15.06.2012 · IWW-Abrufnummer 122052
Landesarbeitsgericht Hamm: Urteil vom 14.02.2012 – 14 Sa 1385/11
Der Arbeitnehmer hat aus dem für ihn unverbindlichen Wettbewerbsverbot Anspruch auf Karenzentschädigung, wenn er sich an das Wettbewerbsverbot gehalten und seine Verpflichtung hieraus erfüllt hat. Einer (bewussten) Entscheidung für die Einhaltung des Wettbewerbsverbots bereits zu Beginn der Karenzzeit, die endgültig ist und den gesamten Karenzzeitraum umfasst, bedarf es dagegen nicht (Abweichung von BAG, 22. Mai 1990, 3 AZR 647/88, NZA 1991, 363; 14. Juli 2010, 10 AZR 291/09, NZA 2011, 413).
Tenor:
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Rheine vom 20. Juli 2011 (3 Ca 600/11) wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch über die Zahlung einer Karenzentschädigung.
Der Kläger war vom 26. Oktober 2009 bis 31. Juli 2010 als kaufmännischer Angestellter gegen ein monatliches Gehalt von 2.200,00 Euro brutto bei der Beklagten beschäftigt. Grundlage des Arbeitsverhältnisses war ein schriftlicher "Anstellungsvertrag" vom 21. September 2009, der u.a. folgende Regelung enthält:
§ 12 Wettbewerbsverbot
Der Angestellte verpflichtet sich, für die Dauer von 6 Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht für eine Konkurrenzfirma tätig zu werden. Im übrigen gelten die Vorschriften der §§ 74 ff. des Handelsgesetzbuches.
Der Kläger bezog ab 1. August 2010 Arbeitslosengeld in Höhe von 27,77 Euro kalendertäglich (entspricht 833,10 Euro monatlich). Mit Schreiben vom 20. Dezember 2010 (wegen der Einzelheiten vgl. Kopie Bl. 19 f. d. A.) verlangte er erstmals die Zahlung von Karenzentschädigung ab August 2010. Nachdem die Beklagte nicht zahlte, hat der Kläger diesen Anspruch neben einer Urlaubsabgeltung im vorliegenden Verfahren weiterverfolgt.
Der Kläger hat die Auffassung vertreten, dass sich die Beklagte auf eine angebliche Nichtigkeit der formularmäßig verwendeten Wettbewerbsverbotsklausel nicht berufen könne. Die Wettbewerbsklausel sei ihm bekannt gewesen, er habe gewusst, dass er sie beachten müsse. Im Übrigen sei die Beklagte verpflichtet, Entgeltansprüche der Arbeitsagentur durch Ausstellung der Arbeitsbescheinigung gemäß § 312 SGB III mitzuteilen. Der Kläger habe keine Veranlassung gehabt, die Agentur für Arbeit auf den Karenzentschädigungsanspruch hinzuweisen.
Der Kläger hat - soweit hier von Interesse - beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger eine Karenzentschädigung in Höhe von 6.600,00 Euro brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 1.100,00 Euro brutto seit dem 1. September 2010, 1. Oktober 2010, 1. November 2010, 1. Dezember 2010, 1. Januar 2010 und 1. Februar 2010 zu zahlen.
Die Beklagte hat ihren Klageabweisungsantrag damit begründet, dass das vereinbarte Wettbewerbsverbot nichtig sei. Zum einen fehle eine räumliche Begrenzung. Zum anderen ermangele es dem Wettbewerbsverbot an einer Karenzentschädigung. Im Übrigen habe der Kläger sich nicht an das Wettbewerbsverbot gebunden gefühlt. Bis zu seiner "Aufklärung" durch seinen Prozessbevollmächtigten sei ihm nicht einmal bewusst gewesen, dass er diesem unterliegt. Er habe es auch nicht gegenüber der Agentur für Arbeit angegeben.
