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  • · Fachbeitrag · EuGH-Dividendenumsetzungsgesetz

    Die Besteuerung von Streubesitzdividenden wird neu geregelt

    von Tobias Hagemann B.Sc. und Christian Kahlenberg M.Sc., beide Europa-Universität Viadrina

    | Am 29.3.13 trat das „Gesetz zur Umsetzung des EuGH-Urteils vom 20.10.12 in der Rs. C-284/09“ (kurz: EuGHDivUmsG) in Kraft. Künftig werden Dividenden aus Streubesitz vollumfänglich steuerpflichtig - unabhängig davon, ob es sich um einen in- oder ausländischen Dividendenempfänger handelt. Ferner wird bestimmten EU/EWR-Gesellschaften unter restriktiven Voraussetzungen die bereits beantragte Erstattung von Kapitalertragsteuern (KapESt) auf Streubesitzdividenden eingeräumt. Der vorliegende Beitrag fasst die Neuregelungen für Sie zusammen. |

    1. Hintergrund

    1.1 Besteuerung von Streubesitzdividenden - de lege lata

    Streubesitzdividenden werden - unabhängig vom Sitz des Dividendenempfängers - zunächst einem Kapitalertragsteuerabzug von 25 % zzgl. SolZ unterworfen (§ 43 Abs. 1 Nr. 1, 43a Abs. 1 Nr. 1 EStG). Sofern als Empfänger eine inländische Kapitalgesellschaft in Betracht kam, wurden Dividenden bei der Veranlagung zu 95 % von der körperschaftsteuerlichen Bemessungsgrundlage ausgenommen (§ 8b Abs. 1, 5 KStG); auf Ebene der Gewerbesteuer jedoch wieder hinzugerechnet (§ 8 Nr. 5 GewStG). Die einbehaltene und abgeführte KapESt wurde anschließend im Veranlagungsverfahren auf die deutsche Körperschaftsteuer vollständig angerechnet oder ggf. erstattet (§ 36 Abs. 2 Nr. 2 EStG).

     

    Bei ausländischen Dividendenempfängern aus Streubesitzbeteiligungen unter 10 % ist der Anwendungsbereich der Mutter-Tochter-Richtlinie nicht eröffnet, weshalb auch die Anwendung von § 43b EStG ausblieb. Wegen § 32 Abs. 1 Nr. 2 KStG konnte der KapESt-Abzug eine abgeltende Wirkung entfalten, vorbehaltlich entsprechender Erstattungsansprüche aufgrund eines DBA (§ 50d Abs. 1, 2 EStG) oder auf den nominalen Körperschaftsteuersatz von 15 % für Kapitalgesellschaften nach § 44a Abs. 9 EStG. Allerdings fällt hier keine Gewerbesteuer an.

     

    1.2 Entscheidung des EuGH vom 20.10.11

    In der Rechtssache Europäische Kommission/Deutschland entschied der Gerichtshof, dass die deutsche Abgeltungswirkung auf Gewinnausschüttungen an bestimmte EU/EWR-Gesellschaften gegen die Kapitalverkehrsfreiheit (Art. 63 Abs. 1 AEUV) verstößt und widersprach somit offenkundig der vom BFH geäußerten Gemeinschaftskonformität dieses Besteuerungssystems (EuGH 20.10.11, C-284/09, DStRE 11, 1423; BFH 22.4.09, I R 53/07, BFH/NV 09, 1543). Hintergrund war das Zusammenspiel zwischen KapESt-Einbehalt und KapESt-Erstattung. So erkannte der EuGH die Steuerfreiheit bei inländischen Gesellschaften als gewährleistet an, wohingegen er diese bei gebietsfremden EU/EWR Gesellschaften mangels der Möglichkeit zur Veranlagung bzw. Erstattung als nicht gegeben an sah. Mithin entfalte bei fehlenden Anwendungsvoraussetzungen der Mutter-Tochter-Richtlinie gebietsfremder Gesellschaften der KapESt-Abzug eine abgeltende Wirkung, wodurch gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstoßen werde. Deutschland war daher angehalten, die Diskriminierung ausländischer Gesellschaften zu beseitigen.

