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  • · Fachbeitrag · USA

    Ausgewählte Praxiseffekte der US-Steuerreform für deutsche Unternehmen

    von StB Dr. Thomas Loose, PwC GmbH WPG auf Entsendung in New York

    | Die US-Steuerreform ist durch die Unterschrift des Präsidenten Trump am 22.12.17 in Kraft getreten. Die beiden Kammern des Kongresses, zum einen das Repräsentantenhaus und zum anderen der Senat, hatten zuvor ihre jeweiligen Gesetzesvorschläge in eine gemeinsame Fassung gebracht. Das letztendlich verabschiedete Gesetz basiert infolgedessen in ganz wesentlicher Form auf den Vorfassungen der Kongresskammern. Nichtsdestotrotz ergaben sich im Zuge der Gesetzesfinalisierung noch kleinere Überraschungen. Anhand von Beispielsfällen werden ausgewählte Praxiseffekte der US-Steuerreform für deutsche Unternehmen sowohl im Inbound- als auch im Outbound-Fall analysiert. |

    1. Deutschland fällt im Steuerwettbewerb zurück

    Mit der Verabschiedung der Steuerreform hat Präsident Trump für einen ‒ lange Zeit nicht für möglich gehaltenen ‒ Paukenschlag gesorgt. Zwar kommt es auch im Bereich der Besteuerung natürlicher Personen zu nicht zu vernachlässigenden Steuersenkungen und -vereinfachungen. Das zentrale Element der US-Steuerreform ist jedoch die Senkung des Körperschaftsteuersatzes des Bundes von bislang 35 % auf nunmehr 21 % und dies bereits mit Wirkung ab dem Jahre 2018, flankiert von einer sofortigen Abschaffung des bisherigen Mindestbesteuerungssystems, sog. AMT (Alternative Minimum Tax), und der Möglichkeit zur sofortigen Vollabschreibung zahlreicher Wirtschaftsgüter (zu Details vgl. Loose/Engel, Ubg 18, Heft 2). Auch wenn die von Trump im Wahlkampf angekündigte Steuersatzsenkung auf 15 % letztendlich um sechs Prozentpunkte höher ausfällt, ergibt sich eine Senkung der Steuerbelastung von US-amerikanischen Unternehmen um mehr als ein Drittel. Diese massive Reduzierung des Steuerniveaus für Unternehmen bewirkt somit eine signifikante Stärkung des Standorts USA sowie der Wettbewerbsfähigkeit von US-Konzernen.

     

    China hat durch die Schaffung (weiterer) steuerlicher Anreize für ausländische Investoren unmittelbar nachgezogen. Zahlreiche weitere Staaten haben angekündigt bzw. planen ‒ wie z. B. die Niederlande ‒ bereits konkret, kurzfristig eine steuerliche Entlastung von Unternehmen vorzunehmen und zwar ausgehend von einer im Vergleich zu Deutschland ohnehin bereits fast immer niedrigeren Basis. In Deutschland stellt die Senkung des Steuerbelastungsniveaus von Unternehmen ein politisch als eher unwahrscheinlich einzustufendes Szenario dar; zu hoffen ist, dass die zumindest seit langer Zeit angekündigte steuerliche Förderung von Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten in der nächsten Legislaturperiode endlich Realität wird. Im Zuge der Umsetzung der Anti-Tax-Avoidance-Directive (kurz: ATAD) drohen allerdings sogar weitere Verschärfungen des deutschen Steuerrechts, unter anderem im Bereich der Hinzurechnungsbesteuerung.

     

    Neben der Senkung des Bundeskörperschaftsteuersatzes sollten deutsche Unternehmen auch die weiteren im Zuge der US-Steuerreform umgesetzten Maßnahmen im Hinblick auf ihre konkreten Steuereffekte hin überprüfen.

    2. Inbound-Fälle

    2.1 Lizenzaufwand

    Die in Deutschland ansässige D-GmbH ist eine 100%ige Tochtergesellschaft der in Las Vegas im Bundesstaat Nevada ansässigen US-Corp. Die US-Corp. besitzt ein Patent im Bereich der Künstlichen Intelligenz und überlässt dieses gegen ein fremdvergleichsübliches Entgelt der D-GmbH.