Durch das hier angefochtene Urteil hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben und die Beklagte außer zur Zahlung der mit eingeklagten Urlaubsabgeltung auch zur Zahlung der Karenzentschädigung für die Monate August 2010 bis Januar 2011 verurteilt. Das Wettbewerbsverbot sei nicht nichtig, sondern lediglich unverbindlich gemäß § 74 a Abs. 1 Satz 1 HGB. Durch Bezugnahme auf die §§ 74 ff. HGB sei zudem die Zusage einer Karenzentschädigung in der gesetzlichen Mindesthöhe entsprechend der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts erfolgt. Der Kläger habe sich auch zu Beginn der Karenzzeit für die Einhaltung des Wettbewerbsverbots entschieden. Er habe sich seit diesem Zeitpunkt und für die gesamte Dauer des Wettbewerbsverbots an dieses gehalten. Die Nichtangabe des Wettbewerbsverbots gegenüber der Agentur für Arbeit lasse nicht den gegenteiligen Schluss zu. Soweit das Arbeitslosengeld überhaupt anrechenbar sei, führe eine Zusammenrechnung mit der monatlichen Karenzentschädigung nicht zu einer Überschreitung der anrechnungsfreien Grenze von 110 % gemäß § 74 c Abs. 1 Satz 1 HGB. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe der angefochtenen Entscheidung (S. 8 bis 11 des Urteils, Bl. 66 - 69 d. A.) Bezug genommen.
Das Urteil wurde der Beklagten am 3. August 2011 zugestellt. Hiergegen richtet sich die am Montag, den 5. September 2011, eingelegte und mit dem nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 18. Oktober 2011 am selben Tag eingegangenen Schriftsatz begründete Berufung.
Die Beklagte ist der Auffassung, der Kläger habe ausdrücklich erklärt, dass er sich an das Wettbewerbsverbot nicht halten wolle. Denn nur so könne man die Tatsache, dass der Kläger bei der Agentur für Arbeit keine Beschränkung seiner Verwendbarkeit angegeben habe, verstehen. Gegenüber der Agentur für Arbeit sei der Kläger verpflichtet, sämtliche Beschränkungen, denen er bei der Vermittlung unterliegt, bekannt zu geben. Wenn er dieses, wie vorliegend geschehen, nicht tue, wolle er sich gerade nicht an das Wettbewerbsverbot halten. Ansonsten könne der Arbeitnehmer zunächst einmal abwarten, was sich auf dem Arbeitsmarkt für ihn ergebe und dann wie hier sich kurz vor Ablauf des Wettbewerbsverbots dafür entscheiden, sich doch daran zu halten. Im Übrigen habe sich der Kläger arbeitslos zu melden. Die Beklagte habe keine Veranlassung gehabt, der Agentur für Arbeit mitzuteilen, dass unter Umständen Karenzentschädigungsansprüche bestehen, weil diese von einem Wahlrecht des Klägers abhängig gewesen seien. Im Übrigen habe eine Verurteilung nur unter Abzug des bezogenen Arbeitslosengeldes erfolgen dürfen.
Die Beklagte beantragt,
auf ihre Berufung das am 20. Juli 2011 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts Rheine (3 Ca 600/11) teilweise abzuändern und die auf Zahlung von 6.600,00 Euro brutto nebst Zinsen gerichtete Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt die Zurückweisung der Berufung und verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens die angefochtene Entscheidung als zutreffend. Die Angaben des Klägers gegenüber der Agentur für Arbeit seien unbeachtlich. Eine ausdrückliche Erklärung, sich nicht an das Wettbewerbsverbot halten zu wollen, liege nicht vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den von ihnen in Bezug genommenen Inhalt der in beiden Instanzen zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Protokolle der Sitzungen des Arbeitsgerichts vom 11. Februar 2011 und 8. Juni 2011 sowie des Landesarbeitsgerichts vom 14. Februar 2012 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Anspruch des Klägers auf Zahlung von Karenzentschädigung ergibt sich aus der vertraglichen Wettbewerbsabrede in § 12 Anstellungsvertrag in Verbindung mit § 74 HGB.