    2. Neuregelung durch das EuGH-Dividendenumsetzungsgesetz

    In seiner Stellungnahme zum JStG 2013 regte der Bundesrat die Ausweitung der Besteuerung von Streubesitzdividenden auf inländische Gesellschaften an (siehe BR-Drs. 302/12, 62). Dabei wurde daneben auch eine Ausweitung auf Veräußerungsgewinne auf Anteile im Streubesitz erwogen. Der Bundestag griff diesen Vorschlag aber nicht auf, sondern erarbeitete einen eigenen Entwurf des sog. EuGHDivUmsG (vgl. BT-Drs. 17/11314), welcher zunächst vom Bundesrat abgelehnt wurde. Die darauf folgende Beschlussempfehlung des Vermittlungsausschusses vom 26.2.13 (vgl. BT-Drs. 17/12465) wurde durch den Bundestag am 28.2.13 bzw. durch den Bundesrat am 1.3.13 abgesegnet. Am 28.3.13 wurde das Gesetz im Bundesgesetzblatt veröffentlicht (BGBl I 13, 561) und trat einen Tag später in Kraft.

     

    Das EuGHDivUmsG betrifft ausschließlich Körperschaften als Anteilseigner und enthält insbesondere zwei zentrale Neuregelungen:

     

    • Steuerpflicht von Streubesitzdividenden (Beteiligung < 10 % zu Beginn des Kalenderjahres), welche nach dem 28.2.13 zufließen und

     

    • Erstattungsverfahren für Streubesitzdividenden beschränkt steuerpflichtiger EU/EWR-Gesellschaften, die bis einschließlich 28.2.13 zugeflossen sind.

     

    2.1 Künftige Steuerpflicht von Streubesitzdividenden

    Künftig sind Bezüge i.S. des § 8b Abs. 1 KStG bei einer Beteiligung unter 10 % am Grund- oder Stammkapital steuerpflichtig (§ 8b Abs. 4. S. 1 KStG n.F.). Wird eine Schachtelbeteiligung unterjährig erworben, gilt sie als zu Beginn des Kalenderjahres erworben (§ 8b Abs. 4 S. 6 KStG n.F.) und unterliegt daher - mangels Streubesitz - der Steuerfreistellung nach § 8b Abs. 1 KStG.

     

    MERKE | Die Fiktion einer erworbenen Schachtelbeteiligung zum Beginn des Kalenderjahres über Satz 6 wird von einem ( auch teilweisen) Veräußerungsvorgang im Kalenderjahr nicht tangiert. Allerdings fehlen weitergehende Regelungen, ob auch Beteiligungsaufstockungen analog behandelt werden. Die Begründung einer Schachtelbeteiligung durch Aufstockung der Beteiligung wird vom expliziten Wortlaut jedenfalls nicht gedeckt (vgl. auch Benz/Jetter, DStR 13, 491).

     

    Nach § 8b Abs. 4 S. 2 KStG n.F. ist § 13 Abs. 2. S. 2 UmwStG - die sog. Fußstapfentheorie bei Umwandlungsvorgängen i.R. der Verschmelzung, Auf- und Abspaltung von Kapitalgesellschaften - für die Bemessung der Beteiligungshöhe nicht anzuwenden.

     

    Im Rahmen der Wertpapierleihe oder anderen Vorgängen i.S. des § 8b Abs. 10 KStG werden Beteiligungen zur Ermittlung der Beteiligungsquote nicht dem Erwerber, sondern der überlassenden Gesellschaft zugerechnet (8b Abs. 4 S. 3 KStG n.F.). Hiermit soll vermieden werden, dass mithilfe der Entleihung einer Schachtelbeteiligung von einer Gesellschaft mit Streubesitz die maßgebliche Beteiligungsschwelle von 10 % überschritten wird.