     

     

    Der Lizenzaufwand stellt auf Ebene der D-GmbH eine abzugsfähige Betriebsausgabe dar (§ 4 Abs. 4 EStG i. V. m. § 8 Abs. 1 KStG). Für Gewerbesteuerzwecke ist allerdings die Hinzurechnung gemäß § 8 Nr. 1 Buchst. f) GewStG zu beachten, unter Berücksichtigung des Freibetrags von 100.000 EUR für ein Viertel der Summe sämtlicher Hinzurechnungen nach § 8 Nr. 1 GewStG. Infolgedessen sind Lizenzaufwendungen für Ertragsteuerzwecke regelmäßig zu effektiv 93,75 % abzugsfähig.

     

    Darüber hinaus kann jedoch die Lizenzschranke des § 4j EStG die Abzugsfähigkeit von nach dem 31.12.17 entstehenden Lizenzaufwendungen teilweise beschränken. Das erklärte Ziel der Lizenzschranke ist es, zu verhindern, dass multinationale Unternehmensgruppen Gewinne durch Lizenzzahlungen in Staaten mit besonderen Präferenzregelungen für Lizenzeinkünfte (sog. IP-Boxen, Lizenzboxen oder Patentboxen) verschieben, die keine Ausübung einer substanziellen Geschäftstätigkeit im Sinne des sog. modifizierten Nexus-Ansatzes erfordern und daher nicht den Anforderungen des BEPS-Projekts der OECD und der G20 entsprechen. Auf der Tatbestandsebene erfordert die Lizenzschranke insbesondere, dass die auf Ebene des Vergütungsgläubigers anfallenden Lizenzeinnahmen zum einen niedrig besteuert werden (unter 25 %) und zum anderen von der Regelbesteuerung abweichen.

     

    Beachten Sie | Die Voraussetzungen einerseits einer Niedrigbesteuerung und andererseits eines Abweichens von der Regelbesteuerung müssen kumulativ erfüllt sein. Andernfalls würde eine flächendeckende Einschränkung der Abzugsfähigkeit von Lizenzaufwendungen drohen, da die OECD-Durchschnittsbelastung 23,75 % beträgt und folglich zahlreiche Staaten (weit) niedrigere Steuersätze als 25 % aufweisen.

     

    Allein der Umstand, dass in Nevada im Gegensatz zu den meisten anderen Bundesstaaten keine sog. State Tax erhoben wird und die Lizenzeinnahmen bei der US-Corp. somit allein der Bundeskörperschaftsteuer von nunmehr 21 % unterliegen, sollte nicht zum Greifen der Lizenzschranke führen. Zwar liegt eine Niedrigbesteuerung vor, diese weicht aber nicht von der Regelbesteuerung ab. Denn für die Regelbesteuerung kann m. E. allein die Bundeskörperschaftsteuer maßgeblich sein (entsprechend ist bei rein innerdeutschen Lizenzierungen allein die Körperschaft-, nicht aber die Gewerbesteuer mit ihren divergierenden Hebesätzen entscheidend). Ferner liegt keine Begünstigung nur von Lizenzeinnahmen vor; so profitiert z. B. auch ein Casino-Betreiber in Las Vegas von dem Standortvorteil Nevadas; im angrenzenden Kalifornien würde hingegen ein 8,84%iger State-Tax-Satz anfallen. Aufgrund der fehlenden Definition des Referenzmaßstabs „Regelbesteuerung“ und mangels eines klarstellenden BMF-Schreibens ist aber nicht abschließend gesichert, welche Position die Finanzverwaltung künftig einnehmen wird.

     

    Fraglich ist jedoch, ob die im Zuge der US-Steuerreform neu eingeführte Steuervergünstigung für ausgewählte Einkünfte aus immateriellen Vermögenswerten zum Greifen der Lizenzschranke führen kann. Die begünstigten Einkünfte, das sog. FDII (Foreign Derived Intangible Income) ermitteln sich hierbei durch eine recht komplizierte Formel. Zunächst werden die modifizierten Gesamteinkünfte des US-Unternehmens um eine 10%ige Routinerendite auf dessen materielle Vermögenswerte reduziert. Der Auslandsanteil dieses Deemed Intangible Income wird durch einen 37,5%igen Pauschalabzug begünstigt, was zu einem effektiven Steuersatz von ca. 13 % führt.