1. Zwischen den Parteien besteht ein für den Kläger unverbindliches Wettbewerbsverbot.
a) Das Wettbewerbsverbot ist nicht schon wegen des Fehlens einer ausdrücklichen Karenzentschädigungszusage nichtig, weil in dem Verweis auf die §§ 74 ff. HGB zugleich die Zusage einer Karenzentschädigung in der gesetzlichen Mindesthöhe liegt. Dies hat das Arbeitsgericht zu Recht und mit zutreffender Begründung unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (vgl. BAG, 28. Juni 2006, 10 AZR 407/05, NZA 2006, 1157) festgestellt.
b) Eine Nichtigkeit des Wettbewerbsverbots folgt ebenso wenig aus der weiten Formulierung, wonach sich der Kläger verpflichtet, nicht für eine Konkurrenzfirma tätig zu werden. Auch hier hat das Arbeitsgericht zu Recht und mit zutreffender Begründung festgestellt, dass die fehlende Begrenzung sowohl der räumlichen Reichweite als auch des Kreises der Tätigkeiten wegen des dafür fehlenden berechtigten Interesses der Beklagten gemäß § 74 a Abs. 1 Satz 1 HGB unverbindlich ist.
c) Die Kammer folgt in beiden Punkten den Ausführungen des Arbeitsgerichts und sieht insoweit von der weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 69 Abs. 2 ArbGG).
2. Der Kläger hat aus dem für ihn unverbindlichen Wettbewerbsverbot Anspruch auf Karenzentschädigung, da er sich an das Wettbewerbsverbot gehalten und seine Verpflichtung hieraus erfüllt hat. Einer (bewussten) Entscheidung für die Einhaltung des Wettbewerbsverbots bereits zu Beginn der Karenzzeit, die endgültig ist und den gesamten Karenzzeitraum umfasst, bedarf es dagegen nicht.
a) Bei einem unverbindlichen Wettbewerbsverbot hat der Arbeitnehmer eine Wahlmöglichkeit: Er kann entscheiden, ob er sich von dem Wettbewerbsverbot lösen und in seiner beruflichen Entwicklung frei sein will. Er kann aber auch den Arbeitgeber an dem Wettbewerbsverbot festhalten und seine Unterlassungspflichten erfüllen. Einer darüber hinausgehenden Erklärung gegenüber dem Arbeitgeber bedarf es nicht, weil auch der Arbeitnehmer schutzwürdig ist, der im Vertrauen auf die Wirksamkeit des unverbindlichen Verbots Wettbewerb unterlässt, dies aber dem Arbeitgeber nicht sogleich mitteilt (vgl. BAG, 22. Mai 1990, 3 AZR 647/88, NZA 1991, 263 <263 f>).
b) Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist weitere Voraussetzung des Karenzentschädigungsanspruches bei einem unverbindlichen Wettbewerbsverbot, dass der Arbeitnehmer sich zu Beginn der Karenzzeit für die Einhaltung des Wettbewerbsverbots entscheidet. Seine Entscheidung muss endgültig sein und den gesamten Karenzzeitraum erfassen (vgl. BAG, 22. Mai 1990, 3 AZR 647/88, NZA 1991, 263; 14. Juli 2010, 10 AZR 291/09, NZA 2011, 413 <415>). Insoweit soll verhindert werden, dass der Arbeitnehmer seine Wahlentscheidung während der Karenzzeit ändert und je nach seinen Arbeitsmarktchancen abwechselnd Wettbewerb betreiben oder Karenzentschädigung verlangen kann (vgl. BAG, 22. Mai 1990, a.a.O.). Durch das unverbindliche Wettbewerbsverbot darf der Arbeitnehmer nicht besser gestellt werden als ein Arbeitnehmer mit verbindlichem Wettbewerbsverbot (vgl. BAG, 22. Mai 1990, a.a.O., 264).
