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· Fachbeitrag · Haftung

Beratungsfehler eines Versicherungsmaklers und die Beweislast für den Schaden

von Rechtsanwalt Alexander Rilling, Stuttgart

| Der BGH hat jetzt präzisiert, was der Maklerkunde alles vortragen und beweisen muss, wenn er Schadenersatz von seinem Versicherungsmakler verlangt, weil jener ihn hinsichtlich der Angabe von Vorerkrankungen im Lebensversicherungsantrag falsch beraten habe. |

Verschwiegene Vorerkrankungen

Der Ehemann der Klägerin ist infolge eines von ihm nicht verschuldeten Unfalls verstorben. Zwei Jahre zuvor hatte er über den Versicherungsmakler eine Lebensversicherung abgeschlossen. Dieser hatte dem Mann geraten, bestimmte Vorerkrankungen nicht anzugeben.

 

Der Lebensversicherer verweigerte nach Eintritt des Versicherungsfalls die Zahlung. Ihm waren die verschwiegenen Vorerkrankungen bekannt geworden. Er focht den Vertrag wegen arglistiger Täuschung an. Die Klage der Witwe auf Auszahlung der Versicherungssumme blieb erfolglos.

 

Die Witwe klagte gegen den Makler auf Schadenersatz in Höhe der nicht ausgezahlten Versicherungssumme und hatte vor dem BGH Erfolg. Die Klage führte zur Aufhebung und Rückverweisung der Sache an die Vorinstanz (BGH, Urteil vom 23.10.2014, Az. III ZR 82/13; Abruf-Nr. 172893).

BGH konkretisiert Regeln zur Darlegungs- und Beweislast

Grund der Aufhebung für den BGH war, dass es das OLG Bamberg in der Berufungsinstanz unterlassen hatte, einen Sachverständigen zu der Frage anzuhören, ob die Vorerkrankungen nur geringfügig gewesen seien und daher ein Versicherungsvertrag auch bei wahrheitsgemäßer Angabe der Vorerkrankungen zustande gekommen wäre.

 

In derartigen Fällen prüfen die Gerichte regelmäßig, welchen Verlauf die Dinge ohne die Pflichtverletzung genommen hätten und wie sich die Vermögenslage des Geschädigten ohne die Pflichtverletzung darstellen würden. Der Geschädigte ist dabei darlegungs- und beweispflichtig. Allerdings kann er sich bei der Beurteilung, ob ein schuldhafter Verstoß des Versicherungsmaklers gegen Hinweis- oder Beratungspflichten einen wirtschaftlichen Nachteil verursacht hat, auf die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens stützen.

 

Dann trifft den Makler die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Geschädigte sich über die aus der Aufklärung und Beratung folgenden Verhaltensempfehlungen hinweggesetzt hätte und der Schaden deshalb auch bei vertragsgerechter und pflichtgemäßer Aufklärung und Beratung eingetreten wäre.

 

Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens

Dementsprechend kann nach Ansicht des BGH im Urteilsfall zwar vermutet werden, dass der Ehemann die Vorerkrankung angegeben hätte, wenn er durch den Makler ordnungsgemäß beraten worden wäre. Diese Vermutung erstrecke sich aber nicht auf die Frage, ob bei vollständiger und wahrheitsgemäßer Beantwortung der Gesundheitsfragen Versicherungsschutz zu erlangen gewesen und ein Vertrag mit der Versicherungsgesellschaft zustande gekommen wäre. Hier bleibe es bei der Darlegungs- und Beweislast der Witwe.

 

BGH hält Sachverständigengutachten für geeignetes Beweismittel

Die Witwe genüge ihrer Darlegungslast mit der Behauptung, dass ein Lebensversicherungsvertrag gegebenenfalls auch bei einer anderen Versicherung mit bestimmten Risikoausschlüssen oder mit entsprechenden Prämienzuschlägen zustande gekommen wäre.

 

Alles Weitere sei durch einen Sachverständigen aufzuklären. Insbesondere müsse die Witwe keine Angaben dazu machen, bei welchen anderen Versicherern ein entsprechender Antrag seinerzeit gestellt worden wäre bzw. welcher andere Versicherer den Antrag zu den gleichen oder zu welchen geänderten Bedingungen angenommen hätte. Denn da der Makler damals bei seiner Vermittlungsleistung scheinbar erfolgreich war, bestand für den Verstorbenen zu keiner Zeit Anlass, sich um die Angebote anderer Versicherungen zu bemühen.

 

Wichtig | In der Praxis kommt es nun darauf an, ob die Witwe einen Sachverständigen findet, der infolge seiner Sachkunde Angaben dazu machen kann, ob es seinerzeit zum Abschluss eines Versicherungsvertrags gekommen wäre.

Urteile rund um die Maklerhaftung

Makler sind immer wieder in der Schusslinie ihrer Kunden, wenn diese nicht den Versicherungsschutz bekommen haben, den sie brauchen. Nachfolgend eine kleine Auswahl an Urteilen aus jüngster Zeit.

 

Ein Makler haftet für Beratungsfehler bei einer Finanzanlage auch dann nach der strengen Maklerhaftung, wenn er dem Kunden keinen Versicherungsvertrag vermittelt, aber ein Bezug zu Versicherungsverträgen besteht.

OLG Düsseldorf, Urteil vom 27.6.2014, Az. 4 U 87/13; Abruf-Nr. 142619

Unterlässt es der Makler, beim Kunden gezielt nachzufragen, welchen Versicherungsschutz er genau benötigt, muss er ihm einen daraus entstandenen Schaden in Form der „Quasideckung“ ersetzen.

BGH, Urteil vom 26.3.2014, Az. IV ZR 422/12; Abruf-Nr. 141227

Bei einer Betriebshaftpflichtversicherung muss der Makler von sich aus das Risiko des Kunden untersuchen, die tatsächlichen Umstände prüfen und den Kunden unverzüglich und ungefragt über die für ihn wichtigen Ergebnisse unterrichten.

OLG Brandenburg, Urteil vom 23.10.2012, Az. 11 U 90/10; Abruf-Nr. 123933

Ein Makler, der für ein Umbauvorhaben umfassend beauftragt ist, muss die Versicherungssumme einer bestehenden Gebäudeversicherung prüfen, wenn die Versicherung die Substanz des Altbaus weiter absichern soll. Und er muss gegebenenfalls für eine Änderung der Versicherung sorgen.

OLG Hamm, Urteil vom 30.4.2012, Az. 18 U 141/06; Abruf-Nr. 122010; rechtskräftig

Quelle: Ausgabe 01 / 2015 | Seite 7 | ID 43105309