     

    Zweifellos liegt nach wie vor eine Niedrigbesteuerung vor. Aber ein Abweichen von der Regelbesteuerung ist zumindest nach der hier vertretenen Auffassung weiterhin nicht gegeben. Denn es mangelt an der für die Lizenzschranke erforderlichen präferenziellen Besteuerung der Lizenzeinnahmen. So gehen die Lizenzeinnahmen in voller Höhe in die Bemessungsgrundlage ein und unterliegen anschließend dem regulären Bundeskörperschaftsteuersatz. Das FDII setzt durch den formelmäßig ermittelten Pauschalabzug vielmehr auf der Ausgabenseite an, die m. E. aufgrund des fehlenden direkten Bezugs zu den Lizenzeinnahmen nicht relevant ist. Erneut ist jedoch nicht auszuschließen, dass die Finanzverwaltung eine andere Position vertreten wird.

     

    PRAXISHINWEIS | Der genaue Anwendungsbereich der Lizenzschranke ist in der Praxis unklar. Idealerweise sollte eine klarstellende Gesetzesänderung in § 4j EStG erfolgen bzw. zumindest ein regelmäßig zu aktualisierendes BMF-Schreiben mit einer Negativliste zur klaren Benennung von schädlichen Steuerregimen veröffentlicht werden. Dies würde im erheblichen Maße zur Erhöhung der Rechtssicherheit beitragen.

     

    2.2 Gewinnausschüttung

    Sachverhalt wie in Beispiel 1. In ihrer Stellung als Alleingesellschafterin der D-GmbH beschließt die US-Corp. die Vornahme einer Gewinnausschüttung durch die D-GmbH.

     

     

    Die USA wiesen bislang ein Anrechnungssystem mit der vollen Besteuerung von Dividenden unter Anrechnung ausländischer Steuern auf. Durch die Steuerreform wird der Wandel hin zu dem international üblichen Freistellungssystem (Territorial System) vollzogen. Dividenden von ausländischen Tochtergesellschaften werden demnach in voller Höhe freigestellt (Dividends Received Deduction, kurz: DRD), wenn die Beteiligung an mindestens 366 Tagen innerhalb eines Zeitraums von 731 Tagen 10 % oder höher beträgt; ferner darf es auf Ebene der ausschüttenden ausländischen Tochtergesellschaft infolge der Dividende nicht zu einer Minderung des Einkommens kommen.

     

    In Beispiel 2 wird die Dividende der D-GmbH somit auf Ebene der US-Corp. bei Erfüllen der Mindesthaltedauer zu 100 % von der Besteuerung freigestellt, da die Gewinnausschüttung das Einkommen der D-GmbH nicht mindert (vgl. § 8 Abs. 3 S. 1 KStG). Von der D-GmbH einbehaltene Quellensteuern gewinnen an Relevanz: Bislang erfolgte unter gewissen Voraussetzungen eine Anrechnung in den USA, weshalb US-Konzernen in der Praxis in vielen Fällen eine Senkung der Kapitalertragsteuer auf 5 % genügte; künftig stellt eine Quellensteuer jedoch regelmäßig eine definitive Steuerbelastung dar, weshalb die US-Corp. versuchen wird, durch Erfüllen der Voraussetzungen des Art. 10 Abs. 3 DBA-USA einen 0 %-Quellensteuersatz zu erreichen.

     

    MERKE | Ein reduzierter Quellensteuersatz auf Dividenden ist auf Basis des DBA-USA nur bei Überschreiten der sog. Schranken für Abkommensvergünstigungen des Art. 28 DBA-USA möglich. Diese Limitation-on-Benefits-Klauseln verdrängen als speziellere Regeln auch die Anti-Treaty-Shopping-Vorschrift des § 50d Abs. 3 EStG.

     

    Falls von der D-GmbH statt einer Gewinnausschüttung eine Zahlung auf ein hybrides Finanzinstrument geleistet würde, welches aus US-Steuersicht Eigenkapital und nach deutschen Steuergrundsätzen Fremdkapital darstellt, ist die Steuerfreistellung nach den o. g. Grundsätzen ausgeschlossen. Abstimmungsprobleme und ggf. sogar Doppelbesteuerungen aufgrund wechselseitig auf sich Bezug nehmender Vorschriften drohen, wenn Deutschland i. R. d. ATAD eine Ausweitung der zahlreichen bereits bestehenden Anti-Hybrid-Regelungen zur Vermeidung u. a. von Deduction-/No-Inclusion-Szenarien vornehmen wird. Wird Deutschland den Steuerabzug verwehren, weil in den USA grundsätzlich eine Freistellung vorgesehen ist bzw. werden die USA wegen der potenziellen Abzugsfähigkeit in Deutschland ohne Freistellung besteuern bzw. wird es zu keinem Abzug in Deutschland bei voller Besteuerung der Dividende in den USA kommen?