     

    Ferner ist eine unmittelbare Beteiligung erforderlich. Die Zusammenrechnung von Beteiligungen ist nicht vorgesehen. Werden Anteile über eine Personengesellschaft gehalten, werden die für die Ermittlung der 10 %-Grenze erforderlichen Beteiligungen den Mitunternehmern anteilig zugerechnet (§ 8b Abs. 4 S. 4 KStG n.F.). Die Zurechnung gilt dann als unmittelbare Beteiligung i.S. des Satzes 1 (§ 8b Abs. 4. S. 5 KStG n.F.).

     

    Hinweis | Insbesondere im Rahmen einer steuerlichen Organschaft werden Beteiligungen des Organträgers und der Organgesellschaft getrennt betrachtet (§ 15 S. 1 Nr. 2 S. 4 KStG n.F.).

     

    PRAXISHINWEIS | Da Streubesitzdividenden künftig steuerpflichtig sind, findet § 8b Abs. 5 KStG keine Anwendung (§ 8b Abs. 4 S. 7 KStG n.F.), d.h. die Hinzurechnung von 5 % nichtabzugsfähigen Betriebsausgaben entfällt. Dieser Umstand hat zur Folge, dass sämtliche Aufwendungen, die im wirtschaftlichen Zusammenhang mit der Streubesitzdividende stehen, steuerlich abzugsfähig sind (z.B. 
Finanzierungsaufwendungen) und zwar auch dann, wenn im jeweiligen Geschäftsjahr mangels Ausschüttung keine steuerpflichtigen Dividenden vereinnahmt werden. Die Möglichkeit zur Erzielung eines steuerfreien Veräußerungsgewinns nach § 8b Abs. 2 KStG ist für diese Zwecke unbeachtlich; denn auch in diesen Fällen bleiben die Betriebsausgaben nach den für diese Zwecke vorrangigen Regelungen von § 8b Abs. 2 und 3 KStG abzugsfähig.

     

     

    Abschließend wird über § 8b Abs. 4 S. 8 KStG n.F. die Beteiligungszusammenrechnung von Mitgliedern einer kreditwirtschaftlichen Verbundgruppe (z.B. Sparkassen oder Landesbanken) oder genossenschaftlich organisierten Kreditinstituten (wie Volks- und Raiffeisenbanken) an anderen Mitgliedern der Verbundgruppe erlaubt, um den dort vorherrschenden strukturellen Besonderheiten Rechnung zu tragen.

     

    Die Neuregelung ist für alle nach dem 28.2.2013 vorgenommen Dividendenausschüttungen bzw. abgeschlossenen Überlassungsgeschäfte i.S. von § 8b Abs. 10 KStG anzuwenden (§ 34 Abs. 7a KStG n.F.).

     

    2.2 Erstattungsverfahren für sog. Altfälle

    Als sog. Altfälle gelten alle bis zum 28.2.2013 zugeflossenen Ausschüttungen an EU/EWR-Gesellschaften. Für diese Fälle wird nunmehr auf Antrag des Steuerpflichtigen die Abgeltungswirkung aufgehoben (§ 32 Abs. 1 KStG) und mithilfe des neu eingefügten § 32 Abs. 5 KStG n.F. die bisher einbehaltene und abgeführte Kapitalertragsteuer auf Antrag erstattet. Als erstattungsberechtigte Gläubiger gelten nach § 32 Abs. 5 S. 1 KStG n.F.:

     

    • 1.In der Bundesrepublik beschränkt steuerpflichtige,

     

      • a.EU/EWR-Gesellschaften,
      • b.mit Sitz und Geschäftsleitung innerhalb der EU/EWR,
      • c.die am Ort der Geschäftsleitung unbeschränkt steuerpflichtig und nicht steuerbefreit sind und

     

    • 2.zu weniger als 10 % unmittelbar an einer deutschen Kapitalgesellschaft beteiligt sind.

