· Fachbeitrag · Private Veräußerungsgeschäfte nach § 23 EStG
Lastenfreie Veräußerung eines bei Anschaffung mit einem Erbbaurecht belasteten Grundstücks
von Dipl.-Finw. (FH) Karl-Heinz Günther, Übach-Palendorf
Ein privates Veräußerungsgeschäft i.S. des § 23 EStG setzt u.a. voraus, dass das veräußerte Wirtschaftsgut mit dem angeschafften Wirtschaftsgut wirtschaftlich identisch ist. Diese Voraussetzung ist nach einer aktuellen Entscheidung des BFH zumindest teilweise erfüllt, wenn ein mit einem Erbbaurecht belastetes Grundstück angeschafft und - nach der Löschung des Erbbaurechts - kurzfristig lastenfrei veräußert wird (BFH 12.6.13, IX R 31/12, Abruf-Nr. 132842). |
Sachverhalt
Im entschiedenen Fall war auf eine Erbengemeinschaft ein Erbbaurecht im Wege der Gesamtrechtsnachfolge übergegangen, das dem verstorbenen Vater bereits 1955 eingeräumt worden war. Im Streitjahr erwarb die Erbengemeinschaft auch das mit dem Erbbaurecht belastete Grundstück. Nach Löschung des Erbbaurechts wurde das nunmehr lastenfreie Grundstück noch im selben Jahr verkauft, woraufhin das FA einen Veräußerungsgewinn nach § 23 EStG festsetzte. Der hiergegen gerichtete Einspruch der Steuerpflichtigen blieb ohne Erfolg.
Das FG Rheinland-Pfalz hingegen gab der Klage statt. Für ein privates Veräußerungsgeschäft fehle es vorliegend an der wirtschaftlichen Identität zwischen dem angeschafften erbbaurechtsbelasteten Grundstück und dem lastenfrei veräußerten Grundstück. Wirtschaftlich betrachtet habe sich der Wertzuwachs nicht im Grundstück selbst vollzogen, sondern in dem auf dem Grundstück lastenden dinglichen Recht. Letztlich habe sich in dem Veräußerungsergebnis lediglich der Wert des Erbbaurechts realisiert, der wegen der abgelaufenen Zehnjahresfrist nicht steuerbar sei. Dies sah der BFH in seiner Revisionsentscheidung jedoch anders.
Anmerkungen
Nach Sinn und Zweck des § 23 EStG sollen innerhalb der Veräußerungsfrist realisierte Wertänderungen eines bestimmten Wirtschaftsguts versteuert werden. Daraus ergibt sich das Erfordernis der sogenannten Nämlichkeit von angeschafftem und veräußertem Wirtschaftsgut, wobei Nämlichkeit Identität im wirtschaftlichen Sinn bedeutet.
Nach Ansicht des BFH reicht eine wirtschaftliche Teilidentität grundsätzlich aus. In diesen Fällen kann ein privates Veräußerungsgeschäft dann aber auch nur für diesen Teil des Wirtschaftsguts vorliegen. Ob und in welchem Umfang wirtschaftliche Identität gegeben ist oder ein anderes Wirtschaftsgut vorliegt, hängt vom Einzelfall ab. Maßgebliche Kriterien sind die Gleichartigkeit, Funktionsgleichheit und Gleichwertigkeit von angeschafftem und veräußertem Wirtschaftsgut.
Durch die Erbbaurechtsbelastung ist der Grundstückseigentümer für die Laufzeit des Rechts insbesondere von der Selbstnutzung seines Grundstücks ausgeschlossen. Die Nutzungsbeschränkung schlägt sich regelmäßig in einem verminderten Grundstückswert nieder. Wirtschaftlich ist das belastete Eigentum damit etwas anderes als das unbelastete Eigentum.
Weil das Erbbaurecht im Veräußerungszeitpunkt nicht mehr bestand, lag keine vollumfängliche wirtschaftliche Identität - im Sinne einer Gleichwertigkeit - von angeschafftem und veräußertem Grundstück vor. Gleichwohl ist nach Auffassung des IX. Senats des BFH von einer wirtschaftlichen Identität insoweit auszugehen, als das angeschaffte (belastete) Wirtschaftsgut in dem veräußerten (unbelasteten) Wirtschaftsgut aufgegangen ist. Hieraus folgt, dass das Erfordernis der Nämlichkeit zumindest partiell erfüllt ist.
Beachten Sie | Der BFH hat die Vorentscheidung aufgehoben und den Streitfall zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG Rheinland-Pfalz zurückverwiesen. Denn das FG hatte die wirtschaftliche Teilidentität sowie die sich hieraus nach § 23 EStG ergebenden Rechtsfolgen verneint und daher keine Ermittlungen über die Höhe des steuerpflichtigen Veräußerungsgewinns angestellt, was nun nachgeholt werden muss.
Praxishinweise
Da ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn nur für das belastete Grundstück vorliegen kann, ist bei der Gewinnermittlung nach § 23 Abs. 3 S. 1 EStG auch nur der anteilige Veräußerungspreis zugrunde zu legen. Bei der Preisfindung kommt es in derartigen Fällen also darauf an, wie hoch das Entgelt für das belastete Grundstück gewesen wäre.
Dabei ist zu beachten, dass der Wert des (gelöschten) Erbbaurechts nicht zwingend dem durch die Veräußerung des Grundstücks realisierten Wertzuwachs entspricht. Darauf hat der BFH in seiner Urteilsbegründung ausdrücklich hingewiesen. Im Zweifel wird der Veräußerungspreis für das belastete Grundstück wohl nicht ohne Hinzuziehung eines Sachverständigen ermittelt werden können.
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