Im Ergebnis hat das Bundesarbeitsgericht lediglich darauf verzichtet, dass der Arbeitnehmer von sich aus dem Arbeitgeber gegenüber zu Beginn des Karenzzeitraums ausdrücklich oder konkludent erklären muss, ob er sich an das unverbindliche Wettbewerbsverbot hält oder nicht. Dagegen hat es nicht eine stets variable Karenzobliegenheit statuiert, bei deren Verletzung der Entschädigungsanspruch erst dann entfällt, wenn der Arbeitnehmer konkrete Wettbewerbshandlungen vornimmt (a.A. Bauer/Diller, Wettbewerbsverbote, 5. Auflage, 2009, Rn. 80).
c) Im vorliegenden Fall hat der Kläger zwar für den hier in Frage stehenden Zeitraum sich des Wettbewerbs enthalten. Er war arbeitslos gemeldet, hat Arbeitslosengeld bezogen und dadurch die von ihm zu verlangende Vorleistung der Wettbewerbsenthaltung erbracht.
aa) Damit soll jedoch noch nicht abschließend über den Anspruch des Arbeitnehmers auf Karenzentschädigung befunden werden können Der Arbeitnehmer könne sich durchaus des Wettbewerbs enthalten, ohne dass er sich tatsächlich für die Beachtung der unverbindlichen Wettbewerbsvereinbarung entschieden habe. Der bloßen Unterlassung von Wettbewerb nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses wegen sich anschließender Arbeitslosigkeit könne nicht mit Sicherheit entnommen werden, dass er sich des Wettbewerbs wegen des Wettbewerbsverbots enthalte (vgl. LAG Hamm, 8. März 2001, 18 Sa 845/00, juris).
bb) Die Unterlassung von Wettbewerb und die gleichzeitige Meldung als arbeitslos wird in der Literatur allerdings für ausreichend erachtet um anzunehmen, der Arbeitnehmer habe die Einhaltung des Wettbewerbsverbots gewählt, so dass ein Anspruch auf Zahlung von Karenzentschädigung begründet ist.
Teilweise wird, wie bereits dargestellt, angenommen, dass eine irgendwie geartete Erklärung des Arbeitnehmers nicht mehr erforderlich sei, weil sich die Pflicht zur Karenz in eine Obliegenheit umgewandelt habe, bei welcher der Karenzentschädigungsanspruch nur dann entfalle, wenn der Arbeitnehmer konkrete Wettbewerbshandlungen vornehme (Bauer/Diller, a. a. O., Rn. 80).
Teilweise wird ohne weitere Begründung davon ausgegangen, dass insbesondere bei einer Arbeitslosmeldung anzunehmen sei, dass der Arbeitnehmer sich an das Wettbewerbsverbot halte (BeckOK RGKU/Hagen, 2008, § 74 a HGB Rn. 3).
Teilweise wird angenommen, dass es ausschließlich darauf ankomme, wie der Arbeitnehmer sich nach seinem Ausscheiden verhalte. Halte er sich an das Wettbewerbsverbot zum Beispiel durch Arbeitslosmeldung oder durch Aufnahme einer nicht konkurrierenden Tätigkeit, werde dies so betrachtet, als habe der Arbeitnehmer sich ausdrücklich für die Einhaltung des Wettbewerbsverbots entschieden (HWK/Diller, 4. Auflage, 2010, § 74 HGB Rn. 20).
Schließlich wird eingeräumt, dass eine Arbeitslosmeldung keine eindeutigen Rückschlüsse auf die Ausübung des Wahlrechts zulasse. Wenn aber das Bundesarbeitsgericht annehme, dass die Abrede verbindlich sei, wenn der Arbeitnehmer eine neue Tätigkeit aufnehme, ohne Wettbewerb zu betreiben, soll auch in allen übrigen Fällen, in denen der Arbeitnehmer Wettbewerb unterlasse und keine eindeutige Aussage zum Wahlrecht treffe, die Verbindlichkeit der Abrede angenommen werden (AnwK-ArbR/Reinhard, § 74 HGB Rn. 39).
cc) Die bloße Arbeitslosmeldung besagt in der Tat nicht eindeutig, ob der Arbeitnehmer sich entschieden hat, das Wettbewerbsverbot einzuhalten oder nicht.