     

    Der Erstattungsanspruch wird nur unter folgenden - sehr restriktiven - sachlichen Tatbestandsvoraussetzungen nach § 32 Abs. 5 S. 2 KStG n.F. gewährt und zwar soweit:

     

    • 1. die betreffenden Kapitalerträge nicht durch andere Vorschriften erstattet werden können,

     

    • 2.nach § 8b Abs. 1 KStG außer Ansatz bleiben würden,

     

    • 3.nicht nach ausländischem Recht einer bei unmittelbarer Beteiligung nicht anspruchsberechtigten Person zugerechnet werden,

     

    • 4.ein Anspruch auf Erstattung der Kapitalertragsteuer nicht durch § 50d Abs. 3 EStG ausgeschlossen wäre und

     

    • 5.die Kapitalertragsteuer bei einem (un)mittelbaren Anteilseigner des Gläubigers angerechnet (Anrechnungsvortrag steht der Anrechnung gleich) oder abgezogen werden können.

     

    Achtung | In § 32 Abs. 5 S. 3 KStG n.F. wird dem Gläubiger die allgemeine Nachweispflicht über die Erstattungsvoraussetzungen auferlegt.

     

    Als Nachweis soll nach § 32 Abs. 5 S. 4 und 5 KStG n.F. insbesondere eine Bescheinigung der Steuerbehörden im Ansässigkeitsstaat dienen, welche folgende Voraussetzungen dokumentieren soll:

     

    • Ansässigkeit in diesem Staat,
    • Unbeschränkte Körperschaftsteuerpflicht in diesem Staat und nicht steuerbefreit,
    • Tatsächlicher Empfänger der Kapitalerträge,
    • Keine Anrechnung, Anrechnungsvortrag oder Abzug der KapESt und
    • Angaben darüber, inwieweit die ausbleibende Anrechnung oder der ausbleibende Abzug der KapESt auch tatsächlich erfolgte.

     

    Die Erstattung wird uneingeschränkt gewährt, sodass auch die sog. Schachtelstrafe nach § 8b Abs. 5 KStG entfällt.

     

    Inwieweit unter diesen restriktiven und konkreten Ermäßigungsvoraussetzungen eine ausgebliebene Anrechenbarkeit im Ausland überhaupt nachgewiesen werden kann und folglich handhabbar ist, erscheint fraglich. Ebenso unangemessen erweist sich die Überlegung, den Steuerabzug und Anrechnungsvortrag einer direkten Anrechnung gleichzustellen. Denn maßgeblich muss die ökonomisch vollständige Entlastung sein (vgl. hierzu Linn, IStR 13, 237 mit zutreffenden Kritikpunkten).

     

    Die Gesetzesbegründung schränkt nämlich den Erstattungsanspruch nur ein, soweit im Ausland der festgestellte Verstoß gegen Unionsrecht nicht kompensiert wurde. Folglich müssten z.B. bei einer (niedrigeren) Kompensation durch Steuerabzug noch erstattungsfähige Beträge verbleiben, um eine europarechtskonforme Gleichbehandlung der Gläubiger zu sichern. Demzufolge sollten auch teilweise Erstattungen in Höhe des im Ausland nicht berücksichtigten Steuernachteils möglich sein.

     

    Beachten Sie | Allerdings bestehen bei der Ermittlung einer solchen Kompensationshöhe, Unsicherheiten dahingehend, wann z.B. die zeitliche, tatsächliche Nutzung eines Anrechnungsvortrags erfolgt. Diesbezüglich wirken sich insbesondere Zinseffekte bei einer zeitversetzten Anrechnung in späteren Veranlagungszeiträumen nachteilig aus, womit durchaus wirtschaftliche Verzerrungen resultieren, welche weiterhin eine Ungleichbehandlung darstellen dürften. Leichter könnte sich die Ermittlung der Kompensationshöhe bei einem Steuerabzug im Ausland darstellen, wobei progressive Steuersätze die Ermittlung zusätzlich erschweren dürften.