     

    Schließlich sind tatsächliche Gewinnausschüttungen von den im Zuge des Systemwechsels zugleich eingeführten fingierten Gewinnausschüttungen strikt abzugrenzen. Letztere stellen eine bloße Fiktion aus US-amerikanischer Steuersicht dar und richten sich folglich ausschließlich nach US-Steuerrecht. Auf Ebene ausländischer Tochtergesellschaften von US-Unternehmen thesaurierte, noch nicht in den USA besteuerte Gewinne gelten demnach als in die USA ausgeschüttet (Deemed Repatriation) und unterliegen einem Steuersatz von 15,5 % für in liquiden Wirtschaftsgütern gebundene Gewinne (8 % für illiquide Wirtschaftsgüter). Die resultierende Steuerlast (Toll Charge) kann dabei auf acht Jahre verteilt werden. Relevant ist somit nicht der nach handelsrechtlichen Grundsätzen zu ermittelnde ausschüttbare Gewinn, sondern vielmehr die Previously Untaxed Earnings and Profits. Falls z. B. die D-GmbH aus US-Sicht im Wege der Check-the-Box-Election als steuerlich transparent behandelt wird (Disregarded Entity), sind die Gewinne der D-GmbH bereits im Zeitpunkt ihres Entstehens in den USA besteuert worden und unterliegen demnach bereits dem Grunde nach keiner Toll Charge mehr.

    3. Outbound-Fälle

    3.1 Jahresabschlusserstellung

    Die D-GmbH mit Sitz und Ort der Geschäftsleitung in Deutschland besitzt eine 100%ige Tochterkapitalgesellschaft in den USA, die US-Corp. Die US-Corp. generiert laufende Gewinne, aus der Vergangenheit stammen jedoch steuerliche Verlustvorträge von 100 Mio. USD. Die US-Corp. hat wiederum eine 100%ige Tochterkapitalgesellschaft, die in Kanada ansässige Canada-Corp.

     

     

    Die steuerlichen Verlustvorträge der US-Corp. wurden bislang im Rahmen der Erstellung des Konzernabschlusses der D-GmbH unter Berücksichtigung des Bundeskörperschaftsteuersatzes von 35 % als aktive Latenz angesetzt, da mit einer Nutzung der steuerlichen Verlustvorträge in den nächsten Jahren fest gerechnet wird. Infolge der Reduzierung des Körperschaftsteuersatzes des Bundes auf nunmehr 21 % hat eine aufwandswirksame Abwertung der latenten Steuerposition um den in Euro umgerechneten Wert von 14 Mio. USD zu erfolgen. Im Falle eines Überhangs an passiven Latenzen hätte sich hingegen ein Ertrag ergeben.

     

    Ein weiterer (Einmal-)Effekt auf den Jahresabschluss kann sich aus der Möglichkeit zur sofortigen Abschreibung neu erworbener Wirtschaftsgüter oder der Toll Charge ergeben. Wenn z. B. die Gewinne der Canada-Corp. noch nicht in den USA besteuert wurden, weil die Canada-Corp. auch aus US-Steuersicht als Körperschaft angesehen wird (Regarded Entity) und in der Vergangenheit keine tatsächlichen Gewinnausschüttungen erfolgten, ist die resultierende Toll Charge in Form einer Steuerverbindlichkeit grundsätzlich noch im Konzernabschluss 2017 aufwandswirksam abzubilden. Während sich aus Einmaleffekten kurzfristig auch erhebliche Belastungen ergeben können, werden bereits mittelfristig die Konzernsteuerquoten von Unternehmen mit US-Aktivitäten aufgrund des niedrigeren Körperschaftsteuersatzes signifikant sinken.

