· Fachbeitrag · Palliativmedizin
Spezialisierte ambulante Palliativversorgung
von Christian Noe B.A., Rechtsanwaltsfachangestellter, Leipzig
| Seit einigen Jahren wird der Ausbau spezialisierter ambulanter Palliativversorgung vorangetrieben, der schwerstkranken und sterbenden Menschen eine medizinische und pflegerische Betreuung in vertrauter Umgebung ermöglicht. Ein Anspruch besteht bereits seit 2007. Der Beitrag erläutert wichtige Grundsätze dieser besonderen Form der Palliativversorgung, wer sie leistet und wo man Hilfe und Informationen bekommt. |
1. Formen der ambulanten Palliativversorgung
Es gibt zwei Formen der medizinischen und pflegerischen Versorgung schwerstkranker und sterbender Menschen daheim. Dabei ist die allgemeine (AAPV) von der in diesem Beitrag thematisierten spezialisierten ambulanten
Palliativversorgung (SAPV) zu unterscheiden:
- Die AAPV ist eine Palliativversorgung, die von niedergelassenen Ärzten sowie Pflegeeinrichtungen und Hospize erbracht wird, der überwiegende Teil der Erkrankten wird auf diese Weise versorgt.
- Machen Krankheitsform und -verlauf eine komplexere und intensivere Versorgung erforderlich, kann die SAPV notwendig werden (§ 37b SGB V). Sie wird von speziell qualifizierten Ärzten und Pflegefachkräften erbracht, die in sogenannten „Palliative Care Teams“ (PCT) organisiert sind. Sie kooperieren eng vernetzt mit niedergelassenen Ärzten, Kliniken und Hospizen und sind für Palliativ-Patienten sowie deren Angehörige in 24-Stunden-Rufbereitschaft verfügbar.
2. Erlangung und Dauer von SAPV
Zwar erfolgt die „Verordnung spezialisierter ambulanter Palliativversorgung (SAPV)“ mit Angabe konkreter Diagnosen, Symptomgeschehen und aktuellem Krankheitsverlauf durch den Hausarzt bzw. bei stationärem Aufenthalt seitens der behandelnden Krankenhausärzte. Eine direkte Beantragung durch den Versicherten ist nicht notwendig. Jedoch ist die „Verordnung“ auch vom Erkrankten bzw. seinem gesetzlichen Vertreter zu unterzeichnen, da das Formular eine Kopplung aus Verordnung und Versichertenantrag ist. Hier zeigt sich die Wichtigkeit vorhandener und vorgelegter Vollmachten bzw. Vorsorgevollmachten, sofern Dritte für Palliativ-Patienten handeln.
PRAXISHINWEIS | Die ärztliche Verordnung einer SAPV muss der Krankenkasse vollständig ausgefüllt und unterzeichnet innerhalb von drei Tagen nach Ausstellung vorliegen. Voraussetzung ist eine nicht heilbare, fortschreitende und weit fortgeschrittene Erkrankung bei einer zugleich begrenzten Lebenserwartung, die eine besonders aufwendige Versorgung notwendig macht (§ 37b SGB V). |
Die Erstverordnung erfolgt durch den Haus- oder Facharzt. Sie ist auch durch Krankenhausärzte möglich, dann jedoch maximal für eine Dauer von sieben Arbeitstagen. Anschließend sind Folgeverordnungen durch Haus- oder Facharzt möglich. In der Praxis zeigt sich, dass der überwiegende Teil der Palliativ-Patienten an Tumorerkrankungen leidet. Das Diagnosespektrum ist jedoch nicht auf onkologische oder bestimmte Krankheitsgruppen beschränkt. Maßgeblich sind die vorgenannten Anspruchsvoraussetzungen des § 37b SGB V.