(1) Zunächst ist festzustellen, dass für die Vermittelbarkeit im Sinne des § 119 SGB III es nicht darauf ankommt, ob der Arbeitssuchende einer Wettbewerbsbeschränkung unterliegt. Es ist nicht Aufgabe der Bundesagentur für Arbeit, für die Einhaltung vertraglicher Obliegenheiten wie z.B. Wettbewerbsverboten zwischen Privatpersonen zu sorgen. Das Arbeiten dürfen im Sinne dieser Vorschrift wird dadurch nicht ausgeschlossen, wenn der Arbeitslose bereit ist, sich unter Inkaufnahme einer Vertragsverletzung über die vertraglichen Bindungen hinwegzusetzen (vgl. BSG, 5. Februar 1998, B 11 AL 55/97, SGb 1999, 85; Valgolio in Hauck/Noftz, SGB III, K § 119 Rn. 125; Steinmeyer in Gagel, SGB II/III, § 119 SGB III Rn. 225 f.).
Insoweit stellt sich lediglich die Frage der subjektiven Verfügbarkeit in dem Sinne, dass dem Arbeitslosen grundsätzlich eine Verletzung der Abrede nicht zuzumuten und eine Ablehnung von Angeboten, welche eine Tätigkeit bei einer Konkurrenzfirma beinhalten, zulässig ist (vgl. Steinmeyer in Gagel, SGB II/III, § 119 SGB III Rn. 226). Darüber hinaus ist nach dem Wegfall der Erstattungsvorschrift des § 148 SGB III auch der Arbeitgeber nicht mehr gehalten, auf Wettbewerbsverbote des Arbeitnehmers hinzuweisen. Dementsprechend werden solche Einschränkungen von der Bundesagentur weder beim Arbeitgeber noch beim Arbeitnehmer im Rahmen der Arbeitslosengeldbeantragung abgefragt.
(2) Da es im Rahmen der Arbeitslosmeldung demnach nicht darauf ankommt, in irgendeiner Form die Existenz oder den Inhalt eines Wettbewerbsverbots zu verlautbaren, kann dementsprechend aus einer solchen Arbeitslosmeldung anders als bei Aufnahme einer nicht konkurrierenden Tätigkeit nicht gefolgert werden, dass der Arbeitnehmer sich an das Wettbewerbsverbot halten will. Im Gegensatz zu einer nicht konkurrierenden Tätigkeit, die aufgrund ihres Inhalts ein Indiz für einen entsprechenden Willen des Arbeitnehmers ist, kann der Arbeitslosmeldung im Hinblick auf ihre "Wettbewerbsneutralität" eine solche Indizierung nicht entnommen werden.
d) Vorliegend hat der Kläger keine weiteren Anhaltspunkte dafür vorgetragen, aus denen sich ergeben könnte, dass er sich für die Einhaltung des Wettbewerbsverbots entschieden hat. Das erst fast fünf Monate nach seinem Ausscheiden abgefasste Schreiben vom 20. Dezember 2010 mit der Erklärung, dass er sich an das Wettbewerbsverbot gebunden fühle, ergibt keinen Hinweis darauf, dass dies bereits zu Beginn der Arbeitslosigkeit der Fall gewesen ist. Er hat weder weiteren Vortrag noch weiteren Beweis dafür angeboten, dass er sich tatsächlich bewusst war, dass er das Wettbewerbsverbot einzuhalten hatte, und sich dafür bereits zu Beginn seiner Arbeitslosigkeit entschieden hatte.
Nach allgemeinen Grundsätzen trägt der Kläger die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzung seines Karenzentschädigungsanspruchs. Dazu gehört, dass er sich zu Beginn der Karenzzeit endgültig für die Einhaltung des Wettbewerbsverbots entschieden hat. Im vorliegenden Fall fehlt es bereits an einer entsprechenden Darlegung. Es erscheint fraglich, ob die bloße Behauptung einer inneren Tatsache, die nach außen hin keinerlei Ausdruck gefunden hat, hierfür überhaupt ausreichend ist. Unabhängig davon hat er hierfür keinen Beweis angeboten. Dies hätte die Abweisung der Klage auf Karenzentschädigung zur Folge.
