· Fachbeitrag · Vertragsarztrecht
Prüfungen wegen EBM-Nrn. 35100 und 35110: zur Quantifizierung von Praxisbesonderheiten
von Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht Dr. Jan Moeck, Kanzlei D+B Rechtsanwälte Partnerschaft mbB, db-law.de
| Im Rahmen der Prüfung der Wirtschaftlichkeit ärztlicher Leistungen, insbesondere im hausärztlichen Bereich, stehen nicht selten Leistungen der psychosomatischen Grundversorgung im Fokus. Das Sozialgericht (SG)Marburg hat dazu im September 2023 in insgesamt drei Verfahren zugunsten von Ärztinnen bzw. Ärzte entschieden, die gegen Honorarrückforderungen der Prüfgremien geklagt hatten. Das Gericht hat sich dabei insbesondere mit der Frage befasst, wie die Prüfgremien die Praxisbesonderheiten zu quantifizieren haben (Gerichtsbescheid des SG Marburg vom 08.09.2023, Az. S 17 KA 87/18; Urteile des SG Marburg vom 27.09.2023, Az. S 17 KA 22/21 und Az. S 17 KA 157/21). |
Sachverhalte
Die Kläger sind in der hausärztlichen Versorgung zugelassen. Sie verfügen über die Genehmigung zur „Psychosomatischen Grundversorgung“ und überschritten jeweils die Durchschnittswerte in der Leistungshäufigkeit der EBM-Nrn. 35100 (Differentialdiagnostische Klärung psychosomatischer Krankheitszustände) und/oder 35110 (Verbale Intervention bei psychosomatischen Krankheitszuständen) in den geprüften Quartalen um bis zu über 800 Prozent im Vergleich zur Fachgruppe. In den Verwaltungsverfahren machten sie geltend, dass ihre Patientenklientel überdurchschnittlich viele Erkrankungen im psychischen, psychosomatischen und/oder psychiatrischen Bereich aufweise und daher ein Schwerpunkt in diesem Leistungsbereich bestehe.
Die Prüfgremien erkannten Überschreitungen von 100 bis 200 Prozent des Fachgruppendurchschnitts pauschal an und setzten bezüglich der weiteren Überschreitungen Honorarkürzungen von bis zu 5.000 Euro je Quartal gegen die betroffenen Leistungserbringer an. Zwar berücksichtigte der Beschwerdeausschuss nach durchgeführten Prävalenzprüfungen grundsätzlich das Vorliegen von Praxisbesonderheiten in den geprüften Praxen. Er legte dabei die entsprechend § 27 der Psychotherapie-Richtlinie genannten Indikationen für die psychosomatische Grundversorgung zugrunde. Die Ermittlung der Mehr-Anteile bezüglich der zehn häufigsten F-Diagnosen gegenüber der verfeinerten Fachgruppe genügte nach Auffassung des Beschwerdeausschusses in allen drei Fällen aber nicht, um die Überschreitungen vollständig zu rechtfertigen. Der Ärztinnen bzw. Ärzte erhoben dagegen Klage zum Sozialgericht Marburg.
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