     

    3.2 Zinsaufwand

    Die Senkung des Körperschaftsteuersatzes wird zumindest teilweise durch eine Verbreiterung der US-amerikanischen Steuerbemessungsgrundlage gegenfinanziert. Eines der zentralen Elemente ist hierbei die Einführung einer Zinsschranke. Diese ähnelt der deutschen Zinsabzugsbeschränkung (§ 4h EStG i. V. m. § 8a KStG) bzw. der entsprechenden ATAD-Regelung (Art. 4 ATAD). In den Jahren 2018 bis 2021 entstehende Nettozinsaufwendungen sind demnach nur noch in Höhe von 30 % eines ‒ dem steuerlichen EBITDA vergleichbaren ‒ modifizierten Einkommens abziehbar; ab 2022 wird auf das EBIT statt auf das EBITDA abgestellt. Nicht abziehbare Zinsen sind in den Folgejahren als Zinsvortrag zu berücksichtigen.

     

    MERKE | Es besteht keine Deckungsgleichheit zur deutschen bzw. europäischen Regelung: So sieht die US-Zinsschranke z. B. weder einen EBITDA-Vortrag (§ 4h Abs. 1 S. 4 EStG) noch einen Eigenkapitalquoten-Escape (§ 4h Abs. 2 Buchst. c) EStG i. V. m. § 8a Abs. 3 KStG) vor.

     

    Die in Beispiel 4 nachfolgend grafisch veranschaulichte Fremdkapitalfinanzierung einer US-Tochterkapitalgesellschaft ist folglich ab dem Jahre 2018 auch auf die Einschlägigkeit der Zinsschranke hin zu überprüfen. Ggf. ist eine Anpassung der Finanzierungsstruktur vorzunehmen, zumal infolge des ‒ aufgrund der Körperschaftsteuersenkung ‒ nunmehr regelmäßig relativ höheren deutschen Steuerbelastungsniveaus US-Investitionen von Deutschland aus tendenziell eher mit Eigen- als mit Fremdkapitalmitteln finanziert werden sollten.

     

     

    Zins- und Lizenzaufwendungen sind darüber hinaus in den USA ab sofort nicht mehr abziehbar, wenn die neu eingeführte Anti-Hybrid-Regelung greift, weil der korrespondierende Zins-/Lizenzertrag gar nicht besteuert wird (Deduction/No Inclusion) oder der Zins-/Lizenzaufwand doppelt abziehbar wäre (Double Deduction). Nicht auszuschließen ist dabei, dass im Wege des Erlasses von Verwaltungsvorschriften geregelt wird, dass auch indirekte Qualifikationskonflikte (Imported Hybrid Mismatches) von der neuen Anti-Hybrid-Regelung erfasst werden.

     

    Wenn also das Darlehen der D-GmbH an die US-Corp. zwar aus US-Sicht Fremdkapital darstellt, aus deutschsteuerlicher Sicht aber als Eigenkapital einzustufen ist, greift dem Grunde nach die US-Anti-Hybrid-Regel, weil in Deutschland Zahlungen auf Eigenkapitalinstrumente unter den Voraussetzungen des § 8b Abs. 1, 5 KStG effektiv i. H. v. 95 % für Körperschaftsteuerzwecke freigestellt werden. Zu beachten ist jedoch das in § 8b Abs. 1 S. 2 ff. KStG enthaltene Korrespondenzprinzip, wonach die Steuerfreistellung ausscheidet, wenn bei der leistenden Körperschaft ein Steuerabzug erfolgt. Erneut drohen Abstimmungsprobleme bzw. schlimmstenfalls sogar eine Doppelbesteuerung, da die USA den Abzug und Deutschland die Freistellung verweigern könnten. In der Praxis der Finanzierung von US-Tochtergesellschaften kommen Hybriddarlehen, die aus deutscher Steuersicht als Eigenkapital einzustufen sind, allerdings wenn überhaupt nur in seltenen Einzelfällen vor.

     

    3.3 Laufende Einkünfte

    Die in Deutschland ansässige D-GmbH ist Alleingesellschafterin der in Dallas im Bundesstaat Texas ansässigen US-Corp., die wiederum eine 100%ige Tochterkapitalgesellschaft in Irland besitzt, die I-Ltd. Neben laufenden Einkünften aus einer Handelstätigkeit erzielt die US-Corp. Einkünfte aus der fremdvergleichskonformen Lizenzierung einer Spezialsoftware an die I-Ltd.