e) Für die Gleichstellung von Arbeitnehmern mit verbindlichen und unverbindlichem Wettbewerbsverboten und den Ausschluss der Möglichkeit, je nach Arbeitsmarktchancen abwechselnd Wettbewerb zu betreiben oder die Karenzentschädigung zu verlangen, bedarf es bei einem unverbindlichen Wettbewerbsverbot keiner (bewussten) Entscheidung des Arbeitnehmers zu Beginn der Karenzzeit. Das Erfordernis benachteiligt in sogar in bestimmten Situationen den Arbeitnehmer, der sich an ein unverbindliches Wettbewerbsverbot tatsächlich hält. Zudem erreicht der Arbeitgeber in einer Fallkonstellation wie der vorliegenden oder anderen, in denen der Arbeitnehmer das Verbot einhält, Konkurrenzschutz ohne Zahlungspflicht, ohne das dies gerechtfertigt wäre. In der Konsequenz bedarf es deshalb keiner Entscheidung des Arbeitnehmers für die Einhaltung des Wettbewerbsverbots, sondern lediglich seiner tatsächlichen Einhaltung, um den Anspruch auf Karenzentschädigung aus einem unverbindlichen Wettbewerbsverbot zu begründen.
aa) Bereits das Zugeständnis eines Wahlrechts ist (weiterhin) rechtsdogmatisch umstritten (vgl. Einzelheiten bei Bauer/Diller, a. a. O., Rn. 74). Es ist problematisch, aus der Unverbindlichkeit einer Vereinbarung ein solches vom Gesetzgeber nicht vorgesehenes Wahlrecht abzuleiten, wenn er ein fristgebundenes Wahlrecht des Arbeitnehmers für bestimmte Fälle einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses in § 75 HGB ausdrücklich geregelt hat. Dann kann es auch auf seine in irgendeiner Form dokumentierte Ausübung bereits zu Beginn der Karenzzeit nicht ankommen. Allerdings ist das Wahlrecht angesichts der Entwicklung der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts als gewohnheitsrechtlich anerkanntes Korrektiv insbesondere des "Unwesens" bedingter Wettbewerbsverbote (vgl. BAG, 19. Januar 1978, 3 AZR 573/77, NJW 1978, 1023 <1024>) nicht in Frage zu stellen.
bb) Es erscheint in der praktischen Umsetzung jedoch problematisch, den Anspruch auf Zahlung von Karenzentschädigung auf eine innere, vom Anspruchsteller zu beweisende Tatsache zu stützen. Man bringt den Arbeitnehmer, der auf die Verbindlichkeit eines unverbindlichen Wettbewerbsverbotes vertraut und sich daran hält, es jedoch weder gegenüber seinem Arbeitgeber anzeigt noch wie bei Aufnahme einer nicht konkurrierenden Tätigkeit durch sein Verhalten dokumentiert, in der Regel in Beweisnot statt diesen zu schützen.
Schließlich ist an den Fall zu denken, dass aus welchen Gründen auch immer der Arbeitnehmer sich einer Vereinbarung zur Wettbewerbsenthaltung zunächst nicht mehr bewusst ist, aber trotzdem keinen Wettbewerb betreibt. Während bei einem verbindlichen Wettbewerbsverbot der Arbeitnehmer seine Karenzentschädigung ohne Weiteres einklagen kann, stellt sich die Frage nach dem sachlichen Grund, wenn man dem Arbeitnehmer bei einem unverbindlichen Wettbewerbsverbot mangels endgültiger Entscheidung zu Beginn der Karenzzeit die vereinbarte Entschädigung völlig verweigert. Es geht nur darum zu verhindern, dass der Arbeitnehmer seine Wahlentscheidung während der Karenzzeit ändert, um je nach seinen Arbeitsmarktchancen abwechselnd Wettbewerb zu betreiben oder die Karenzentschädigung zu verlangen. Dafür reicht es, wenn der Arbeitnehmer sich des Wettbewerbs tatsächlich enthält und er entweder während der Karenzzeit von sich aus zu erkennen gibt, dass er nunmehr das ihm wieder präsente Wettbewerbsverbot einhalten will, oder die vereinbarte Karenzzeit ohne die Aufnahme einer Konkurrenztätigkeit abläuft.
cc) Zudem erscheint es sinnwidrig, den Arbeitgeber durch das Aufstellen einer solchen Voraussetzung vor der Zahlung einer Karenzentschädigung zu bewahren, der mit dem Arbeitnehmer das unverbindliche Wettbewerbsverbot vereinbart hat. Er erreicht durch eine unwirksame Klausel faktisch den Schutz vor Konkurrenz, ohne finanziell dafür aufkommen zu müssen. Hierfür gibt es keinen sachlichen Grund.