     

    Abschließend wird in § 32 Abs. 5 S. 6 KStG n.F. die verfahrensrechtliche Umsetzung gelöst. So erfolgt die Erstattung der KapESt für alle in einem Kalenderjahr bezogenen Kapitalerträge in einem Grundlagenbescheid nach 
§ 155 Abs. 1 S. 3 AO. Somit kann der Erlass mehrerer Freistellungsbescheide für verschiedene Kapitalerträge desselben Kalenderjahres ausgeschlossen werden.

     

    PRAXISHINWEIS | Mithin gilt demnach auch die allgemeine Festsetzungsfrist von vier Jahren, mit Ablauf des Kalenderjahres, in welchem die Gewinnausschüttung bezogen wurde (sog. Anlaufhemmung).

     

    2.3 Zuständigkeit des BZSt

    Ein entsprechender Erstattungsantrag nach § 32 Abs. 5 KStG ist formlos beim BZSt zu stellen. Über eine Erweiterung des § 5 Abs. 1 FVG (Finanzverwaltungsgesetz) ist die gesetzliche Kompetenzzuweisung nunmehr klar geregelt.

     

    Nachdem der BFH in seiner Entscheidung vom 11.1.12 (vgl. BFH 11.1.12, I R 25/10, BFH/NV 12, 871) die Zuständigkeit des BZSt in Ermangelung der gesetzlichen Kompetenz in § 5 Abs. 1 FVG verneint hatte, waren Anträge bei dem nach § 20 Abs. 3 AO zuständigen Finanzamt einzureichen. Für beschränkt steuerpflichtige Kapitalgesellschaften, die im Inland (mehrere) Beteiligungen hielten, lies sich das zuständige Finanzamt über den Passus: „in dessen Bezirk sich Vermögen der Steuerpflichtigen und, wenn für mehrere Finanzämter zutreffend, das Finanzamt, in dessen Bezirk sich der wertvollste Teil des Vermögens befindet“, nur schwer ermitteln. Daher ist es nachvollziehbar, dass - teilweise auch aus Vorsichtserwägungen - Anträge bei mehreren Behörden auf Erstattungen eingereicht wurden.

     

    PRAXISHINWEIS |  

    Die zentrale Zuständigkeit hinsichtlich der Antragsstellung ist begrüßenswert, denn das bisherige Antragsverfahren erwies sich in der Praxis als äußerst problematisch, bestand doch - wie dargestellt - oftmals Unsicherheit bezüglich der zuständigen Behörde. Insoweit herrscht nun Rechtssicherheit.

     

    Weiter kann auch nur eine zentrale Zuständigkeit die oben aufgeführten Unsicherheiten beseitigen und stellt unter Praktikabilitätserwägungen - beiderseits - die einzig sinnvolle Lösung dar. Daneben gewährleistet eine zentrale Zuständigkeitsbehörde eine einheitliche Entscheidungsfindung (ebenso Linn, a.a.O.). Die bereits bei den lokalen Finanzämtern eingereichten Anträge sind vom BZSt fortzuführen.

     

     

    2.4 Steuerfreiheit von Veräußerungsgewinnen aus Streubesitzbeteiligungen

    Für Veräußerungsgewinne aus Streubesitzanteilen ergeben sich keine weitergehenden Neuerungen, denn Veräußerungsgewinne werden von § 8b Abs. 4 KStG n.F. nicht erfasst. Insofern verbleibt es (zunächst) bei der bisherigen Einordnung unter § 8b Abs. 2 KStG und der 95 %igen Steuerbefreiung (§ 8b Abs. 3 KStG).

     

    Beachten Sie | Im Vermittlungsausschuss wurde allerdings angeführt, dass bei der geplanten Reformierung des Investmentsteuergesetzes (InvStG) die Bundesregierung auch die steuerliche Behandlung von Veräußerungsgewinnen aus dem Streubesitz aufgreifen wird. Es bleiben daher die künftigen Entwicklungen im Gesetzgebungsverfahren abzuwarten.