3. Eigene Netzwerke und Ansprechpartner
Sehr oft stehen bei Betroffenen nicht juristische Fragen, sondern solche nach Qualität und Erfahrung der „Care-Teams“ vor Ort im Vordergrund. Die körperliche und seelische Belastung von Palliativ-Patienten ist hoch, Berater und Bevollmächtigte leisten daher eine besondere Hilfe, wenn sie Informationen bei zuverlässigen Quellen und Ansprechpartnern über die SAPV sammeln.
a) Hausarzt und Krankenhaus
Die erste Anlaufstelle ist in der Regel der Hausarzt oder das Krankenhaus. Man sollte frühzeitig die Kontaktdaten und den behandelnden Arzt erfassen und sich über mögliche Verlegungen informieren lassen. Krankheitsverläufe können sich innerhalb Stunden völlig wandeln, daher sollte man stets seine Kontaktdaten hinterlassen, damit man im Bedarfsfall sofort informiert werden kann.
PRAXISHINWEIS | Betreuer oder aufgrund Vorsorgevollmacht Bevollmächtigte müssen sich gegenüber Ärzten, Krankenhäusern und Pflegediensten wegen der ärztlichen Schweigepflicht oder bei Entscheidungen über die medizinische Versorgung des Patienten legitimieren. Daher sollten die entsprechenden Dokumente direkt bei der ersten Kontaktaufnahme vorlegt werden.
b) Hospize
PRAXISHINWEIS | Betreuer oder aufgrund Vorsorgevollmacht Bevollmächtigte müssen sich gegenüber Ärzten, Krankenhäusern und Pflegediensten wegen der ärztlichen Schweigepflicht oder bei Entscheidungen über die medizinische Versorgung des Patienten legitimieren. Daher sollten die entsprechenden Dokumente direkt bei der ersten Kontaktaufnahme vorlegt werden. |
Die Kenntnis der Infrastruktur der örtlichen und regionalen Palliativversorgung ist wichtig. Besonders fruchtbar kann die Kontaktaufnahme zu Mitarbeitern von Hospizen oder Pflegeeinrichtungen sein, was im Übrigen auch viele Organisationen empfehlen, die eng mit Hospizen und den „Teams“ der SAPV kooperieren.
PRAXISHINWEIS | Von Hospiz-Mitarbeitern erfährt man Details zur Palliativ-medizin und zu speziellen Krankheitsbildern, die auch auf den eigenen Fall zutreffen können. Ferner gewinnt man Eindrücke von der örtlichen/regionalen Palliativversorgung. Lohnend sind auch Informationsveranstaltungen, die von Fachärzten, Psychologen oder Trauerbegleitern durchgeführt werden oder sich mit aktueller Rechtsprechung zur Palliativversorgung befassen. |
c) Verbände und Organisationen
Erfreulicherweise gibt es zahlreiche Verbände, Gruppen und Vereine, die sowohl lokal als auch bundesweit agieren und nachfolgend aufgelistet sind. Bedenken Sie hierbei stets: In der Hospizarbeit leben viele Vereine und Organisationen maßgeblich vom Engagement ehrenamtlicher Kräfte. Berücksichtigen Sie daher bei Ihren Anfragen mögliche zeitliche und personelle Engpässe. Der Ausbau der flächendeckenden Palliativversorgung schreitet rasch voran. Lokale Einrichtungen wissen in der Regel am schnellsten, wann z.B. welches örtliche Krankenhaus entsprechende Stationen eröffnet oder SAPV-Teams personell verstärkt oder neu eingerichtet werden. Städtische Pflegedienste, der Bürgerservice der Stadt oder Hospiz- und Palliativnetze sind geeignete Anlaufstellen, die im Internet schnell gefunden sind.
Übersicht / Lokale und bundesweite Anlaufstellen |
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PRAXISHINWEIS | Ausgebaut wird ferner das Nationale Hospiz- und Palliativregister. Federführend ist die vorgenannte DGP, die mit dem Register patientenbezogene Daten aus dem bundesweiten Versorgungsalltag erfasst und damit kontinuierlich eine umfassende Datenbank erweitert, die Juristen, Beratern und Angehörigen stichhaltige Überblicke über Qualität und Forschung der Hospiz- und Palliativversorgung bereitstellt (www.hospiz-palliativ-register.de). |