Das gilt erst recht, wenn das unverbindliche Wettbewerbsverbot - wie hier - in einem Formulararbeitsvertrag, den der Arbeitgeber vorformuliert hat, als Klausel enthalten ist. Der Arbeitgeber hat es in der Hand, ein rechtswirksames Wettbewerbsverbot zu formulieren. Erreicht er mit einer an sich unverbindlichen Klausel sein Ziel, den Arbeitnehmer von Konkurrenz abzuhalten, hat er dafür die vereinbarte und von ihm einkalkulierte Entschädigung zu zahlen und ist davon als Verwender einer unwirksamen Formularklausel nicht zu entlasten. Er ist nicht schutzwürdig, wenn der Arbeitnehmer aus welchen Gründen auch immer zu Beginn der Karenzzeit keine endgültige Entscheidung über eine Einhaltung des Wettbewerbsverbots fällt, sich aber faktisch daran hält.
Des Weiteren ist von einer Entscheidung bereits zu Beginn der Karenzzeit bei tatsächlicher Einhaltung des Wettbewerbsverbots auch deswegen abzusehen, um den Missbrauch durch Klauseln zu unterbinden, mit denen bewusst unverbindliche, insbesondere bedingte Wettbewerbsverbote formuliert werden, um bereits durch den Eindruck, einem Wettbewerbsverbot (möglicherweise) zu unterliegen, den Arbeitnehmer bei der Entscheidung über die zukünftige Arbeitsplatzwahl in seinem weiteren beruflichen Fortkommen zu behindern. Auch dies gilt vor allem für Formularklauseln wie im vorliegenden Fall.
dd) Der Arbeitgeber wird durch das Absehen von einer Entscheidung nicht schutzlos gestellt. Er kann weiterhin den Arbeitnehmer auffordern, sich darüber zu erklären, ob er sich an das unverbindliche Wettbewerbsverbot halten will oder nicht (vgl. BAG, 22. Mai 1990, 3 AZR 647/88, NZA 1991, 263 <264>). Darüber hinaus ist der Arbeitnehmer sowohl vor als auch nach Abgabe einer Erklärung, ob nach Aufforderung durch den Arbeitgeber oder aus eigener Initiative, verpflichtet, das Wettbewerbsverbot einzuhalten, soweit er Karenzentschädigung verlangt.
f) Durch das Schreiben des Klägers vom 20. Dezember 2012 hat dieser zu erkennen gegeben, dass er sich an das Wettbewerbsverbot halten will. Bis zu diesem Zeitpunkt und auch danach hat er sich tatsächlich daran gehalten. Das rechtfertigt den geltend gemachten Karenzentschädigungsanspruch aus dem unverbindlichen Wettbewerbsverbot des § 12 Anstellungsvertrag der Parteien.
3. Die Beklagte schuldet die Karenzentschädigung in voller Höhe. Abgesehen davon, dass es nach Aufhebung § 148 SGB III zweifelhaft ist, ob überhaupt noch eine gesetzliche Grundlage für die Anrechnung von Arbeitslosengeld auf die Karenzentschädigung besteht (vgl. BAG, 14. September 2011, 10 AZR 198/10, NZA-RR 2012, 98), ergibt sich bei einer Hinzurechnung des ausgezahlten Arbeitslosengeldes, das maximal anzurechnen ist (vgl. BAG, a. a. O.), dass der Gesamtbetrag unterhalb der Grenze von 110 % des § 74 c Abs. 1 Satz 1 HGB bleibt. Auch in diesem Punkt wird wegen der weiteren Einzelheiten auf die zutreffende Begründung des Arbeitsgerichts Bezug genommen..
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
5. Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung und Abweichung von der zitierten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Notwendigkeit einer Entscheidung auf Einhaltung der Karenz zu Beginn der Karenzzeit erforderlich.