     

    2.5 Auswirkungen auf Ebene der Gewerbesteuer

    Da sich die Neuregelung ausschließlich auf den Bereich der Körperschaftsteuer bezieht, verbleibt es auf Ebene der Gewerbesteuer bei den derzeit geltenden steuerlichen Konsequenzen. Streubesitzdividenden einer gebietsfremden Empfängergesellschaft unterliegen demnach in Ermangelung einer inländischen Betriebsstätte nicht der Gewerbesteuer. Hingegen unterliegen Dividendenausschüttung an inländische Anteilseigner weiterhin der Überprüfung eines gewerbesteuerlichen Schachtelprivilegs (§ 9 Nr. 2a, Nr. 7 GewStG) und ggf. der Hinzurechnung über § 8 Nr. 5 GewStG.

    3. Weiterhin offene Rechtsfragen bei Erstattungsanträgen

    Obgleich über die künftige Steuerpflicht von Streubesitzdividenden und dem implementierten Erstattungsanspruch für sog. Altfälle den europarechtlichen Anforderungen im Grundsatz nachgekommen wird, verbleiben dennoch einige Konstellationen, die weiterhin ungeregelt sind. Als Beispiele führen Linn (vgl. Linn, a.a.O., 237) und Benz/Jetter (vgl. Benz/Jetter, a.a.O., 495) u.a. folgende nicht explizit geregelte Fälle auf:

     

    • 1. Dividenden aus Streubesitzbeteiligungen an Drittstaatenempfänger, die bis zum 28.2.13 zugeflossen sind (Altfälle),

     

    • 2. Dividenden aus Streubesitzbeteiligungen an doppelt ansässige Gesellschaften mit Sitz außerhalb von EU/EWR und

     

    • 3.Dividenden aus Streubesitzbeteiligungen bei mittelbaren Beteiligungsverhältnissen über Personen- oder sonstige Mitunternehmerschaften.
    •  

    FAZIT |  

    Künftig sind sämtliche Streubesitzdividenden Bestandteil der körperschaftsteuerlichen Bemessungsgrundlage. Insoweit entfällt die aufgrund der Abgeltungswirkung bislang bestehende Ungleichbehandlung ausländischer Dividendenempfänger. Im Ergebnis kann die Steuerpflicht zu Kaskadeneffekten führen. Insofern ist an den Gesetzgeber zu appellieren, Überlegungen über die Ausweitung der Besteuerung von Veräußerungsgewinnen aus Streubesitzbeteiligungen zu verwerfen.

     

    Anteilseigner sollten daher die bestehenden Strukturen prüfen und ggf. eine Beteiligungsbündelung über sog. Zwischenholdings erwägen. Zusätzlich könnte eine Steuerpflicht durch Veräußerungsvorgänge vor dem Dividendenstichtag umgangen werden. Für sog. Altfälle ist ein Antrag auf Erstattung der KapESt beim BZSt zu stellen.

     

    Zwar ist die Neuregelung für die sog. Altfälle zu begrüßen, da nun auch Rechtssicherheit der gesetzlichen Kompetenzzuweisung besteht. Allerdings wäre für künftige Streubesitzdividenden eine andere Lösung wünschenswert, da die Diskriminierung von Outbound-Dividenden aus Streubesitz über die Schlechterstellung von Inlandsdividenden gelöst wird. Ferner belegen die Beispiele nicht geregelter Konstellationen, dass eine tragfähige und konsistente Gesetzeslage (noch) nicht existiert.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Auf die Änderungen im Investmentsteuergesetz durch das EuGHDivUmsG wird in einem nachfolgenden Beitrag gesondert eingegangen.
    Quelle: Ausgabe 05 / 2013 | Seite 120 | ID 38982090