     

     

    In Bezug auf die Einkünfte der US-Corp. stellt sich infolge des neuen Bundeskörperschaftsteuersatzes von 21 % die Frage, ob für Zwecke der Hinzurechnungsbesteuerung eine Niedrigbesteuerung i. S. d. § 8 Abs. 3 AStG vorliegt. Für die Prüfung des Unterschreitens der 25 %-Niedrigbesteuerungsschwelle sind sämtliche ausländischen Ertragsteuern und somit grundsätzlich auch eine State Tax und ggf. einschlägige lokale Steuern einzubeziehen. Da Texas und Dallas keine an eine Ertragsgröße anknüpfende State Tax bzw. City Tax erheben, werden die Einkünfte der US-Corp. grundsätzlich niedrig besteuert. Somit ist zu analysieren, ob die Handelstätigkeit als aktiv i. S. d. § 8 Abs. 1 Nr. 4 AStG und die Lizenzeinkünfte als aktiv i. S. d. § 8 Abs. 1 Nr. 6 Buchst. a) AStG einzustufen sind: Kann das bejaht werden, fällt mangels passiver Einkünfte keine Hinzurechnungsbesteuerung an.

     

    Beachten Sie | Auf Bund-/Länderebene wird vor dem Hintergrund der ATAD gegenwärtig an einer Überarbeitung der Vorschriften zur Hinzurechnungsbesteuerung gearbeitet. Dem Vernehmen nach sind signifikante Änderungen nicht auszuschließen. Zu hoffen ist insbesondere, dass die Niedrigsteuerschwelle auf ein vernünftiges Maß gesenkt wird.

     

    Ob eine Niedrigbesteuerung i. S. d. § 8 Abs. 3 AStG jedoch wirklich vorliegt, ist stets einzelfallabhängig zu überprüfen. Ursächlich hierfür ist zum einen, dass nicht der nominale ausländische Steuersatz maßgeblich ist, sondern die effektiv anfallenden ausländischen Steuern. Selbst wenn sich im Beispielsfall infolge einer State Tax ein zumindest 25%iges Nominalsteuerniveau ergäbe, könnte folglich ‒ z. B. infolge der FDII (zu Details vgl. oben unter 2.1) ‒ eine Niedrigbesteuerung resultieren.

     

    Ebenfalls zu prüfen sind etwaige Belastungen aus der neu eingeführten Base Erosion Anti-Abuse Tax (kurz: BEAT). Die BEAT zielt darauf ab, die übermäßige Erosion der US-amerikanischen Steuerbemessungsgrundlage durch bestimmte Zahlungen an bzw. Aufwendungen gegenüber verbundenen Unternehmen zu verhindern. Die BEAT wendet auf das um die Nichtabzugsfähigkeit dieser Zahlungen bzw. Aufwendungen korrigierte Einkommen in 2018 einen Steuersatz von 5 % (10 % ab 2019 und 12,5 % ab 2026) an. Insoweit die derart ermittelte Steuer die reguläre Steuerlast überschreitet, ergibt sich eine Mehrbelastung, die aufgrund ihres Ertragsteuercharakters bei dem Niedrigbesteuerungstest des § 8 Abs. 3 AStG zu berücksichtigen ist.

     

    PRAXISHINWEIS | Wareneinsatz (Costs of Goods Sold) wird im Gegensatz zu Abschreibungen auf die Anschaffung abnutzbarer Wirtschaftsgüter nicht von der BEAT erfasst. Unternehmensindividuell ist daher zu prüfen, ob durch eine Umstellung der Lieferungs- und Leistungsströme Nachteile aus der BEAT abgewendet werden können.

     

    Zum anderen hat die zugrunde liegende Einkünfteermittlung nach deutschen Steuervorschriften zu erfolgen. So stimmen z. B. die Abschreibungssätze in vielen ausländischen Staaten nicht mit denen von Deutschland überein. Für die USA gilt dies nach der Steuerreform umso mehr, da zwischen dem 27.9.17 und dem 31.12.22 angeschaffte Wirtschaftsgüter mit einer Nutzungsdauer von weniger als 20 Jahren im Jahr ihrer Anschaffung in voller Höhe sofort abgeschrieben werden können. Eine Korrektur auf die deutschen Abschreibungssätze ist nach der hier vertretenen Auffassung aber nicht erforderlich, da dies zu unsachgemäßen Verzerrungseffekten führen würde. Auch führt die Finanzverwaltung im AStG-Anwendungserlass aus, dass allgemein übliche und sich in überschaubarer Zeit ausgleichende Abschreibungssätze keinen Korrekturbedarf nach sich ziehen. In anderen Bereichen kann jedoch Anpassungsbedarf entstehen, wie z. B. bei der Zinsschranke und im Falle von Veräußerungserlösen (zu Details vgl. Loose/Engel, Ubg 18, Heft 2).

