04.03.2011 | Haftpflicht
Fiktive Abrechnung, Behelfsreparatur und Mehrwertsteuer
Ein Leser fragt: Ein Kunde hatte einen Haftpflichtschaden, der zu 50 Prozent reguliert werden konnte. Wir haben für den Schaden einen Kostenvoranschlag erstellt, den der Kunde fiktiv bei der Versicherung abgerechnet hat. Kurze Zeit später wurde das Fahrzeug minderwertig repariert, die Rechnung hat der Kunde ebenfalls der Versicherung eingereicht, wegen der Mehrwertsteuer und dem Nutzungsausfall. Daraufhin hat die Versicherung nach der Reparaturrechnung reguliert und nicht nach Kostenvoranschlag, sodass der Kunde anschließend eine Rückzahlung an die Versicherung leisten sollte. Kann das so richtig sein? Unserer Ansicht nach hätte der Schaden nach Kostenvoranschlag netto reguliert werden und 50 Prozent der Mehrwertsteuer von der Rechnung sowie der hälftige Nutzungsausfall nachgezahlt werden müssen.
Unsere Antwort: Entscheidend sind Umfang und Qualität der Reparatur. Anders gesagt: Es kommt darauf an, ob mit der Reparatur der Schaden beseitigt ist. Wenn der Kunde vollumfänglich, aber billiger als im Kostenvoranschlag reparieren ließ, hat sich der Schaden auf dieser Basis konkretisiert. Dann muss man rechnen, was besser ist: Die „kleine Rechnung“ brutto oder die Kostenvoranschlagsprognose netto. Wenn der Kunde aber nur Teile des Schadens beseitigen ließ, liegt sein Schaden in dem Rechnungsbetrag zuzüglich des nicht beseitigten Schadens. Dann ist Ihre Überlegung genau richtig.
Praxishinweis:Der Versicherer wendet dabei gerne ein, man könne nicht „Teilreparatur konkret“ mit „Restschaden fiktiv“ kombinieren. Das ist falsch. In der Gesetzesbegründung aus dem Jahr 2002 ist explizit das Beispiel einer Eigenreparatur genannt, bei der die Mehrwertsteuer auf die vorgelegte Ersatzteilrechnung gefordert wird. |
Beachten Sie: Der Fall zeigt aber wieder eindrucksvoll: Finger weg von Quotenfällen. Freiwillig wird die Versicherung nicht nachzahlen, und der Anwalt wird jetzt seine helle Freude am Streitwert haben.