· Nachricht · Unterbringung
Bekanntgabe des Gutachtens an Verfahrenspfleger oder Betreuer genügt nicht
| In einem Unterbringungsverfahren ersetzt die Bekanntgabe des Sachverständigengutachtens an den Verfahrenspfleger oder an den Betreuer nicht die notwendige Bekanntgabe an den Betroffenen persönlich. Hierauf hat der BGH hingewiesen. |
Sachverhalt und Entscheidungsgründe
Weder aus den Feststellungen des LG noch aus den Gerichtsakten ließ sich entnehmen, dass der Inhalt des Gutachtens der Betroffenen vor deren Anhörung in vollem Umfang bekannt gegeben worden ist. Aus den Gerichtsakten ist lediglich ersichtlich, dass das Sachverständigengutachten dem Betreuer und dem Verfahrenspfleger übersandt worden ist.
Dies genügt dem BGH jedoch nicht (BGH 8.5.19, XII ZB 2/19, Abruf-Nr. 209178). Er machte deutlich, dass die Bekanntgabe des Gutachtens an den Verfahrenspfleger nicht die Bekanntgabe an den Betroffenen ersetzt. Der Verfahrenspfleger ist nämlich ‒ anders als ein Verfahrensbevollmächtigter ‒ nicht Vertreter des Betroffenen im Verfahren.
Durch eine Bekanntgabe an den Verfahrenspfleger kann allenfalls im Ausnahmefall ein notwendiges Mindestmaß rechtlichen Gehörs sichergestellt werden. Das setzt voraus, dass das Betreuungsgericht von der vollständigen schriftlichen Bekanntgabe eines Gutachtens an den Betroffenen entsprechend § 288 Abs. 1 FamFG absieht, weil zu besorgen ist,
- dass die Bekanntgabe die Gesundheit des Betroffenen schädigen oder zumindest ernsthaft gefährden werde,
- und die Erwartung gerechtfertigt ist, dass der Verfahrenspfleger mit dem Betroffenen über das Gutachten spricht.
Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor.
Ebenso wenig konnte die erforderliche persönliche Bekanntgabe an die Betroffene dadurch ersetzt werden, dass das Gutachten an den Betreuer übersendet wurde. Selbst wenn der Betreuer mit der Betroffenen über das Gutachten gesprochen hätte, wofür jedoch Feststellungen fehlen, genügte dies allein nicht, um dem Anspruch der Betroffenen auf rechtliches Gehör gerecht zu werden.
Relevanz für die Praxis
Ein Sachverständigengutachten kann gem. § 37 Abs. 2 FamFG nur als Grundlage einer Entscheidung in der Hauptsache verwertet werden, wenn das Gericht den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt hat. Das Gutachten muss also dem Betroffenen grundsätzlich mit seinem vollen Wortlaut im Hinblick auf dessen Verfahrensfähigkeit (§ 316 FamFG) persönlich zur Verfügung gestellt werden. Davon kann nur unter den Voraussetzungen des § 325 Abs. 1 FamFG abgesehen werden.