aufwendungen in ihrer Steuererklärung als außergewöhnliche Belastung geltend. Sie legten ein privatärztliches Attest einer Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde vor. Diese empfahl ausdrücklich die Teilnahme am Förderprogramm des Naturheilzentrums. Auf diesem Attest hatte der Amtsarzt vermerkt: „Die Angaben werden amtsärztlich bestätigt.“ Das Finanzamt lehnte den Kostenabzug jedoch ab, da die knappe Äußerung des Amtsarztes kein „Gutachten“ darstelle. Die hiergegen gerichtete Klage war erfolgreich. |
1. Formelle Voraussetzungen
Steuerpflichtige müssen die Zwangsläufigkeit von Aufwendungen im Krankheitsfall in vielen Fällen formalisiert nachweisen. Bei krankheitsbedingten Aufwendungen für Arznei-, Heil- und Hilfsmittel reicht die Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers. Bei Aufwendungen für Maßnahmen, die ihrer Art nach nicht eindeutig nur der Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen können und deren medizinische Indikation deshalb schwer zu beurteilen ist, sind die formalen Anforderungen (noch) höher. So bestimmt § 64 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 EStDV z. B. bei wissenschaftlich nicht anerkannten Behandlungsmethoden, dass die Zwangsläufigkeit der Aufwendungen durch ein amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung nachzuweisen ist. Dieser Nachweis muss vor Beginn der Heilmaßnahme ausgestellt worden sein.
2. Nachweis durch „Gutachten“ oder „Bescheinigung“
§ 64 EStDV ermächtigt nicht nur den Amtsarzt, sondern in gleicher Weise auch den Medizinischen Dienst der Krankenkasse, die Zwangsläufigkeit von Aufwendungen bei unkonventionellen Behandlungsmethoden zu bestätigen. Hierfür muss der medizinische Dienst nur eine „Bescheinigung“ ausstellen. Vor diesem Hintergrund und mit Rücksicht auf Sinn, Zweck und die historische Entwicklung der Vorschrift sind nach Ansicht des FG an das „Gutachten“ des Amtsarztes keine höheren Anforderungen als an eine „Bescheinigung“ zu stellen (4.7.18, 1 K 1480/16, rkr.; Abruf-Nr. 206417).
MERKE | Außergewöhnliche Belastungen wirken sich nur steuerlich aus, soweit die zumutbare Eigenbelastung überschritten wird. Deren Höhe hängt vom Gesamtbetrag der Einkünfte, Familienstand und von der Zahl der Kinder ab. |