     

    Neben der US-Corp. sind für die Hinzurechnungsbesteuerung ‒ aufgrund der Regelung des § 14 AStG für nachgeschaltete Zwischengesellschaften ‒ auch die Einkünfte der I-Ltd. zu analysieren. Von einer Niedrigbesteuerung ist in Irland auszugehen (KSt-Satz 12,5 %), sodass entscheidend ist, ob die Einkünfte als aktiv oder passiv i. S. d. § 8 Abs. 1 AStG zu klassifizieren sind.

     

    Neben der deutschen Hinzurechnungsbesteuerung ist jedoch noch die etwaig einschlägige Hinzurechnungsbesteuerung aus US-amerikanischer Sicht (Subpart F-Rules) zu prüfen. Im Rahmen der Steuerreform wurde darüber hinaus noch eine erweiterte Hinzurechnungsbesteuerung für bestimmte ausländische Einkünfte aus immateriellen Vermögensverwertungen eingeführt. Danach wird das als GILTI abgekürzte Global Intangible Low-Taxed Income ermittelt, ähnlich der Ermittlung des FDII, und einer effektiven US-Besteuerung mit 10,5 % unterzogen (ab 2026: ca. 13 %). Aufgrund der Möglichkeit zur Anrechnung von 80 % der ausländischen Steuern greift die GILTI-Besteuerung im Ergebnis nur, wenn ‒ wie im Beispielsfall ‒ der Steuersatz im Ausland 13,125 % unterschreitet (ab 2026: ca. 16,4 %). Für Zwecke der deutschen Hinzurechnungsbesteuerung können neben der irischen Körperschaftsteuer auch die US-Steuern aus der regulären bzw. erweiterten US-Hinzurechnungsbesteuerung abgezogen bzw. angerechnet werden (§ 10 Abs. 1 bzw. § 12 Abs. 1 AStG).

     

    Fraglich ist jedoch, ob die reguläre US-Hinzurechnungssteuer und die GILTI auch bei der Prüfung der Niedrigbesteuerung i. S. d. § 8 Abs. 3 AStG berücksichtigt werden können, da die Finanzverwaltung im AStG-Anwendungsschreiben dies (zumindest für die generelle Hinzurechnungssteuer) ablehnt. M. E. ist die GILTI wie auch die normale US-Hinzurechnungssteuer jedoch einzubeziehen, da nur dies mit dem Sinn und Zweck der Hinzurechnungsbesteuerung, die Verlagerung von Einkünften in niedrig besteuernde ausländische Staaten zu verhindern, vereinbar ist.

     

    FAZIT | Unterm Strich ist festzuhalten, dass die US-Steuerreform für deutsche Unternehmen insbesondere im Outbound-Fall signifikante Auswirkungen besitzt. Die massive Steuersatzsenkung kann zu (nachteiligen) Einmaleffekten führen, bewirkt in erster Linie aber eine deutlich reduzierte Belastung laufender Gewinne. Zu beachten sind jedoch Risiken aus der Verbreiterung der Bemessungsgrundlage. Zuvorderst zu nennen sind hierbei die Zinsschranke sowie die BEAT- und GILTI-Regelungen. Auch deutsche Unternehmen sollten daher ihre Lieferungs- und Leistungsströme als auch ihre Konzern- sowie Finanzierungsstrukturen genau prüfen, um nachteilige Effekte zu vermeiden.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Für deutsche Unternehmen hat die US-Steuerreform viele Facetten. In der nächsten Ausgabe stellen wir Ihnen einen ausführlichen Musterfall von Herrn Prof. Endres und Frau Dr. Freiling zur US-Steuerreform vor, der die Auswirkungen auf das Investitionsvolumen und Finanzierungsoptionen auslotet.
    Quelle: Ausgabe 02 / 2018 | Seite 44 | ID 45102146